Ein halbes Jahr Tarifstreit im Land der Zeitenwende
Arbeitgeber sagen harte Zeiten für die Beschäftigten an, die Gewerkschaften gestalten sie mit
Der neue Bundeskanzler fordert, „wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, und verlangt eine „gemeinsame Kraftanstrengung“, damit es mit Deutschland wirtschaftlich wieder vorwärtsgeht. Das muss man Deutschlands Arbeitgebern nicht zweimal sagen.
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Ein halbes Jahr Tarifstreit im Land der Zeitenwende
Arbeitgeber sagen harte Zeiten für die Beschäftigten an, die Gewerkschaften gestalten sie mit
Der neue Bundeskanzler fordert, „wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, und verlangt eine „gemeinsame Kraftanstrengung“, damit es mit Deutschland wirtschaftlich wieder vorwärtsgeht. Das muss man Deutschlands Arbeitgebern nicht zweimal sagen. Sie sind längst dabei, die Lohnarbeit unter ihrem betrieblichen Kommando in ihrem Sinne effizienter zu gestalten. Im Umgang mit ihren Belegschaften führen sie dabei vor, was sie an der Errungenschaft einer modernen Tarif- und Sozialpartnerschaft haben: Die Arbeitnehmervertretung muss nicht nur zusehen, wie sie mit dieser Umgestaltung der Arbeitswelt zulasten der Beschäftigten klarkommt, sie bemüht sich auch unermüdlich darum, bei alledem bloß nicht den Anschluss zu verlieren, damit sie weiter ihre Rolle als kompetenter Mitgestalter ‚guter Arbeit‘ spielen kann. So sorgt sie mit für die Fortschritte bei der ‚Effizienz‘ der Lohnarbeit in Deutschland, die der Kanzler einfordert.
VW und IG Metall: Ein umfassender Lohnverzicht im Namen der Beschäftigungssicherung
Den Anfang macht zum Jahreswechsel der Abschluss für mehr als 100 000 Beschäftigte beim großen Wolfsburger Autokonzern. Nach einigen Verhandlungsrunden, die unter dem Vorzeichen gekündigter Beschäftigungszusagen und angedrohter Werksschließungen samt Massenentlassungen gestanden haben, wird wenige Tage vor Heiligabend verkündet, worauf die Tarifpartner sich in dem „für Volkswagen beispiellosen Tarifkampf unter historisch widrigen wirtschaftlichen Bedingungen“ (Pressemitteilung IG Metall, 22.12.24) geeinigt haben, sodass sie ihre Auseinandersetzung letztlich doch ohne größere Disruptionen haben beilegen können. [1] Auf der Lohnseite steht zum einen die vollständige Abstandnahme von der ursprünglich von der IG Metall geforderten siebenprozentigen Lohnerhöhung. Stattdessen gibt es für die VW-Stammbelegschaft eine bis Ende 2030 langgezogene Nullrunde. [2] Hinzu kommt die Streichung bzw. langfristige Reduktion von mehreren bislang üblichen, jährlich ausbezahlten Lohnbestandteilen wie Ergebnisbeteiligungen, Urlaubsgeld usw. Schließlich wird noch eine aus der Zeit gefallene Diskriminierung innerhalb der Belegschaft korrigiert: Ab Mitte 2025 gilt unterschiedslos für alle Beschäftigten eine wöchentliche Normalarbeitszeit von 35 Stunden, was für etliche Beschäftigte, die aufgrund langer Betriebszugehörigkeit unter den ‚Bestandsschutz‘ eines älteren Haustarifs fallen, eine Ausweitung der Normalarbeitszeit um eine bzw. um zwei Wochenstunden bedeutet. [3] Alles in allem kommt so eine absolute und relative Lohnsenkung zustande, wie VW sie mit Verweis auf die ‚schwierige Lage am Automobilmarkt‘ verlangt hatte: Der Konzern verbucht das Resultat in seiner Pressemitteilung vom 20.12.24 als eine „Senkung der Arbeitskosten um 1,5 Mrd. Euro pro Jahr“ – selbstverständlich nicht als einmalige ‚Krisenmaßnahme‘, sondern als dauerhafte Verbesserung der Konkurrenzposition VWs als Weltmarktführer.
Darauf hat die IG Metall sich eingelassen. Sie geht nämlich davon aus, dass die Kosten- und Gewinnrechnungen des Unternehmens, mit denen es sich gegen seine Konkurrenten behauptet, die unübergehbare positive Voraussetzung jeder Bemühung der Gewerkschaft um ihre lohnarbeitende Klientel ist. Sie begreift diese Abhängigkeit von der betrieblichen Kalkulation nicht als den bleibenden negativen Grund für die Notwendigkeit ihrer gewerkschaftlichen Anstrengungen, sondern als deren selbstverständliche Grundlage, die die Arbeitnehmervertretung zur verantwortlichen Rücksichtnahme auf die Betriebslage nötigt. In diesem Sinne teilt sie die Krisendiagnose des Unternehmens und unterschreibt von daher prinzipiell den von der Unternehmensleitung angemeldeten Bedarf nach einer kostensparenden Neuaufstellung des Konzerns. Unter den „historisch widrigen wirtschaftlichen Bedingungen“ sieht sie sich von Haus aus in der Mitverantwortung für die Bewältigung der ausgerufenen Krisenlage von VW und für eine Umsetzung, bei der die einschneidenden Folgen für die Beschäftigten berücksichtigt, d.h. möglichst verträglich geregelt werden – beides im Interesse der arbeitenden Belegschaft, um ‚deren Arbeitsplätze‘ es hier schließlich geht.
In deren Namen verlangt die Gewerkschaft als Gegenleistung für die akzeptierten Lohneinbußen die Zusage des Konzerns zu einer Neuauflage der zuvor gekündigten ‚Beschäftigungssicherung‘. In Bezug auf die Einkommensquelle ihrer Mitglieder soll wenigstens gesichert sein, dass es sie weiterhin gibt, auch wenn die immer weniger von ihr haben. Eine Zusage hat die IG Metall zwar bekommen, allerdings verschafft sie ihr gar nicht wirklich den gewünschten Restposten an Sicherheit, für die sie die verlangten Lohneinschnitte in Kauf genommen hat. Denn die von VW vertraglich abgegebene ‚Garantie‘ schließt zwar betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2030 aus, allerdings keineswegs anderweitige Methoden des nachhaltigen Beschäftigungsabbaus, sodass der VW-Konzern im Zuge der Einigung mit der Gewerkschaft verkündet, genau diesen im Zuge der Beschäftigungssicherung in Angriff zu nehmen und bis zum Auslaufen der Vereinbarung erfolgreich abschließen zu wollen:
„Einigung auf sozialverträglichen Abbau der Belegschaft um mehr als 35 000 an den deutschen Volkswagen-Standorten bis 2030. Das umfasst eine neu formulierte Beschäftigungssicherung bis 2030.“ (PM VW, 20.12.24)
Der sogenannte sozialverträgliche Abbau soll über einvernehmliche Auflösungen der Beschäftigungsverhältnisse mit Abfindungen, über eine Ausweitung der Altersteilzeit, eine Reduktion der Ausbildungsplätze sowie schlicht darüber bewerkstelligt werden, dass freiwerdende Stellen in großem Stil nicht nachbesetzt werden.
Dass der VW-Konzern sich somit unterm Strich auf beiden Seiten, bei der Lohnfrage und bei der Beschäftigungsfrage, durchgesetzt hat – er bekommt zwar nicht einfach seine Maximalforderungen erfüllt, aber immerhin sofortige absolute Lohnsenkungen in Milliardenhöhe und auf die nächsten Jahre die verlangte Reduzierung der Belegschaft –, verbucht die IG Metall ironiefrei als Erfolg, den sie für die lohnabhängige Seite errungen haben will: Die Lohneinbußen mögen zwar schmerzlich sein, waren letztendlich aber unvermeidlich, und außerdem erfüllen sie immerhin einen ziemlich guten Sinn und Zweck, helfen nämlich bei der Finanzierung der Sozialkosten für die Kollegen, deren Arbeitsplätze bis 2031 abgebaut werden sollen. [4] Mit diesem solidarischen „Beitrag“ der aktiven Belegschaft erspart sie dem Konzern die Kosten zu leistender Abfindungszahlungen, weil der sich am Lohn schadlos halten kann. So versöhnt die Gewerkschaft sich gleichermaßen mit den Lohnsenkungen wie mit den Beschäftigungskürzungen, in die sie jeweils eingewilligt hat: In ihrer Optik ermöglicht ihre Lohnzurückhaltung nun den sanften Beschäftigungsabbau, der allzu harte, betriebsbedingte Entlassungen vom Tisch wischt. Und sofern dem Arbeitgeber eingeleuchtet hat, dass er seine verlangten Kostensenkungen auch so erzielen kann, willigt er in den ‚Verzicht‘ auf betriebsbedingte Kündigungen als Mittel seiner ökonomischen Berechnungen ein, wo er die nicht mehr für notwendig befindet.
Darin besteht dann letztlich auch der gewerkschaftliche Triumph: Die IG Metall lobt sich dafür, dem Konzernmanagement wieder einmal gezeigt zu haben, „dass bei Volkswagen Veränderungen gegen den Willen der Belegschaft zum Scheitern verurteilt sind“ (PM IG Metall, 22.12.24). Ob diese stolze Prognose nun stimmen mag oder nicht – die Umkehrung stimmt auf jeden Fall: Mit der IG Metall als deren professioneller Interessenvertretung sind solche Veränderungen bei VW jedenfalls zu machen.
Bahn, Merz und EVG: Planungssicherheit durch einen überpünktlichen Abschluss
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht sich im Winter 2025 vor einem aparten Problem: Sie befürchtet, dass ein künftiger Kanzler Merz im Zuge seiner Infrastrukturvorhaben „den immer lauter werdenden politischen Rufen nach Bahn-Zerschlagung“ (EVG, PM zur Eröffnung der Tarifrunde, 23.1.25) folgen könnte. Bei aller Ungewissheit, was das im Einzelnen bedeutet, geht sie instinktiv davon aus, dass ein so groß angelegtes Reformwerk am Ende auf Kosten der Jobs der Beschäftigten, die sie vertritt, gehen wird.
Gegen eine solche Befürchtung kennt sie als geübter Sozialpartner des Bahnkonzerns zum Glück ein Mittel: Sie will mit der Bahn über eine ‚Beschäftigungssicherung‘ verhandeln, die über die Ungewissheit hinweg Wirkung entfalten und Arbeitsplätze schützen soll, auch wenn der Konzern umfassend umgebaut wird. Sie geht allerdings davon aus, dass das Zeitfenster, eine derartige Zusage für ihre Leute herauszuschlagen, sich schon sehr bald schließen könnte:
„Wenn unsere Kolleginnen und Kollegen nicht zum Spielball der Politik werden sollen, geht das nur jetzt. Im März ist es dafür womöglich zu spät.“ (Co-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay, ebd.)
Dann ist die Bundestagswahl nämlich gelaufen und die Bahn unter dem politischen Druck einer neuen Regierung möglicherweise nicht mehr zu solchen Zugeständnissen bereit. Aus diesem Grund stellt die EVG die Tarifrunde, in der sie über ihre Forderung verhandeln will und die sie dafür auch zeitlich vorgezogen hat – „die Tarifverhandlungen mit der DB AG erfolgen [damit] erstmals in der sogenannten Friedenspflicht“ –, unter eine bemerkenswerte Prämisse: Die Gewerkschaft erlegt sich auf, unbedingt „innerhalb von drei bis vier Wochen“ zu einer Einigung kommen zu wollen, und erklärt diese Vorgabe für „herausfordernd, aber machbar“ (ebd.).
Wie die Erfüllung eines solchen Wunsches nach Schnellvollzug für eine Gewerkschaft „machbar“ ist, ist keine Frage. Die EVG stellt der Arbeitgeberseite dafür ein umfassendes Entgegenkommen in Aussicht und macht sich bereitwillig zu deren „Spielball“: Eine Lohnforderung hat sie zwar turnusgemäß aufgestellt, aber dass deren Erfüllung durch die Bahn nicht entscheidend ist, stellt sie gegenüber der Gegenseite schon dadurch klar, dass sie sie innerhalb der Friedenspflicht durchverhandeln will. [5] Außerdem fordert sie für die tarifliche Lohnanpassung keine konkrete Laufzeit, was schon eine bemerkenswerte Geste des guten Verhandlungswillens ist: Immerhin gehen Gewerkschaften fest von inflationsbedingten Reallohnverlusten aus; die Notwendigkeit, sie in kürzeren Abständen kompensieren oder wenigstens abmildern zu können, zählen sie daher stets zu ihren Kernforderungen, jedenfalls zur entscheidenden Verhandlungsmasse, die sie sich erst abhandeln lassen. Diese Gewerkschaft meint es aber ernst: Eine Beschäftigungszusage will sie unbedingt. Derlei Reallohnverluste sind der Preis, den sie zu zahlen bereit ist, damit ihre Mitglieder in Zukunft überhaupt etwas zu verlieren haben.
Was die Gewerkschaft mit ihrem Vorgehen erreicht hat, wird kurz darauf Mitte Februar – da soll noch einer sagen, die Bahn könnte nicht pünktlich – als Tarifeinigung verkündet: Die besteht in drei stufenweisen Lohnerhöhungen knapp unterhalb des zu erwartenden Inflationsniveaus bei einer Laufzeit von 33 Monaten, welche der Bahnvorstand ausdrücklich lobt:
„‚Die sehr lange Laufzeit gibt uns die Planungssicherheit, die wir für die erfolgreiche Sanierung der Bahn dringend brauchen‘, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler nach Ende der fünftägigen Mammutverhandlungen.“ (PM der Bahn, 16.2.25)
Im Gegenzug gibt es, wie gewünscht, eine Beschäftigungssicherung bis zum Ende dieser Laufzeit. Allerdings – auf so viel Entgegenkommen musste der DB-Konzern dann doch bestehen – mit einer expliziten Öffnungsklausel für die sanierungsbedürftige DB Cargo, in der die Entlassungsgefahr am größten ist.
Die Jobs sind also sicher; außer dort, wo sie es nicht sind.
Thyssenkrupp und IG Metall: Kampf um ‚Sozialtarifverträge‘ – Mit Sicherheit entlassen
Über eine befürchtete Entlassungsgefahr ist die IG Metall bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM) in Duisburg schon hinaus: Im Rahmen der Umstrukturierung zur grünen Stahlproduktion, bei der Thyssenkrupp Steel innerhalb von sechs Jahren die Anzahl seiner Beschäftigten von rund 27 000 auf 16 000 reduzieren will, hat der Konzern seine Beteiligung an den HKM zum 31.12.2032 gekündigt und will das Werk schließen oder verkaufen. Bereits ab 2028 soll die Produktion massiv gesenkt werden, sodass schon dann etliche der insgesamt 3 000 Arbeitsplätze bei HKM wegfallen dürften. Davon geht die IG Metall jedenfalls fest aus:
„Thyssenkrupp Steel lässt uns fallen. Damit ist die Existenz der Hütte bedroht. Deshalb hat die IG Metall bei HKM beschlossen: Wir fordern den Arbeitgeber zu Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag auf. Wir wollen Sicherheit für den Fall, dass es zu Entlassungen kommt. Wir verlassen uns auf niemanden – nicht auf die Anteilseigner, nicht auf einen Investor, nicht auf ein Wunder. Wir können uns so viel Sicherheit wie möglich erkämpfen.“ (PM IG Metall Duisburg-Dinslaken, 10.4.25)
Die Gewerkschaft beharrt darauf, dort, wo es keine Sicherheit für die lohnabhängige Seite gibt, sondern nur die Aussicht auf Entlassungen, „Sicherheit“ zu verlangen, gar „erkämpfen“ zu wollen. Worin diese Sicherheit bestehen soll, wenn die Gewerkschaft ohnehin von der Unvermeidbarkeit der Entlassungen ausgeht, macht sie mit ihrer Forderung an die Gegenseite klar: Sie verlangt einen Sozialtarifvertrag, [6] damit „Massenentlassungen sozial abgefedert werden“ (Karsten Kaus, Geschäftsführer der IG Metall Duisburg-Dinslaken, ebd.), bringt sich also als Instanz in Stellung, die über die soziale Ausgestaltung der Kündigungen mitverhandeln will.
Im Sinne dieses Verhandlungsgegenstandes, der in der Sache von der Ohnmacht der Gewerkschaft in Beschäftigungsfragen zeugt, gibt sie sich dann alles andere als machtlos, nämlich dezidiert kämpferisch. Vor dem Hintergrund, dass während der Aushandlung eines Sozialtarifvertrages Streiks rechtlich erlaubt sind, droht sie der Kapitalseite:
„Mit der Forderung nach Verhandlungen setzt die IG Metall auch die Anteilseigner unter Druck. ‚Eine Teilfortführung ist durchaus möglich‘, sagt Metaller Kaus. ‚Dazu muss sich insbesondere die Salzgitter AG bewegen.‘ Sollte die Hütte am Ende tatsächlich schließen, sagt Kaus, ‚dann wird es teuer‘.“ (Ebd.)
Der Verhandlungsdruck setzt auf eine energische Erinnerung der Eigentümerseite daran, dass sie eine Kalkulationsfreiheit innehat, die nach Vorstellung der Gewerkschaft durchaus Alternativen zulässt. Die Anteilseigner sollen sich gefälligst gründlich überlegen, ob sie nicht doch irgendwie weitermachen wollen; die Alternative könnte sie glatt Geld kosten:
„Falls die Hütte wirklich schließen muss, dann wird das der teuerste Sozialtarifvertrag, den die deutsche Stahlindustrie je gesehen hat.“ (Ders.)
Einstweilen ist bei HKM noch nichts entschieden und so bleibt der Abwehrkampf der IG Metall zunächst auf Rechtsberatung in zusätzlichen Sprechstunden beim Betriebsrat beschränkt:
„‚Die Kolleginnen und Kollegen haben ein Recht, den Betriebsrat aufzusuchen und Fragen zu stellen‘, sagt [Betriebsratsvorsitzender] Gasse. Dieses Recht gelte auch während der Arbeitszeit. ‚Wenn darunter die Produktion leiden sollte, dann ist das halt so.‘“ (Ebd.)
Bund, Kommunen und ver.di: Den Weg für mehr Mehrarbeit freimachen
Die Tarifrunde für den größten Tarifbereich des Landes, den öffentlichen Dienst, folgt in weiten Teilen dem für Deutschland gewohnten Muster: Der bestehende Tarifvertrag wird fristgemäß gekündigt, schon im Oktober formuliert ver.di ihre Forderungen. Unter dem Motto „Zeit für Mehr – Geld, Freizeit, Entlastung“ wird für die 2,6 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr, an den Flughäfen, in Rathäusern, Kitas und bei der Müllabfuhr konkret verlangt: 8 % mehr Lohn und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten (Nachtarbeit, Wochenendarbeit, Wechselschicht), drei zusätzliche freie Tage pro Jahr, die „Zeitsouveränität und Flexibilität“ im Sinne der Beschäftigten herstellen sollen, zudem für Beamte die Reduktion der Arbeitszeit auf „das bestehende Tarifniveau“ von 39 Stunden.
Die Rechtfertigungen beider Seiten folgen ebenso dem Drehbuch: Hinweise auf die nötige Stärkung der Kaufkraft und Binnennachfrage zeigen, dass beileibe kein profaner Materialismus, sondern der Dienst am großen Ganzen, nämlich dem Wirtschaftswachstum, der höhere Sinn dessen ist, was gewerkschaftlich verlangt wird. Davon lässt die Gegenseite sich wie immer nicht beeindrucken: Die Forderungen stellen lauter finanzielle Zumutungen dar, die in die jetzigen Zeiten schon gleich gar nicht passen.
Zur Empörung der Gewerkschaft verweigert die staatliche Arbeitgeberseite bis Mitte März – Beginn der dritten Verhandlungsrunde – die Vorlage eines Gegenangebotes, auf das solche gewerkschaftliche Initialforderungen von vornherein berechnet sind, und lässt die Arbeitnehmervertretung damit erst einmal ins Leere laufen. In den Wochen bis dahin kann die Republik sich dann im Namen ihrer vielbeschäftigten Pendler, meldepflichtigen oder sonst wie betreuungsbedürftigen guten Bürger darüber echauffieren, dass die Gewerkschaftsseite, um Druck auf die Gegenseite auszuüben, glatt Warnstreiks anzettelt, die gemäß Streikrecht nach Ende der Friedenspflicht während Tarifverhandlungen stattfinden dürfen. Neben der gewerkschaftsfeindlichen Stimmung, um die die freie Öffentlichkeit sich verdient macht, lassen die Arbeitgeber die Gewerkschaften bei ihren Streikmaßnahmen zum Teil auch ganz praktisch auflaufen. Für Aufregung sorgen in diesem Zusammenhang weniger die Maßnahmen der Arbeitgeberseite als etwa die Entscheidung von ver.di, den am Hamburger Flughafen angekündigten Warnstreik unangekündigt um einen Tag vorzuziehen – sodass er am ersten Ferientag der Osterferien stattfindet und zigtausend Sonnenanbeter vorzeitig stranden lässt. Auf Unverhältnismäßigkeit und Geiselhaft unschuldiger Urlauber angesprochen, rechtfertigt sich der verantwortliche ver.di-Mann:
„Wir haben ja nur in Hamburg den Streik vorziehen müssen und das aus einem ganz spezifischen Grund: Der Hamburger Flughafen hat versucht, über Leiharbeiter Streikbrecher heranzukarren, um die Streikwirkung zu unterlaufen. Dieser Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher ist zwar rechtswidrig, aber es werden natürlich erst mal Fakten geschaffen, bevor wir dort rechtlich überhaupt Maßnahmen hätten ergreifen können... Das ist Ergebnis einer aus meiner Sicht unverantwortlichen Herangehensweise der Flughafenleitung.“ (Frank Werneke, 10.3.25)
Es hilft nichts. Angesichts „weinender Kinder am Gate“ (t-online.de, 9.3.25) hat er mit solchen Hinweisen im Urteil der Öffentlichkeit leider keine Chance.
Das bezweckte Resultat der Verweigerungshaltung der Arbeitgeber tritt dann schließlich zum Abschluss der dritten Verhandlungsrunde Mitte März ein: Die Verhandlungsführer von Bund und Kommunen erklären die Verhandlungen formell für gescheitert, was zur Einleitung des für solche Fälle vorgesehenen Schlichtungsprozesses führt, auf den die Gewerkschaft sich gemäß der bestehenden Schlichtungsvereinbarung zwischen Bund, der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände und ver.di einlassen muss. Streiks sind während der Schlichtung nicht zulässig. Der Kommissionsvorsitz fällt dieses Mal praktischerweise turnusgemäß dem Vertreter der Arbeitgeberseite zu; und in Gestalt von Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch steht die passende Figur zur Kompromissfindung bereit.
In der Schlichtung wird dann rasch die zuvor unmögliche Einigung erzielt, sodass der Kommissionsvorsitzende verkünden kann, mit dem erreichten Kompromiss im Dienste des reibungslosen Ablaufs des öffentlichen Lebens Schlimmeres abgewendet zu haben:
„Angesichts der sehr weit auseinandergehenden Positionen der Tarifvertragsparteien war ein Ausgleich für beide Seiten herausfordernd... Sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite haben zur Vermeidung eines Arbeitskampfes erhebliche Zugeständnisse in Kauf nehmen müssen. Aber jetzt muss in den kommenden zwei Jahren niemand mehr Einschränkungen durch Arbeitskämpfe im bei Weitem größten Tarifbereich Deutschlands befürchten.“ (Roland Koch, PM der Schlichtungskommission, 28.3.25)
Auch der Vertreter der Gegenseite zeigt sich zufrieden:
„Nach dem Scheitern der Verhandlungen ist es in der Schlichtung gelungen, einen Kompromiss in den Schlüsselthemen Arbeitszeit und Bezahlung zu finden.“ (Henning Lühr, von der Arbeitnehmerseite berufener Schlichter, ebd.)
Der gefundene Kompromiss, den ver.di seinen Mitgliedern zur Annahme empfiehlt, bedeutet auf der einen Seite, dass die Arbeitnehmer in Kauf nehmen müssen, dass die angepeilte Lohnerhöhung ein gutes Stück kleiner ausfällt: Anstelle von 8 % gibt es eine Erhöhung um 3 % in diesem Jahr und dann um 2,8 % im Jahr 2026 plus einer jährlichen Sonderzahlung. Ob dabei angesichts der Inflation tatsächlich „die Kaufkraft steigt“, bleibt abzuwarten. Auf der anderen Seite steht dafür eine „Weiterentwicklung der souveränen Gestaltung der individuellen Arbeitszeit“ (ders., ebd.). Die empowerten Arbeitnehmer können nicht nur zugunsten von mehr freien Tagen auf Teile ihres Lohns verzichten, sondern künftig auch den umgekehrten Weg einschlagen:
„Es wird zudem ab 2026 die Möglichkeit geschaffen, die wöchentliche Arbeitszeit beiderseits freiwillig auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen.“ (Ebd.)
Ganz wichtig ist der Gewerkschaft dabei die Betonung der ‚doppelten Freiwilligkeit‘:
„Niemand kann gedrängt werden, mehr zu arbeiten – das ist Teil der Tarifvereinbarung. Und: Wer freiwillig mehr arbeitet, erhält für die zusätzlichen Stunden einen Aufschlag.“ (Frank Werneke, PM ver.di, 6.4.25)
Dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber gegen deren Willen zu längeren Arbeitszeiten drängen könnten, um mehr Geld zu kassieren, stand wohl ohnehin nicht zu befürchten. Aber von Drängen und Druck kann auch umgekehrt keine Rede sein, wenn Arbeitnehmer sich freiwillig auf das süße Angebot ihrer Arbeitgeber einlassen, deren Bedarf nach Mehrarbeit zum passenden Zeitpunkt zu erfüllen. Sie bekommen dafür schließlich mehr Geld in Aussicht gestellt und werden zu nichts gezwungen. Das ist auch gar nicht notwendig: Sie werden die entsprechenden Angebote mehrheitlich schon nicht ausschlagen wollen, für die nötige Bereitschaft wird die vereinbarte sanfte Lohnentwicklung in Kombination mit der Inflation schon sorgen.
Der Einigungsvorschlag regelt damit die wochenbezogene Überarbeit als zuverlässig käufliches Gut für die Arbeitgeberseite und nimmt ohnehin anstehende politische Bestrebungen vorweg, allzu starre Arbeitszeitregelungen aus der krustigen Vergangenheit über Bord zu werfen. So geht die bedarfsgerechte Organisation von Mehrarbeit im Tarifmusterland: Die neue Öffnungsklausel für die ausgedehnte Wochenarbeitszeit wird als gesteigerte Flexibilität insbesondere auch für Arbeitnehmer vereinbart. Damit geht der öffentliche Dienst als größter Sektor der deutschen Tariflandschaft bei der Ausweitung der Arbeitszeit als gutes Beispiel für die restliche bundesdeutsche Arbeitswelt voran.
Post und ver.di: Ein zusätzlicher Urlaubstag für alle und Endlosurlaub für 8 000 Briefträger
Zwei Tage nach der Tarifeinigung für das deutsche Brief- und Paketgeschäft zwischen der Deutschen Post AG und ver.di Anfang März verkündet der Konzern einen Stellenabbau um 8 000 Beschäftigte. Die Entlassungen sind Teil des konzernweiten Programms „Fit for Growth“, das eine Verschlankung des gesamten Konzerns für das Wachstum zum Ziel hat und in dessen Zuge jährlich eine Milliarde Euro eingespart werden soll. Die Entlassungen werden explizit unter Verweis auf den Tarifvertrag begründet, den der Konzern zwei Tage zuvor unterschrieben hat:
„Nikola Hagleitner, die Personalchefin der Sparte Post & Paket Deutschland, hatte diesen Schritt unmittelbar nach dem Tarifabschluss mit ver.di angekündigt, allerdings etwas verklausuliert: ‚Mit Blick auf das Umfeld und diesen Tarifabschluss werden wir daher unsere Kostensenkungsmaßnahmen konsequent erweitern und beschleunigen müssen‘, erklärte sie am Dienstag.“ (WAZ, 7.3.25)
Die Post AG tut damit kund, welche Gestaltungsfreiheit sie mit einer solchen Tarifeinigung in den Händen hält: Da vereinbart sie mit ver.di zuerst – entgegen deren ursprünglichen Forderungen – eine langgezogene Runde von Reallohnstagnation und schraubt die der Gewerkschaft so wichtige Forderung nach mehr Urlaubstagen – „Die zusätzlichen Urlaubstage sind dringend notwendig für den Gesundheitsschutz der Kolleginnen und Kollegen, der Krankenstand liegt auf Rekordhöhe“ (PM ver.di, 7.1.25) – auf ein Minimum herunter. [7] Und gleich als Nächstes stellt der Konzern klar, wie viele Beschäftigte in welchen Bereichen er zu diesen lohnenden Konditionen gebrauchen kann: Von 170 000 Beschäftigten sind unter dem neuen Vertrag mindestens 8 000 zu viel und können gehen.
Der Tarifabschluss mag noch so bescheiden ausfallen – kaum ist die Tarifrunde gelaufen, kündigt die Arbeitgeberseite an, zu der anderen „Kostensenkungsmaßnahme“ zu greifen, die ihr neben der Festschreibung der Lohnhöhe zur Verfügung steht: Dieselbe Arbeit soll künftig von weniger Personal verrichtet werden. Die offiziellen Friedenszeiten zwischen den Tarifrunden sind für solche Rationalisierungsmaßnahmen prima geeignet; und die Post befürchtet offenkundig auch nicht, dass die Gewerkschaft dem etwas entgegensetzt. Die geht vielmehr vorauseilend davon aus, „dass das nur die Spitze vom Eisberg sein wird und dass weitere Tausende von Arbeitsplätzen wegfallen werden“ (Betriebsratschef Thomas Held, 6.3.25).
In einer Hinsicht muss ver.di der Gegenseite allerdings energisch widersprechen:
„Die Aussage des Postvorstandes, der Tarifabschluss sei ein Treiber für den Stellenabbau, weisen wir entschieden zurück.“ (PM ver.di, 6.3.25)
Nicht in dem Sinne, dass sie die Schuldfrage zurückweisen würde. Die Gewerkschaft will sie anders beantwortet haben: Nicht sie mit ihrem Tarifabschluss trägt die Schuld, sondern
„der beabsichtigte Stellenabbau ist Ergebnis eines durch die Politik geförderten unfaireren Wettbewerbs in einem immer schneller schrumpfenden Briefmarkt. Dieser Wettbewerb führt nur dazu, dass sozialversicherungspflichtige und tarifvertraglich geregelte Arbeitsplätze verloren gehen und prekäre Arbeitsbedingungen gefördert werden.“ (Ebd.)
Den blöden Konkurrenten und dem Staat als Aufseher dieser Konkurrenz gebührt also der schwarze Peter. Die Politik genehmigt nicht genug Portoerhöhungen und gönnt Konkurrenten der Post, „die allesamt keinen Universaldienst erbringen“ (ebd.), eine steuerliche Bevorzugung. So macht sie es letztendlich unmöglich, dass Post AG und Belegschaft gemeinsam ihren gemeinwohldienlichen Auftrag, Briefe bis ins kleinste Dorf zu befördern, ordentlich erfüllen können. In dieser Beschwerde können dann Arbeitgeber und Gewerkschaft ganz ohne Streit prima zusammenkommen.
[1] Die Aufkündigung zentraler Bestandteile des Haustarifvertrags durch den Konzern, insbesondere der traditionsreichen ‚Beschäftigungssicherung‘ für die Stammbelegschaft, sowie der Verlauf der darauf folgenden Tarifrunde bis kurz vor der Einigung werden ausführlich kommentiert in dem Artikel „Revolutionäre Neuigkeiten von der einzigartigen Sozialpartnerschaft zwischen VW und IG Metall“, erschienen in GegenStandpunkt 4-24.
[2] Die vertrackten Details: Im Zuge dieser Nullrunde kriegen die VW-Angestellten zwar monatlich tatsächlich keinen Cent mehr aufs Konto als bisher, allerdings ist bei der Tarifeinigung nicht etwa von keiner Lohnerhöhung die Rede, sondern von einer „ausgesetzten“ virtuellen Lohnerhöhung von 5,5 % für die VW-Beschäftigten, die sich der von der Gewerkschaft ausgehandelten Lohnerhöhung im Flächentarif verdankt. Die gilt im Prinzip auch bei VW, außer dass sie eben nicht gilt, sondern „erst zum 1. Januar 2031 tabellenwirksam wird“. Und die Gewerkschaft betont, dass sogar schon vorher, im Rahmen der nächsten „normalen Tarifrunde“ theoretisch wieder Lohnerhöhungen möglich sind: „Hierbei ist die Besonderheit zu beachten, dass eine solche Erhöhung auf einem erhöhten Tarifindex von 105,5 % erfolgen wird. Dies bedeutet, dass bei einer tabellenwirksamen Erhöhung das aktuelle Entgelt fiktiv um 5,5 % erhöht wird und sich dann von diesem fiktiven Entgelt die Tariferhöhung berechnet.“ (IG Metall, Fragen und Antworten zum Volkswagen-Tarifabschluss, 24.2.25) So türmt sie eine Fiktion auf die nächste...
[3] Dass es diese ‚Diskriminierung‘ innerhalb der Belegschaft bislang überhaupt gegeben hat, verdankt sich einem inzwischen 20 Jahre zurückliegenden Kompromiss zwischen Konzern und Gewerkschaft: Damals hatte VW eine massive unbezahlte Ausweitung der Arbeitszeit auf 35 Wochenstunden gefordert. (Die normale Wochenarbeitszeit betrug zuvor lediglich 28,8 Stunden, was selbst auf eine Krisenbewältigungsmaßnahme der 1990er Jahre zurückging, bei der VW die verkürzte Wochenarbeitszeit in Kombination mit einer massiven Verbilligung der Belegschaft durchgesetzt hatte.) Im Zuge mehrerer Einigungen im Verlauf des Jahres 2006 konnte die IG Metall für die Beschäftigten in der Produktion zunächst noch zwei bzw. für die Beschäftigten im indirekten Bereich wenigstens noch eine Wochenstunde wegverhandeln. Kurz darauf ließ sie sich darauf ein, dass für alle nach dem 1. Januar 2005 angestellten Arbeitskräfte die neuen vollen Arbeitszeiten von 35 Wochenstunden zum alten Lohnniveau der neue Standard wurden. Mit dieser Erblast ist jetzt im Sinne „einheitlicher Arbeitsbedingungen“ endlich Schluss – „ein weiterer Effizienzbaustein“ (PM VW, 9.12.24) für den Konzern.
Nähere Hinweise zu den vergangenen Episoden finden sich im bereits erwähnten Artikel in Heft 4-24 dieser Zeitschrift. Siehe außerdem: „‚Produktivitätsoffensive‘ bei der Volkswagen AG: Wieder an die Spitze – mit massenhaft unbezahlter Mehrarbeit und Entlassungen!“ in Heft 3-06 sowie „Das neue Arbeitszeitmodell von VW. Zuviel Kapital – weniger Arbeit – mehr Armut“ in Heft 4-93.
[4] Die Lohneinsparungen dienen „bis 2030 als Teilfinanzierung von Instrumenten zum Umgang mit Personalüberhängen ohne betriebsbedingte Kündigungen, aus dem zum Beispiel flexibel Arbeitszeitabsenkungen mit teilweisem Entgeltausgleich erfolgen und erweiterte Altersteilzeitangebote finanziert werden können.“ (PM IG Metall, 22.12.24)
[5] In der vorherigen Tarifrunde ist die EVG noch davon ausgegangen, dass sie in der Lohnfrage gegen den Bahnkonzern nur durch Druck etwas erreichen kann, und hat zu Warnstreiks gegriffen. Verlauf und Ausgang dieser Auseinandersetzung sind in GegenStandpunkt 3-23 nachzulesen: „Lohnkampf bei der Deutschen Bahn und bei Amazon. Tarifpolitik im Niedergang“.
[6] „Als Sozialtarifvertrag bezeichnet man in Deutschland einen Tarifvertrag, in dem das Ob und das Wie einer von einem Unternehmen geplanten Betriebsänderung sowie der Ausgleich eventueller mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundener Nachteile geregelt werden. Der Sozialtarifvertrag hat somit dieselben Regelungsgegenstände, die auch ein Interessenausgleich und ein Sozialplan zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat haben können... Da Verhandlungen zu einem Sozialtarifvertrag der Gewerkschaft rechtlich die Möglichkeit zum Streik bieten, werden Forderungen nach Sozialtarifverträgen von der Gewerkschaft insbesondere bei drohenden Betriebsschließungen oder -verlagerungen erhoben. Die Arbeitnehmerseite hat durch das Streikrecht stärkere Druckmittel als bei Sozialplanverhandlungen auf ihrer Seite.“ (Wikipedia, s.v. Sozialtarifvertrag)
[7] Die ursprüngliche Tarifforderung sah eine Entgelterhöhung um 7 % bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie drei zusätzliche Urlaubstage (plus einem zusätzlichen Tag für ver.di-Mitglieder) vor. In der vierten Verhandlungsrunde einigte man sich auf zwei gestaffelte Gehaltserhöhungen um insgesamt 5 % bei einer Laufzeit von 24 Monaten und einen zusätzlichen Urlaubstag. Ab 16 Jahren Betriebszugehörigkeit gibt es dann einen weiteren Urlaubstag. Dieses Ergebnis wurde zwar von 54 % der Mitglieder abgelehnt, aber von der Tarifkommission angenommen.