2023 versetzt die amerikanische Autogewerkschaft UAW mit einem sechswöchigen Arbeitskampf gegen Amerikas stolze „Big Three“ Autokonzerne heimische und hiesige Beobachter in Erstaunen. Kein Wunder. Immerhin fordert sie eine Lohnerhöhung von mehr als 40 Prozent innerhalb der nächsten vier Jahre, außerdem die Abschaffung des „two-tier“ gestaffelten Lohngruppensystems, das für alle nach 2007 angeheuerten Beschäftigten unter anderem niedrigere Löhne – fast 50 Prozent weniger pro Stunde – und eine niedrigere Rente vorsieht.
Die Deutsche Bahn AG hat es gut. Nicht eine, sondern gleich zwei der bei ihr engagierten Gewerkschaften schlagen sich in der ersten Jahreshälfte ganz unabhängig voneinander mit den verschiedenen Problemen herum, vor die der große Konzern sie stellt. Und auch bei Amazon geht es für die Gewerkschaft um nicht weniger als ihre Daseinsberechtigung.
Der Westen führt einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, die führenden westeuropäischen Demokratien setzen ihre bisherigen Wirtschaftsbeziehungen als Waffe gegen die Energiegroßmacht ein – und die angekündigten „schweren Zeiten“ an der Heimatfront stellen sich prompt ein. Wie umfassend dies geschieht, bekommt die Sorte Marktteilnehmer, die am Ende aller marktwirtschaftlichen Ketten die Preise nur zahlt, um das Erworbene zu konsumieren, in aller Härte zu spüren; zuerst an der Tankstelle, dann im ganzen Supermarkt und schließlich über die Abschlagsrechnungen der Energieversorger.
Da sind Deutschlands Erzieherinnen und Sozialarbeiter mitsamt ihrer Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Verdi nach mehrwöchigem Kita-Streik plus Schlichtungsverfahren hinsichtlich ihrer Gehaltsziele grandios gescheitert:
Ende Februar legt das private Sicherheitspersonal (Personen-
und Frachtkontrolle, Flughafensicherheit und Services) im
Zuge eines Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi den Frankfurter
Flughafen für 22 Stunden weitgehend still: Die gesetzlich
vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen fallen aus, etwa
37 000 Passagiere können nicht fliegen, zeitweise wird die
Flugabfertigung ganz ausgesetzt. Vollbracht haben das ca.
Renault erwirbt billig das sozialistische Überbleibsel der Automobilfabrik Dacia, „eine Ruine, als der französische Hersteller sie 1999 kaufte“ (Le Monde, 14.4.08).
Wenn die französischen Fahrer 9% mehr Lohn für die nächsten drei Jahre und ein dreizehntes Monatsgehalt als kleine Kompensation der gelaufenen Preiserhöhungen verlangen, vermag die Grande Nation daran absolut nichts Positives für sich zu entdecken. Wenn die britischen Feuerwehrleute aus den erbrachten Leistungen ein Argument für sich zu machen suchen und glatt 39% mehr Lohn anpeilen, dann kann auch der englische Staat sie überhaupt nicht mehr leiden.
Eine aus sachverständiger Sicht unverständliche Lohnerhöhung bei VW in Mexiko verweist auf das, was betriebswirtschaftlich geboten und von VW musterhaft praktiziert wird: globale und nationale Standortpflege
Piloten der Lufthansa machen einen richtigen Streik für 30-35% Gehaltserhöhung. Die Öffentlichkeit macht deutlich, dass auch der Lebensunterhalt von Besserverdienenden sich nicht verträgt mit dem Anspruch von Unternehmen auf Gewinn. Als Bollwerk gegen so solche überzogenen Forderungen preist die Gewerkschaft den Flächentarifvertrag an und kritisiert die Lufthansa darin, den „provozierenden“ Arbeitskampf im Namen der Standortsicherung nicht schärfer zu verurteilen.