Was sich in Sachen kapitalistischer Fortschritt technisch und ökonomisch tut – großenteils gar nicht von allein, sondern von ihnen auf den Weg gebracht –, ist für die Staaten, die mächtigen insbesondere und vor allen anderen, in mehrfacher Hinsicht von größter Bedeutung, dringlichst betreuungs-, kontroll-, lenkungsbedürftig, weil essenziell für ihre Konkurrenz untereinander: die ökonomische, die weltmarktstrategische, die militärische – kurz: für ihre „Zukunft“.
Arbeiten im Kapitalismus geht offensichtlich nur, wenn der Staat einen Großteil des privaten Lohneinkommens seiner arbeitenden Bevölkerung zwangsweise kollektiviert und damit ein umfassendes System von Sozialkassen unterhält. So viel Sozialismus muss sein im freien bürgerlichen Gemeinwesen. Wie in dem mit hoheitlicher Gewalt ‚Solidarität‘ organisiert wird und warum, erläutert das Stichwort: Sozialversicherungen.
Was über den Konsum vermeldet wird, ist so merkwürdig wie aufschlussreich: Des öfteren muss er z.B. „angekurbelt“ werden, wird also gefordert, damit das Wachstum vorankommt. Offenbar ist er er nicht Zweck, sondern Mittel, um Geschäfte in Gang zu bringen und zu halten. Als Anschub kommt denn auch eine Größe auf keinen Fall in Betracht: mehr Einkommen der arbeitenden Menschheit. Daneben hält sich vielmehr die umgekehrte Sicht: Unversehens finden sich Menschen, die nicht recht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, in einer „Überflussgesellschaft“ wieder.
Obwohl Ausländer, Zuwanderer oder sonstige Landesbewohner mit „Migrationshintergrund“ im deutschen Inland – 15 von 82 Millionen Einwohnern sollen es schon sein – eigentlich, was ihre gesellschaftlichen Elementaraufgaben betrifft, nicht viel besser oder schlechter als ihre jeweiligen einheimischen Klassenbrüder funktionieren, sind sie Gegenstand verbreiteter Unzufriedenheit der Deutschen und ihrer Obrigkeit, die sich deswegen neuerdings mit den zuständigen „gesellschaftlichen Gruppen“ trifft.
Auch die Politik befindet, dass es zu viele Arbeitslose gibt und dringt darauf, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, vertreten von ihrer Gewerkschaft, zusammensetzen. Sie einigen sich darauf, dass es sich hier um ein „strukturelles Problem“ handelt, was aber beileibe nicht heißt, dass es zum Prinzip dieses Systems gehört, mit immer weniger Arbeitsaufwand die Welt mit immer größeren Warenmengen zu überschwemmen und somit immer mehr Arbeitnehmern ihre Existenzgrundlage zu entziehen.
Von der subjektiven Leistung des moralischen Individuums. Mit Anstand und Erfolg ganz frei und modern zur subjektiven Unterwerfung unter die gewaltmäßig eingerichteten Gesetze und Regeln des bürgerlichen Staates. Die Fortschritte der modernen Gesinnungswirtschaft.
Der Zweck des Asylrechts, die Konjunkturen seiner Auslegung und seine Sicherung gegen den ‚Missbrauch‘ durch ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘. Wie die Politik dem Volk das Ausländerproblem erklärt, um sich zum Durchgreifen ermächtigen zu lassen. Zusammenschluss und Zerwürfnis von unten und oben. Der Ausländerhass: Spiegelbild eines ‚Privilegs‘: Deutscher sein. Der Rassismus der Demokratie. Die Unart der Ausländerfreunde. Der Imperialismus als bleibender Grund der Flüchtlingsströme.
Lohn als Reproduktionsmittel des Arbeiters. Der Lohn als Finanzquelle des Staates. Der Lohn als Last diverser nationaler Bilanzen und als Kost fürs Kapital. Der Lohn als Kaufmittel der freien Verfügung über die Arbeitskraft zwecks Herstellung der Produktivität des Kapitals. Der Lohn als Mittel der Produktion abstrakten Reichtums (der Nation) und der Erhaltung der dafür nützlichen Armut des Proletariats.
Aus der Essenslieferbranche, die für ihre irregulären Arbeitsverhältnisse mit scheinselbstständigen Fahrradkurieren als Schmuddelecke der deutschen Arbeitswelt bekannt geworden ist und die lange Zeit eine gewerkschaftsfreie Zone war, ist 2025 zu vernehmen, dass die Gewerkschaft um einen Sozialplan für von Massenentlassungen bedrohte Teile der Lieferando-Stammbelegschaft ringt. Wie ist es dazu gekommen?
Offensichtlich produziert das schöne System der Volkswirtschaft, dem der Kanzler sich verpflichtet weiß, nicht nur einen immer weiter wachsenden Geldreichtum, sondern mit ihm eine ebenso wachsende Masse an Sozialfällen, die staatliche Betreuung braucht, weil sie für die Erwirtschaftung dieses Reichtums nicht mehr nützlich ist. Diese Armut ist laut Merz zu einer unerträglichen Last geworden – nicht etwa für die Betroffenen, sondern für die Volkswirtschaft, die man mit ihren sozialen Unkosten nicht behelligen darf. In diesem Sinne ruft er einen „Herbst der Reformen“ aus.