Das gründliche Vorgehen von Putins Propagandamaschine in
Russland ist hierzulande längst bestens dokumentiert; über
die neuesten Lügengebäude und Repressionsmaßnahmen wird man
auch stets und umfassend auf dem Laufenden gehalten – auch
über die tragische Wirkung der Repression, dass die freie
Rede, die ungehinderte Zirkulation von Informationen und
Meinungen ihre störende bis umstürzlerische Potenz
ausgerechnet dort nicht entfalten können, wo es sie am
dringendsten bräuchte. Aber wenn es bloß das wäre!
Die westlichen Medien fluten ihr Publikum in Bildern und Texten zur Demonstration der beeindruckend unbeugsamen Kriegsmoral und des opferbereiten Kampfeinsatzes des ukrainischen Volks. Konsequent ausgeblendet aus diesem quasi Hollywood-reifen Szenario wird die banale Tatsache, dass es ja doch nicht ganz so ist, dass die komplette Nation freiwillig und begeistert wie ein Mann hinter ihrem Führer steht. Schließlich unternimmt die ukrainische Staatsgewalt auch einiges, um ihr Volk auf den Kriegsgang zu verpflichten und dafür zu verheizen.
Die etablierte rassistische Sittlichkeit, die in polizeiliche und private Brutalität ausartet, hat ihren Ausgangspunkt und ihren Antrieb weder in einer biologischen Rassentheorie noch im moralischen Unvermögen, den Wert schwarzen Lebens zu erkennen, sondern in der politischen Moral, die Trump auf so ehrlich ergriffene Art zelebriert: in der Liebe zur amerikanischen Ordnung, zu der freien und gleichen Konkurrenzgesellschaft, die sie ordnet, und zum Volk, das diese Ordnung als seinen ‚way of life‘ lebt und liebt.
Im Juni des Jahres versammeln sich in Hamburg die für den Weltlauf Zuständigen als „G20“, um den prekären Stand ihres Kooperationswillens zu ergründen, zu definieren und per Kommuniqué als „Stand des Vertrauens“ zwischen sich festzuhalten. Die deutsche Regierung präsentiert sich als Gastgeber der erlauchten Versammlung; wie gut sie dieses Amt wahrnimmt, soll die gesamte Nation, am besten die ganze Weltöffentlichkeit mitbekommen und angemessen würdigen.
Im Sommer kommt es in Bayern innerhalb weniger Tage zu drei blutigen Attacken mit insgesamt fast einem Dutzend Toten und zahlreichen Verletzten. Bei jeder dieser Gewalttaten haben die zuständigen Sicherheitsbehörden und genauso die Vertreter der Öffentlichkeit vor allem eine Frage: Handelt es sich um die Tat eines Amokläufers oder um eine mit terroristischem Hintergrund?
Für Mitte Mai kündigt ein Bündnis linker Organisationen mehrere Aktionstage und eine Abschlussdemonstration unter der Parole „Blockupy Frankfurt“ an – eine Protestaktion „gegen das Spardiktat der Troika“ aus EU-Kommission, EZB und IWF, die, unter maßgeblicher Beteiligung von Deutschland und Frankreich, zur Rettung des Euros die „Völker Europas systematisch verarmen“, um ihre Finanzmittel zur Rettung der Banken mobilisieren zu können.
Nachdem die zehnjährige Mordserie an Immigranten türkischer und griechischer Herkunft als Tat rechtsextremer Gewalt aufgedeckt worden ist, ruft die Politik den „Kampf gegen den rechten Terror“ aus. Daran schließen sich für sie lauter Fragen an: Ist der Verfassungsschutz nicht zu sehr mit dem Objekt seiner Bespitzelung verwoben? Bildet das rechtsradikale Milieu den Nährboden für den Rechtsterrorismus? Und wie ist es überhaupt um die geistige Verfassung des Volkes in Sachen Ausländerhass bestellt?
Da werden im Mutterland von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit an Recht und Gesetz vorbei von den Geheimdiensten Bürger ausgeforscht, ein Ukas des Präsidenten ersetzt das ‚Habeas Corpus‘ des Richters; dieselben geheimen Dienste desselben Landes klauben sich aus der ganzen Welt verdächtige Muslime zusammen und verschleppen sie per Flugzeug an unbekannte Orte; bekannt ist nur, dass sie dort jedenfalls beim Gebrauch der eher nicht menschenwürdigen Verhörmethoden nicht gestört werden, die für ihre ‚Erkenntnisse‘ zielführend sind.
Mitten in der schönsten „Globalisierung“ erlebt Frankreich den ziellosen Aufstand eines besonders schlecht gelittenen und behandelten jugendlichen Teils seiner relativen Überbevölkerung. Die Antwort des Staates ist eindeutig. Er behandelt die Randale als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und haut mit seinen Polizeikräften, durch die Aktivierung eines alten Ausnahmerechts von rechtsstaatlichen Rücksichten freigesetzt, so lange drauf, bis den Randalierern die Lust zum Weitermachen vergeht.
Terroristen sehen sich als Vorreiter eines notwendigen, globalen Kriegs gegen die Amerikaner, die sie für den mangelnden Erfolg ihres Staates verantwortlich machen. Deren Attacken entnimmt Amerika einen Mangel an umfassender und unangefochtener Kontrolle über sein Territorium, mit entsprechendem Handlungsbedarf zur Reform der gültigen Rechtsordnung.