Wenn der neue Außenminister mit seiner ersten Auslandsreise „in unserer Hemisphäre bleibt“, dann macht nicht nur das Possessivpronomen deutlich, dass die USA zu den Ländern Mittelamerikas in einem besonders anspruchsvollen Verhältnis stehen.
Zum Abschied eine gute Nachricht: Unter der Regierung von Joe Biden ist Amerika noch großartiger geworden. Seine Wirtschaft ist stärker denn je – davon zeugen die „fast 17 Millionen neuen Arbeitsplätze, die wir geschaffen haben.“ An der wachsenden Beanspruchung von Land und Leuten für amerikanische Geschäftemacherei lesen amerikanische Präsidenten seit jeher ab, ob sie ihren eigenen Dienst am Wohlstand der Nation erfolgreich verrichtet haben.
In der globalen Marktwirtschaft schafft sich bekanntlich nicht nur jedes Angebot seine Nachfrage, auch so manche Nachfrage findet ungefragt ihr Angebot, sodass am Ende alle zufrieden sein können. Dieses Prinzip des wechselseitigen Nutzens gilt natürlich auch in der Sphäre des Imperialismus: vor allem dann, wenn jemand wie Trump, also der Chef der mächtigsten Nation der Welt und einer, der etwas von Deals versteht, seine Nachfrage der restlichen Staatenwelt kundtut. Dann profitiert nämlich nicht nur Amerika, auch die minderbemittelten Nationen der Welt kommen zu dem Ihren.
Wenn Machthaber mit der Macht, die sie haben, was Größeres ins Werk setzen, dann stehen sie gerne „auf der richtigen Seite der Geschichte“. Und wenn sie betonen wollen, dass das, was sie veranstalten, ganz besonders wichtig, ungewohnt und außergewöhnlich ist, dann beschwören sie die „Zeiten“, die eine „Wende“ machen und deswegen fordern.
Die Welt hat bei der US-Wahl nichts zu melden, obwohl alle von ihrem Ausgang betroffen sind. Diese Weltmacht ist nämlich eine vorbildliche Demokratie, also nur gegenüber ihren eigenen Bürgern rechenschaftspflichtig. Letztere werden daher im Wahlkampf mit Auskünften überschüttet, dass und wie es den Kandidaten ganz um sie geht. Der chauvinistische Wahlspruch „America first!“ ist in diesem allgemeinen Sinne nicht nur der Slogan von Donald Trump, sondern der Leitfaden der ganzen Veranstaltung. Die hat der oberste Vertreter dieses Mottos nun gewonnen.
Die NATO feiert ihr 75-jähriges Bestehen als Kriegsbündnis und findet, dass sie notwendiger und lebendiger ist als je zuvor. Sie befindet sich zwar gar nicht unmittelbar im Krieg, bezieht aber den Krieg in der Ukraine als „größte Sicherheitskrise seit Generationen“ auf sich. Der gewaltsam geltend gemachte Einspruch Russlands gegen die NATO-Ostausdehnung hat dem Bündnis wieder die einende Feindschaft zurückgegeben, die ihm mit dem Abdanken seines Systemrivalen abhandengekommen war.
Der Westen tut so, als ob er den Sieg über Russland schon in der Tasche hätte: Beschlagnahmte russische Staatsgelder werden für Abschlagszahlungen auf die bei Sieg fälligen Reparationen benutzt – mit dem schönen Nebeneffekt der Ökonomisierung des Stellvertreterkrieges, der unbedingt weitergehen soll. Mit den Gepflogenheiten des internationalen Eigentumsschutzes – ansonsten der wirkliche Höchstwert aller wertebasierten und regelgeleiteten Weltordnung – ist das zwar nicht so ganz zu vereinbaren.
Ein Vorposten westlicher Freiheit und Sicherheit schlägt gegen eine Welt von Feinden in einer Weise um sich, wie es sich für die Freiheit und Sicherheit einer respektablen Macht gehört: Israel lässt nun seit fast einem Jahr für seinen Vernichtungskrieg gegen die Hamas jeden Tag Palästinenser sterben und im Gaza keinen Stein auf dem anderen.