Zu einigen neueren Fortschritten in der Konkurrenz der Staaten
Was sich in Sachen kapitalistischer Fortschritt technisch und ökonomisch tut – großenteils gar nicht von allein, sondern von ihnen auf den Weg gebracht –, ist für die Staaten, die mächtigen insbesondere und vor allen anderen, in mehrfacher Hinsicht von größter Bedeutung, dringlichst betreuungs-, kontroll-, lenkungsbedürftig, weil essenziell für ihre Konkurrenz untereinander: die ökonomische, die weltmarktstrategische, die militärische – kurz: für ihre „Zukunft“.
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Länder & Abkommen
Gliederung
- 1. Die Produktivkraft der ‚Digitalisierung‘ für das nationale Wachstum: eine wirtschaftspolitische Agenda für alle Staaten
- 2. Kampf der Weltwirtschaftsmächte um Anteile am globalen Kapitalismus
- 3. Kampf um die Vormacht auf dem Feld der ‚nationalen Sicherheit‘
- 4. Zum US-Dollar-Imperialismus im Geiste von „America first!“
Zu einigen neueren Fortschritten in der Konkurrenz der Staaten
Was sich in Sachen kapitalistischer Fortschritt technisch und ökonomisch tut – großenteils gar nicht von allein, sondern von ihnen auf den Weg gebracht –, ist für die Staaten, die mächtigen insbesondere und vor allen anderen, in mehrfacher Hinsicht von größter Bedeutung, dringlichst betreuungs-, kontroll-, lenkungsbedürftig, weil essenziell für ihre Konkurrenz untereinander: die ökonomische, die weltmarktstrategische, die militärische – kurz: für ihre „Zukunft“.
1. Die Produktivkraft der ‚Digitalisierung‘ für das nationale Wachstum: eine wirtschaftspolitische Agenda für alle Staaten
a) Vom Kleinbetrieb bis zum Großkonzern lassen sich Unternehmen weltweit die ‚Digitalisierung‘ ihres Geschäfts etwas kosten, um die Produktivität ihres eingesetzten Kapitals zu steigern, und sie müssen sich die diversen Angebote der IT-Riesen etwas kosten lassen, insofern diese zum Standard ihrer Konkurrenz verallgemeinert werden. Noch jeder Staat, Schutzherr und Nutznießer seiner national bilanzierten Kapitalakkumulation, sieht sich diesbezüglich in der Pflicht, die ‚Digitalisierung‘ des globalen Kapitalismus am eigenen Standort zu bewirtschaften und den Forderungen seiner geschäftstüchtigen, auf die Angebote des Netzes angewiesenen Bürger zu entsprechen. Im Interesse der Leistungen internetbasierter Dienste für das Wachstum des nationalen Geldreichtums und nebenbei auch für die Ökonomisierung ihrer Bürokratie sehen alle Staaten sich herausgefordert, die dafür notwendigen Voraussetzungen, soweit deren Bereitstellung selber kein lohnendes Geschäft verspricht, also getreu marktwirtschaftlicher Vernunft gar nicht erst zustande kommt, in eigener Verantwortung zu stiften bzw. auszubauen: Wenn sie es für geboten halten und vermögen, übernehmen sie die Organisation, Durchführung und (Teil)Finanzierung des flächendeckenden Aufbaus der Infrastruktur für stationäre und mobile Netze auf der Höhe aktueller und zukünftiger Anforderungen der Weltmarktkonkurrenz und regeln, nicht selten durch eigene Telekommunikationsunternehmen, eine allgemeine Zugänglichkeit. In kapitalistisch fortschrittlichen Nationen sind Regierungen in der Lage, Mobilfunk-Frequenzen (wie zuletzt 5G) an potente Konzerne zu versteigern, die sich davon in absehbarer Zukunft ein einträgliches Geschäft versprechen. Solche Auktionen unterstellen nicht selten längst getätigte immense staatliche Vorleistungen, bescheren dem Staatshaushalt aber immerhin Einnahmen in Milliardenhöhe. Auch hier überlassen sie den Netzaufbau nicht einfach dem freien geschäftlichen Ermessen der Telekommunikationsunternehmen, sondern knüpfen die ersteigerten Lizenzen an Auflagen, die eine möglichst flächendeckende Präsenz neuer Netzwerktechnologien sicherstellen sollen, weil Standortverwalter auch diese technischen Errungenschaften von Anfang an unter ihr Interesse subsumieren, ihrer Nation mit jedem erschlossenen Landstrich einen Konkurrenzvorteil zu verschaffen. Für den betreiben und begünstigen alle Staaten außerdem und wiederum in Abhängigkeit von ihren ökonomischen Potenzen die Entwicklung, manchmal auch die Bereitstellung der für die Nutzung des Internets nötigen technischen Hilfsmittel. So fördern und festigen sie die totale Subsumtion des nationalen Kapitalkreislaufs unter die Dienstleistungen der IT-Branche als unabdingbare Erfolgsbedingung; inklusive der Privatsphäre ihrer Bürger, die einerseits als Datensammlung der Verfügung und geschäftlichen Benutzung durch diverse IT-Kapitale überantwortet ist und andererseits ihrer Rechtshoheit unterliegt, weshalb mit der ‚digitalen Selbstbestimmung‘ auch ein neues Feld der Rechtspflege entsteht, auf dem vor allem das hohe Gut des privaten Eigentums an digitalen Informationen mit dem geschäftlichen Interesse an ihnen unter einen Hut gebracht werden soll. Darüber hinaus sehen sich alle Staaten in der Pflicht, ihr Volk im Umgang mit dem Netz und seinen geschäftsdienlichen Möglichkeiten zu schulen. In staatlichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen vermitteln sie das Know-how, das es zur Ausübung der (verbleibenden) Arbeit, von den unteren Abteilungen der Lohnhierarchie bis zu den Kommandohöhen des Managements, in einem digitalisierten Kapitalismus braucht; daneben belehren sie ihre ins Internet eingehausten Bürger, die mitteilungsfreudig und unbekümmert gegenüber den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten des Internets Informationen über sich und ihre Mitmenschen veröffentlichen, über einen verantwortungsvollen Umgang mit privaten Daten im Netz. Wo das für den geschäftlichen Bedarf nach entsprechend qualifizierten ‚Fachkräften‘ vor Ort, auf die Unternehmen durch die Errungenschaften der ‚Digitalisierung‘ oft und immer öfter, aber eben nicht immer global zugreifen können, nicht ausreicht, wissen Regierungen das als Gesichtspunkt in die Regelung der Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet einzubeziehen. All diese Maßnahmen zeugen davon: Die Standortverwalter rund um den vernetzten Globus haben gelernt, dass sie die notwendigen Voraussetzungen für die nächste Umwälzung ihres nationalen Kapitalkreislaufs mit Blick auf ihre Konkurrenten stiften müssen, damit sich der Zugriff auf ihre Nation auch in Zukunft als ökonomische Basis ihrer Macht bewährt.
b) Getreu der eigentümlichen Rationalität der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsweise schließt die ‚Digitalisierung‘ der Kapitalumschläge wie jeder Fortschritt recht ruinöse Wirkungen auf die Masse der Bevölkerung ein, die vom Verkauf ihrer Arbeit lebt; und zwar – nach Einschätzung derer, die diesen Fortschritt im Interesse ihres Geschäfts durchsetzen, es also wissen müssen – in einem bisher nicht dagewesenen Umfang. Auch diesbezüglich sieht sich noch jeder Staat vor eine ‚Herausforderung‘ gestellt, deren ‚Bewältigung‘ ansteht. Die Besorgten unter regierenden und oppositionellen Politikern gehen schlicht von einem massiven Stellenabbau aus, wenn sie im Namen der arbeitenden Menschheit problematisieren, ob denn im Zeitalter der ‚Digitalisierung‘ die Arbeit überhaupt noch für alle reiche. Voller Sorge stellen sie ganz selbstverständlich die marktwirtschaftliche Gleichung in Rechnung, dass die Arbeit nun mal Lohnarbeit im Dienste geschäftstüchtiger Eigentümer ist, die die Errungenschaften der Digitalisierung unter anderem dafür nutzen, mit den Lohnkosten auch den Lebensunterhalt ihrer Angestellten wegzurationalisieren. Deren internetbasierte Offensiven zur Steigerung ihrer Kapitalproduktivität werden – je nach Standpunkt – als unaufhaltsam voranschreitender ‚Fortschritt‘ oder ‚Sachzwang‘, so oder so als subjekt- und interesselose Notwendigkeit zur Sprache gebracht, deren Wirkungen, manchmal ‚Schattenseiten‘ genannt, mitfühlende Staatenlenker vor wirtschafts- und sozialpolitische Aufgaben im Umgang mit dem ‚Schicksal‘ ihrer Erwerbsbürger stellen. Dass sie sich um die ‚Probleme‘ ihrer arbeitenden Bevölkerung kümmern, die aus den Konsequenzen der ‚Digitalisierung‘ resultieren, die sie mit der hoheitlichen Macht des Staates ins Werk setzen und als nahende und hinzunehmende Notwendigkeit einordnen, will als Dienst gewürdigt sein.
Neben solchen Auskünften und mit Blick auf ihre politische Agenda ziehen alle Staaten eine gemischte Bilanz, die ihnen viel zu tun gibt. [1] Von den Arbeitsplätzen, die in einer digitalisierten Marktwirtschaft überhaupt noch gebraucht werden, wollen sie möglichst viele und immer mehr, und zwar bei sich. Dass der Reichtum ihrer Nation durch kapitalistisch lohnend angewandte Arbeit entsteht, von der es deswegen gar nicht genug geben kann, davon gehen Politiker auch weiterhin aus, wenn sie durch die Bewirtschaftung ihres Standorts gegeneinander um die Beheimatung rentabler Arbeitsplätze kämpfen. Bei der Bewältigung dieser Agenda sind sie sich einerseits mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern einig darüber, dass es auf diese Arbeitsplätze ankommt, und geraten andererseits mit beiden Seiten in unvermeidliche Konflikte: Ihrer lohnabhängigen Bevölkerung machen Politiker mal wieder klar, dass ‚Rationalisierungen‘ und auch flächendeckende Umwälzungen der betrieblichen Anforderungen an die Arbeit samt Entlassungen einfach sein müssen – im Interesse des kapitalistischen Allgemeinwohls, also letztlich auch ihres Auskommens, das anders ‚nun mal‘ nicht zu haben ist. Mit den Vertretern der ökonomisch herrschenden Klasse handelt die Politik ein ums andere Mal aus, was es den Staat an Vorleistungen, Subventionen, Steuernachlässen oder rechtlichen Begünstigungen kostet, damit Unternehmer und Investoren ihr Kapital samt seinen rentablen Arbeitsplätzen am nationalen Standort belassen oder von auswärts ansiedeln – weil und insoweit darüber das Wachstum des Geldreichtums der Nation befördert, die staatliche Steuerbasis gestärkt und die Verschuldungsfähigkeit des Staates ökonomisch beglaubigt wird. Des Weiteren steht der Staat auch in seiner Eigenschaft als Rechtshoheit bereit, neue, nicht selten prekäre Beschäftigungsverhältnisse, von denen seine globalisierte Arbeiterklasse leben soll, zu regeln. Neue Formen zeitlich und örtlich flexibler Arbeit werden in bestehendes Recht integriert oder unter neuen rechtlichen Rahmenbedingungen zugelassen – was die Glücklichen benötigen, die jetzt und in Zukunft ihren Arbeitsdienst an einem digital revolutionierten Kapitalumschlag verrichten dürfen, ist vor allem Rechtssicherheit. Daneben widmen sich alle Staaten, soweit sie darin überhaupt ein nationales Problem identifizieren und über entsprechende Mittel verfügen, den absehbaren Folgen der ‚Digitalisierung‘ auf gegenwärtige und zukünftige Arbeitnehmer, um soziale Opfer, die womöglich ihre Kassen belasten oder den ‚sozialen Frieden‘ stören, erstens zu verhindern, wenigstens zu vermindern und zweitens zu betreuen: Maßnahmen zur (vorbeugenden) Förderung betroffener Erwerbsbürger werden an die Anforderungen der ‚digitalen Revolution‘ angepasst oder ins Leben gerufen. Von der spielerischen Einübung in die Welt digitaler Medien in staatlichen Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen bis zum fortgeschrittenen Studium irgendeiner Informationstechnologie an dafür ausgerüsteten Universitäten wird die nachwachsende Generation der lohnabhängigen Bevölkerung auf unterschiedlichen Stufen im Umgang mit allen möglichen Momenten der ‚Digitalisierung‘ geschult, um den Anforderungen der Jobs von heute und morgen gewachsen zu sein. Weil dieses ‚Passungsverhältnis‘ so seine Tücken hat, Arbeitgeber selbstverständlich von genügend brauchbaren Arbeitskräften ausgehen und ihre Ansprüche an die Arbeit mit jedem Fortschritt bei der Digitalisierung nach Maßgabe ihrer Geschäftsrechnung umwälzen, ergänzen Staaten ihr Ausbildungs- um Fort- und Weiterbildungswesen, in denen betroffene Erwerbsbürger sich weiter ‚qualifizieren‘ können. Sie werden dazu angehalten und dabei unterstützt, sich immer wieder aufs Neue, bis zum Ende ihres Erwerbslebens für die ständig wechselnden Ansprüche international aufgestellter und vernetzter Unternehmen herzurichten. Mit der angeleiteten Einübung dieses ohnmächtigen Aktivismus vorauseilender Anpassung bieten die Staaten ihrer arbeitnehmenden Bevölkerung die Chancen, die sie sich in einer digitalisierten und sich schnell wandelnden Arbeitswelt erwarten darf, und der arbeitgebenden Bevölkerungsminderheit ein für ihre anfallenden ‚Revolutionen‘ brauchbares Reservoir an Arbeitskräften. Wo die lohnabhängigen ‚Opfer‘ der ‚Digitalisierung‘ unausweichlich sind und von der politischen Führung als Problem anerkannt werden, erwartet sie eine sozialpolitische Betreuung, die ihnen das Aushalten dieser elenden Seite ihrer lohnabhängigen Karriere ermöglicht und dadurch als zumutbare Lebensperspektive vorgibt. Die Notwendigkeit sozialer Kompensationsleistungen verdankt sich zwar nicht der ‚Digitalisierung‘, gilt also auch nicht nur dem menschlichen Ausschuss, den die Herren Arbeitgeber im Zuge der ‚Modernisierung‘ ihrer Kapitalkreisläufe produzieren, vielmehr dem gesamten lohnabhängigen Menschenschlag, wird aber angesichts der anstehenden Umwälzung des Arbeitsmarkts von Politikern als dringliche Herausforderung beschworen. Von der Bezuschussung von Löhnen, die sonst gar nicht erst gezahlt würden, über alternative, vom Staat auserkorene Beschäftigungsformen bis zum Almosenwesen werden vorhandene Maßnahmen zum Umgang mit Arbeitslosigkeit und Elend den neuen Arbeits- und Lebensbedingungen angepasst oder weitere verfügt. Von einer realistischen politischen Verantwortung für die Nöte der lohnabhängigen Bevölkerung zeugt bspw. die schöne Idee, dass arbeitsfähige Arbeitslose, die keine reguläre Arbeit mehr bekommen, die sie ausreichend ernährt, diejenigen, die nicht mehr arbeiten können, im staatlich unterstützten Pflegedienst betreuen – eine Apotheose des Pflegeberufs zum Perpetuum mobile der Selbstbeschäftigung derer, die das Kapital nicht erst im Zuge seiner ‚Digitalisierung‘, dann aber vermehrt, als unbrauchbar aussortiert. Wie im Falle des bedingungslosen Grundeinkommens als einer gar nicht mehr so abwegigen politischen Forderung leben außerdem Vorschläge auf, wie der Kapitalismus ‚zum Wohle aller Menschen‘ zu reformieren sei – wo es schlicht um die staatliche Einhegung der nützlichen wie der gänzlich unnützen Armut der Arbeiterklasse [2] geht, die er produziert. [3]
2. Kampf der Weltwirtschaftsmächte um Anteile am globalen Kapitalismus
In Anbetracht der Leistungen internetbasierter Dienste für das Wachstum des nationalen Geldreichtums ist im Prinzip jedem Staat daran gelegen, dass die Urheber und Macher dieser Dienstleistungen nicht nur an ihrem Standort produktiv werden, vielmehr von ihrem Standort aus ihr globales Geschäft betreiben. Tatsächlich ist dieses Anliegen von vornherein Gegenstand eines zunehmend rücksichtslos geführten Kampfes der wenigen Weltwirtschaftsmächte, die die betreffenden Konzerne beheimaten, hüten und fördern; eines Kampfes, den mit einem entscheidenden Vorsprung die USA führen, die das Netz geschaffen, zu kommerzieller allgemeiner Nutzung freigegeben und von Beginn an die Konzerne hochgezüchtet haben, die es für ihr Geschäft benutzen, darüber immer weiter wachsen und kraft ihrer Kapitalgröße und ihres technischen Vorsprungs den Weltmarkt in dieser Sphäre (auch heute noch zu großen Teilen) dominieren.
Das Interesse der konkurrierenden Weltwirtschaftsmächte, dass die als entscheidend anerkannten Unternehmen in ihrem mit Kapitalgröße geführten Verdrängungskampf als überlegene Global Players vom eigenen Heimatmarkt aus operieren, beruht – in einer ersten, wirtschaftspolitischen Hinsicht – auf der Besonderheit des Geschäfts, das die betreffenden IT- und Industriekonzerne betreiben bzw. anpeilen. Als Grundlagengeschäfte, die Unternehmen weltweit mit ihren Dienstleistungen versorgen und darum tendenziell an so gut wie allen Geschäften mitverdienen, werden sie nicht nur als herausragende Quelle des nationalen Reichtums verbucht. Die weit- und bis ins Kleinste hineinreichenden ökonomischen Abhängigkeiten, welche ihre Global Players mit den kostenträchtigen Diensten herstellen, eröffnen den Weltwirtschaftsmächten mit der nationalen Verfügung über diese Branchengrößen den wirtschaftsstrategischen Zugriff auf so gut wie alle Weltmarktgeschäfte samt der Eröffnung von ganz neuen Branchen für digitale Dienstleistungen und der Kontrolle über den Zugang zu alten wie neuen auf der globalen Vernetzung basierenden Märkten. Vor Augen steht ihnen das Versprechen eines Regimes über die Entstehung und Verteilung des Reichtums in der Welt in nationaler Hand.
In diesem Sinne mobilisieren sie mit Blick auf ihre Konkurrenten und Rivalen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel: treiben den Schutz, die Förderung und den Aufbau eigener Global Players mit rechtlichen, insbesondere steuer-, patent- und wettbewerbsrechtlichen Instrumenten sowie finanziellen Zuwendungen auf Kosten des Staatshaushalts – je nach erreichtem Stand: wieder, weiter oder überhaupt erst – voran. Von entscheidender Relevanz ist dabei das ‚geistige Eigentum‘, für dessen Schutz sie sich gegeneinander einsetzen. Mit ihrer Rechtshoheit sorgen sie im eigenen Herrschaftsbereich dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und ausgeheckte Ideen überhaupt erst als Gegenstand privater Verfügung einer exklusiven geschäftlichen Nutzung zugeführt werden können. Im Interesse der Förderung ihrer Global Players kann es dabei nicht bleiben; sie setzen ihre Macht für den internationalen Schutz des ‚geistigen Eigentums‘ ihrer nationalen Champions ein, um denen den gesamten Globus als frei zugängliche Geschäftssphäre zu erschließen, und eröffnen damit einen Kampf um das ‚geistige Eigentum‘ als ein internationales Recht. Die maßgeblichen Weltwirtschaftsmächte verlangen einander und dem ganzen Rest der Staatenwelt die Anerkennung ihrer eigenen nationalen Rechtsetzung als für alle verbindliche Selbstverpflichtung ab, in deren Dienst die staatlichen Konkurrenten ihre souveräne Gewalt zu stellen haben. Umgekehrt behalten sie sich vor, das Recht zum freien grenzüberschreitenden Geschäft in ihrem Herrschaftsbereich unter Bedingungen zu garantieren, die ausländische Konzerne gegenüber den eigenen benachteiligen.
Getrennt von diesem wird ein weiteres Kampffeld wiederbelebt, das noch aus ganz anderen als wirtschaftsstrategischen Gründen auf die Agenda der Weltwirtschaftsmächte gesetzt wird. In dem Maße, wie ihre Global Players für ihre Dominanz auf den Weltmärkten für internetbasierte Dienstleistungen und IT-Technologie auf (neue) Satelliten angewiesen sind, machen sich die wenigen Weltwirtschaftsmächte, die sich den nötigen Aufwand überhaupt leisten können, die Eroberung des nahen Weltraums auch unter diesem Gesichtspunkt zum Anliegen. Im Wettstreit um den eigenen Vorsprung vor ihren Konkurrenten und Rivalen ist ihnen im Prinzip nichts zu teuer; wegen der immensen Erstinvestitionen und Unterhaltskosten für die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung der nötigen Technologie stellen sie die satellitengestützte globale Kommunikation in staatlicher Hand her; bis sie selbige womöglich Großkonzernen überantworten können, die, wenn sie nur lange genug auf Staatskosten Aufträge erhalten und darüber die nötige Kapitalgröße und technische Potenz gewonnen haben, diesen Wettbewerb auf eigene Rechnung in Angriff nehmen.
All diese Kämpfe führen hauptsächlich die USA um die Wahrung errungener Machtpositionen gegen China, aber auch gegen die EU und ihre Führungsmächte, umgekehrt China gegen die USA um eigene Fortschritte und schließlich die EU – deren Mitglieder sich wiederum in wenige Aktivisten, kooperative Mitmacher und kritische Anhängsel auseinandersortieren – in unwilliger Kooperation mit den USA gegen China sowie unter Vermeidung direkter Konfrontation gegen die USA. Sie kämpfen von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus mit zunehmend polemischer Absicht gegenüber dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer weltmächtigen Konkurrenten um die Aneignung größtmöglicher Teile des Weltmarkts als gesicherte Quelle ihres nationalen Reichtums.
3. Kampf um die Vormacht auf dem Feld der ‚nationalen Sicherheit‘
Die ökonomischen Subjekte der ‚Digitalisierung‘ und ihre internetbasierten Dienstleistungen stehen noch in einer ganz anderen Hinsicht im Fokus aller Staaten. Die globale, bis in alle erdenklichen Unterabteilungen moderner Gesellschaften hineinreichende Vernetzung ist nach ihrer materiellen Seite eine besondere Sorte hard- und softwaregestützter Infrastruktur, auf deren ordnungsgemäße Funktion kapitalistische Nationen in unterschiedlichem, aber steigendem Maße angewiesen sind. Sie ermöglicht, sich anderswo einzuklinken, um Netze im vorgesehenen Sinne zu benutzen. Sie geht wegen ihrer technischen Eigenheit aber auch mit der Potenz einher, diese auszuspionieren, zu kontrollieren, zu stören oder sogar zu zerstören, und stellt darum alle Staaten in ihrer Eigenschaft als souveräne Gewalten über die Regungen im eigenen Herrschaftsbereich vor grundsätzliche Herausforderungen. Im Interesse der störungsfreien Reproduktion ihrer Gesellschaft und einer gesicherten Ausübung ihrer Herrschaft werden deswegen die Errungenschaften der ‚Digitalisierung‘ der Anforderung der ‚nationalen Sicherheit‘ untergeordnet, Resilienzen angemahnt und entwickelt, Cybersicherheit und der hoheitliche Bedarf nach mehr ‚digitaler Autonomie‘ auf die politische Tagesordnung gesetzt. [4]
Den Umgang mit der widersprüchlichen Herausforderung ‚digitaler Revolutionen‘ im Einklang mit den Anforderungen der ‚nationalen Sicherheit‘ beherrschen von vornherein überhaupt nur die Staaten, die über die Konzerne verfügen, die ihr Geschäft mit der Bereitstellung der diversen Momente stationärer und mobiler Netze betreiben. Die Beheimatung dieser Unternehmen am eigenen Standort, von dem aus sie den Weltmarkt erobern, bekommt durch den sicherheitspolitischen Bedarf der betreffenden Weltwirtschaftsmächte neues Gewicht. Diese lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihr Interesse an ‚nationaler Sicherheit‘ keine bloß defensive Frage ist, vielmehr den Anspruch einschließt, auf die ökonomischen Grundlagen fremder Nationen, die sensible Infrastruktur moderner kapitalistischer Gesellschaften, aber auch die Einrichtungen ihrer staatlichen Herrschaft zugreifen zu können. Hier kämpfen insbesondere die USA um ihre bisher errungene globale Vormachtstellung gegen China, das als einzige Nation vergleichbare Großkonzerne hochgezogen hat, und die Führungsmächte Europas darum, nicht gänzlich ‚abgehängt‘ zu werden. [5]
4. Zum US-Dollar-Imperialismus im Geiste von „America first!“
Zur Durchsetzung dieses doppelten Zwecks – für die Sicherung der Kontrolle über den Weltmarkt, nämlich über die Grundlagengeschäfte, die den Zugang zu ihm regeln, sowie über die technischen Fähigkeiten zur Spionage und Schädigung des Innenlebens aller kapitalistischen Nationen – verfügen die USA bereits über ein anderes ökonomisches Machtmittel, das unabhängig von entwickelten IT-Potenzen schon längst das strategische Ideal einer durchgreifenden Kontrolle über die kapitalistischen Aktivitäten der Staatenwelt realisiert, dessen Verwirklichung die verantwortlichen Akteure und politischen Betreuer sich von den Fortschritten der ‚Digitalisierung‘ versprechen bzw. Politiker mehrheitlich befürchten. Das Instrument, für das die USA nicht erst das Internet erfinden mussten, heißt US-Dollar und besteht in der Finanzmacht des heimischen Kapitalismus und seines Staates, der den Kredit verantwortet und kontrolliert, welcher dem US-Finanzmarkt, der diesen Kredit generiert, seine ‚Tiefe‘ und Unverwüstlichkeit garantiert. Mit diesem US-Dollar-Kredit wirtschaftet nicht nur die amerikanische Nation, sondern die ganze Welt. Alle Nationen, auch die großen Weltwirtschaftsmächte, sind vermittelt über ihre global aufgestellten Unternehmen existenziell auf den dollarbasierten Welt- und speziell den amerikanischen Finanzmarkt angewiesen; eingehaust in den globalen Kapitalismus sind sie überhaupt nur als Anhängsel der Universalität des Dollar und Dollar-Kredits überlebensfähig. Damit unterstehen sie indirekt der rechtlichen Hoheit der USA, die sich auf den Kapitalstandort, die Schöpfung und Zirkulation von Geld und Kredit im eigenen Land, also die unentbehrlichen Lebensmittel aller anderen Nationen erstreckt. Darum ist die Jurisdiktion der USA kraft ihrer unvergleichlichen Finanzmacht ein wesentlicher Hebel des US-amerikanischen Imperialismus, in dem die Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 schon lange die universelle und bis an die Existenzbedrohung ganzer Länder heranreichende Handhabe zur erpresserischen Durchsetzung ihrer strategischen Interessen entdeckt hat. [6]
Dafür nehmen die Führer der USA seit jeher ein und dieselbe Grundlage in Anspruch. Die Anwendung des Dollar-Imperialismus als wirksame Waffe in der Staatenkonkurrenz beruht auf der Weltordnung des globalen Kapitalismus, die die USA nach dem gewonnenen Weltkrieg Nr. 2 mit überlegener Gewalt als Regime global gültiger Rechte ins Werk gesetzt und einen ‚kalten‘ Krieg später auch gegen die letzten verbliebenen militärstrategischen Rivalen als verbindliche Prämisse aller souveränen Berechnungen durchgesetzt haben. Als einzig verbliebene Supermacht machen die USA im Interesse, ihren Kapitalisten und ihrem nationalen Kredit die ganze Welt als Betätigungsfeld zu erschließen, allen anderen Nationen ein Angebot, das die nur zu dem Preis ihrer Existenzgefährdung ablehnen können. Die dürfen und sollen sich auf eigene Rechnung mit ihren anerkannten nationalen Interessen in die amerikanische Weltmarktordnung einfügen, Dollar verdienen, den eigenen Standort mit Dollar-Krediten bewirtschaften und nach den Regeln dieser Ordnung konkurrieren. Mit ihrem Angebot und den dafür nötigen Garantieleistungen bestehen die USA zugleich auf der Unterordnung aller souveränen Konkurrenten unter ihren Monopolanspruch, die Regeln dieser Konkurrenz zu definieren, zu überwachen, Abweichungen anzuklagen und zu bestrafen. Die imperialistische Beherrschung der Welt durch die USA in Gestalt supranationaler Rechte ist daher von Anfang an widersprüchlicher Natur: lebt nämlich von einer universell gültigen Ordnung, die von allen konkurrierenden, auf ihren nationalen Vorteil bedachten souveränen Mächten respektiert und mitgetragen wird, und schließt auch für das maßgebliche und unentbehrliche Subjekt dieses Regimes die formelle Unterordnung unter ein Regelwerk ein, das seinen Grund und Zweck im universellen Benutzungsanspruch der Weltmacht hat.
Die Führer der USA waren schon immer recht unbekümmert um diesen objektiven Widerspruch. Wenn überhaupt, dann haben sie sich auf unterschiedliche Art und Weise an der einen Seite, dem Moment der Selbstverpflichtung gegenüber der förmlichen Allgemeingültigkeit ihres Weltmarktregimes gestört. Im Interesse der anderen Seite, der einseitigen Funktionalisierung dieses Regimes für die Anliegen ihrer Nation, wussten sie sich aber immer schon zu helfen – ohne dabei den politischen Standpunkt zu entsorgen, dass der Erfolg der USA im Prinzip gerade durch ihre Garantieleistungen für eine universelle supranationale Rechtsordnung des freien, grenzüberschreitenden Kapitalismus zu sichern ist. Das gilt auch für die erpresserische Anwendung der herausragenden Finanzmacht der USA als zivile Waffe gegen Feinde und unbotmäßige Rivalen. Die bisherigen Regierungen der USA haben der anspruchsvollen Gleichung aus amerikanischer und globaler Rechtslage immer unter Berufung auf eine allgemeine, auch von den USA respektierte Weltmarktordnung zur Durchsetzung verholfen. Die gesicherte Gültigkeit dieser Staatenordnung als der bleibenden Prämisse aller souveränen staatlichen Berechnungen sollte mit Sanktionsregimen nachdrücklich gegen als Rechtsbrecher identifizierte Abweichler durchgesetzt werden, also per von Washington verfügte Ausnahme von der Regel eines allgemein zugänglichen Weltgeschäfts. Ins Werk gesetzt wird so der objektive Widerspruch, die Universalität ihrer globalen Ordnung, mit der alle Nationen als gesicherte Bedingung ihres Erfolgs kalkulieren, zu relativieren und die Grundlage der Allgemeingültigkeit, nämlich den Respekt der Staatenwelt vor der amerikanischen Weltordnung zu untergraben, um spezielle politische Interessen der Führungsmacht durchzusetzen. Auch der kümmert die Führer der Weltmacht naturgemäß nicht bzw. nur in der einen Hinsicht, dass ihnen an den Wirkungen das ‚Problem‘ der wirksamen Durchsetzung ihres globalen Ordnungsanspruchs vor Augen steht, dessen ‚Lösung‘ neben dem Vorwurf des Versagens an die jeweilige Vorgängerregierung verschiedene Varianten hervorgebracht hat, wie die USA ihrer Führungsrolle als Weltpolizei der Weltmarktordnung besser gerecht werden.
Mit der Kombination aus Pflege und Ausnutzung dieser supranationalen Ordnung ist es unter Trump vorbei. Der identifiziert jegliche Momente der formellen Selbstverpflichtung der USA als eine einzige ‚Fessel‘, die sich eine in jeder Hinsicht überlegene Supermacht definitiv nicht gefallen lassen muss. Davon zeugt der erpresserische Gebrauch, den die Trump-Administration von der Finanzmacht der USA macht, deren Grundlage dem Präsidenten als dermaßen selbstverständlich gilt, dass er sich schlicht über sie hinwegsetzt. Im Unterschied zu ihren Vorgängerregierungen verhängt die aktuelle Führung Sanktionen ohne jeden Bezug auf irgendein supranationales Recht oder die internationale Geschäftsordnung als verbindlichen Nenner der Staatengemeinschaft und ohne eine irgendwie bindende Rücksprache mit ‚Partnern‘, sondern ausdrücklich allein bezogen auf die globalen Interessen der eigenen Nation und auf das kraft ihrer ökonomischen und militärischen Überlegenheit selbstverständliche Recht, diese erfolgreich gegen alle Schranken durchzusetzen. Ohne das Weltmarktgeschäft stornieren zu wollen, bestreiten die USA den unmittelbaren Adressaten ihrer Sanktionsregime die bis dahin gesicherte Freiheit, um die Teilhabe am Weltmarktgeschäft zu konkurrieren, und setzen vermittels Sekundärsanktionen gegen alle anderen Souveräne die Dienstanweisung durch, der Feinddefinition der USA recht zu geben und der einseitig verhängten Strafe gefälligst Folge zu leisten. Insbesondere die weltmächtigen Konkurrenten haben sich direkte, eindeutig polemische Angriffe auf ihre Souveränität und sehr handfest auf ihre Fähigkeiten, die globalen Freiheiten ihrer Global Players autonom zu garantieren, gefallen zu lassen. Ihre politischen Berechnungen haben sie den von den USA einseitig definierten und an keine Verpflichtungen gebundenen Bedingungen unterzuordnen, den unbedingten und in jedem Einzelfall aufs Neue festgelegten Nutzen der USA als Prämisse ihrer Ambitionen, also das Recht der in jeder Hinsicht überlegenen Supermacht anzuerkennen, dass allein sie die Modalitäten aller globalen Beziehungen festlegt, wenn und wie es ihr beliebt.
So treibt die Trump-Administration die Radikalisierung des Widerspruchs des US-Imperialismus immer weiter voran: erklärt nämlich die Seite des Nutzens für die USA zum allein gültigen Kriterium amerikanischer Politik, an dem sie alle konkurrierenden staatlichen Berechnungen misst und bricht, und setzt an die Stelle ihres supranationalen Rechtsregimes das Recht des Stärkeren als Prinzip eines globalen Kapitalismus, dessen Erträge deswegen selbstverständlich ihrer ‚great‘ und ‚beautiful‘ Nation zuzufallen haben. Dieses Vorgehen läuft daher praktisch auf den Test hinaus, ob die über Jahrzehnte mit den westlichen Partnern aufgebaute, den Russen und Chinesen erfolgreich aufgenötigte gemeinsame Rechtsordnung der globalen Marktwirtschaft ihre einseitige Inanspruchnahme durch die USA aushält. Die Regierung unter Trump nimmt die etablierte Weltmarktordnung samt ihren Abhängigkeitsverhältnissen durch die verfügten Einschränkungen und Verbote in einer Weise in Anspruch, die klarstellen soll, dass die USA das allein maßgebliche Subjekt des Weltmarktgeschäfts sind und bleiben wollen, und die zugleich praktisch in Frage stellt, was die USA in dieser Rolle mit ihrem Geld, mit ihren Dollar-Krediten und nicht zuletzt mit ihrer militärischen Abschreckungsfähigkeit an nützlicher imperialistischer Kontrolle über die Staatenwelt zustande gebracht haben. Sie setzen die Grundlage ihres Dollar-Imperialismus, die garantierte Universalität des Dollar als Stoff einer geregelten Konkurrenz, mit dessen einseitig-polemischem Einsatz als Waffe zugleich aufs Spiel.
Diesen Widerspruch zu vollziehen ist das eine, nämlich die praktizierte Sache, von der kein Regierungschef etwas wissen muss, wenn er seinem Geschäft nachgeht. Trump hält sich da lieber an die Wirkungen, die seine Sanktionsregime entfalten und die ihm (erst einmal) recht geben, weshalb er sich aber auch nicht auf Sanktionen beschränkt. Was aus denen tatsächlich wird, steht auf einem ganz anderen Blatt, lebt schließlich vom Willen und der Fähigkeit der imperialistischen Rivalen und Konkurrenten, sich entweder bedingungslos der Suprematie der USA zu unterwerfen, den Weltmarkt nach eigenem Ermessen zu kontrollieren, oder sich diesem militanten Anspruch mit der Aussicht auf die Bedrohung ihrer Existenz als respektable Weltwirtschaftsmächte entgegenzustellen. Das eröffnet den fließenden Übergang von der rücksichtslos geführten Konkurrenz um möglichst große Anteile an dem einen großen Weltmarktgeschäft zum Kampf um die Aufteilung der Welt in exklusive Reichtumsquellen, um die Aneignung von ausschließenden politischen Einflusssphären und deren Absicherung, für die von wirtschaftspolitischen bis zu militärischen Instrumenten ‚alle Optionen auf dem Tisch liegen‘. [7]
[1] Bei der politischen Definition der nationalen ‚Herausforderung‘ und der entsprechenden ‚Bewältigung‘ gibt es selbstverständlich nationale Unterschiede, von denen vor allem eine Variante aus dem ansonsten recht stereotypen Programm im Umgang mit den Folgen der ‚Digitalisierung‘ heraussticht. Die besteht in der regierungsamtlichen Linie Trumps, der die Sicherheit zugrunde liegt, dass ein wahrhaft souveräner Staat keine ökonomischen Sachzwänge kennt.
[2] Die will von sich als Klasse nichts wissen. Die Internationalisierung des Arbeitsmarkts, seine ständige Neu- und Umsortierung, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Unsicherheit der Lebensverhältnisse in der bis ins Letzte und Kleinste globalisierten und digitalisierten Arbeitswelt – das ruft in vielen Staaten vor allem ein volkstümliches Echo hervor: den patriotischen Glauben an die nationale Heimat, in der eine starke Führung die rechtschaffenen Mitglieder eines angestammten Menschenschlags behütet, nämlich in erster Linie vor Feinden, faulen und korrupten Nestbeschmutzern, einem verdorbenen politischen Establishment und Fremden bewahrt. Soziale Fragen sind darin als Fragen der nationalen Zugehörigkeit und einer durchgreifenden Herrschaft aufgehoben. Mehr dazu in nicht allzu ferner Zukunft in einem Artikel zum Populismus in dieser Zeitschrift.
[3] Idealisten der Marktwirtschaft gelten die modernen Formen der Armut, die der Kapitalismus bei sich beherbergt, angesichts der beeindruckenden Reichtümer und Produktivkräfte moderner Gesellschaften als überkommen und eigentlich überflüssig. Sie denken sich regelmäßig und gerne Rezepte aus, wie der Kapitalismus ohne allzu große umstürzlerische Kraftanstrengungen mit ein wenig Umfairteilung hier und da von seinen schlechten Seiten bereinigt werden könnte, z.B. mit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Bemerkenswert ist, wenn das von waschechten Managern, Konzernvorständen und weiteren ökonomischen Entscheidungsträgern vorgeschlagen und damit aus der Sphäre des verträumten Philanthropismus hervorgekramt und als Antwort auf die ‚Probleme‘ der ‚Arbeitswelt 4.0‘ ins Spiel gebracht wird. Was der Therapievorschlag darüber verrät, womit die, die es schließlich wissen müssen, für die ‚Zukunft der Arbeit‘ ganz fest rechnen, ist Gegenstand des Artikels Das Kapital wirbt für das ‚bedingungslose Grundeinkommen‘, die Politik hält ‚gute Arbeit‘ dagegen – spitzenmäßige Antworten auf die widersprüchliche Inanspruchnahme der Lohnarbeit in GegenStandpunkt 1-17.
[4] Ausführlich erläutert in: Cybersecurity und Cyberwar – Die Karriere des Internet in GegenStandpunkt 1-17.
[5] Diesen Kampf führen die USA aktuell unter anderem gegen den chinesischen Netzausrüster Huawei. Vom Standpunkt ihrer ‚nationalen Sicherheit‘ identifiziert die amerikanische Regierung Geschäfte des Konzerns mit illegitimen, für die USA gefährlichen Übergriffen der chinesischen Regierung, setzt ihn auf eine schwarze Liste und verhängt Sanktionen, die vermittelt über die ökonomische Ruinierung dieses Global Players Chinas – wirkliche oder auch nur mögliche – Ansprüche auf die nationale Kontrolle über globale Netzinfrastrukturen beschränken sollen. Dass die USA Huawei als diesen Fall behandeln und sanktionieren, zeugt vor allem anderen von dem recht universell dimensionierten Anspruch der Weltmacht, in welcher Qualität ihre ‚nationale Sicherheit‘ von allen anderen Souveränen zu respektieren ist. Dass und wie die USA in Bezug auf Huawei um ihr Monopol auf die Kontrolle über das globale Netz als Instrument ihrer konkurrenzlosen Spionage- und militärischen Angriffsfähigkeit ringen, davon handelt ausführlich der Artikel Der Fall Huawei in dieser Zeitschrift.
[6] Nachzulesen in: Der Dollar-Imperialismus des 21. Jahrhunderts – oder: die westliche Wertegemeinschaft in Aktion in GegenStandpunkt 3-14.
[7] Die Konkurrenz um die Durchsetzung des übergeordneten Anspruchs der USA, die Staatenwelt samt den strategisch potenten Rivalen unter ihre Kontrolle zu bringen, findet schließlich auf dem Feld der militärischen Aufrüstung, der wirksamen Abschreckung mit überlegenen Gewaltmitteln und deren kriegerischer Anwendung statt. Wie es darum steht, davon handelt der Artikel Die amerikanische Weltmacht treibt die Entmachtung ihres russischen Rivalen voran in diesem Heft.