In ganz Europa wissen Politik und Öffentlichkeit auf einen Schlag, dass zusammen mit dem ermordeten Van Gogh weit Größeres auf der Strecke geblieben ist: gemäß der neuen Gefahrenanalyse ist nichts weniger als die „moderne Gesellschaft“ bedroht, und zwar interessanterweise durch „Parallelgesellschaften“.
Es mag ja sein, dass eine Zuwanderung ausländischer Lohnarbeiter in „unseren Arbeitsmarkt“ und „unsere Sozialsysteme“ bisweilen nützlich ist – zum Beispiel „zum Ausgleich“ der ungünstigen „demographischen Entwicklung“ des deutschen Volkes. Es ist aber auch immer eine höchst problematische Zuwanderung in damit verbundene Ansprüche auf Leistungen aus den Sozialkassen.
Vom alles entscheidenden Unterschied zwischen In- und Ausländern. Vom Dienst des „Inländers“ für seinen Staat. Vom staatlichen Interesse an „Ausländern“ und der Besonderheit des Ausländerrechts. Vom aktuellen Bedarf einer „Neugestaltung“ des Umgangs mit den Ausländern. Über den Zusammenhang von Staatssicherheit im Anti-Terror-Kampf und Ausländerpolitik.
Ausländer sind prinzipiell unsichere Kantonisten für den Staat. Aber wenn sie nun schon so lange hier leben – reicht dann eine Doppelstaatsbürgerschaft zur volkseinheitlichen Einordnung oder ist diese nur ein Schlupfloch für die bloß berechnende Einordnung ins deutsche Staatsvolk? Ein Streit um die gelungenste Herrichtung neuer Untertanen.
Kanther bilanziert die Erfolge seines Asylgesetzes und entdeckt zugleich lauter neue Problemfälle: politische Umtriebe von unerwünschten Kurden und zunehmende Ausländerkriminalität. Die nationalen Ansprüche verlangen einen intakten Volkskörper; Bürger, die als Deutsche zu Deutschland stehen. Deshalb ist „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ mehr. Wo die staatlicherseits gestiftete Ausländerfeindschaft praktisch wird, wird sie als Ordnungsproblem behandelt.
Grundsätzliches zur demokratischen Wahl: Was ist dieser gerühmte Akt staatsbürgerlicher Freiheit, was ist er für die aktiv und passiv Beteiligten, was sind die Parteien, wie unterscheiden sie sich und welcherart ist der Standpunkt der öffentlichen Begutachtung des Ganzen. Und die Besonderheit, dass in Deutschland nach Wende und Rezession eine ganz neue Staatsräson, weltpolitisch wie sozialpolitisch angesagt ist.
Die Parteien und Kandidaten, die sich um die Macht im Staate bewerben, sind davon überzeugt, dass sie sich auf die Kunst des Regierens verstehen. Sie wollen die Macht des Staates zur Sache ihrer persönlichen Verantwortung machen, um mit ihren Entscheidungen den richtigen und erfolgreichen Umgang der öffentlichen Gewalt mit ihren Untertanen, den Bürgern, herbeizuführen. Insofern halten sie sich – Volksherrschaft hin, Demokratie her – schon für etwas Besonderes, nämlich zum Führen berufen.
Die „soziale Frage“ ist gelöst: Der moderne Arbeitnehmer ist die Antwort. Jahrzehnte lang haben Sozialpolitiker und Unternehmer, Gewerkschaften und Parteien, Volksseelsorger und Sozialforscher ans Proletariat hingearbeitet, damit es nicht dauernd störend im Weg herumsteht, wenn die kapitalistische Produktionsweise und die dafür zuständige politische Gewalt ihren fortschrittlichen Gang gehen. Sie haben es geschafft.
Ein Staatsmann in dem Sinn soll der verflossene Führer aller Deutschen nicht gewesen sein; das ist demokratischer Konsens. Die Feststellung, daß er aber doch einer war, ist nicht banal, sondern verdächtig: Soll der große Politkriminelle als deutscher Politiker verharmlost, womöglich rehabilitiert werden? Wir haben doch gelernt, daß in Gestalt des Nazi-Chefs ein Verbrecher und Besessener die Staatsmacht usurpiert und mißbraucht hat!
"Deutschland!" - das ist übriggeblieben von dem Aufruhr unzufriedener Bürger in der DDR gegen ihre Staatspartei und deren "realen Sozialismus". Die einen kennen gar keine andere Parteilichkeit mehr als die schwarz-rot-goldene; andere halten da vieles für übertrieben und kurzsichtig, ein vereinigtes Groß-Deutschland für problematisch und manches an der alten DDR für erhaltenswert.