Der GegenStandpunkt analysiert in fünf Kapiteln die Fortschritte und Widersprüche der globalen Krisenkonkurrenz, also die ökonomischen und politischen Gegensätze der Staaten, die mit Macht um ihren nationalen kapitalistischen Erfolg ringen:
Die große Finanzkrise dauert mittlerweile drei Jahre. Fällige Bankrotte sind abgewickelt oder von Staats wegen verhindert worden, Unmassen wertlos gewordener Wertpapiere sind in Bad Banks verstaut oder schonend abgeschrieben worden, der Zusammenbruch des globalen Kreditgeschäfts ist mit hunderten Milliarden Staatskredit bisher vermieden worden. Vor Entwarnung wird allerdings gewarnt. Den Sorgen und praktischen Konsequenzen ist zu
entnehmen, an welcher ökonomischen Lage sich die Verantwortlichen für die globale kapitalistische Konkurrenz abarbeiten.
Dem Staat ist aufgrund der Zerstörung von Kapital aller Art, von dessen Geschäftserfolgen er und „wir alle“ leben, eines klar: Die durch Misswirtschaft stornierten Dienste der Geldinstitute sind eine, wenn nicht die Säule des Allgemeinwohls. Die ökonomischen Potenzen des Finanzgewerbes sind zu erhalten bzw. wiederherzustellen; die sind wieder zum Gebrauch ihrer Finanzmacht zu befähigen. Ihre Rettung erfolgt durch hoheitliche Bereitstellung von Mitteln, zu deren Erwirtschaftung sie ermächtigt und gewöhnlich auch fähig sind. Daran fehlt es in der Krise.
1. Das haben die Weltwirtschaftsmächte USA und EU geschafft: Mit der hoheitlichen Schöpfung und Vergabe von Kredit in nicht begrenzter Menge haben sie die Entwertung von Bankschulden wie von Verbindlichkeiten der eigenen Staatshaushalte gestoppt, ihre Zahlungsfähigkeit und die ihrer Geschäftswelt gerettet und das Finanzgewerbe zur Wiederaufnahme seiner spekulativen Leistungen ermächtigt. So finanzieren die kapitalistischen Weltmächte per Dekret das Funktionieren des Weltkapitalismus.
Nach zwei unproduktiven Weltordnungskriegen in Irak und Afghanistan und in einer für die Weltmacht desaströsen wirtschaftlichen Verfassung in der Finanz- und Staatsschuldenkrise will Amerika seine globale Führungsrolle restaurieren und neu durchsetzen. Dafür und in diesem Sinne ruft die Obama-Regierung das 21. Jahrhundert zu „Amerikas pazifischem Jahrhundert“ aus.
Die fortlaufenden Euro-Rettungsmaßnahmen geraten zu lauter Eingeständnissen: Längst ist die Finanzmacht nicht nur dieses oder jenes Euro-Landes, sondern der ökonomisch potentesten Euro-Staaten, die als Garanten gefragt sind, fragwürdig. Die Abwendung der Pleite Griechenlands durch neue Kreditgarantien überfordert das, was die Euro-Staaten, die noch Kredit haben, zu finanzieren bereit sind; Banken sollen Staatsschulden abschreiben...
In Amerika bezichtigen sich Anhänger des „Change“ und solche der Republikaner wechselseitig, den Erfolgsweg der Nation zu verlassen und ihren Untergang herbeizuführen. Dabei geht es um nichts weiter als das Geld, das die Regierung braucht; und da sind in der Sache die Gegensätze so groß nicht.
Nach wie vor laboriert das internationale Bankkapital an der sogenannten Hypothekenkrise und ihren Ausläufern. Das Kapitel firmiert immer noch unter diesem Namen, obwohl mittlerweile auch lauter Papiere, Titel, Finanzprodukte abgeschrieben werden, die nicht aus neu entdeckten Geschäften dieser Machart stammen. Die sogenannten Turbulenzen, die vor einem Jahr mit der Entdeckung uneinlösbarer Hypothekenkredite angefangen haben, haben sich zu etwas anderem ausgewachsen: Das Vertrauen in andere Emittenten von Wertpapieren und deren generelle Geschäftstüchtigkeit platzt.
Die Internationale der Geld- und Devisenhändler präsentieren der Wirtschaftsmacht Japan eine Abrechnung, die den Kurs des Yen fallen, und alle in ihm notierten Kapitalwerte erheblich schrumpfen lässt. Dieser Schaden für den Stoff, aus dem der kapitalistische Reichtum der Nation besteht, bleibt nicht auf die japanische beschränkt: die Konkurrenten, allen voran die USA als größter Schuldner Japans, sind sich bewusst, dass mit der japanischen auch die eigene „Volkswirtschaft“ in Mitleidenschaft gezogen wird.