Ich habe eine kleine Kritik: Ich möchte entschieden widersprechen, die westlichen Staaten als Demokratie zu bezeichnen. Demokratie heißt Volksherrschaft. Bei uns herrscht aber nicht das Volk. Die wirtschaftlich Mächtigen haben nämlich den entscheidenden Einfluss auf politische Entscheidungen. Dies geschieht z.B. über personale Verflechtungen (z.B. Aufsichtsratsposten, Wechsel zwischen wirtschaftlichen und politischen Machtpositionen, Bezahlung von Beamten und Abgeordnete durch Konzerne). Wirtschaftsverbände erarbeiten Gesetze und Argumentationen.
Die Krise des weltweiten kapitalistischen Geschäfts geht in ihr drittes Jahr. Was im Sommer 2007 als Irritation in einer Spezialabteilung des US-amerikanischen Kreditgewerbes begann – die Entwertung von Wertpapieren, in denen unter anderem private Hypothekenschulden zu spekulativen Geschäftsartikeln verarbeitet worden waren, sowie die nachfolgende Zahlungsunfähigkeit der zwecks Schaffung und Vermarktung dieser Produkte konstruierten Zweckgesellschaften –, ist folgerichtig immer weitergegangen.
In der Stunde der Not hat das kapitalistische Gemeinwesen viele Anhänger; nicht nur die, die das Wirtschaftssystem retten und dem Kapital wieder auf die Sprünge helfen wollen. Von links meldet sich eine Fraktion, die das Gemeinwesen vor der Entgleisung des Kapitalismus retten möchte. Eine Absage an den Laden ist das nicht, sondern eine linke Sorge darum, dass „es“ weitergehen und „die Wirtschaft“ wieder als Lebensgrundlage der Volksmassen funktionieren möge.
Der Weltspiegel öffnet seit geschlagenen 45 Jahren jeden Sonntag Abend zu bester Familienunterhaltungszeit „ein Fenster zur Welt“ (Zitate aus www.daserste.de/Weltspiegel). Damit uns beim Blick auf die „Geschehnisse auf dem Globus“ die Fremde nicht fremd bleibt, werden wir angeleitet von den Auslandskorrespondenten der ARD, die Welt im Spiegel von „Weltoffenheit und Kompetenz“ zu sehen. Die Berichterstatter lieben Bogotá genauso wie Berlin, kennen sich in London genauso aus wie in Suchumi.
Die Sprache der Politik ist moralisch verseucht, Wörter für Rassen, Völker und soziale Stände ganz besonders. Das Politisieren ist und wird verstanden als eine Sphäre des Rechtens und Parteinehmens: Wer sich zu Wort meldet, will das Recht oder Unrecht eines Standes oder nationalen Kollektivs verkünden, also seiner Parteilichkeit Gehör verschaffen; Leser und Hörer suchen ihrerseits nach Erkennungsmerkmalen der Parteilichkeit, um zu wissen, woran sie mit einer Wortmeldung sind.
Wer nach einer vernommenen Kritik nach dem „Positiven“ bzw. den „Alternativen“ und deren Durchsetzbarkeit fragt, der tut so, als sei er mit der Kritik einverstanden, will aber in Wahrheit die praktischen Konsequenzen nicht haben, die sich aus der Kritik ergeben. Wer dem Kapitalismus seine Versorgungsleistungen zugute hält, der kann und will sich Alternativen dazu nicht vorstellen, der ist sich sicher, dass „Planung“ nicht geht, obwohl kapitalistische Unternehmen ihre Produktion bis ins letzte Detail planen – für den Profit eben.
Der Name ‚Attac‘ ist bei all dem Programm – nicht nur was das kämpferische Selbstverständnis der Organisation anbelangt, sondern vor allem, was ihre Vorstellung davon angeht, wie die Welt zu verändern ginge. Das Kürzel ‚Attac‘ steht für Association pour la taxation des transactions financières pour l‘aide aux citoyens (Vereinigung für die Besteuerung von Finanztransaktionen zu Gunsten der Bürger).
Thomas Kuczynski (Klassen haben keine Wahl), Sebastian Gerhardt (Gut gemeint – schlecht gemacht), Jörg Roesler (Rahmenbedingungen verunmöglichen Klassenkampf) und Robert Steigerwald (die Zyniker) sind sich nur in ihrer Ablehnung des Buches einig.
Konkret zieht ihre Schlüsse aus dem 11. September. Sie beerdigt ihren Antiimperialismus, sieht sich in ihrem Hass auf das deutsche Deutschland bestätigt und den Staat der Juden über jede Kritik erhaben. Ihr sachfremdes Urteil bereitet ihr dann einige bezeichnende Nöte: Es ist gar nicht so leicht, überall den bösen Deutschen und den guten Juden zu finden. Mit absurden Konsequenzen, wenn man die Suche nicht aufgeben will.
Opposition und Öffentlichkeit wälzen die Frage, ob die 68er, vor allem in Gestalt grüner Politiker, Regierungsämter ausüben dürfen, wo sie doch früher lautstark und gewaltbereit gegen die BRD protestiert hätten. Deren Antwort: Wir sind ein Segen für Deutschland. Mit ihnen an der Regierung ist das Leben nicht leichter geworden, aber jetzt wird die Politik mit und für Geld und Gewalt im Namen der Opfer abgewickelt.