Den ersten Flug absolviert die deutsche Verteidigungsministerin. Im Feldlager des afghanischen Bundeswehrkontingents inszeniert man ein bisschen heimatliche Weihnacht zwischen Glühweinbuden und Weihnachtsbaum, und die christlich-demokratische Chefin des deutschen Kriegsapparates stimmt vor versammelter Presse zusammen mit ihrer Truppe die fälligen Lieder an.
Die Öffentlichkeit vermerkt für die Afghanistan-Konferenz Anfang Oktober 2016 in Brüssel im Wesentlichen zwei Ergebnisse. Beim ersten weiß sie selber gar nicht so recht, ob sie es überhaupt als Erfolg verbuchen soll. Eher nicht: Afghanistan erhält in den nächsten vier Jahren wieder einmal die stattliche Summe von weiteren 13,7 Milliarden Euro von den 75 Geberstaaten, obwohl in dem vom Krieg geschundenen Land weder die Armut besiegt noch der Frieden gebracht worden ist.
Im Spätsommer 2015 verkündet die deutsche Kanzlerin, dass sich „mein Land“ nicht länger vor der immer weiter anwachsenden Flüchtlingswelle wegducken könne, die von Südsüdost auf Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen zurollt.
Der anhaltende Zustrom und die Menge der schon angekommenen Flüchtlinge aus zahlreichen Kriegs- und Armutsregionen der Welt regt Deutschland ziemlich auf.
Ja, was ist denn in die Bild-Zeitung gefahren? Da ist von einer nie dagewesenen ‚Flüchtlingswelle‘ die Rede, von einer Million, die Deutschland die Tür einrennen. Und Bild ist begeistert und sagt auch gleich, wovon. Von uns, unserem Land, das hier eine große nationale Aufgabe bereitwillig übernimmt: „Fluchtpunkt Deutschland – 25 Jahre nach der Wiedervereinigung stehen wir vor einer neuen epochalen Aufgabe. Weil das heutige Deutschland weltoffen, freundlich und hilfsbereit ist!“ (Kostenlose Sonderausgabe zum 3.10.2015).
Den seit geraumer Zeit anschwellenden Flüchtlingsstrom aus Osteuropa, dem Nahen Osten und Afrika betrachten die europäischen Staaten – ein Großteil ihrer Bürger schon gleich – als ein ernsthaftes Problem: Als unerwünschte Fremde, die nicht auf Einladung und nicht nach den vorgesehenen Regeln einwandern, sind sie von Haus aus zu viele, eine Last, die es möglichst zu reduzieren gilt.
Zu Jahresbeginn rollt eine Flüchtlingswelle, schlimmer noch:
eine „Asyl-Lawine aus demKosovo“
(Focus-online 17.2.15) auf Deutschland zu. Täglich fliehen
bis zu 1500 Kosovaren mit Kind und Kegel nach Serbien,
überqueren bei Nacht und Schnee zu Fuß und illegal die
EU-Grenze nach Ungarn, um über Österreich nach Deutschland zu
gelangen. Die deutsche Botschaft in Pristina schlägt Alarm
und meldet an das Auswärtige Amt,
Ende Juni schlagen im Zentrum von München zeitweise bis zu 70 Asylbewerber ein Camp auf, treten in Hungerstreik und fordern neben besserer Verpflegung und Unterbringung mehr Bewegungsfreiheit und letztlich ihre Anerkennung als politische Flüchtlinge.
In der Folge des Volksaufstands in Tunesien sieht sich die Europäische Union einer Flüchtlingswelle ausgesetzt. Auf Lampedusa landen jede Menge Nordafrikaner, die dort nicht hätten landen dürfen. In mehreren Verträgen hatte Europa die alte tunesische Regierung, heute den „Diktator Ben Ali“, darauf verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass das Elend seines Landes, aber auch das anderer afrikanischer Länder, für die Tunesien nur Durchgangsland ist, nicht an europäische Küsten schwappt.
Die Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Status der sich ohne Aufenthaltsrecht hier aufhaltenden Flüchtlinge zu regeln. Im Zuge der Beratungen zu einer Gesetzesreform haben Union und SPD die Sachlage noch einmal in jeder Hinsicht überprüft und dabei „Abschied von der Illusion genommen, man könne den Duldungsstatus so unattraktiv gestalten, dass die Betroffenen von selbst das Weite suchen“. (FAZ, 14.3.) Das Problem besteht offenkundig darin, dass sie es mit Kreaturen zu tun haben, die sich als weitgehend unempfänglich gegenüber allem rechtsstaatlichen Behörden-Terror erweisen.