In sozialen Belangen gestaltet sich hierzulande der Verkehr zwischen Regierung und Regierten in der Regel äußert einfach. Wenn es z.B. für opportun befunden wird, das Renteneintrittsalter herauf- und auf dem Wege den Lebensunterhalt für die Alten herabzusetzen, wird das politisch beschlossen und vom Publikum hingenommen.
Götz Werner ist schon ein außergewöhnlicher Mann: Der ‚Selfmade-Milliardär‘ hat sich als Kritiker eben der marktwirtschaftlichen Verhältnisse einen Namen gemacht, in denen er als Chef einer Drogeriemarktkette Milliarden gemacht hat. Werner belässt es freilich nicht bei Kritik. Er offeriert so etwas wie ein Patentrezept, wie man Armut und Arbeitslosigkeit loswird, ohne die Marktwirtschaft, deren Produkt sie sind, in Frage zu stellen.
Passend zur Beschimpfung von Bankern, in deren Gier, übertriebener Profitsucht und fehlendem Verantwortungsgefühl, mit einem Wort: in deren Charakterlosigkeit die Öffentlichkeit den Grund der Finanzkrise ausgemacht hat, gibt es das Verlangen nach dem Gegenteil.
Mit dem Bekenntnis der Politik zum Niedriglohnsektor und der starken Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse wird diese „neue Existenzweise“ zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Das Elend derjenigen, die sich als Teilzeitarbeiter bei mehreren Arbeitgebern, als Leiharbeiter oder Niedriglöhner durchschlagen, wird in einschlägigen Artikeln und Talkshows nicht beschönigt.
Im Frühjahr 2010 bekommt nicht nur, aber allen voran Griechenland Schwierigkeiten, für seine Staatspapiere auf den internationalen Finanzmärkten das Interesse von Investoren zu wecken. Aus deren Sicht taugen die dortigen Wachstumsaussichten nicht mehr dafür, den Vermögenswert der Staatsanleihen zu garantieren. Misstrauisch geworden fällen sie mit ihren Anlageentscheidungen das Urteil: Griechenland hat zu viel Staatsschulden und zu wenig Geschäftswachstum.
Von jeher ist der Kampf gegen die Kinderarbeit in der Welt zentraler Bestandteil der Agitation hiesiger Hilfsorganisationen und sonstiger Vereine aus dem Lager der 3.-Welt-Bewegung.
Sie klagen an, dass in vielen Länder Kinder massenhaft unter schlimmsten Bedingungen und zu absoluten Hungerlöhnen arbeiten müssen, und liefern dabei durchaus Hinweise, wo der Grund des beklagten Skandals zu suchen ist.
Lebensmittel werden immer reichlicher hergestellt, und „dennoch“ wächst die Lebensmittelknappheit. Genug Nahrungsmittel wären für die Hungernden schon da; das einzige, was ihnen fehlt, ist der „Zugang“ – dass damit das Geld gemeint ist, ist jedem so klar, dass man es gar nicht explizit aussprechen muss. So zeigt sich, dass Geldverdienen und nicht Versorgung der ausschließliche Zweck der Herstellung von Bedarfsgütern ist; marktwirtschaftliche Armut, Hunger und Elend verdanken sich allein dieser Zweckbestimmung der Produktion.
Die Krise des weltweiten kapitalistischen Geschäfts geht in ihr drittes Jahr. Was im Sommer 2007 als Irritation in einer Spezialabteilung des US-amerikanischen Kreditgewerbes begann – die Entwertung von Wertpapieren, in denen unter anderem private Hypothekenschulden zu spekulativen Geschäftsartikeln verarbeitet worden waren, sowie die nachfolgende Zahlungsunfähigkeit der zwecks Schaffung und Vermarktung dieser Produkte konstruierten Zweckgesellschaften –, ist folgerichtig immer weitergegangen.
Tatsächlich bezahlt ihr längst! Und die Demonstrationsaufrufe benennen das auch: Wenn die Märkte einbrechen, wenn in Industrie und Handel die Geschäfte schrumpfen, dann wenden die Unternehmen Schaden von ihren Bilanzen ab, indem sie ihn an ihre Arbeitskräfte weitergeben: Sie entlassen, verordnen Kurzarbeit, senken Löhne. Sie passen ihre Kosten an die verminderten Geschäftsgelegenheiten an und verteidigen ihre Gewinne.