KW 15

Was das Datenleck von geheimen US-Dokumenten rund um den Ukraine-Krieg in sozialen Netzwerken zutage bringt, überrascht niemanden: Die USA kontrollieren nicht nur sämtliche Informationen, die die Ukraine für eine erfolgreiche Kriegführung braucht; damit die Regierung in Kiew aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zieht, spähen sie sowohl jede Regung des Feinds als auch den ukrainischen Stellvertreter selbst aus. Dessen Kampf um ein russenfreies Land soll sich mit dem etwas anders gelagerten Interesse des großen ‚Unterstützers‘, die konventionelle Militärmacht Russlands nachhaltig zu schwächen und deshalb den Krieg zielgerichtet zu verstetigen, auch wirklich decken. Die USA verlassen sich dabei nicht darauf, dass die totale Abhängigkeit der ukrainischen Kriegführung auch dafür sorgt, dass sie nur die gewollten Ergebnisse liefert.

Aus der Zeitschrift
Siehe auch
Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Gliederung

Episoden des dementierten Russland-NATO-Kriegs
KW 15

US-Datenleaks

Was das Datenleck von geheimen US-Dokumenten rund um den Ukraine-Krieg in sozialen Netzwerken zutage bringt, überrascht niemanden: Die USA kontrollieren nicht nur sämtliche Informationen, die die Ukraine für eine erfolgreiche Kriegführung braucht; damit die Regierung in Kiew aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zieht, spähen sie sowohl jede Regung des Feinds als auch den ukrainischen Stellvertreter selbst aus. Dessen Kampf um ein russenfreies Land soll sich mit dem etwas anders gelagerten Interesse des großen ‚Unterstützers‘, die konventionelle Militärmacht Russlands nachhaltig zu schwächen und deshalb den Krieg zielgerichtet zu verstetigen, auch wirklich decken. Die USA verlassen sich dabei nicht darauf, dass die totale Abhängigkeit der ukrainischen Kriegführung auch dafür sorgt, dass sie nur die gewollten Ergebnisse liefert. Da passt es, dass eine bunte Truppe von ‚Special Forces‘ direkt vor Ort nach dem Rechten schaut.

Und da der Krieg gegen die atomare Weltmacht Russland keine Abweichler duldet, sind nicht nur beim Schützling, sondern weltweit – auch bei besten Freunden – die amerikanischen Aufpasser eingenistet. Sie passen darauf auf, dass die Staaten aus ihren nationalen Erwägungen nichts unternehmen, was auch Russland irgendwie zum Nutzen gereichen könnte. Ob z.B. der südkoreanische Verbündete mit Waffenexporten in Krisengebiete hadert oder Ägypten Munitionslieferungen an Moskau auch nur erwogen hat: Damit sie und alle anderen Staaten erfolgreich ihren Dienst an der westlichen Feindschaft gegen Russland erbringen, muss Washington über ihre Pläne und Aktivitäten umfassend vorab Bescheid wissen, idealiter in Echtzeit, was dem Anspruch nach einem Weltinformationsmonopol recht nahekommt.

Und wie reagieren die ausgespähten Partner? Vor einigen Jahren noch mit kritisch-beleidigtem Gemurmel à la „Freunde ausspionieren geht gar nicht“, heute mit einer noch schnelleren Begrabung des Themas. Offenbar kommt es ihnen heute umso mehr auf die Demonstration von Geschlossenheit von Verbündeten im Krieg an; das fällt bei diesem Bündnis mit der unbedingten Gefolgschaft gegenüber den USA zusammen, unter deren Führung sie sich einzig als die potenten Militärmächte bewähren können, als die sie sich zu bewähren haben. Das gilt erst recht für die Ukraine, deren Führung aus den Papieren auch noch schriftlich erfahren darf, dass ihr Regisseur und mächtiger Sponsor gewisse Zweifel am Erfolg der geplanten Offensive hat. Teils werden die Leaks schlicht ignoriert, teils wird versichert, dass die entscheidenden Details der Gegenoffensive weiterhin geheim und die USA weiterhin „vertrauenswürdige Partner“ seien. Beistand erfährt die Ukraine durch Außenminister Blinken, der die „eiserne Unterstützung“ der USA bekräftigt, und durch Verteidigungsminister Austin, der glaubhaft verlautbart: „Sie haben einen großartigen Plan, aber nur Präsident Selenskyj und seine Führung kennen wirklich die ganzen Details dieses Plans.“ Dass Austin sich ein derart beherztes Urteil über einen Plan, den er nicht genau kennt, erlauben kann, hat den einfachen Grund, dass dieser von A bis Z durch Amerika wehrtechnisch unterfüttert, also in seiner Substanz ein amerikanischer Plan ist. Den noch einfacheren Grund legt sein Chef nach: „Ich bin besorgt, dass es passiert ist, aber mir ist nichts bekannt, was von großer Bedeutung wäre.“ Bezüglich Amerikas Erfolg im Stellvertreterkrieg gibt es also keine Bedenken.

Militärmanöver

Am 4. April ist Finnland offiziell der NATO beigetreten, am 13. April beginnt das erste Flottenmanöver vor Helsinki. Gemeinsam mit den Finnen agiert ein NATO-Verband mit fünf Kriegsschiffen aus Deutschland, Portugal, Spanien, Polen und Frankreich. „Die Fregatten gehören zur ‚Task Group 441.01‘. Sie bilden derzeit einen von zwei maritimen NATO-Verbänden, die ständig auf den europäischen Meeren unterwegs sind, stets einsatzbereit, ‚combat ready‘ im Bündnis-Sprech.“ (FAZ, 13.4.23) Russland hat es nun an der finnischen Land- und Seegrenze und im ganzen Ostseegebiet mit Aufmärschen des feindlichen Militärbündnisses zu tun. Ab jetzt wird die Gefechtsbereitschaft demonstrativ direkt vor St. Petersburg praktiziert. Zur NATO gehören jetzt nicht nur die finnischen Küstengewässer, durch das Patrouillieren der NATO-Kriegsschiffe und Kampfjets wird die Freiheit der russischen Militärmacht, die Ostsee auch als ihr strategisches Feld zu benutzen, nicht zuletzt zur sicheren Versorgung ihrer Exklave Kaliningrad, bedroht und eingedämmt.

Schweden kann seinen NATO-Beitritt noch nicht vollziehen, es fehlt die Zustimmung von Ungarn und der Türkei. Die Verbündeten in spe wollen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass das für eine koordinierte Kriegsbereitschaft kein Hindernis sein darf und ist:

„Schweden hat unter Beteiligung zahlreicher NATO-Staaten seine größte Militärübung seit mehr als 25 Jahren begonnen. ‚Die Übung findet in der Luft, an Land und auf dem Meer in weiten Teilen des Landes statt‘, erklärten die schwedischen Streitkräfte. An den Übungen, die bis zum 11. Mai andauern sollen, nehmen demnach 26 000 Soldaten aus 14 Ländern teil. Die Manöver konzentrieren sich auf Süd- und Nordschweden sowie auf die strategisch wichtige Insel Gotland. An den Übungen nehmen Deutschland, Österreich, die USA, Großbritannien, Finnland, Polen, Norwegen, Estland, Lettland, Litauen, die Ukraine, Dänemark und Frankreich teil.“ (n-tv, 17.4.23)

Außer den NATO-Staaten ist auch das neutrale Österreich dabei, und die Ukraine selbst wird in das westliche Militärmanöver demonstrativ einbezogen, das Fähigkeit und Bereitschaft der Verbündeten zum Krieg vorführt und damit die strategische Inbesitznahme des Ostseeraums durch das westliche Kriegsbündnis praktiziert.

Das ist gut, aber verlangt nach mehr, meint der ukrainische Außenminister. Auf der Schwarzmeer-Sicherheitskonferenz am 12. und 13. April in der rumänischen Hauptstadt Bukarest fordert die Ukraine die NATO auf, bei der Sicherheit im Schwarzen Meer eine größere Rolle zu spielen. Darüber beraten hochrangige Außen- und Verteidigungspolitiker auf Einladung der Ukraine und Rumäniens.

„In ... Expertengesprächen wurde ... vorgeschlagen, dass die NATO zur Sicherheit der Schifffahrt und zur friedlichen Entwicklung der Schwarzmeerregion ein eigenes Schwarzmeerkommando mit ständiger Präsenz von zwei Marinegruppen unter Beteiligung von Bulgarien, Rumänien, der Türkei und der Ukraine schaffen sollte. Eine der Marinegruppen soll mit Patrouillenschiffen für die Sicherheit der Schifffahrt verantwortlich sein, die andere soll mit Minensuchbooten die Minenräumung im Schwarzen Meer voranbringen... Mit der ausgeweiteten Nutzung des Schiffsreparatur- und Schiffbaupotentials Rumäniens kann die Kampffähigkeit der Seestreitkräfte der Ukraine und anderer Staaten der Region bedeutend verstärkt werden.“ (freiheit.org, 18.4.23)

Gegen wen, ist keine Frage: Russland hat in Sewastopol auf der Halbinsel Krim seit dem 18. Jahrhundert den Stützpunkt seiner Schwarzmeerflotte. Dass die NATO neben der Türkei die beiden ehemaligen Ostblockstaaten Rumänien und Bulgarien schon länger in ihr Bündnis eingegliedert und aufgerüstet, Georgien auch ohne offiziellen Beitritt eine militärische Perspektive eröffnet und in der Ukraine einen zu allem entschlossenen Stellvertreter im laufenden Seekrieg hat, erweist sich nun als gute Voraussetzung, das Projekt NATO-Sicherheit im Schwarzen Meer entschieden voranzubringen. Der ukrainische Außenminister Kuleba spricht den Klartext zu den schon länger betriebenen und nun verstärkten Anstrengungen des Westens aus: „Es ist an der Zeit, das Schwarze Meer in das zu verwandeln, was die Ostsee geworden ist – ein Meer der NATO.“

US-Sanktionen gegen die IIB: ein Angriff auf die Sonderrolle Ungarns

Die ungarische Regierung besteht auf ihrem Interesse an Öl- und Gaslieferungen aus Russland und einigt sich mit der russischen Führung darauf, „dass der Energieriese Gazprom zusätzliches Gas über die in einem langfristigen Abkommen vereinbarten Mengen hinaus liefern könne“. Damit widersetzt sie sich der antirussischen Linie der EU, deren Kritik sie vorauseilend begegnet: Der Regierungssprecher „warnte die EU-Kommission davor, die ungarischen Zusatzverträge mit Moskau nicht zu genehmigen“. Ungarn besteht also weiterhin auf seiner Sonderrolle im Wirtschaftskrieg gegen Russland. Den trägt es zwar mit, aber nur mit Ausnahmeregelungen, die seine nationalen Kalkulationen mit Russland berücksichtigen. Als EU-Mitglied mit Veto-Recht kann Ungarn, sehr zum Missfallen der europäischen Partner, seine souveränen Berechnungen auch glatt durchsetzen.

Die Führungsmacht der westlichen Kriegsallianz kann die Sonderrolle Ungarns dagegen ganz anders bekämpfen: Das US-Finanzministerium nimmt die IIB ins Visier (Entwicklungsbank der Nationen des ehemaligen Ostblocks, 2019 auf Einladung Orbáns von Moskau nach Budapest verlegt, mit Ungarn als einzig verbliebenem EU- und NATO-Land, nachdem sich Tschechien, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien nach Kriegsbeginn aus der Bank zurückgezogen hatten). Es „stuft die IIB als Risiko ein und bringt sie mit Spionageaktivitäten und Geldwäsche in Verbindung“. Grund genug, das Sanktionsregime gegen Russland auszuweiten, Konten und Guthaben von Institutionen und Personen der IIB-Mitglieder einzufrieren und darüber Russlands Zugang zum internationalen Finanzsystem weiter einzuschränken. Dass sich die Sanktionen nicht nur gegen Russland, sondern auch und insbesondere gegen Ungarn richten, das erläutert der US-Botschafter in Ungarn auf seine diplomatische Weise: „Diese undurchsichtige Kreml-Plattform im Herzen Ungarns bedroht die Sicherheit und Souveränität des ungarischen Volkes, seiner europäischen Nachbarn und seiner NATO-Verbündeten.“ Die USA nutzen ihre Kontrollmacht über den globalen Finanzkapitalismus und die Angewiesenheit der in der IIB versammelten Partner Russlands auf einen freien Zugang zum amerikanischen Finanzmarkt, um diese zur Beendigung ihrer Entwicklungskooperation und zum Einschwenken auf die amerikanische Feinddefinition zu erpressen. Sie erklären die IIB zu einem Angriff auf die „Souveränität des ungarischen Volkes, seiner europäischen Nachbarn und seiner NATO-Verbündeten“ und stellen mit der einseitig vollzogenen Vollstreckung dieser Verurteilung praktisch klar, dass die ungarische Souveränität ihrer Definitionshoheit untergeordnet ist.

Der Staatschef Orbán nimmt zur Kenntnis, wie die Sanktionen gemeint sind:

„‚Wir haben den Sanktionen [gegen Russland] nie zugestimmt, aber wir bestreiten niemandem das Recht, einschließlich des der Vereinigten Staaten, Sanktionen zu verhängen, wenn sie es für richtig halten.‘ ... Die USA hätten ‚ihren Plan, alle in ein Kriegsbündnis zu quetschen, nicht aufgegeben‘, ein Schritt, gegen den sich Ungarn – das keine Waffen an die Ukraine liefert – wehren würde, sagte Orbán.“

Der amerikanische Plan wird mit einer öffentlichen Beschwerde über den erpresserischen „Druck“ beantwortet. Weil Ungarn dem nicht auskommt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich aus der IIB zurückzuziehen, nicht ohne zu unterstreichen, dass es sich nicht einfach beugen wird. Es wird der militanten Allianz des Westens – aus deren Perspektive betrachtet – als ein viel zu eigenmächtiger Störfall erhalten bleiben.

Polens Premierminister Morawiecki auf Staatsbesuch in USA

Der polnische Ministerpräsident trifft sich mit Kamala Harris, Vizepräsidentin der USA. Bei dieser Gelegenheit betont Morawiecki, dass Warschau Washingtons entscheidender europäischer Verbündeter ist, und beruft sich auf die strategische Rolle, die Polen im Stellvertreterkrieg gegen Russland innehat: Als Aufmarschgebiet an der ukrainischen Grenze mit annähernd 11 000 stationierten US-Soldaten, als logistische Drehscheibe und Waffen-Transitland, Wartungszentrum und Ausbildungszentrum [1] befeuert es die Kampfkraft der ukrainischen Streitkräfte gegen den russischen Feind, sodass nach den Worten des polnischen Premiers „am Ende nur der vollständige Sieg der Ukraine über Russland stehen kann“ (Politico).

In diesem antirussischen Sinn stellt Morawiecki die nationale Agenda vor, Polen zur führenden militärischen Macht in Europa aufzurüsten. Dafür gibt er erstens die Bestellung von 250 Abrams-Panzern und 32 F-35 Kampfbombern aus US-Produktion sowie die Lieferung von K2-Kampfpanzern und K9-Thunder-Panzer-Haubitzen aus Südkorea bekannt, lässt Europas Führungsnationen bei diesem Aufrüstungsprogramm also tendenziell außen vor. Zweitens soll die Truppenstärke der polnischen Armee auf 250 000 Soldaten innerhalb weniger Jahre verdoppelt werden. Drittens denkt der Premier über den bloßen Kauf von neuen Gewaltmitteln hinaus: „Mehr US-Investitionen ... auch in der Verteidigungsindustrie“ (Politico) sollen den Aufbau eines eigenständigen polnischen militärisch-industriellen Komplexes in die Wege leiten. [2]

Mit diesem militärischen Aufbruchprogramm und ihrer Rolle als NATO-Frontstaat beansprucht die polnische Republik eine politische Stellung, die aus der feststehenden doppelten Abhängigkeit von USA und EU einen doppelten Vorteil machen will. Militärisch und ökonomisch von den USA und der EU ausstaffiert und deshalb auch auf sie angewiesen will Polen seine so geschaffene Unentbehrlichkeit für eine alternative Europapolitik ausnützen, die sich nicht auf Antirussismus beschränkt:

„Polen ist bereit, ein Schlüsselelement des postimperialistischen Europas zu werden. Unser Land ist gleichermaßen proamerikanisch und proeuropäisch, was uns in eine einzigartige Position versetzt, um die transatlantische Zusammenarbeit zu fördern. Ich sehe keine Alternative, und wir sind hier absolut auf einer Wellenlänge, ein noch engeres Bündnis mit den Amerikanern aufzubauen. Es reicht nicht aus, Russland zu besiegen.“ (Morawiecki, 18.2.23)

Entsprechend diesem anspruchsvollen Zweck, sich für die Weltmacht Nr.1 zur ersten Adresse für amerikanische Interessen in Europa zu machen, kündigt der Ministerpräsident ein ehrgeiziges Programm zur Neuausrichtung eines von Russlands Imperialismus befreiten Europas an. Gemäß der Devise ‚antirussisch ist proamerikanisch ist postimperialistisch europäisch‘ wird die bisherige Räson der EU und damit die Hegemonie der Trias Brüssel, Berlin, Paris prinzipiell in Frage stellt: „Anstatt eine strategische Autonomie von den Vereinigten Staaten aufzubauen, schlage ich eine strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten vor“, die von Frankreich mit seinem notorischen ‚weg von den USA‘ und Deutschland mit seiner leidigen Russlandfreundlichkeit bislang ständig hintertrieben worden sei:

„‚Das alte Europa hat an ein Abkommen mit Russland geglaubt, und das alte Europa ist gescheitert‘, sagte Morawiecki in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris. ‚Aber es gibt ein neues Europa – ein Europa, das sich daran erinnert, was der russische Kommunismus war. Und Polen ist der Anführer dieses neuen Europas.‘“ (Politico)

Das Vorantreiben des Kriegs in der Ukraine mithilfe der unverbrüchlichen transatlantischen Waffenbrüderschaft ist also für Polen die beste Gelegenheit, unter Verweis auf seine Leistungen die eigene Stellung und damit die Machtverhältnisse innerhalb Europas und der NATO zu seinen Gunsten und zum Nachteil der zwei europäischen Führungsmächte zu verschieben.

Von den guten Sitten im Krieg I: Gefallenen- und Gefangenenaustausch

Das Osterfest bringt Hoffnung und einen Neubeginn für 200 ukrainische und russische Soldaten, die im Rahmen eines Gefangenenaustauschs aus feindlichem Gewahrsam die Heimreise antreten dürfen. Dass diese Soldaten nicht in den Händen des Feindes als lebende Kriegsbeute die ganze Rache der feindlichen Nation zu spüren bekommen, verdanken sie der Selbstverpflichtung der kriegführenden Staaten auf die Genfer Konventionen. Die schließen eine ‚menschenwürdige Behandlung‘ von Gefangenen ein, die durch Entwaffnung und Inhaftierung ihre Funktion als Waffe des Feindes verloren haben. Als solche unschädlich gemacht und aus dem Dienst im staatlichen Gewaltauftrag ausgeschieden, erhalten sie als Kriegsgefangene einen neuen völkerrechtlichen Status, der sie den üblichen Brutalitäten des Soldatenhandwerks entzieht. Mit ihrem Folter- und Hinrichtungsverbot gegenüber Gefangenen bestehen die Staaten darauf, dass ihre Soldaten bloß das Menschenmaterial sind, das sie im Sinne ihres politischen Gewaltbedarfs einsetzen, ihr Vernichtungswille gegen die Soldaten des Feindes nicht denen persönlich gilt, sondern auf den Kriegswillen und die Kriegsfähigkeit ihres Dienstherren, also auf ihr politisches Gegenüber zielt.

Was heißt da also schon ‚bloß‘? Sie sind mit Leib und Leben die menschliche Verfügungsmasse der Kriegsparteien, die sich in ihren Verhandlungen wechselseitig das Eigentumsrecht an ihrem Soldatenpersonal zuerkennen und mit ihm als menschlichem Pfand gemäß ihren politischen Berechnungen hantieren. Dass sie über einen Austausch von Gefangenen nach Abbruch aller sonstigen diplomatischen Beziehungen direkt miteinander verhandeln, gilt als ziviler Hoffnungsschimmer mitten im Krieg, und weil die Menschen als Material für die staatliche Selbstbehauptung im Krieg herhalten müssen, als Dienst an ihnen und Akt staatlicher Humanität. Den Staaten bietet der Gefangenenaustausch eine Gelegenheit, sich als Schutzmacht ihrer Völker zu inszenieren, die sie im Krieg so gnadenlos für ihre politischen Zwecke verheizen.

Diesem staatlichen Eigentumsrecht an seinem Menschenmaterial und dessen Funktionalität für die politische Führung setzt selbst der Tod der Soldaten kein Ende. Die Kriegsparteien tauschen neben den Gefangenen auch noch Leichen aus. Im Kampf um ein geeintes ukrainisches Volk ist es sich sein politischer Oberbefehlshaber schuldig zu versichern, dass sich die nationale Führung jedem Einzelnen verpflichtet fühlt, den sie an die Front geschickt hat: „Wir erinnern uns an alle. Wir werden jeden einzelnen von ihnen zurückbringen.“ Die staatliche Führung erweist den Gefallenen als Märtyrern der Verteidigung der ukrainischen Nation die letzte Ehre; und in einem andächtig-feierlichen Zeremoniell in heimischer Erde begraben, beglaubigen die Toten mit der Opferung ihres Lebens als höchstem individuellem Dienst am Vaterland, dass die nationale Sache, für die sie gestorben sind, jedes Opfer wert ist. Mit dieser wechselseitigen Ehrerbietung zelebriert der Staat das unverbrüchliche Treueverhältnis zwischen Volk und Führung, das über den Tod hinausreicht, und preist den unbeirrbaren Kriegswillen seiner nationalen Selbstbehauptung mit den Opfern, die er schafft. In diesem letzten Akt zur Pflege der Kriegsmoral seines Volkes fallen die politische und die menschliche Seite wieder zusammen, als Angebot an die Hinterbliebenen, in der vaterländischen Sinnstiftung bezüglich des Todes ihrer Angehörigen Trost zu finden.

Von den guten Sitten im Krieg II: Enthauptungsvideo

Getötet wird im Ukraine-Krieg reichlich. In diesem Handwerk werden Soldaten schließlich ausgebildet und trainiert, damit sie im kriegerischen Ernstfall der Verteidigung der Sicherheit ihres Vaterlandes möglichst schnell, möglichst viele der feindlichen Kämpfer töten, bevor sie selbst getötet werden. Beide Kriegsparteien bilanzieren ihre Fortschritte und Erfolge im Kriegsverlauf in der Zahl der getöteten feindlichen Soldaten und ehren diejenigen, die sich dabei als besonders tapfer erwiesen oder besonders lange durchgehalten haben. Manch ein Tötungsdelikt gehört sich allerdings auch mitten im Krieg nicht, bestimmte Brutalitäten sind im Sinne der Genfer Konvention als Kriegsverbrechen geächtet und haben deswegen das Zeug zum Skandal:

„In der Nacht war in sozialen Netzwerken ein Video aufgetaucht, das zeigen soll, wie ein mutmaßlich ukrainischer Kriegsgefangener durch einen wohl russischen Soldaten enthauptet wird.“

Das ist nicht nur für die Öffentlichkeit brisantes Material, sondern auch für die staatliche Justiz. Beide Kriegsparteien sehen sich nämlich verpflichtet, ihre zwischenstaatlichen Gewaltexzesse im Rahmen von völkerrechtlichen Normen abzuwickeln, die zwischen dem zweckmäßigen Einsatz staatlicher Gewalt, also einer Normalität von Grausamkeiten, und unzweckmäßigen privaten Gewaltexzessen ihrer Soldaten scheiden. Bei letzteren haben die staatlichen Kriegsherren es mit einer Verrohung ihres ausführenden Personals zu tun, die offenbar zum Krieg dazugehört.

Die Soldaten müssen pflichtbewusst, also unter Einsatz ihres Lebens und trotz der zugehörigen Todesangst den Befehlen der Führung bedingungslos gehorchen und zu allen befohlenen Grausamkeiten bereit sein, die sich im zivilen Leben verbieten und für die sie privat gar keinen Grund haben. Sie müssen sich den staatlichen Tötungsauftrag zu eigen machen und dieses Gewalthandwerk zugleich mit einer derartigen Professionalität exekutieren, dass sie persönliche Racheakte an Gefangenen oder sonstige, nicht befehligte Gräueltaten unterlassen. Ohne ein Bild vom bösen Feind, der Kameraden umbringt und die eigene Familie bedroht, kommt die Brutalität, Fremde zu töten, kaum aus, und der Krieg liefert dafür auch reichlich persönliche Erfahrungen, die manch einem Soldaten neben der ideologischen Aufhetzung durch die Führung noch ein privates Motiv nachreichen. Private Übergänge sind mit dieser staatlichen Zumutung an sein Gewaltpersonal angelegt, deswegen auch im Sinne der Disziplin der Truppe verboten und werden von der Militärjustiz geahndet.

So leitet auch in diesem Fall die russische Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen ein, besteht so gegenüber dem Rest der Welt auf seiner Zuständigkeit für sein Gewaltpersonal und ermittelt, ob dieses – gleich ob Soldat oder Wagner-Söldner – wirklich nur im staatlichen Auftrag Ukrainer umbringt. Auch die ukrainische Seite ermittelt in diesem Fall, um einen weiteren Beleg für die geforderte weltpolitische Ächtung des russischen Militäreinsatzes als einer von jeglicher politischer Zwecksetzung befreiten Ausgeburt des Bösen zu präsentieren. Für diese vom Westen geteilte politische Botschaft reicht freilich auch der Verdacht: „Falls sich dieses Video als authentisch erweisen sollte, dann haben sich russische Soldaten damit in eine Reihe gestellt mit dem islamischen Staat, was wir alle weltweit verurteilen sollten.“ (Petr Pavel, Präsident Tschechiens, 12.4.23) Die hiesige Öffentlichkeit will von dem Beweis der „Authentizität“ des Videos, dessen „Echtheit noch nicht verifiziert werden kann“, sowieso nichts abhängig machen: „Es braucht keine neuen Videobeweise für die russische Brutalität.“ (rnd, 13.4.23)

China-Reisen II: Brasiliens Präsident Lula

Nicht nur die Chefs der westlichen Führungsmächte geben sich in China die Klinke in die Hand, auch der brasilianische Präsident Lula reist nach Peking. Dass die USA ihre Forderung nach Parteinahme seit Beginn des Ukraine-Krieges für alle diplomatischen Beziehungen weltweit zum Prüfstein auf Respekt vor ihrem Weltordnungsmonopol machen, greifen ambitionierte Staatenlenker wie Lula, der seiner Diplomatie weltpolitisch Geltung verleihen will, offensiv auf: Schon im Vorfeld seiner Reise verurteilt er alle am Ukraine-Krieg beteiligten Parteien, prangert mangelnde Kompromissbereitschaft auf russischer wie ukrainischer Seite an, fordert aber insbesondere die westlichen Unterstützer auf, ihrer militärischen und wirtschaftspolitischen Eskalation des Krieges umgehend ein Ende zu setzen: „Die USA müssen aufhören, den Krieg zu schüren, und anfangen, über Frieden zu reden.“ Die EU auch. Seinen Einfluss auf die restlichen BRICS-Partner nimmt er selbstbewusst als Auftrag an Brasilien, sich als Vermittler über den Weltkonflikt zu stellen, anstatt sich den westlichen Ansprüchen gemäß unter ihn subsumieren zu lassen. Dafür will Lula eine „G20 des Friedens“ initiieren, was wiederum nur auf „Grundlage einer ‚neuen Weltordnung‘ ohne Vorherrschaft der USA erfolgen könne“. Der Konter sitzt und wird von dem Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, dergestalt quittiert, dass man Lulas „zutiefst problematische“ Äußerungen schlicht nicht für voll nehmen könne:

„In diesem Fall plappert Brasilien russische und chinesische Propaganda nach, ohne sich überhaupt die Fakten anzuschauen.“

Wie ernst es ihm mit der Vision einer neuen multipolaren Weltordnung ist, unterstreicht Lula mit dem eigentlichen Zweck seiner Reise: Mit China, dem wichtigsten Handelspartner und Investor Brasiliens, treibt er die bilateralen Handelsbeziehungen voran und bringt mit einer Delegation aus Wirtschaftsfunktionären Deals in Milliardenhöhe auf den Weg, die die beiden Wirtschaftsmächte direkt in ihren eigenen Landeswährungen – unter Umgehung der universellen Dollar-Weltwährung – abwickeln wollen. Und im Verbund mit seinem chinesischen BRICS-Partner geht Lula wirtschaftspolitisch gegen die Vorherrschaft der USA über den globalen Kapitalismus noch weiter in die Offensive:

„In China erklärte er, dass die BRICS-Staaten – also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – endlich den Dollar als Währung aufgeben sollten. Die BRICS-Bank New Development Bank will er als Alternative zum Internationalen Währungsfonds stärken, der die Entwicklungsländer mit seinen Auflagen gängle. Das IT-Unternehmen Huawei besuchte er in China, um zu demonstrieren, dass Brasilien keine Vorurteile gegen das chinesische Volk habe und sich von niemandem vorschreiben lasse, welche Technologie man einsetze.“ (NZZ, 18.4.23)

Mit diesem antiamerikanischen Affront im Schulterschluss mit China kontert der neue, alte Präsident Brasiliens den westlichen Anspruch auf Unterordnung unter seinen Wirtschaftskrieg gegen Russland, den dieses ambitionierte Schwellenland nicht auf Kosten seines nationalen Wachstums mittragen will – Brasilien bezieht unter anderem den Großteil der Düngemittel für seine führenden Weltmarktunternehmen auf dem Agrarsektor aus Russland und hat die Importe seit Beginn des Krieges weiter gesteigert.

Brasilien und China betätigen sich als Vorreiter einer selbstbewussten Strategie der Schwellenländer, mit der Drangsal, die das westliche Sanktionsregime für diese Länder bedeutet, fertig zu werden. Die westlichen Ansinnen und Drohungen bezüglich ihrer Teilhabe am Weltmarkt stacheln sie im Verbund dazu an, das Projekt einer Emanzipation vom dollardominierten Weltmarkt und seinem institutionalisierten Finanzregime weiter voranzutreiben und sie fordern die anderen einschlägig betroffenen Staaten des „globalen Südens“ dazu auf sich ihnen anzuschließen. Vor dem BRICS-Gipfel 2023 in Südafrika haben schon mal 19 weitere Staaten ihr Interesse an einer Mitgliedschaft an dem Verbund bekundet.

MiG-29-Genehmigung

Kaum ein Jahr ist es her, da galt im westlichen Bündnis das Liefern von Kampfflugzeugen als heikle Grenzüberschreitung von der bloßen Unterstützung der hilfsbedürftigen Ukraine zum direkten Kriegseintritt und wurde den damals schon lieferwilligen Polen untersagt. Mitte April kann der deutsche Verteidigungsminister nicht genug betonen, wie prompt und umstandslos seine Regierung die Genehmigung zur polnischen Lieferung durchgewunken hat: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir unseren polnischen Partnern die Lieferung von fünf MiG-29 aus ehemaligen NVA-Beständen an die Ukraine zusagen können. Der Antrag ging erst heute bei uns ein. Ich begrüße, dass wir in der Bundesregierung gemeinsam diese Entscheidung erzielt haben. Das zeigt: Auf Deutschland ist Verlass!“ (bmvg.de, 14.4.23) Der Sache nach stärkt die Lieferung die Potenz der Ukrainer, russischen Luftangriffen etwas entgegenzusetzen, bei der beabsichtigten Gegenoffensive hilft es ihnen, den Vorstoß eigener Truppen abzusichern, hebt also die Unterstützung des Stellvertreters auf das qualitativ nächste Level.

Genau das leugnet Pistorius ab, und zwar mit Argumenten, die der Sache nach die diplomatische Fassung einer Zumutung sind: Sie stehen für den permanenten Test darauf, wie viel Eskalation bei der Bewaffnung der Ukraine Russland noch toleriert. In der Sache würde sich nichts ändern und für eine wirkliche Eskalation wäre die deutsche Regierung mit ihrem Waffenarsenal ohnehin nicht zuständig: Er stellt klar, dass die Entscheidung „keinen Kurswechsel bei westlichen Kampfflugzeugen“ einleitet, weil dem Entschluss ausschließlich pragmatische Überlegungen zugrunde liegen:

„Es geht um MiGs, weil die unmittelbar eingesetzt werden können bei den ukrainischen Streitkräften, weil sie bekannt sind, weil sie sofort geflogen werden können, weil sowohl Unterhaltung als auch Instandsetzung und Wartung quasi reibungslos und übergangslos möglich sind... Das gilt alles für westliche Flugzeuge, insbesondere solche, die wir in Deutschland haben, nicht. Von daher stellt sich diese Debatte für uns nicht.“ (Merkur, 14.4.23)

Auch von anderen Stellen der Bundesregierung wird bekräftigt, dass dieser Fortschritt in der Kriegsunterstützung nichts mit dem Überschreiten von irgendwelchen roten Linien zu tun hat, weil damit ja bloß eine Wiederherstellung des Status quo bewirkt wird:

„Bei den MiG-29 hegt sie [die Regierung] nach SZ-Informationen keine Bedenken, da diese keine modernen Jets westlicher Bauart seien und die ukrainische Armee mit diesen Maschinen lediglich ihre Bestände wieder auffülle. Ihre Ausstattung werde daher qualitativ nicht verändert, so die Argumentation in Berlin.“ (sueddeutsche.de, 13.4.23)

Orthodoxer Kirchenstreit

Der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), deren Hauptsitz sich im Mariä-Entschlafens-Höhlenkloster zu Kiew befindet, wurde zum März vom irdischen Besitzer dieser hochheiligen Stätte der christlichen Orthodoxie der Pachtvertrag gekündigt. Der bis letztes Jahr noch offiziell dem russischen Patriarchat zugeordneten Kirche steht es einfach nicht zu, an diesem offensichtlich nicht nur religiös so bedeutsamen Ort zu residieren. Denn:

„Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj und seine Regierung beschuldigen die UOK seit Monaten, weiter mit Moskau zu kollaborieren. Ukrainische Gerichte verurteilten mehrere Priester der Kirche zu hohen Haftstrafen, unter anderem wegen Spionage für Russland. Insgesamt eröffnete die Ukraine Strafverfahren gegen etwa 60 Geistliche der UOK. Selenskyj erkannte mehreren ihrer Bischöfe die ukrainische Staatsangehörigkeit ab. Die meisten von ihnen arbeiten in von Russland besetzten ukrainischen Regionen.“ (domradio.de, 11.3.23)

Ende 2022 hat die Regierung außerdem ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem diese Kirche überhaupt verboten werden soll, die bisher ärgerlicherweise immer noch die meisten Gemeinden in der Ukraine hat.

Die vielen Gläubigen, sofern sie sich nicht selber den Verdacht zuziehen, sich als der kirchliche Feind im Inneren zu betätigen, als den der Staat ihre Kirche verfolgt, werden von der Regierung aber nicht abgeschrieben. Sie sollen sich der vom Staat auf Basis zweier Konfessionen, die sich schon 1992 von der Kirche des russischen Patriarchats abgespalten haben, mitgegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) zuordnen. Die darf Ostern dieses Jahr zum ersten Mal in der Hauptkirche des Höhlenklosters feiern und soll künftig die Kirche des „teuflischen Staats“ (Selenskyj, Vor-Oster-Videobotschaft) bzw. die „Moskauer Kirche“, also die „künstlichen Gebilde, die einst außerhalb der Gesetze der Ukraine geschaffen wurden“ (Oleksij Danilow, Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrates), ganz ersetzen.

Diese paar Hinweise von öffentlicher Seite lassen tief blicken – darauf, wie die ukrainische Staatsführung ihren Krieg, ihren Feind und ihr Volk definiert. Die führt zwar erst einmal einen sehr irdischen Abwehrkampf gegen einen fremden Invasor; der bestreitet ihr das Recht, ihre Hoheit über den ganzen von ihr beanspruchten und völkerrechtlich anerkannten territorialen Besitzstand auszuüben. Für die fällige Abwehr und Rückeroberung wird das Volk mobilisiert und in den Kampf geschickt, auf dass dieser herrschaftliche Anspruch wieder in seiner ganzen Reichweite wahr wird.

Das ist aber längst nicht alles – und für das, worum es der ukrainischen Staatsgewalt geht, ist die Rede von ‚teuflischer Kirche‘ durchaus passend. Der Abwehrkampf der ukrainischen Gesellschaft soll ihr ja gewissermaßen selbst den Teufel austreiben: Gerade durch den Krieg mit Russland soll sie endlich wieder bzw. erst so richtig bzw. ein für allemal voll und ganz zu sich finden. Und wenn die ukrainische nationale Identität schon vor allem den Inhalt hat, dass dieser im Krieg geborene freie Staat jedes Opfer seiner Insassen wert ist und vom Blut seiner Märtyrer lebt, dann ist eine wie auch immer prorussische Kirche nicht bloß ein Hort möglicher Illoyalität, sondern böse.

[1] „Weiter strebt Morawiecki an, in Polen zentrale Elemente der Logistik für den Ukraine-Krieg zu etablieren: ein Wartungszentrum für ‚Abrams‘-Panzer für ganz Europa, ein ebensolches für die F-35 sowie eine Produktion von panzerbrechender Munition mit krebserzeugendem abgereichertem Uran.“ (junge Welt, 14.4.23)

[2] „Angesichts des russischen Kriegs gegen das Nachbarland Ukraine investiert Polen in seine Rüstungsproduktion. Der Staat werde dem Konzern Huta Stalowa Wola umgerechnet rund 125 Millionen Euro an Mitteln zur Rekapitalisierung zur Verfügung stellen. Das sei nur die erste Tranche. Weitere dreistellige Millionenbeträge sollen demnach folgen. ‚Wir schaffen ein neues, gewaltiges Produktionspotenzial in unserem Land‘, sagte Morawiecki.“ (yahoo.de, 15.2.23)