Beliebt ist die Idee, das menschliche Leben wäre selber ein abgründiger Widerspruch zwischen einem Erdendasein, in dem „letztlich“ kein wirklicher frei gesetzter Lebenszweck aufgehen kann, vielmehr Unberechenbarkeit und Ungerechtigkeit walten, und einem tieferen, zwar verborgenen, dafür ganz unverwüstlichen Sinn: einem ‚Wozu‘ von so absoluter Gültigkeit, dass Verstand und Realität davor glatt kapitulieren müssen, der Mensch aber glücklich und zufrieden sein kann.
Was das Datenleck von geheimen US-Dokumenten rund um den Ukraine-Krieg in sozialen Netzwerken zutage bringt, überrascht niemanden: Die USA kontrollieren nicht nur sämtliche Informationen, die die Ukraine für eine erfolgreiche Kriegführung braucht; damit die Regierung in Kiew aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zieht, spähen sie sowohl jede Regung des Feinds als auch den ukrainischen Stellvertreter selbst aus.
Vor dem Hintergrund der Terroranschläge auf Richter und Staatsanwälte, des Zusammenbruchs der ersten Republik unter den Korruptionsvorwürfen der mani pulite beschließt die damals 15-jährige, mit ihrem Eintritt in die militante Jugendorganisation des MSI Politik zu machen: für die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung und des Nationalstolzes im Volk. Dreißig Jahre danach und zehn Jahre nach der Gründung der Fratelli d’Italia ist Giorgia Meloni am Ziel.
Ein Kölner Gericht erklärt das religiös motivierte Wegschneiden der Vorhaut bei Jungen für strafbar. Weder das Urteil noch das davon angestoßene Öffentliche Rechten benötigen für die Kritik an der Kulthandlung auch nur ein einziges Argument gegen ihr religiöses Motiv.
Wieder viel Lärm um eine Verunglimpfung des Propheten. Diesmal: das
Internetvideo „Die Unschuld der Muslime“, ein 14-Minuten-Film, der Mohammed als Kinderschänder, Sexbesessenen oder Homosexuellen darstellt, seit Monaten auf You-Tube steht, aber dann, pünktlich und koordiniert zum Jahrestag von 9/11 Massenproteste und Unruhen von Tunis bis Djakarta auslöst, die sich mit der militanten Belagerung von amerikanischen und deutschen Botschaften zu einer veritablen Krise ausweiten und unter zahlreichen Opfern von den lokalen Sicherheitskräften abgeräumt werden.
Frau Karin Wolff, Kultusministerin von Hessen und frühere Religionslehrerin, hat einen schönen Einfall für die Erziehung des deutschen Nachwuchses. Sie kommt dem Auftrag nach, wie er im Lehrplan ihres Landes formuliert ist, wonach „Auseinandersetzungen mit philosophischen und religiösen Aussagen die naturwissenschaftliche Diskussion ergänzen und erweitern müssen“, und plädiert für die Verknüpfung der biblischen Schöpfungslehre mit der Evolutionstheorie im Biologieunterricht.
Der Papst fährt nach Mexiko und übt dort Kapitalismuskritik. Den entdeckt er zwar nicht in der Ausbeutung, sondern in der materialistischen Einstellung der Menschen – womit United Fruits und mexikanische Flüchtlinge gleichermaßen abgestraft werden. Doch allein diese Form der Kritik ist nach Auffassung der Reiseberichterstatter nicht mehr zeitgemäß und fällt deshalb unter Amtsmissbrauch.
Die Scientology Church macht bürgerlichen Subjekten ein Sinnangebot: Die Beherzigung ihrer Lehre garantiere Erfolg in der bürgerlichen Konkurrenz und gleichzeitig Vollkommenheit in einer göttlichen Weltordnung. Der deutsche Staat erklärt diese Kirchenführer zu Verfassungsfeinden, nicht weil er etwas gegen Religion hat, sondern weil die „Sekte“ den bewährten Institutionen der Moral die Klientel abspenstig machen will.
Anlässlich der öffentlichen Debatte um das Verbot, Kruzifixe ins Klassenzimmer zu hängen, einige Klarstellungen zum Symbol Kruzifix: Der Gläubige bezeugt mit ihm seinen Respekt vor der Macht des eingebildeten göttlichen Herrn, dem er qua schicksalhafter Fügung untersteht. Die von der Politik angezettelte Debatte dreht sich um die Frage, ob die Rechtssprechung dem staatlichen Willen zur Manipulation der Moral ihrer Untertanen im Weg stehen darf.