Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und andere rufen zu einer Demonstration am 25. Februar 2023 in Berlin auf. Die Autorinnen verurteilen den Krieg in der Ukraine im Namen seiner Opfer. Sie fordern seine sofortige Beendigung, weil er immer mehr Leben und Lebensgrundlagen zerstört und womöglich noch weitere, ganz Europa erfassende Kreise zieht. Das ist menschlich gedacht. Politisch ist es gewollt blind.
Das Töten und Sterben in der Ukraine geht seinen Gang. Der Westen lässt mit zunehmender Waffenunterstützung seinen Stellvertreter vor Ort und der seine Bevölkerung gegen Russland kämpfen, das seinen Weltmachtstatus in und an der Ukraine durchfechten will und das Land dafür in Schutt und Asche legt. Deutschland betätigt sich als Waffenlieferant, um gemeinsam mit den NATO-Verbündeten der russischen Macht eine Niederlage beizubringen; es führt daneben einen Wirtschaftskrieg an, dessen Folgen nicht nur Russland, sondern auch die eigene Bevölkerung zu spüren bekommt.
Als hätten sich Verteidigungsminister De Maizière und Bundespräsident Gauck abgesprochen, nehmen beide kurz hintereinander die Gelegenheit wahr, ihre Gesellschaft mahnend an die Ehrbarkeit des Soldatenberufs zu erinnern. Ihrer Meinung nach pflegen die Deutschen nämlich eine geistige Distanz zu ihren Soldaten, ein „Nicht-Wissen-Wollen“ (Gauck), das nicht akzeptabel ist, weil es die Wertschätzung vermissen lässt, die dieser Berufsstand verdient hat. Die Erläuterung, warum man den Hut vor deutscher Militärgewalt zu ziehen hat, bleiben beide nicht schuldig.
Die Nato ist ja eine Einrichtung von monströser Gewaltbereitschaft, die jede Gegnerschaft verdient. Aber dass sie sich über unschuldige abendländische Demokratien hermacht und ihnen eine wesensfremde Politik nach innen und außen, vom Klima über das Soziale bis zur Ausländerpolitik aufzwingt – wollt ihr das im Ernst behaupten? Die Nato ist schließlich ein Bündnis, das die Heimatländer der nordatlantischen Demokratie gegründet haben; und das nicht aus Versehen, sondern als Instrument ihrer zivilen und militärischen Zwecke.
Die Linke zieht gegen die deutsche Kriegsbeteiligung in Afghanistan öffentlich zu Felde. In Gestalt ihrer Bundestagsfraktion klagt sie beim Bundesverfassungsgericht gegen die Entsendung von sechs Bundeswehr-Tornados nach Afghanistan und fordert das oberste Gericht auf, den deutschen Einsatz für unrechtmäßig zu erklären und damit den Einwänden der Linken Recht zu geben. Ein schöner Einfall! Meint die Linke ernsthaft, Frieden herbeiprozessieren und Deutschlands Beteiligung am Krieg in Afghanistan verbieten lassen zu können?
Eine kritische amerikanische Minderheit wirft dem Präsidenten vor, seine neuen internen Sicherheitsmaßnahmen zur Terrorbekämpfung seien verfassungswidrig und nutzlos. Statt auf Überwachung und Einschüchterung solle er lieber auf die Loyalität seiner Staatsbürger setzen.
Wegen des Irak-Kriegs hebt eine engagierte Debatte über die alte und ewig neue Frage des gerechten Krieges an; schon wieder mit manch originellem Argument von Seiten der Befürworter. Auf der anderen Seite bricht ein größerer Protest los. Dessen Veranstalter machen sich zwar, ebenso wie ihre dementsprechend befragte Massenbasis, keine Illusionen über ihre „Chancen, den Krieg noch zu verhindern“. Das Eine haben sie aber erreicht: Auch dieser Krieg geht nicht über die Bühne ohne einen ganzen Haufen schlechter Einwände.
Angetreten ist die grüne Partei einmal mit dem Konzept, den friedensbewegten Standpunkt in die Politik einzubringen. Herausgekommen ist ein grüner Außenminister, der seiner Partei seit geraumer Zeit dreimal täglich vorbuchstabiert, dass sie politikfähig sein muss, wenn sie Politik machen will. Die Kritiker zweifeln am Krieg als passendem Mittel.
Ehemalige deutsche Pazifisten propagieren heute deutsche Gewalt gegen Jugoslawien. Der Wert Gewaltfreiheit ist ersetzt durch den Glauben an die gute Gewalt Deutschlands, die Parteilichkeit für die eigene Nation ist stillschweigender Ausgangspunkt. Der Blick zurück zeigt: auch frühere Friedensbewegte waren keine bedingungslosen Anhänger ihrer Werte.