Keine Woche vergeht, ohne dass irgendwo Menschenrechtsverletzung anklagt werden. Gegenstand der Anklagen sind Gemeinheiten, die eine Herrschaft sich gegen ihre Untertanen herausnimmt. Ins Feld geführt werden aber nicht geschädigte Interessen, sondern ein verletztes allerhöchstes Recht, das Herrschaft verpflichte, damit aber auch rechtfertige – oder bei Missachtung delegitimiere. Angeklagt werden in der Regel Politiker anderswo, auswärtige Regierungen und „selbsternannte“ Machthaber.
Es läuft nicht gut für die Ukraine. Ihr Kriegsziel, die Rückeroberung ihres gesamten Territoriums, rückt immer weiter in die Ferne, vielleicht sogar endgültig außer Reichweite. Es gelingt ihr umgekehrt seit Monaten immer weniger, dem Vormarsch der russischen Übermacht in der Ukraine standzuhalten. Vom Standpunkt der ukrainischen Führung musses aber weitergehen. Eine Alternative zum Töten und Sterben für das Überleben der eigenen Herrschaft auf ukrainischem Boden sieht diese für ihr Volk nicht vor.
Ein Vorposten westlicher Freiheit und Sicherheit schlägt gegen eine Welt von Feinden in einer Weise um sich, wie es sich für die Freiheit und Sicherheit einer respektablen Macht gehört: Israel lässt nun seit fast einem Jahr für seinen Vernichtungskrieg gegen die Hamas jeden Tag Palästinenser sterben und im Gaza keinen Stein auf dem anderen.
Ende Juni verkündet die EU ihr 11. Sanktionspaket. Die Verhandlungen haben lange gedauert, vor allem deshalb, weil die europäischen Führer sich diesmal mehr vorgenommen haben, als ihre Sanktionsliste weiter zu verlängern und noch ein paar Oligarchen zu bestrafen. Denn die Sanktionsmächte müssen feststellen, dass sich Reexporte sanktionierter Waren häufen. Unter anderem finden vermehrt europäische Kühlschränke und Waschmaschinen über Armenien, Kasachstan, die Türkei und einige andere Staaten den Weg nach Russland.
Putin, so eine der schlimmsten Anklagen gegen den Feind, benutzt den Hunger als Waffe; eine Waffe, von der sich seine Gegner selbstverständlich überhaupt nicht beeindrucken oder von irgendetwas abhalten lassen, die sie vielmehr gegen ihn wenden, um ihn als Feind der Menschheit, der Familien und Kinder zu brandmarken.
Im japanischen Karuizawa findet ein Treffen der G 7-Außenminister statt. Gleich zu Beginn sind die Chefdiplomaten der G 7 sich eine Erinnerung an den „Angriffskrieg“ schuldig, den sie im Namen der Weltgemeinschaft als ‚unrechtmäßige Gewalt‘ definieren und zum wiederholten Male „auf das Schärfste“ verurteilen. Die Aufforderung zur bedingungslosen Kapitulation machen sie im Folgenden zum Ausgangspunkt einer neuerlichen Eskalation ihres Sanktionsregimes.
Während Mitte Mai die Weltöffentlichkeit noch gespannt rätselt, ob die ukrainische Gegenoffensive nun schon begonnen habe, und deren Erfolgsaussichten diskutiert, demonstriert die Ukraine mit ihrem Angriff auf die hundert Kilometer hinter der Frontlinie liegende Stadt Luhansk die neue Reichweite ihrer Verteidigungsfähigkeit.
Erstmals seit 18 Jahren findet ein Gipfeltreffen des Europarats statt, dem nicht nur die EU-Mitglieder, sondern fast alle europäischen Flächenstaaten angehören und aus dem Russland schon zu Beginn des Krieges ausgeschlossen wurde. Die Versammlung bietet den europäischen Führungsmächten daher die Gelegenheit, eine Geschlossenheit gegenüber Russland zu organisieren, die über die NATO und die EU hinausgeht.
Mit Kriegsbeginn läuft der ukrainische Botschafter Melnyk zu Hochform auf: Pausenlos hetzt er gegen Russland, die Russen und alles Russische, wirbt für den Krieg, für den sein oberster Dienst- und aller Ukrainer Kriegsherr diese verheizt, fordert immer neue Gewaltgeräte von Deutschland und ist bei jeder Waffenlieferung, die Deutschland zusagt, damit unzufrieden, dass nicht die nächste Lieferung schon eingetroffen ist.
In der deutschen Politik zirkuliert die Auffassung, dass eine Revision der bisherigen Russlandpolitik ansteht. Die Rede ist von einem „Wendepunkt“, einem „Strategiewechsel“, einer Verabschiedung von „verklärter Romantik und der Hoffnung, Wandel durch Handel zu erzeugen“. Als Gründe dafür werden die Zusammenstöße in Weißrussland und die Vergiftung Alexei Nawalnys angeführt, berufen wird sich zudem auf eine lange Liste aus dem Vorrat älterer Vorwürfe.