Die von der Regierung ausgerufene, von der großen Oppositionspartei prinzipiell begrüßte und von der professionellen Öffentlichkeit stets vermisste Zeitenwende ist erklärtermaßen ein auf Jahre angelegtes Projekt. Schon jetzt lassen die politischen Macher keinen Zweifel, dass der auf die Stärkung des deutschen Militärs gemünzte Imperativ darüber hinaus für sämtliche Abteilungen des nationalen Gemeinwesens Folgen hat: In den Tagesnachrichten machen sie das Volk damit bekannt, was Deutschland für seine Zeitenwende sonst noch alles braucht – sofort, auf Dauer, unbedingt.
Ein halbes Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine bescheinigen die zuständigen Instanzen der Weltwirtschaft einen ausgesprochen schlechten Gesundheitszustand.
„Nie wieder Rivalen hochkommen lassen!“ In diesem Sinne wollte
Präsident Bush jr. die Benutzung der expandierenden Geschäftssphäre
China mit einer politischen Eindämmung des Landes kombinieren. Das ist
weitgehend misslungen. China hat sich die Freiheit genommen, auf seinem
Erfolgsweg autonomer Machtentfaltung voranzukommen und entzieht den
Gebrauch seiner ökonomisch gestärkten Macht der erwünschten Kontrolle.
Diesen für die USA untragbaren Zustand lastet Obama seinem Vorgänger im
Präsidentenamt an und will das korrigieren.
„Indien ist die größte Demokratie der Welt.“ Dies ist nicht nur das Respekt verlangende Selbstverständnis der indischen Nation. Auch die Politiker und Meinungsmacher der westlichen Welt erkennen wohlwollend an, dass sich der dortige Staat seit seiner Unabhängigkeit den freiheitlichen Herrschaftsprinzipien verschrieben hat – ganz im Unterschied zu der anderen aufstrebenden asiatischen Macht China, die ungeachtet ihres Systemwechsels zum Kapitalismus eine „kommunistische Diktatur“ geblieben ist.
Die amerikanische Regierung gibt ihre Vorbehalte gegen Indiens Atomwaffenbesitz auf und vereinbart mit der indischen Regierung eine umfassende Zusammenarbeit im Bereich der Atomtechnologie. Washington garantiert die Lieferung von Nukleartechnik und atomarem Brennstoff.
Dieselben Gutachter, die gerade das Dauerbombardement der USA gegen Afghanistan als notwendig und gerecht verkünden, können es überhaupt nicht billigen, dass Länder wie Indien und Pakistan ihre „Streitigkeiten“ nicht friedlich politisch beilegen. Dass es womöglich nicht bei einem regional begrenzten Gemetzel bliebe, weil beide Staaten inzwischen – unerlaubterweise! – über Atombomben verfügen, soll für deren Regierungen ein besonders überzeugender Grund zu verantwortungsbewusster „Zurückhaltung“ sein.
Indien und Pakistan haben ihre guten Gründe für die Waffen, die ihnen der Westen gerne verwehrt hätte. Mit der Eskalation des Kampfes an der Trennlinie zwischen dem indischen und pakistanischen Teil Kaschmirs führen zum ersten Mal zwei Atomstaaten Krieg miteinander. Damit werfen beide Parteien als Atommächte automatisch und außerdem bewusst und zielstrebig allerhöchste Weltordnungsfragen auf. Der G8-Club fordert von beiden Staaten, „den Frieden nicht zu gefährden“. Die so definierten ‚Rahmenbedingungen‘ werden zu neuen Kalkulationsgrundlagen für die Konfliktparteien.
Wieso Indien mit einer erfolgreichen Atomtestreihe seinen geostrategischen Status verändert; warum es damit die anderen Atommächte provoziert; wie es mit seiner Verfügung über Atomwaffen gegenüber Pakistan Politik macht.