Wenn ein deutscher Industriekonzern vom Schlage VW erklärt, sich in einer Krise zu befinden, wenn er sodann die Katastrophe meldet, dass sein Gewinn um zwei Drittel eingebrochen ist und jetzt nur noch bei 1,58 Milliarden Euro pro Quartal liegt, dann gibt das interessierten Wirtschaftsexperten viel Gelegenheit, sich über die Versäumnisse zu verbreiten, aufgrund derer unser einstiger Vorzeigeautobauer den Anschluss im internationalen Wettbewerb zu verlieren droht: Er hat eine falsche Modellpolitik betrieben, zu einseitig auf den chinesischen Markt gesetzt, die Transformation zur E-Mobilität v
Was Deutschland nicht bewegt: Fortschritte in einem Machtkampf anderer Art, der in der Republik immerzu und pausenlos stattfindet, nämlich der, den das Kapital gegen die Lohnarbeit im Lande führt. Mit und ohne Verweis auf Corona setzt zum Beispiel der deutsche Automobil-Musterkonzern neue Maßstäbe in Sachen Lohn, Leistung und Beschäftigung, die die Gegenseite zu schlucken hat, wenn sie überhaupt weiterbeschäftigt werden will. Die diesbezüglich erzielten Fortschritte dokumentieren wir in unserer Chronik über ein Jahr Arbeit bei Daimler.
Ein gutes Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung hat sich die IG BCE ein hohes tarifpolitisches Ziel gesetzt, nämlich die Angleichung der Regelarbeitszeit in der ostdeutschen Chemie-Branche von 39 Stunden auf das West-Niveau von 37,5 Stunden, und das bei vollem Lohnausgleich. In diesem Unterschied zwischen Ost und West macht sie den entscheidenden Grund dafür dingfest, dass im Osten die Chemie nicht stimmt.
Seit gut zweieinhalb Jahren kämpft die Gewerkschaft Verdi um einen Tarifvertrag mit dem amerikanischen Onlinehändler Amazon. Ihre periodischen Streiks an den diversen deutschen Standorten des Konzerns sorgen während der Weihnachtszeit für etwas mehr öffentliche Resonanz, allerdings ohne dabei mehr praktische Wirkung zu entfalten.
Anlässlich eines Referendums über die Zulassung der
amerikanischen Autogewerkschaft UAW im VW-Werk von
Chattanooga in Tennessee erfährt man in der deutschen Presse,
dass es nach amerikanischer Gesetzeslage eines
Mehrheitsentscheids der Belegschaft bedarf, damit eine
Gewerkschaft sich als deren Interessenvertretung in einer
Fabrik etablieren darf; und dass sich die UAW im Süden der
USA, wo sich ausländische Automobilfabrikanten bevorzugt
niedergelassen haben, seit Jahrzehnten vergeblich um dieses
Privileg bemüht.
Siemens hat seine Führung in Management und Aufsichtsrat ausgewechselt. Kaum im Amt, verkündet sie, dass sie weltweit 15 000 Arbeitsplätze abbauen wird, und zwar als Verwirklichung des schon vom alten Vorstand ausgerufenen, aber bislang nicht konsequent durchgezogenen Sparprogramms „Siemens 2014“ – Massenentlassungen stehen also an. Das ist zum einen eine klare Ansage an die Siemensianer, worauf sie sich gefasst machen müssen. Zum anderen richtet sich diese Meldung an einen Adressaten, auf den es in anderer Hinsicht entscheidend ankommt: ans Finanzkapital.
Im Frühjahr des Jahres ist der amerikanische Automobilkonzern General Motors von Insolvenz bedroht und damit auch seine europäische Tochtergesellschaft Opel. Jahrelange Lohnkürzungen, Stellenstreichungen und Leistungssteigerung für die verbliebenen Arbeiter haben nicht dazu geführt, dass den Kapitalgebern die beanspruchte Rendite erwirtschaftet wurde, sie sind nicht mehr bereit, GM noch weitere Kredite zur Verfügung zu stellen.
Die deutschen Gewerkschaften werden auch von denen gefeiert, die
ansonsten die von der Arbeitervertretung behaupteten ""Besitzstände"" und
das ""Besitzstandsdenken"" ihrer Mitglieder angreifen. Das Lob gilt denn
auch nicht einer kämpferischen Wahrung von deren Interessen. Gelobt
wird der Dienst der Gewerkschaften am deutschen Gemeinwesen, speziell
die Pflege des ""sozialen Friedens"", für dessen Bewahrung sich der DGB
mit zuständig erklärt.
Die Firma Lidl macht mit einer Praxis von sich reden, die die Gemüter der ganzen Nation erhitzt. Mit geheimen Überwachungsanlagen und verdeckt ermittelnden Detektiven spürt der Discounter seinem Personal hinterher, lässt umfangreiche Informationen sammeln über jeden Schritt bis in die Umkleidekabinen und Buch führen über Gespräche aller Art.
Richtig sauer wird der Betriebsratschef, wenn er den Verdacht hat, der neue Hauptanteilseigner Porsche in Gestalt des Vorstandsvorsitzenden Wiedeking wolle die angemessene Repräsentation der VW-Arbeiter durch ihn und seine Betriebsratskollegen im neuen Gesamtkonzern hintertreiben. Ein unerhörter Anschlag auf die Arbeiter liegt vor, wenn in der Mitbestimmungsvereinbarung für die neue Porsche-Holding, in die der VW Konzern als Tochter eingegliedert wird, den Belegschaftsvertretern im Aufsichtsrat nicht mehr Posten zugebilligt werden als den Vertretern der Porsche-Arbeiter.