Zur hochgeschätzten demokratischen Kultur gehört es, dass da Bürger laufend nicht nur privat, sondern auch öffentlich Kritik üben, unablässig eine bessere Welt vermissen und fordern. Die stellt sich deshalb aber nicht ein, was zur Folge hat, dass ein ansehnliches Standardrepertoire von Beschwerden fortlebt. Das heißt leider nicht, dass die Beschwerde führenden Bürger beherrschen, wie Kritik geht. Ihnen unterlaufen immerzu die gleichen Fehler, durch die sie nicht nur das zunächst einmal theoretische Gewerbe des Kritisierens verpfuschen.
Eine Ideologie, die in der Krise aufkommt, in der die Geldqualität auch relativ starker Währungen fraglich geworden ist. Wie der Staat das Geld in Kraft setzt, von ihm lebt und es sich als „Steuer- und Schuldenstaat“ beschafft. Die Konkurrenz der Währungen als Vergleich der internationalen Tauglichkeit der Staatsschulden mit der entsprechenden Sortierung der Staaten sowie dem Rückbezug auf Löhne und Sozialausgaben als „staatliche Kosten“, an denen für die Konkurrenzfähigkeit der Nation gespart werden muss.
Die Welt hat bei der US-amerikanische Wahl nichts zu melden, obwohl alle vom Ausgang der US-Wahl betroffen sind. Diese Weltmacht ist nämlich eine vorbildliche Demokratie, also nur gegenüber ihren eigenen Bürgern rechenschaftspflichtig. Letztere werden daher im Wahlkampf mit Auskünften überschüttet, dass und wie es den Kandidaten ganz um sie geht. Der chauvinistische Wahlspruch „America first!“ ist in diesem allgemeinen Sinne nicht nur der Slogan von Donald Trump, sondern der Leitfaden der ganzen Veranstaltung. Die hat der oberste Vertreter dieses Mottos nun gewonnen.
Die Regierung dekretiert eine „Zeitenwende“ hin zu einer militärischen Konfrontation mit Russland und vollstreckt, was sie ansagt: seit einem Jahr Schritt für Schritt ein zunehmend intensives Engagement im Ukraine-Krieg als Finanzier, militärischer Ausstatter, weltpolitisch aktiver, moralisch hyperaktiver Unterstützer des rücksichtslosen ukrainischen Verteidigungskriegs. Und sie versieht dies mit der zusätzlichen Perspektive, Deutschland überhaupt ganz neu zu einer großen militärischen Macht in Europa aufwachsen zu lassen.
Das offizielle Deutschland hat nicht lange nachdenken müssen, um gleich nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine zu wissen, dass damit eine ‚Zeitenwende‘ fällig ist und nicht nur alles anders werden muss, sondern auch, dass das Land bis dahin in seiner Außen-, Militär- und Energiepolitik alles falsch gemacht hat. Über Nacht verstehen die Repräsentanten des Staates gar nicht mehr, wie sie selbst, vor allem aber ihre Vorgänger eine so verkehrte, das Land schädigende Politik gegenüber Russland haben betreiben können.
Haribo, Weltmarktführer für Fruchtgummi und Lakritze, schließt sein Werk in Sachsen, weil es nicht mehr in die Wachstumsstrategie des Konzerns passt. Damit sind 150 Angestellte ihren bisherigen Job und ihre Lebensperspektive los. Dazu stellt sich auch gleich der verkehrte Reim ein, mit dem die Betroffenen ihre Entlassung zu deuten pflegen. Der praktischen Klarstellung, dass ihre Arbeit die gültige Daseinsberechtigung verloren hat, nämlich Mittel des Geschäfts zu sein, begegnen sie unbeirrbar mit der Beschwerde, von verantwortungslosen Chefs ungerecht behandelt zu werden.
Mit der permanenten Bedrohung durch das Coronavirus verfährt die Obrigkeit hierzulande, wie es sich für ein christlich-abendländisches Gemeinwesen gehört: Im Mittelpunkt ihrer Pandemiebekämpfung steht das Individuum und gibt dem Staat Anlass zur Frage, wo und wie es sich ansteckt, und wie sich genau das effektiv verhindern lässt.
Ende Dezember, mitten im etwas freudlosen Weihnachtslockdown, beginnt das große Impfen in Deutschland und Europa. Und bevor die deutschen Bürger ihren Impftermin erfahren und eine Kanüle zu Gesicht bekommen, impfen sie Merkel und Co vorab mit der salbungsvollen Botschaft, dass Vernunft und Vertrauen der Bevölkerung in die Pandemie-Politik nun mit dem Impfstoff belohnt werden.