Dass Staaten eines unnatürlichen Todes sterben, ist an sich die Regel, Anlass zur Trauer unter den Hinterbliebenen ist eher selten. Allemal haben sie ihren Untergang der zielgerichteten äußeren Gewalteinwirkung näherer und entfernter Nachbarn zu verdanken, und da ist bei denen nur immer die Freude groß, wenn der Konkurrent, an dem sie sich stören, endlich zugrunde geht.
Die estnische Regierung räumt ein sowjetisches Kriegerdenkmal nebst sterblichen Überresten von Gefallenen der Roten Armee aus dem Zentrum ihrer Hauptstadt weg; in Estland ansässige Russen und die in Moskau protestieren und intervenieren. Und wieder wird das Bild vom kleinen freiheitsliebenden Völkchen verbreitet, das vom übermächtigen Russland zerdrückt zu werden droht.
Das Verlogene der Veranstaltung besteht in der Umwertung dessen, womit Nationen gegeneinander ihre Konkurrenz auf dem Weltmarkt bestreiten, in Beiträge, die ein Land der Menschheit leistet und zu ihrem Fortschritt beisteuert; lauter moralische Verherrlichungen der Technik sind der eigentliche Gegenstand der Ausstellung, blöd nur, wenn kein Schwein sie bestaunen will!
Am 10. Geburtstag der Wiedervereinigung wird das Volk kritisiert: die Ostdeutschen, weil sie zu viel Anspruchsdenken zeigen, die Wessis, weil sie den Ossis die Identifikation erschweren.
Der Umzug nach Berlin, mag er auch noch so viel kosten, muss sein. Denn Berlin ist ein Symbol: Für eine verheerende Niederlage, aus der Deutschland sofort den Anspruch auf eine totale Revision des Kriegsergebnisses abgeleitet hat und darin siegreich war – DDR kaputt, Deutschland ganz. So ist Berlin das Symbol für die Kontinuität der deutschen Macht, deren Ansprüche heute eine ganz andere Wucht besitzen als die zweimal gescheiterte Großmachtpolitik vergangener Berlins!
In einer Sternstunde historisierender Schönfärberei besinnt sich die Nation auf den 68‘er Aufruhr als Beitrag zum Reifungsprozess der deutschen Demokratie. Einige Erläuterungen zur Studentenbewegung, ihrem kritischen Vergleich der geglaubten Demokratieideale mit der herrschenden Wirklichkeit in Deutschland, ihrer Erledigung und den tatsächlichen Fortschritten der deutschen Demokratie.
Die deutsche Nation feiert ihre „Befreiung“ vom Nationalsozialismus und verschafft sich ein Stück Freiheit für die Ansprüche eines „neuen“ Deutschlands im Kreis der imperialistischen Mächte. Die deutschen Intellektuellen und ihre Interpretation des neuen „Zeitgeistes“.