Berlusconis Immunität, sprich: das letztes Jahr endlich von ihm durchgebrachte Gesetz, das ihn vor dem Zugriff des Gesetzes schützen soll, ist für nichtig erklärt. Dass das oberste Gericht des Landes es wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes als nicht der Verfassung gemäß verworfen hat, wird von den Gegnern des Regierungschefs wie ein letztes Lebenszeichen der von ihm demontierten Demokratie gefeiert und mit der Hoffnung verbunden, den gewählten „Kaiser von Rom“ von der nun wieder offenen juristischen Flanke her absägen zu können.
Wie Barack Hussein Obama den Weg zum 44. Präsidenten der USA gemeistert hat, hat zu einer Orgie der Bewunderung für diesen Mann geführt. Und das nicht nur beim amerikanischen Wahlvolk und seinen meinungsbildenden Betreuern, sondern auch bei deutschen und sonstigen Weltbürgern, die ihn gar nicht wählen können. Darüber hinaus gelten Wahlkampf und Machtübernahme des ersten schwarzen Chefs der Weltmacht Nr. 1 als ein mustergültiger Beleg für die Schönheit und die Leistungsfähigkeit der Demokratie. Nicht ganz zu Unrecht.
Der amerikanische Präsidentschaftskandidat, der demokratische Senator Barack Obama, kommt auf seiner Welttournee nach Stationen in Nahost, Irak und Afghanistan auch nach Berlin. Dort kündigt er einen öffentlichen Redeauftritt an, mit dem er, wie mit der ganzen Reise, sich den amerikanischen Wählern auch als außenpolitisch kompetenter Wahlbewerber vorstellen, also sein außenpolitisches Profil schärfen will.
In Frankreich und in England wird gewählt. In Deutschland halten Auslandskorrespondenten das Publikum auf dem Laufenden und berichten darüber, wie in diesen beiden Ländern Politiker ums „Vertrauen ihrer Wähler werben“. Irgendeine Sorte Distanz gegenüber den Kriterien, an denen sich Erfolg oder Misserfolg dieser Werbungsbemühungen bemisst, lassen sie in ihren Berichten gar nicht erst aufkommen – und klären so unfreiwillig doch darüber auf, was bei der demokratischen Wahlwerbung die Hauptsache ist: die Glaubwürdigkeit der Politiker, also die Herrscherqualitäten der Führungsfiguren.
Möllemanns anti-israelischer Tabubruch bringt der FDP keine Wählerstimmen, worüber Westerwelle seinen Konkurrenten innerparteilich abservieren und mittels Parteienfinanzierungsgesetz in seiner staatsbürgerlichen Existenz erledigen kann. Der stellt mit seinem finalen Absprung seine Ehre wieder her, indem er die seiner Parteifreunde ins Zwielicht rückt. Die posthume öffentliche Würdigung Möllemanns als „Vollblutpolitiker“ leuchtet alle Facetten einer Charaktermaske der Macht aus: die Tugenden der Konkurrenz sind eben relativ, je nach Erfolg oder Misserfolg.
In der Demokratie ist die persönliche „Integrität“ ihrer Führer – also auch deren „Privatleben“ inkl. außerehelichen Affären – so wichtig, weil der Inhalt der Politik nicht zur Debatte steht. Wegen des Meineids des Präsidenten wird aus der moralischen Begutachtung ein Fall von Justiz und Parlamenten, unter heftiger Anteilnahme der Öffentlichkeit. Was dann doch stört; die Inszenierung von Führungsstärke leidet unter dem Gezerre um die Person.
Klarstellungen zum demokratischen Grundgesetz, wonach Wahlerfolge Erfolgsaussichten begründen und das wichtigste Werbeargument sind; zu einem missglückten Wahl-Management und der Tücke des demokratischen Führerkults.
Der Prozess gegen Clinton beschäftigt auch die deutsche Öffentlichkeit, aus mehreren Gründen. Das Ansehen des Präsidenten als moralische Person ist hier wie dort Konkurrenzmittel der Parteien. Unter dieser Konkurrenz leiden das Amt des Präsidenten, die Würde der Frau und ähnliche hohe Güter. Das wird interessiert begutachtet.