Im Herbst 2020 sorgt der Zwischenbericht der für die Suche nach einem atomaren Endlager eigens geschaffenen Behörde für öffentliche Aufregung in Deutschland. Für kurze Zeit rückt der Umstand aus dem expertenmäßigen Hinter- in den öffentlichen Vordergrund, dass die Nation ja seit geraumer Zeit schon eine endgültige Deponie für den radioaktiv strahlenden Müll sucht, den ihre Atomwirtschaft hinterlassen hat und einstweilen immer noch produziert.
Am 11. März 2011 erobert die „Apokalypse“ mit unzähligen Bildern von überschwemmten Landstrichen und menschlicher Not in beispiellosem Ausmaß die Schlagzeilen und Hauptsendezeiten. Es scheint, als könnten die Leute gar nicht genug davon kriegen. Kulturkritisch wird alsbald gegenüber einem amerikanischen Nachrichtensender angemerkt:
Der Atomunfall in Fukushima scheint auf die deutsche Bundesregierung Eindruck zu machen: Noch bevor die rotgrüne Opposition Luft holen kann, spricht die Kanzlerin schon von einer vollständig „neuen Lage“ für „die ganze Welt, Europa und auch für uns in Deutschland“.
Eine große Mittelmacht sitzt mit ihrer Inselwelt auf einer bekannten tektonischen Sollbruchstelle der Erdkruste und betreibt für ihren polit-ökonomischen Ehrgeiz und die Karriere zum Exportweltmeister 55 Atomkraftwerke. Die geologische Besonderheit bringt sich durch ein heftiges Erdbeben und einen Tsunami in Erinnerung.
Kanzlerin Merkel hat sich gelehrig gegeben und eine Energie-Bildungsreise durch Deutschland gemacht und dann doch das Volk darüber belehrt, dass sie es nicht leicht hat und nimmt, wie viele Interessen und komplizierte Aspekte sie bei der Energiepolitik zu berücksichtigen hat, dass sie und nur sie alle berechtigten Interessen berücksichtigt und nur sie und ihre Regierung entscheidet; dafür hat sie sogar einen ganzseitigen Zeitungsappell führender deutscher Manager etwas zurückgesetzt, in dem die längere Laufzeiten für die AKWs bestellt haben.
Auf einmal qualmt nach einem Kurzschluss in der Stromversorgung tagelang das Atomkraftwerk Brunsbüttel, kommt es „zeitnah“ im benachbarten Meiler Krümmel zu einer „Pannenserie“, und beide, vom Betreiber Vattenfall noch vor Kurzem als „Klimaschützer der Woche“ plakatierten Atomkraftwerke, müssen „per Hand heruntergefahren“ und per Schnellabschaltung vom Netz und unter Kontrolle gebracht werden. „Mehrere Unfälle in wenigen Tagen – Zufall?“ „Vattenfall, bitte melden!“ ruft eine sensibilisierte Öffentlichkeit, verlangt schleunigst Aufklärung und kriegt sie – mit Verspätung.
In seiner diesjährigen Botschaft an die Nation hat der amerikanische Präsident eine Wende in der Energiepolitik angekündigt. Unter dem Titel „Advanced Energy Initiative“ (AEI) hat er ein Programm auf den Weg gebracht, mit dem laut US-Regierung „Amerikas Abhängigkeit von auswärtigen Energiequellen gebrochen“ werden soll. Hier, so Bush, habe die Nation „ein ernstes Problem: Amerika ist süchtig nach Öl“. Um diesem misslichen Sachverhalt ein Ende zu setzen, verkündet Bush „das große Ziel, mehr als 75 % der Ölimporte aus dem Mittleren Osten bis 2025 zu ersetzen“.
Die Hanauer Brennelementefabrik soll von Siemens an China verkauft werden. Die Ausfuhrgenehmigung wird erteilt. Der geplante Ausstieg Deutschlands aus dem Atomstrom soll nicht damit verwechselt werden, dass D seine Spitzenstellung als Ausstatter mit Atomtechnologie aufgibt. Darüber hinaus ist die Atomfabrik dazu geeignet, der aufstrebenden Weltmacht D gute Beziehungen zu einer veritablen Atommacht zu verschaffen, indem China der Einstieg in den MOX-Kreislauf erleichtert wird – inkl. aller „dual-use“-Optionen.
Ist das Atomkraftwerk Temelin umweltschädigend? Der Streit in der EU ist einer um Geschäft und Beaufsichtigung der Energiepolitik eines neuen Beitrittskandidaten: es ist längst eine Sortierung vorgenommen zwischen solchen AKW´s, die man dicht machen will, weil da die Russen noch im Geschäft sind, und solchen, mit denen man selbst Geschäfte machen will als Teil der europäischen Energiepolitik – also von wegen Verhinderung von Umweltschäden!
Der Atomausstieg kommt „schneller als erwartet“. Der „Schrottreaktor Stade“ wird stillgelegt. Wie das? Dieser Beschluss der Energiewirtschaft geht schlicht auf betriebswirtschaftliche Berechnungen zur Bereinigung von Überkapazitäten zurück; das ist auch überall nachzulesen – die Grünen entblöden sich dennoch nicht, das als ihr Verdienst zu feiern.