Wie die Welt ohne sozialistische Systemalternative ans Werk geht, ist seit dem Ende dieser Alternative Thema unserer Zeitschrift. Dass die Befunde unschön sind, ist kein Grund, dem real gewesenen Sozialismus nachzutrauern. Dessen Verschwinden ist aber auch kein Grund, den Systemfehler auf sich beruhen zu lassen, den die kommunistischen Parteien des 20. Jahrhunderts, die im Sowjetreich regierenden wie die oppositionellen im Westen, ihrer Politik zugrunde gelegt und bis zur Selbstauflösung zäh praktiziert haben.
Am 3. Mai kursiert ein Video, das Rauchwolken über dem Kreml zeigt. Das russische Militär berichtet, dass es zwei Drohnen kurz vor dem Einschlag abgeschossen hat. Eine Aktion des ukrainischen Militärs, wie die Russen behaupten? Oder waren russische Kriegsgegner am Werk? Ukrainische Freiwilligenverbände mit selbst erteiltem Auftrag? Oder – „false flag“ – die russischen Kriegsherren selbst? Die allgegenwärtigen Russland-Experten wissen es auch nicht.
Nach jahrelangen Verhandlungen ist es endlich so weit: Deutschland und Namibia einigen sich in einer gemeinsamen Erklärung auf den aktuellen Wert eines Völkermords in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, und Außenminister Maas kann „froh und dankbar“ nun endlich die Massaker an den Herero und Nama in den Jahren 1904 bis 1908 auch offiziell „als das benennen, was sie gewesen sind: ein Völkermord“. Diese Freude wird von den namibischen Opferverbänden allerdings nicht geteilt.
Der deutschen Nation Marke BRD gelang es 1990, sich das Staatsgebiet der ehemaligen DDR samt sämtlichem lebendigen und sonstigen Inventar unter den Nagel zu reißen, also ein veritables Kriegsergebnis ohne Krieg zugestanden zu bekommen und durch diesen Zugewinn ihre Machtbasis schlagartig um ein Drittel zu vergrößern. Klar, dass diese Nation am 30. Jahrestag dieses Coups Grund zum Feiern hat.
Zahllose Bildungs- und Lehrplanreformen hin, PISA-Testate und Schulevaluierungen her, so richtig zufrieden ist die ‚Wissensgesellschaft‘ mit ihrem hochgeschätzten Schulwesen darüber nicht geworden – im Gegenteil. Die Schule ist, gerade weil man den von ihr eröffneten „Bildungschancen“ enorme Wichtigkeit zuschreibt, permanent Gegenstand von Klagen über und enttäuschten Erwartungen an sie.
Werte Bergleute a.D. – zum festlichen Abschluss des deutschen Steinkohlebergbaus, es geht passenderweise auf Weihnachten zu, ist der Bundespräsident höchstselbst vorbeigekommen, um euch ein herzliches „Danke“ erstens persönlich, zweitens stellvertretend für das ganze Land, zu überreichen. Steinmeier präsentiert, ganz volksnah und zugleich auskennerisch wie kein Zweiter, die große Erzählung eures Lebens.
Staaten kommen seit jeher in ihren Auseinandersetzungen mit einer gewissen Regelmäßigkeit nicht umhin, ihre Völker gegeneinander in den Krieg zu schicken. Gelegentlich werden diese Großtaten staatlicher Gewalt zum Gegenstand des Erinnerns und Gedenkens. In diesem Frühsommer gibt es binnen weniger Wochen gleich vier solcher Jubiläen: Armenier-Massaker und -Vertreibungen, die Schlacht von Verdun, die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki, der Russlandfeldzug der deutschen Wehrmacht.
Die Nürnberger Kommunalpolitik will sich der
Auseinandersetzung mit ihrer nationalsozialistischen
Vergangenheit positiv und offensiv stellen
(Oberbürgermeister Ulrich Maly u. a.,
„Diskussionsbeitrag über den Umgang mit dem ehemaligen
Reichsparteitagsgelände in Nürnberg“, 2003) und
sich ihrer besonderen Verantwortung im Umgang mit den
baulichen Hinterlassenschaften der NS-Zeit bewusst
zeigen.
Zu den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls
beschenkt die Bild-Zeitung
das deutsche Volk mit einer Gratisausgabe in der
Auflagenstärke von 42 Millionen. Von allem, was sonst den
redaktionellen Alltag bestimmt, nimmt das Blatt demonstrativ
Abstand: ob Rentengerechtigkeit, Eurokrise, Gefahren für die
innere Sicherheit oder auch das Liebesleben der Prominenz und
die Erfolge des deutschen Sports – für einen Tag spielt das
alles keine Rolle.
Der 100. Geburtstag des Ersten Weltkriegs ist für nicht
wenige Geschichtswissenschaftler ein willkommener Anlass, neu
über das Mega-Thema der öffentlichen Gedenkkultur(Spiegel 1/14) nachzudenken.
Schon zu Beginn des Gedenkjahres bereichert eine Flut von
über 150 Neuerscheinungen allein in Deutschland den Markt der
Interpretationen.