Mit größter Selbstverständlichkeit und unter Wahrung jeden Respekts vor der privaten Urteilsbildung vereinnahmt die „vierte Gewalt“ ihr Publikum für den Standpunkt, von dem aus hierzulande wichtig und unwichtig geschieden, sachgerecht kommentiert und vernünftig gemeint gehört. Für einen nationalistischen Blick aufs Weltgeschehen wirbt sie nicht – sie praktiziert ihn. Und macht zum Beispiel aus einer beliebigen Woche im März einen ziemlich kompletten Grundkurs in deutscher Welt-Anschauung. In „Süddeutscher“ in unserem Beispielsfall.
Der Regierung fehlt, hat die Opposition herausgefunden, die rechte vaterländische Gesinnung, und zusammen mit der „unserem Land“ auch der maßgebliche innere Kompass, der ihm die richtige politische Richtung weist. Denn Vaterlandslose können „es“ einfach nicht richtig machen.
Madrid, 11.3.2004, 7:30 Uhr. Im morgendlichen Berufsverkehr explodieren in kurzer Folge in voll besetzten Nahverkehrszügen 10 Bomben. Der Anschlag ist Anlass zur Beendigung des Wahlkampfs, weil die Aufregung darüber sowieso Wahlkampf pur ist: die regierenden Konservativen wollen ihn den Basken in die Schuhe schieben, die Opposition macht al Kaida verantwortlich, jeweils um den eigenen Kurs zu rechtfertigen. Am Ende hat die Regierung gelogen: die Opposition gewinnt. Überraschend. Nichts ist ein so schöner Geburtshelfer für ein geeintes Europa wie gemeinsame Betroffenheit durch Terror.
Der CDU-Politiker Hohmann bezeichnet in einer Rede die Juden als „Tätervolk“ und wird aus der CDU ausgeschlossen, weil er sich „außerhalb des Verfassungsbogens gestellt“ habe. Hohmann hält die Einordnung der NS-Vergangenheit als „Schuld“ für überholt und eine Umdeutung für überfällig. So soll Deutschland sich von einer moralischen Belastung befreien und zu einer positiven Betrachtung seiner Vergangenheit kommen.
Nationalstolz ist der Fehler von Untertanen, die sämtliche zwischen ihnen und in ihrem Verhältnis zur politischen Gewalt eingeschlossenen Gegensätze für unwichtig befinden, um sich umso mehr auf die Einzigartigkeit des Gemeinwesens einzubilden, dem sie zwangsweise angehören. In der von Lauritz Meyer (CDU) und Jürgen Trittin (Grüne) aufgemachten Debatte wird nicht für oder gegen Nationalstolz argumentiert, sondern er wird unterstellt und darüber gestritten, wie er richtig geht.
Die Staatsmacht höchstpersönlich ruft zu einer Demonstration auf: sie will ihr ganzes Staatsvolk ein bisschen umerziehen, so dass es seinen gesunden Hass auf alles Undeutsche bremsen lernt und der Staatsmacht überlässt zu entscheiden, wer als Nicht-Deutscher in Deutschland bleiben darf und wer nicht. Das ist dann ein guter Patriotismus, nicht so ein „dumpfer Nationalismus“, wie ihn Neo-Nazis praktizieren.
Gun owners verstehen sich anerkanntermaßen wie jeder Ami als personifizierte Staatsgewalt, als Inbegriff dessen, was „Amerika“ ausmacht und gegen alle inneren und äußeren Feinde, mit oder ohne persönlichen Waffenbesitz verteidigt gehört. Unamerikanische Umtriebe liegen also eher bei denen vor, die Waffenbesitz verbieten wollen und so die Spielregeln des pursuit of happiness antasten.
Deutsche Hooligans prügeln einen französischen Polizisten ins Koma – „Verrückte“ und „Kriminelle“? Vom ganz normalen Nationalismus eines „Fußballfans“. Und vom Übergang, das Recht auf Durchsetzung als Deutscher selbst in die Hand zu nehmen.
Unter Vermittlung des amerikanischen Ex-Senators Mitchell einigen sich England, Irland und die nordirischen Bürgerkriegsparteien Ulster-Unionisten und Sinn Fein auf ein „Peace Agreement“. Die gewünschte paritätische Mitarbeit der nordirischen Patrioten in neuen politischen Gremien soll den unversöhnlichen Gegensatz zwischen ihnen abschleifen. Allerdings, ohne dass ihr Nationalismus von den Aufsichtsmächten praktisch ins Unrecht gesetzt wird – ein Widerspruch, der sich nun an der Bekämpfung der „Feinde des Peace Agreements“ abarbeiten darf.
Die deutsche Nation feiert ihre „Befreiung“ vom Nationalsozialismus und verschafft sich ein Stück Freiheit für die Ansprüche eines „neuen“ Deutschlands im Kreis der imperialistischen Mächte. Die deutschen Intellektuellen und ihre Interpretation des neuen „Zeitgeistes“.