Ein Bandarbeiter verdient weniger als ein Geschäftsführer, der Amtsleiter mehr als seine Sekretärin, ein Bankier in einem durchschnittlichen Jahr mehr als ein durchschnittlicher Facharbeiter im ganzen Leben.
2023 versetzt die amerikanische Autogewerkschaft UAW mit einem sechswöchigen Arbeitskampf gegen Amerikas stolze „Big Three“ Autokonzerne heimische und hiesige Beobachter in Erstaunen. Kein Wunder. Immerhin fordert sie eine Lohnerhöhung von mehr als 40 Prozent innerhalb der nächsten vier Jahre, außerdem die Abschaffung des „two-tier“ gestaffelten Lohngruppensystems, das für alle nach 2007 angeheuerten Beschäftigten unter anderem niedrigere Löhne – fast 50 Prozent weniger pro Stunde – und eine niedrigere Rente vorsieht.
Knapp zwanzig Jahre nach Einführung von Hartz IV wird der deutsche Sozialstaat reformiert. Und zwar nicht nur ein bisschen. Darauf legt die SPD jedenfalls großen Wert.
Die Bildzeitung ist das Arbeiterblatt der Nation und will das auch sein. Zu der Verwandlung der Klassenbrüder, die sie sind, in die respektablen kleinen Leute, als welche Bild sie anspricht, leistet die Zeitung täglich ihren Beitrag, indem sie sich ihrerseits programmatisch in den Dienst an ihren Adressaten stellt: „Weil ihr täglich euer Bestes gebt, tun wir es auch. Für euch.“
Die nationale Protestkultur ist in 16 Merkeljahren an verschiedenen Stellen aufgeblüht, teils wieder dahingewelkt, teils zum festen Bestandteil des lebendigen demokratischen Meinungspluralismus geworden – freiheitlicher Geist in Aktion.
Bei seinem Kampf um die Volksgesundheit in Pandemiezeiten trifft der bundesdeutsche Staat auf eine neue Art Gegnerschaft. Der Verfassungsschutz diagnostiziert einen neuen, „den Staat delegitimierenden Extremismus“, der natürlich nicht geduldet werden kann, weil die Staatsmacht schließlich ein Recht darauf hat, von den Bürgern als legitime Herrschaft anerkannt zu werden. Die andere Seite sieht sich ebenfalls im Recht, wenn sie gegen „Freiheitsberaubung“ und „Corona-Diktatur“ aufsteht.
Das war für die Nation vielleicht traumatisch. Zum ersten Mal seit 1814 wird das Kapitol in Washington verwüstet, diesmal aber nicht von fremden Soldaten, die auf Befehl eines feindlichen, undemokratischen Monarchen handeln. Im Gegenteil. Es sind glühende amerikanische Patrioten, vor Liebe zu „freedom and democracy“ strotzend, die in der Gewissheit zu Werke gehen, dass sie nur ihr gutes demokratisches Recht reklamieren: „four more years!“ unter der Regentschaft ihres Lieblingspräsidenten.
Zahllose Bildungs- und Lehrplanreformen hin, PISA-Testate und Schulevaluierungen her, so richtig zufrieden ist die ‚Wissensgesellschaft‘ mit ihrem hochgeschätzten Schulwesen darüber nicht geworden – im Gegenteil. Die Schule ist, gerade weil man den von ihr eröffneten „Bildungschancen“ enorme Wichtigkeit zuschreibt, permanent Gegenstand von Klagen über und enttäuschten Erwartungen an sie.
Die etablierte rassistische Sittlichkeit, die in polizeiliche und private Brutalität ausartet, hat ihren Ausgangspunkt und ihren Antrieb weder in einer biologischen Rassentheorie noch im moralischen Unvermögen, den Wert schwarzen Lebens zu erkennen, sondern in der politischen Moral, die Trump auf so ehrlich ergriffene Art zelebriert: in der Liebe zur amerikanischen Ordnung, zu der freien und gleichen Konkurrenzgesellschaft, die sie ordnet, und zum Volk, das diese Ordnung als seinen ‚way of life‘ lebt und liebt.