Der Machtkampf, den die Unternehmen unter- und gegeneinander führen, ist eigener Art. Er wird „Wettbewerb“ genannt, der auf „freien Märkten“ stattfindet, und gilt als Inbegriff wirtschaftlicher Effizienz und größtmöglicher Befriedigung von Bedürfnissen. Die Praxis sieht bekanntlich anders aus: In der wird viel Aufwand dafür getrieben, die lieben Mitbewerber so in die Enge zu treiben, dass sie möglichst vom freien Markt verschwinden.
Wenn ein deutscher Industriekonzern vom Schlage VW erklärt, sich in einer Krise zu befinden, wenn er sodann die Katastrophe meldet, dass sein Gewinn um zwei Drittel eingebrochen ist und jetzt nur noch bei 1,58 Milliarden Euro pro Quartal liegt, dann gibt das interessierten Wirtschaftsexperten viel Gelegenheit, sich über die Versäumnisse zu verbreiten, aufgrund derer unser einstiger Vorzeigeautobauer den Anschluss im internationalen Wettbewerb zu verlieren droht: Er hat eine falsche Modellpolitik betrieben, zu einseitig auf den chinesischen Markt gesetzt, die Transformation zur E-Mobilität v
Wann immer Weselsky und seine Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit Ausständen gedroht, sie vorbereitet und schließlich durchgeführt haben, ist von Deutschlands Öffentlichkeit infrage gestellt worden, ob das denn so in Ordnung sei. Weselsky selbst hat auf diese „Frage“ immer eine rechtsbewusste Antwort gehabt.
2023 versetzt die amerikanische Autogewerkschaft UAW mit einem sechswöchigen Arbeitskampf gegen Amerikas stolze „Big Three“ Autokonzerne heimische und hiesige Beobachter in Erstaunen. Kein Wunder. Immerhin fordert sie eine Lohnerhöhung von mehr als 40 Prozent innerhalb der nächsten vier Jahre, außerdem die Abschaffung des „two-tier“ gestaffelten Lohngruppensystems, das für alle nach 2007 angeheuerten Beschäftigten unter anderem niedrigere Löhne – fast 50 Prozent weniger pro Stunde – und eine niedrigere Rente vorsieht.
Anfang des Jahres ist ausnahmsweise Streik ein großes Thema in Deutschland, von „französischen Verhältnissen“ ist gar die Rede. Mit ihren Streiks befeuert die GDL eine Debatte, die ganz schnell bei Forderungen nach Modifikationen des Streikrechts landet.
Die Deutsche Bahn AG hat es gut. Nicht eine, sondern gleich zwei der bei ihr engagierten Gewerkschaften schlagen sich in der ersten Jahreshälfte ganz unabhängig voneinander mit den verschiedenen Problemen herum, vor die der große Konzern sie stellt. Und auch bei Amazon geht es für die Gewerkschaft um nicht weniger als ihre Daseinsberechtigung.
Der Westen führt einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, die führenden westeuropäischen Demokratien setzen ihre bisherigen Wirtschaftsbeziehungen als Waffe gegen die Energiegroßmacht ein – und die angekündigten „schweren Zeiten“ an der Heimatfront stellen sich prompt ein. Wie umfassend dies geschieht, bekommt die Sorte Marktteilnehmer, die am Ende aller marktwirtschaftlichen Ketten die Preise nur zahlt, um das Erworbene zu konsumieren, in aller Härte zu spüren; zuerst an der Tankstelle, dann im ganzen Supermarkt und schließlich über die Abschlagsrechnungen der Energieversorger.
Unter dem Titel „Krieg sofort beenden! Waffenstillstand jetzt!“, unter dem Logo einer Friedenstaube und in gleich fünf Sprachen veröffentlicht der DGB-Bundesausschuss eine Woche nach Kriegsbeginn eine Resolution zum Krieg in der Ukraine.
Zu der ewig jungen Frage des systemeigenen marktwirtschaftlichen Gerechtigkeitssinns haben 16 Jahre Merkel-Regierung zwei weit auseinanderliegende Antworten beigesteuert. Die eine gilt für Millionen arbeitsame Bundesbürger, lautet auf einen Betrag von rund 9,60 € die Stunde und überlässt dabei den Inhalt der bezahlten Stunde denen, die mit ihrer Verfügung über eine ganze Menge Geld nicht die Zeit, sondern den pro Zeiteinheit geleisteten Dienst bezahlen.
Nach sechzehn Jahren Merkel lässt sich der Menschheit im Lande auf denkbar unaufgeregte Weise mitteilen, dass die nationalen Großvorhaben, allen voran der „tiefgreifende Transformationsprozess“ namens Energiewende zur Rettung des Weltklimas, für die ‚kleinen Leute‘, egal, was da im Einzelnen kommt, unausweichlich Zumutungen bedeuten.