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GegenStandpunkt 2-19
Politische Vierteljahreszeitschrift
Artikel in dieser Ausgabe:
- Offener Brief an die „Fridays for Future“-Bewegung
- Die Wahlen zum EU-Parlament 2019„Proeuropäer“ gegen „Souveränisten“ – zwei feindliche Lager kämpfen um dasselbe Europa
- Der UN-MigrationspaktVon den Problemen, die die wanderlustige Menschheit der Staatenfamilie bereitet
- Konstruktive Beiträge der medizinischen Wissenschaft zum „Diesel-Irrsinn“Mit „belastbaren“ Argumenten für ein richtiges Maß an Vergiftung
- Winfried Kretschmann„Der anständigste Mensch, der je in Deutschland Regierungschef wurde“
- Streiks bei RyanairInternationalisierte Arbeiterschaft kämpft für nationales Recht
- Zum Beispiel Bayer-MonsantoVon der Monopolkonkurrenz in der Landwirtschaft
- Trumps Lateinamerika und die Troika der Tyrannei
- Der Sandinismus in Nicaragua kommt zu seinem erzwungenen Ende
- Österreichs Regierung – vom eigenen Kanzler entsorgtEine Zwischenbilanz der türkis-blauen Wende
- Zur Kritik der GeschichtswissenschaftDie verkehrte Logik und der weltanschauliche Sinn des historischen Denkens
Die europäische Demokratie stellt ihre Leistungskraft unter Beweis: Bei der Wahl zum EU-Parlament hatten die Bürger zwar wieder nur sich und sonst nichts zu entscheiden, aber diesmal entlang der heißen Frage Bin ich pro-europäisch oder souveränistisch?
Eine gelungene Beteiligung am Streit derjenigen, die wirklich etwas entscheiden in Europa und in ihren Nationen. Denn die zerlegen sich gerade gründlich daran, dass alle unbedingt an der EU festhalten und gleichzeitig keiner mit der EU, so wie es sie gibt, weiter wirtschaften will. Vorher und nebenbei beleben die Proteste der ‚Fridays for Future‘-Bewegung die politische Kultur und animieren regierende und oppositionelle Politiker zu Klarstellungen gegenüber der besorgten Jugend, was sie mit deren Protesten Nützliches für sich anzufangen wissen, also auch darüber, wo der Spaß für sie aufhört. Währenddessen beweist die türkis-blaue Wende in Österreich nebst Vorspiel auf Ibiza, wie viel Freiheit samt nötigem Rechtsbewusstsein die Demokratie den Regierenden dafür verschafft, dass Kurz die Ösi-Republik zur Führer-Demokratie und seine rechten Koalitionspartner das Land zum völkisch gesunden Anti-Migrations- und Anti-Islam-Bollwerk umbauen können. Den Nutzen der Demokratie für die Volksgesundheit hat auch die deutsche Feinstaub-Debatte verdeutlicht: Zwar konnten die Mediziner sich trotz Aufbietung aller Erkenntnisse und Fehler ihres Faches nicht darauf einigen, bis zu welchem Punkt die Umtriebe der deutschen Lunge mit den Gesundheitsbedürfnissen des deutschen Diesels noch vereinbar sind; die Entscheidung gedachte diese demokratische Naturwissenschaft von vornherein den Fachkollegen aus dem politischen Milieu zu überlassen. Und die? Haben dann entschieden: Geht doch, bis auf Weiteres.
Der europäische Kapitalismus funktioniert ebenfalls reibungslos: Die Bayer-Monsanto-Fusion ist ein schönes Beispiel dafür, was für ein Milliarden-Geschäft kapitalistische Multis in ihrer Monopolkonkurrenz aus der elenden ökonomischen Figur des Bauern herausschlagen können. Ryanair beweist, dass trotz der inzwischen auch in dieser Firma dummerweise vorkommenden Lohnkämpfe und so mancher lästiger Rechtsvorschrift des Staates die Freiheit über den Wolken vor allem in einem besteht: in der Macht des Kapitals, seine Dienstkräfte in eine Konkurrenz zu verwickeln, die ihre Löhne ruiniert und das Unternehmen bereichert.
Und auch der globale Imperialismus lässt sich nicht lumpen: So führt Trump in Lateinamerika vor, was Völkerfreundschaft heutzutage heißt: Die shithole-countries
des Südens lassen sich auf alle Deals ein, die ihnen die Supermacht aufs Auge drückt, und beschützen die USA vor ihren Drogendealern und Migranten. Das schützt sie dann vor dem Zorn der Weltmacht, der die Troika der Tyrannei auf dem Subkontinent – Venezuela, Kuba und Nicaragua – dafür umso zielsicherer trifft. Und einen UN-Migrationspakt waren sich fast alle Staaten neulich auch noch schuldig. In dem haben sie sich darauf verständigt, dass sie sich über die Gegensätze, die sie auch an den Migrationsströmen beinhart austragen, die Lüge schuldig sind, die wären die gemeinsam praktizierte Sorge um den homo migrans.
Wer trotz all dieser Schönheiten immer noch denkt, in der Welt von heute fehle der Sinn, dem macht die Geschichtswissenschaft das Angebot, den in der Vergangenheit zu entdecken.