§ 3
Die Unterwerfung fremder Nationen unter die Bedürfnisse des Kapitals - Kapitalexport
Die Überwindung der mit dem Handel gegebenen bzw. erzeugten Schranken - Zerstörung unbrauchbarer Produktionsweisen

Wenn der imperialistische Staat im auswärtigen Handel seiner Wirtschaft Vorteile verschafft, so erfährt er an den ökonomischen Anliegen und Potenzen der anderen Staaten seine Schranken. Der Weltmarkt bewährt sich als Mittel der Bereicherung des nationalen Kapitals nur in dem Maße, wie es die anderen Nationen, die auf ihren Nutzen aus sind, zulassen. So verläuft die Konkurrenz als beständige Serie von Vereinbarungen und deren Bruch bzw. Korrektur. Ob die Aufkündigung der laufenden Beziehungen in der Form des Unwillens (währungspolitische und protektionistische Hemmnisse) oder in der des Unvermögens (Schwinden von Angebot bzw. Zahlungsfähigkeit) erfolgt, ergibt sich aus den ökonomischen Grundlagen der geschädigten Nation, welche auch über den Fortgang des Abhängigkeitsverhältnisses entscheiden. Die bedingte Brauchbarkeit der Partner ist dem imperialistischen Staat Anlaß, die Notwendigkeiten, denen sich die fremden Mächte ausgesetzt sehen, auszunützen. Sie werden mit ihrem Willen zur Fortführung ihrer Herrschaft, für die ein Funktionieren der ökonomischen Grundlage unerläßlich ist, erpreßt. Und zwar mit dem Angebot der Hilfe und weitergehenden Zusammenarbeit bei Maßnahmen, welche die Volkswirtschaft in ihrer Produktion zurichten als Mittel für die Bedürfnisse des Weltmarkts.

Aus dem Buch
1979, 2014, 2022 | 102 Seiten | 10 €  Zum Warenkorb
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Länder und Abkommen
Gliederung

§ 3
Die Unterwerfung fremder Nationen unter die Bedürfnisse des Kapitals - Kapitalexport:
Die Überwindung der mit dem Handel gegebenen bzw. erzeugten Schranken - Zerstörung unbrauchbarer Produktionsweisen

Wenn der imperialistische Staat im auswärtigen Handel seiner Wirtschaft Vorteile verschafft, so erfährt er an den ökonomischen Anliegen und Potenzen der anderen Staaten seine Schranken. Der Weltmarkt bewährt sich als Mittel der Bereicherung des nationalen Kapitals nur in dem Maße, wie es die anderen Nationen, die auf ihren Nutzen aus sind, zulassen. So verläuft die Konkurrenz als beständige Serie von Vereinbarungen und deren Bruch bzw. Korrektur. Ob die Aufkündigung der laufenden Beziehungen in der Form des Unwillens (währungspolitische und protektionistische Hemmnisse) oder in der des Unvermögens (Schwinden von Angebot bzw. Zahlungsfähigkeit) erfolgt, ergibt sich aus den ökonomischen Grundlagen der geschädigten Nation, welche auch über den Fortgang des Abhängigkeitsverhältnisses entscheiden. Die bedingte Brauchbarkeit der Partner ist dem imperialistischen Staat Anlaß, die Notwendigkeiten, denen sich die fremden Mächte ausgesetzt sehen, auszunützen. Sie werden mit ihrem Willen zur Fortführung ihrer Herrschaft, für die ein Funktionieren der ökonomischen Grundlage unerläßlich ist, erpreßt. Und zwar mit dem Angebot der Hilfe und weitergehenden Zusammenarbeit bei Maßnahmen, welche die Volkswirtschaft in ihrer Produktion zurichten als Mittel für die Bedürfnisse des Weltmarkts.

  1. Wo der Handel die koloniale Vorgeschichte darin vollendet hat, daß die Finanzierung der herrschenden Klasse und eines Staatsapparates der Preis für die Überlassung der natürlichen Reichtümer gewesen ist, lautet das Rezept für die drohende Unbrauchbarkeit Entwicklungshilfe.
  2. Wo der Krieg die Konkurrenz der imperialistischen Staaten dahingehend entschieden hat, daß in Europa neben einer besiegten nur ruinierte Industrienationen ihre Verluste zählten, ist es den USA - die als einzige akkumulationsfähig geblieben waren - eine süße Verpflichtung gewesen, der auswärtigen Akkumulation wieder auf die Sprünge zu helfen. Sie haben ihrem Kapital eine Sphäre der Akkumulation erschlossen, indem sie den ihnen genehmen Souveränen eine neue oder renovierte Zirkulation kreditierten. Seither ist die Außenwirtschaft ein einziger Beweis dafür, daß der Weltmarkt ein dauerhaftes Mittel nicht für die Nation ist, deren Kapital auf ihn angewiesen ist, sondern für die, welche ihn für ihr Kapital einrichtet (was selbstredend die Nutznießung der aufgelösten Kolonialreiche einschließt). Da sich der Vorteil der so entwickelten Handelsnationen angesichts der bleibenden Omnipräsenz des Dollar-Kapitals als ein relativer erweist, überwinden sie die Schranken eines gemeinsamen Marktes durch die Internationalisierung der Geschäftstechniken, die sich im Innern der Nationen längst als Waffe des Kapitals bewährt haben: der Zusammenschluß von Kapital befähigt mit der Größe des eingesetzten Vermögens die Beteiligten zu neuen Leistungen im Konkurrenzkampf. Was für die einzelnen Nationen herausspringt, wenn sämtliche Produktionsfaktoren mobil sind und multinationale Konzerne den Vergleich von Kostpreis und Marktpreis praktizieren, hängt von den Konditionen ab, die die Bündnispartner ihren ausländischen Freunden abzuhandeln in der Lage sind. Gegenstand des Streits sind hier der Standort des Unternehmens, die Besteuerung, Besonderheiten im Umgang mit dem Arbeiter und seinen Gewerkschaften - kurz: die wirtschaftspolitischen Erfordernisse und Konzessionen an die Rentabilität, also auch sämtliche Bedingungen des Marktes, welche zwischen den beteiligten Nationen und gegenüber Dritten gelten sollen.
  3. Wo die Staatshandelsländer aufgrund der Schwierigkeiten bei der effektiven Akkumulation von verstaatlichtem Kapital ihr weitgehendes Nein zum Weltmarkt lockern, um die "wissenschaftlich-technische Revolution" doch noch zu bemeistern, treten die imperialistischen Länder bereitwillig als Beender des "kalten Krieges" auf. Auch hier eignet sich das Kapital in Form von Kredit vorzüglich zu seiner exterritorialen Vermehrung, da die staatssozialistische Weise der Ausbeutung ihrer Finanzierung durch westliche "Monopole" keineswegs widerspricht und die Konditionen des Handels sich so laufend liberalisieren.

Entsprechend den Dialogen und ihren Ergebnissen, den imperialistischen Anträgen und der Widerstandskraft auswärtiger Mächte erweitern sich die Kriterien, nach denen sich die Welt aufteilt: verschiedene Formen der politischen Herrschaft werden an ihrer Brauchbarkeit, daher auch an den Menschenrechten gemessen.

a) Die Verwendung der Völker für die weltweiten Anliegen des nationalen Kapitals

Weil die Praktiken des internationalen Handels der Garant dafür sind, daß der mit ihnen verfolgte Nutzen erlischt, darf es beim "bloßen" Handel nicht bleiben. Für den positiven Effekt will etwas getan sein, denn nicht die Ruinierung anderer Staaten ist der Zweck, sondern ihre Ausnützung. Die Opfer müssen tauglich bleiben, und da hier Nationalisten - also Patrioten, die das Sagen haben - unter sich sind, wird mancher um seiner Herrschaft willen zum Knecht. Er tut schließlich das Beste für seine Nation, wenn er aufs Wachstum, auf Arbeitsplätze und auf die internationale Geltung achtet. Daß er sich dafür in der Welt des Imperialismus bewähren muß und nicht gegen sie, macht gerade seine Verantwortung aus. Hier ist Wirtschaftspolitik im Bewußtsein der Abhängigkeit verlangt, also gemeinsame: die Staatsmänner sind die Exekutoren der Völkerfreundschaft, und die Gegensätze zwischen ihnen mögen sich noch so sehr "verschärfen"- ihre Sache ist es nicht, sie auszuhalten. Deswegen stehen sie auch den Anstrengungen ihrer Kollegen, aus dem Weltmarkt doch eine nützliche und ziemlich wechselseitige Angelegenheit zu machen, so aufgeschlossen gegenüber. Wenn die Akteure der Geschäfte, die über den Austausch von Waren hinausgehen, damit er weiter funktioniert, ihr geliebtes Volk als Argument ins Feld führen, dann nur um zu demonstrieren, wieviel sie sich erlauben wollen gegenüber dem Rest der Staatenwelt in der Gewißheit, daß die Unbotmäßigkeit des Volkes weder ihnen noch den anderen gelegen kommt. Daß weder ein Campesino noch ein französischer Winzer und auch nicht ein Landwirt aus Siebenbürgen die "Probleme" der Weltwirtschaft zu lösen hat, gilt allen als selbstverständlich. Gerade in Fragen der "internationalen Zusammenarbeit" sind die Politiker allein kompetent und völlig souverän; und was sie ihrem Volk hier wie dort zu berichten haben, erschöpft sich in der Auskunft, daß sie trotz der anderen alles zu seinem Besten regeln.

b) Entwicklungsländer : Souveränität in auswärtigen Diensten

Im Unterschied zu den Leuten, die in südlicheren Breiten hausen, haben die Nationen, zu denen sie zählen, keinen Hunger, sondern Probleme mit ihrer Zahlungsbilanz. Diese Probleme zeigen erstens, daß sie am Umschlag des Reichtums dieser Welt beteiligt sind, aber zweitens mit dem für ihre Partner unbefriedigenden Ergebnis, den Erfordernissen eines ge regelten Austausches nicht recht nachkommen zu können. So erfreuen sie sich der regen Anteilnahme dieser Partner, die ihnen nicht nur einen Zahlungsaufschub gewähren; sie drängen auch darauf, daß die Kreditierung nutzbringend in Anspruch genommen wird, schicken Berater ins Land, die für den Aufbau arbeitsintensiver Industrie mit Rat und Tat bereitstehen. Wenn die billigen Arbeitskräfte dann ihrer Nation was zum Verkaufen hergestellt haben, erklären sich die Länder, die ihre Entwicklung hinter sich haben, zu Zollpräferenzen bereit, halten aber das Einströmen des preiswerten Zeugs auch durch Einfuhrquoten in Grenzen, weil die eigene Wirtschaft ... Wenn umgekehrt ein mit Armut und Schulden reich gesegnetes Land protektionistisch zu Werke geht, wird es massiv daran erinnert, daß es sich seiner Entwicklung nicht verschließen kann. Es darf seine Arbeitskraft und Energie auf diese Weise doch nicht der fremden Benutzung entziehen, also verschwenden. Notfalls werden auch Gastarbeiter importiert, die ihr Heimatland durch Überweisungen beträchtlicher Teile ihres Lohnes mit Geld versorgen, durch welches der Währung geholfen werden kann, das sich aber auch als Kapital verwenden läßt. Selbst zu Investitionen sind großmütige Geldgeber aus den Industrienationen bereit: bei Öl und Bergbau schon immer, da die Versorgung der Weltwirtschaft mit den wichtigen Schätzen unbedingt gewährleistet sein muß. Aber auch für minder kostbare Sachen finden sich stets Interessenten, wie man an den guten Beziehungen mancher Regierung zu den Fruit Companies sehen kann. Die Zahlungsbilanzen der "unterentwickelten" Länder befördern die alten und neuen Initiativen dadurch, daß "ein Markt" geschaffen wird, der es in sich hat. Diese Staaten wälzen die herkömmlichen Produktionsweisen, in denen sich die Menschen recht und schlecht am Leben erhielten, gründlich um; zum Zwecke der Behauptung im internationalen Geschäft, welche den Staatsmännern am Herzen liegt, zwingen sie ihre Gesellschaften, außer den auswärts gewünschten Sachen so gut wie nichts mehr zu produzieren (Monokultur heißt das dann), und berauben die Mehrzahl der Bevölkerung der Existenzgrundlage. Lebensmittel müssen dann in Ländern mit keineswegs miesen natürlichen Bedingungen für ihre Produktion aus- und eingeführt werden, ohne daß sie sich die "Massen" kaufen können. Damit sie mit den wenigen Kreuzern, an die sie herankommen, nicht übermütig werden, treibt ihr Staat eine Geldpolitik der preiswerten Exporte (Inflation als bewußt eingesetztes Mittel, natürlich auf "Anraten" der Partner). Die Regierung kann mit ihren Einnahmen bei den Entwickelten gerade die Geräte kaufen, die für die Aufrechterhaltung der Stabilität notwendig sind, für ihren und der Miliz Lebensunterhalt einiges erstehen, damit auch immer genügend Leute für den Gewaltapparat zur Verfügung stehen, der allein mit der Armut fertig wird. Wegen dieser Armut gibt es bei den Unterentwickelten nämlich manchen Aufstand, der auf die Beseitigung der Regierung zielt und der Unterwerfung des ökonomischen Lebens unter die ausländischen Interessen ein Ende machen will. Die imperialistischen Staaten, gewitzt aus reicher Erfahrung in der Auflösung von Kolonialreichen, wissen zwar ganz sicher, daß auch ein neuer Souverän den Traum von Unabhängigkeit und Reichtum seines Landes nicht verwirklicht; doch die Brauchbarkeit des Partners ist durch den Bürgerkrieg unmittelbar, durch seinen zweifelhaften Ausgang sowieso in Frage gestellt. Schon die Waffen in den Händen der Rebellen beweisen, daß andere Mächte an einer Veränderung des status quo interessiert sind, daß die Neuregelung der Abhängigkeit eine Frage der Konkurrenz ist. Und die belebt bekanntlich das Geschäft: das mit den Waffen, die in "Krisengebieten" so dringend gebraucht werden, und das mit allem anderen Zeug dazu, welches für den "Aufbau" des Landes nach geschlagener Schlacht vonnöten ist. Für die imperialistischen Außenpolitiker steht also die schwierige Entscheidung an, die Seite der kämpfenden Parteien zu unterstützen, von deren Sieg die gedeihlichsten Beziehungen zu erwarten sind; ohne sich Illusionen über die Konkurrenz aus Ost und West sowie über die keineswegs nur gebilligten Ziele und Praktiken der Gegner vor Ort hinzugeben, steht eine aktive Beobachtung der Kämpfe an: also zunächst einmal Maschinengewehre und größeres Gerät für die Regierung, solange die traditionellen Geschäfte noch irgendwie lohnend laufen, fristgemäßes diplomatisches Umschwenken entsprechend dem Verlauf des Gemetzels, schließlich Anerkennung der neuen provisorischen Regierung zum Zwecke der Aufnahme von Beziehungen, durch die der Osten auf jeden Fall, die westlichen Konkurrenten soweit wie möglich ausgeschaltet werden müssen. Die Einflußnahme auf die Ausgestaltung der politischen Herrschaft vollzieht sich über lebhafte diplomatische Reisetätigkeit, hin und her, wobei sich die Gegenspieler der nationalen Szene genauestens über die künftigen Konditionen ihrer Herrschaft informieren können und langsam klare Vorstellungen darüber kriegen, wie sie nach innen auftreten müssen ...

Die Abwandlungen dieses Prinzips imperialistischer Entwicklungshilfe, das sich im Iran ebenso bewährt wie in Nicaragua, Zentralafrika oder Portugal, sind alles andere als ein Beleg dafür, daß es in den Kämpfen von Befreiungsbewegungen oder den anschließenden Regierungsprogrammen um den Sozialismus geht - unter diesem Titel tritt seit der französischen Revolution jede Politik auf, die an der gerade praktizierten etwas ändern will. Schon die Attribute - da gibt es einen afrikanischen, islamischen usw. Sozialismus - machen deutlich, daß auch im praktizierten Anti-Imperialismus die Rettung der Nation höher steht als die Beseitigung des Elends, das der Imperialismus mit Hilfe alter und neuer nationaler Souveräne täglich neu produziert Ohne Geld und Waffen von mindestens einer imperialistischen Macht würde es nämlich keinen jener exotischen Potentaten mit seinem während des Studiums an der Sorbonne ausgedachten Befreiungsprogramm geben; die mehr oder minder geschickten Versuche, aus der Konkurrenz der imperialistischen Länder untereinander und mit der SU etwas herauszuschlagen, enden mit einer unabhängigen Republik, die ganz und gar davon abhängt, wie sehr ihre neuen und gefeierten Führer sie brauchbar machen. Leider verringert sich diese Abhängigkeit auch nicht durch ihre Streuung, die für die andere Seite sehr wohl von Vorteil ist. Und bei zu großen Ansprüchen wird da schnell ein Putsch inszeniert, der klarstellt, daß die "Entwicklungsländer" eben ihrem Begriff nach Mittel des Weltmarkts sind. (Umgekehrt ist es auch nicht bei den Erdöl-Imperien: unfähig, das Öl selbst zu fördern und es zu nützen, werden sie vom Kapital finanziert, um brauchbar zu bleiben - und für übertriebene Ansprüche hat Amerika sogar eine extra Kampftruppe.) Auch die "fortschrittlichen Kräfte" liefern an allen Ecken der Welt den Beweis dafür, daß ein Programm der nationalen Befreiung auf Grundlage einer weder kapitalistisch noch sonstwie entwickelten Ökonomie, unter zynischer Verwendung von billig gedungenen Massen (die weder wissen, wo Moskau noch wo New York liegt), einen Widerspruch darstellt, der sich in Leichen und sonst nichts ausdrückt - zumal die SU weder willens noch ökonomisch in der Lage ist, um etwas anderes mit dem Imperialismus zu konkurrieren als um Einflußsphären. Politische Herrschaft in "Entwicklungsländern" zwingt das niedere Volk unter Lebensbedingungen, die erforderlich sind, um die Nation als Mittel des Imperialismus zu erhalten, woraus sich auch der eigentümliche Charakter der Politik in solchen Staaten ergibt. Und danach, was die Regierungen in dieser Hinsicht leisten, werden sie von den Metropolen aus beurteilt, geduldet, unterstützt oder beseitigt. Schließlich wird der Export des Produktionsverhältnisses, welches Kapital heißt, dadurch lohnend, daß die politischen Verhältnisse sämtliche Produktionsbedingungen billig machen. Bei der Ware Arbeitskraft bedeutet dies, daß das historische und moralische Element, das ihren Wert hierzulande für die Kapitalisten so unangemessen hoch macht, durch die Staatsgewalt gar nicht erst zugelassen wird. Nach der Zerstörung der alten Produktionsweise hat ein Kampf um zivilisatorische Tendenzen nicht stattzufinden, und die Staatsgewalt hat sich darauf zu konzentrieren, die Garantie des Eigentums, den Schutz der Anlagen, die persönliche Sicherheit der Gäste usw. zu garantieren. Sonst verschlechtern sich die Beziehungen ...

c) entwickelte Länder : Internationalisierung der Akkumulation - Konkurrenz und Bündnisse

Die Gegensätze zwischen Nationen mit entwickelter kapitalistischer Produktionsweise eröffnen da schon andere Perspektiven: der Weltmarkt ist ihr Mittel, und als Handelspartner schätzen sie sich wegen der Produkte ihres Kapitals. Die Überwindung von Schwierigkeiten eines Landes mit seiner Zahlungsbilanz ist daher eine Frage der effektiven Anlage von Kapital? und das Interesse an Veränderungen in der Produktion existiert auch beim Partner mit Überschüssen. Ihm liegt nichts daran, daß die vergeigte Währung der anderen Nation den Außenhandel unmöglich macht, die "gewonnenen" Devisen dienen nicht der Vermehrung seines Kapitals, sondern werden immer niedriger gehandelt. Übereinstimmung besteht also zwischen imperialistischen Nationen darüber, daß jede vom Gelingen der Akkumulation beim Partnerland abhängig ist, von der Stärkung der konkurrierenden Nationalökonomien gilt es zu profitieren statt sie unbrauchbar für den Welthandel zu machen. Imperialistischen Ländern liegt einiges daran, ihre nationalen Märkte von den Schranken zu emanzipieren, die sie dem Wachstum des Kapitals setzen, solange Geld und Kredit nur als Mittel für den Austausch auftreten können. Die Internationalisierung des Kapitalmarkts, die Anlage von Kapital an jedem Punkt der nationalen Hoheitsgebiete, wo es der Vermehrung fähig ist, wird zum Hebel der nationalen Akkumulation. Gewinne, die im Land keine Anlagesphäre mehr vorfinden, erhalten sie außerhalb - und Produktivkräfte zu deren Ausnützung das nationale Kapital nicht in der Lage ist, werden durch auswärtiges Vermögen erschlossen und profitlich entwickelt. Die Nationen bedienen sich der Konvertibilität ihrer Währungen und der politisch gesicherten Scheidung von Eigentum und Arbeit, um sämtliche Faktoren der Produktion für die Expansion des Kapitals mobil zu machen. Das Interesse am nationalen Wachstum verbürgt den gar nicht idyllischen Charakter dieser Kooperation, zu der die Staatsmänner mit ihrem wirtschaftspolitisch geschärften Verstand antreten. Der Patriotismus des Kapitals versöhnt sie in der Anstrengung, überall die besten Ausbeutungsbedingungen herzustellen - und er entzweit sie in dem Bemühen, die Früchte des Kapitals zur Stärkung ihres Staates reifen zu lassen.

Der Streit, an dem sich Politiker und Kapitaleigner ziemlich paritätisch beteiligen, erstreckt sich von vorneherein auf die Realisierung des Prinzips, das alle billigen; ebenso wie die Freiheit des Handels nur in Gestalt ihrer geregelten Bedingungen zur Welt kommt, gibt es den freien Kapitalmarkt nur als eine Liste national erwirkter Kapitalverkehrskontrollen. Ob nur Portfolio oder auch Direktinvestitionen zulässig sind, will ebenso durchgesetzt sein, wie die Frage entschieden werden muß, was mit den Gewinnen geschieht, raus oder reinvestiert. Bei ihrer Teilung spielt die Steuer eine erhebliche Rolle, und was sich da ein Staat holen will, ist schon ein Kriterium für den Standort eines multinationalen Unternehmens. Die Trennung von Eigentum und Funktion desselben gestattet da zwar manchmal die Flucht in eine "Steueroase", doch bleibt die Stätte der materiellen Produktion mit ihren Versorgungs- und Absatzbedingungen eben ein entscheidendes Moment in der nationalen Vor- und Nachteilsrechnung, ebenso wie das Verhältnis zu Schwester- und Tochterfirmen anderswo und ihren Märkten. Die gegensätzlichen wirtschaftspolitischen Ambitionen führen da zu Übereinkünften bezüglich der Aufteilung des Einzugsgebiets wie von diversen Projekten, die gegeneinander aufgerechnet werden. Wo Konkurrenz als gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik ausgetragen wird, pflegen die Manager dieser Integration um der Durchsetzung in ihren wichtigen Streitpunkten willen auch einmal nachzugeben, wofür dann ein Teil ihres Volkes besondere Fortschrittsopfer bringen darf: der Bauernstand manchen europäischen Landes weiß zwar nicht, was gesamteuropäische Agrarpolitik ist, aber spüren tut er sie schon, die Folgen der Konzessionen, die da an die französische Nation gemacht wurden, um sich auf anderen Gebieten schadlos zu halten. Besichtigt man die Opfer, die strategisches Vorgehen fortgeschrittener Nationen auf dem internationalen Kapitalmarkt hervorbringt, nach ihrer räumlichen Verteilung, dann weiß man auch, daß Struktur- und Regionalpolitik not tut. Durch die Mobilisierung des Faktors Arbeit hat z.B. die BRD brauchbare Gastarbeiter, und Anatolien bleibt wie der Mezzogiomo ein struktursc waches Gebiet. Wo das Kapital international zu Werke geht, besteht es eben auch auf der freien Konkurrenz von Arbeitskräften verschiedener Nationen, welche den nützlichen Vergleich zwischen teuren und billigen Leuten gestattet. Die Anwerbung von Leuten, bei denen das historische und moralische Element ihres Wertes als Arbeitskraft nicht so ausgeprägt ist, belebt die Konkurrenz und diese wiederum das Geschäft enorm. Die anderen Arbeitskräfte haben auch etwas davon - sie dürfen mit ihrer Leistung um die Erhaltung besagten Elements kämpfen. Und wenn sie es anders tun, nämlich mit organisiertem Arbeitskampf, dann erteilen ihnen die internationalisierten Arbeitgeber den Bescheid, daß sich ihre Beschäftigung nicht lohnt. Auf das politische Klima, das die Staatsmänner bei sich zu Hause zu stiften in der Lage sind, kommt es bei den Investitionsentscheidungen durchaus an - es wird zum Faktor der Kalkulation, weshalb das Gedeihen von Bündnissen auf der Grundlage eines funktionierenden Kapitalmarkts häufig mit Erpressungen einhergeht, welche die Einbeziehung der Gewerkschaften erforderlich machen und die innenpolitische Linie der beteiligten Regierungen korrigieren.

Nicht einmal in Fragen, die am ehesten eine friedliche Abwicklung vermuten ließen, bleibt der Hader aus: sicher, der Einstieg in den internationalen Kapitalmarkt eröffnet ein einvernehmliches Vorgehen der imperialistischen Bündnispartner gegen Dritte, doch will der eine gewisse Vorteile im Verkehr mit seinen Ex-Kolonien wahren, und der andere möchte auf eine Kooperation mit der außerhalb stehenden Großmacht nicht verzichten. So machen einerseits die multinationalen Konzerne gewaltige Fortschritte in der Expansion ihres Geschäfts, und andererseits läßt manches große "Einigungswerk" noch zu wünschen übrig. Die politische Integration hat eben die Verlaufsform, die ihr als einem Gegeneinander von ökonomisch abhängigen Staaten ziemt, die ihre Souveränität in wirtschaftlichen Gewinn umsetzen wollen. Da steht die "effektive Entscheidungshoheit" einer supranationalen Institution noch stets gegen die "Wahrung der jeweiligen Eigenverantwortlichkeit", und wenn um die einheitlichen juristischen Normen des Geschäfts, um gemeinsame Wirtschafts-, Sozial-, Finanz- und Agrarpolitik gerungen wird, so ist es noch stets eine Frage der Macht, der ökonomischen wie der anderen, welche "Konzeption" die gemeinsamste wird. Immerhin hat man es beim avanciertesten Bündnis zwischen imperialistischen Ländern schon zum institutionalisierten Erpressungsgespräch auf einigen "Ebenen" gebracht, so daß alle Beteiligten stets erfahren, welche Ansprüche sie gewärtigen müssen und welche sie mit wessen Hilfe durchsetzen können. Daß der Europa-Zirkus als Streit auch um die Funktionen und Kompetenzen der entsprechenden Abteilungen stattfindet, ist logisch und verwundert nur die Idealisten des europäischen Patriotismus, die meinen, eine Wahl in neun Nationen widerspreche dem imperialistischen Streben, eine Großmacht zu werden.

d) Die imperialistische Nutzung des realen Sozialismus

Die Staatshandelsländer sind mit ihrem Außenhandel weder Mittel der kapitalistischen Industrienationen noch sind sie in der Lage, den Weltmarkt zu ihrem Mittel zu machen. Sie brauchen ihn zur Aufrechterhaltung ihrer Produktionsweise, ohne ihn als Hebel ihrer Akkumulation einsetzen zu können. Das eröffnet den imperialistischen Nationen die Perspektive, dem Ostblock gegenüber die Bedingungen klarzustellen, unter denen ihm seine eigentümliche Art des Außenstehenden gestattet wird.

Die Kritik gilt sowohl dem Unwillen als auch dem Unvermögen, sich als lohnender Handelspartner zur Verfügung zu stellen. Wenn der Staat schon sein Außenhandelsmonopol nicht aufgeben will und die Unternehmen nicht nach ihren Rentabilitätserwägungen auf dem Weltmarkt agieren läßt, also auch keine konvertible Währung schafft, so soll er sich wenigstens bemühen, seine Devisenbeschaffung durch ein brauchbares Warenangebot zu bewerkstelligen. Dem Imperativ, sich gefälligst als anständiger Handelspartner zu bewähren, wird Nachdruck verliehen, indem Kreditspielräume eingeengt, Kontingentierung und Zoll zur Beschränkung mißliebiger Einfuhr angewandt werden - und zugleich befleißigt man sich eines Angebots, das die Länder des Ostens, die Sorgen mit ihrer Produktivität haben, nicht leichtfertig ausschlagen; die imperialistischen Länder offerieren großzügig Mittel zur Effektivierung der Produktion, wobei sie gekonnt mit den Schwierigkeiten der einzelnen Ostblockstaaten kalkulieren, die im Rahmen der "sozialistischen Arbeitsteilung" entstanden und nicht lösbar sind. Die daraus entstandene "Verstärkung der wirtschaftlichen Beziehungen" zwischen Ost und West nimmt Formen an, die kundigen Beobachtern der Szene schon die "Reintegration" des Ostens in die Weltwirtschaft verheißen,die mit der "Desintegration" des RGW ihren Auftakt nimmt

Investitionsgüterimporte und Erstellung von Produktionsanlagen in Lizenz sind die peinliche Antwort des realen Sozialismus auf die "technologische Lücke", und weil Produkte wie der süße Lada auch nicht gerade zum Renner ausarten, läßt man sich auf vertraglich fixierte Lieferung von Roh- und Halbfertigwaren ein, so daß bei vereinbarten Preisen die Deviseneinnahmen direkt proportional zum Lohn-Leistungsverhältnis an den neuen Produktionsmitteln steigen oder fallen. Derselbe internationalistische Gebrauch von slawischen Arbeitskräften kommt in den Lohnveredelungsabkommen zur Geltung, wobei sich die östliche Seite mit der nebenbei erfolgenden Vermittlung von know-how trösten kann. Die Bezahlung dieser seltsamen Ware ist übrigens in all diesen über den bloßen Warenverkehr hinausgehenden Transaktionen fällig, auch wenn sie betriebliche Kooperation heißen, durch die ein Außenhandelsmonopolist Devisen spart und sich einbilden kann, gut zu fahren, weil er den Vertrieb des gemeinsamen Produkts über die Absatzmärkte des Partners aus dem freien imperialistischen Westen gesichert bekommt. Bisweilen wird ihm nämlich bedeutet, er solle das mit Lizenzanlagen hergestellte Zeug innerhalb des RGW verkaufen - was ange sichts der dort herrschenden Marktgepflogenheiten immer ein wenig schwer fällt. Devisen werden selbstverständlich auch gespart, wenn ein sozialistisches Land Direktinvestitionen zuläßt, weil die nämlich überhaupt nix kosten, sondern lediglich Land und Leute dem ersprießlichen Wirken auswärtigen Privateigentums anheimstellen.

Angesichts der positiven Folge der Zusammenarbeit mit dem Kapital, seinen nationalstaatlichen und internationalistischen Agenturen - immerhin erhält der Außenhandelsmonopolist sich am Funktionieren - sind die negativen Ergebnisse offenbar nicht mehr von großer Bedeutung: mag die EWG, die im Osthandel die Initiative ergriffen hat, ein imperialistisches Bündnis sein, das dazu noch ein Instrument des westdeutschen Chauvinismus und Revanchismus darstellt, mögen alle Konditionen, die einem abgehandelt werden, Zeugnisse für die unlautere Behandlung der sozialistischen Staaten im friedlichen ökonomischen Wettbewerb sein - solche Urteile gehören in die Redaktionsstuben der revisionistischen Zeitungen und wissenschaftlichen Organe. Die Vorbehalte, die von seiten der außenwirtschaftlichen Unterhändler jedes einzelnen RGW-Staates angemeldet und praktiziert werden, natürlich immer entsprechend der konkreten Analyse ihrer konkreten Situation, können auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich der Imperialismus an der Zerstörung ihrer Produktionsweise zu schaffen macht. Der dankt es ihnen, indem er über die Widerspenstigkeit der östlichen Staaten klagt, den Comecon fröhlich zu seiner faktischen Auflösung hintreibt und ganz öffentlich die Zuverlässigkeit der slawischen Vertragspartner, die billigen Löhne und die politische Stabilität der kooperativen Staaten hinter dem eisernen Vorhang lobt, natürlich ohne den Hinweis zu vergessen, daß es sich immer noch um kommunistische Staaten handelt, denen letztlich nicht zu trauen ist. Daß Schmidt, Krupp & Vetter doch Vertrauen haben, zeigen sie allerdings auch: gemeinsam mit ihren östlichen Freunden wagen sie joint ventures für und in Drittländern, nennen sie Entwicklungshilfe und empfehlen den Meistern im Kreml, denen auch bei solchen Unternehmungen die Bereinigung ihrer Devisensorgen nicht gelingen will, mehr von ihrer billigen Arbeitskraft und ihren Bodenschätzen, energiespendenden zumal, für die Kooperation mit dem Westen bereitzustellen - nachdem schon die Sache mit persischem, also fremdem Erdgas so gut klappt. Die schwierigen Exporterlöse bleiben also schwieriger, je weiter die internationale Zusammenarbeit fortschreitet; den Kleinen im RGW allerdings bietet sich die einmalige Chance, Wachstum nachzuholen, wenn sie ihr verstaatlichtes Proletariat für die Emanzipation von der SU verheizen. Und die SU kann sich überlegen, ob sie aus ihrem "transferablen Rubel", einer mickrigen Ostblock-Verrechnungseinheit, auf Kosten ihrer werktätigen Massen eine konvertible Währung macht. Denn trotz aller Aufweichung muß man sagen, daß ein gescheiter Kapitalmarkt jenseits noch nicht existiert.

e) Der Weltmarkt als Kapitalmarkt der Weltmacht Nr. l

Die Herstellung eines internationalen Kapitalmarktes wirkt auf alles andere hin als auf die Realisierung des Ideals von der ausgeglichenen Handels- und Zahlungsbilanz. An dieses Ideal müssen sich jedoch die Nationen halten, die zeitweilig oder überhaupt vom internationalen Kapitalmarkt nur betroffen sind, ihn aber nicht gestalten, um sich vom Handel und seinen Wirkungen zu emanzipieren. Nur ganz tüchtige Nationen, bei denen der Kapitalexport als Passivum figuriert, werden der Unausgeglichenheit daheim und auswärts gelassen Herr. Die Probleme, die der wirtschaftspolitische Idealismus im Streben nach Ausgleich gewahrt, bewältigen diese Staaten, indem sie den Standpunkt ihrer Leistungsbilanz gegen andere durchsetzen, also ihr nationales Kreditgeld überall in Kapital verwandeln. Dies geht allerdings nur, wenn die Konkurrenz "überwunden" ist, also durch den gelungenen Übergang von der ökonomischen Konkurrenz zum direkten Vergleich der Souveräne. Der Sieger dieses Vergleichs ist in der Lage, den Weltmarkt zu ordnen, indem er ihn als seinen Kapitalmarkt wiederherstellt. Dieser Begriff des Imperialismus ist seit 35 Jahren keine Utopie mehr, weshalb aus den Reihen der Nationen, die über ihren Kapitalimport wieder zu Konkurrenten, potenten Bündnispartnern und auch Kapitalexporteuren geworden sind, manch böser Vorwurf laut wird. Der Verfall des Dollarkurses (der nicht der des Dollars ist) ruft das Verlangen nach einer "neuen Ordnung" des Weltmarkts hervor - so als wäre der jemals ordentlicher gewesen als heute. Undank ist der Welt Lohn!

f) Neue Kriterien für die Gliederung der Staatenwelt

Die Gliederung der Staatenwelt ergibt sich, weil es beim Welthandel eben um die Expansion nationalen Kapitals geht, aus den Schranken, die ein Staat diesem Anliegen setzt. Armut ist hier keine Schande, sondern eine Geschäftsbedingung, so daß den Staat, der sie verwaltet, kein Vorwurf trifft. Sein Land ist eben unterentwickelt, und die Entwicklungshilfe hält es bei der Stange. Wenn sich allerdings dunkelhäutige oder auch schwächer pigmentierte Politiker einbilden, nützliche Entwicklungshilfe für sich verlangen zu können, fallen sie aus der Rubrik Dritte Welt zwar nicht heraus, aber in eine speziellere hinein - pro westlich sind sie dann nicht mehr, meist noch nicht einmal blockfrei, denn eine den Fortschritt des Kapitals hemmende Politik kann nur dem Hauptfeind des Weltmarkts zugeschlagen werden, der sich zwar ökonomisch aufreiben läßt, aber stets ungehörige Anstalten dabei macht. Die kommunistischen Staaten erfreuen sich einer Sonderstellung, ihre Sorte Herrschaft wird anerkannt und kritisiert zugleich, wobei sogar die Differenz zwischen Volk und Staat entdeckt wird, die bei den Unterentwickelten nur in Zeiten des unausweichlichen Umsturzes, also der Neuregelung von Herrschaft und Außenpolitik zum Vorschein kommt. Der Gegenspieler des Kommunismus ist der freie Westen, zu dem jeder Staat gehört, wo sich das Kapital unter amerikanischer Mitwirkung, also zwanglos, tummelt. Der freie Westen ist zwar, gemessen an den wilden Sitten, die in ihm herrschen, auch eine Abstraktion von den Gegensätzen, die ihn beleben - aber eine mit Realität, soweit der Unterschied und Gegensatz zum Rest der Welt zur Debatte steht. Es gibt eben diese nützliche Gemeinsamkeit feindlicher Brüder tatsächlich, auch wenn in bilateralen Beziehungen zur dritten und zweiten Welt jede Menge Abstriche an den gemeinsamen Interessen vorgenommen werden; die Abhängigkeit bringt Vorteile und der letzte Weltwirtschaftsgipfel hat in Tokio stattgefunden. Die Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten gehört zum Alltag der Außenpolitik, weil sich jede Kritik in ein existentes gemeinsames Anliegen auflöst und nicht bloße Ideologie darstellt. Der wechselseitige Nutzen stellt sich ein, Kritik bezieht sich auf sein Maß, während anderwärts schon einmal die Menschenrechte zur Sprache kommen; im Osten gibt es sie seltsamerweise prinzipiell nicht, in den unterentwickelten Ländern sind sie gelegentlich eine Ermahnung und zwei Fernsehreportagen wert. Doch ist die Aufteilung der Welt ja keine ideologische Veranstaltung.

g) Historisches

Die Reproduktion eines Gemeinwesens läßt sich fremdem Eigentum, auswärtigen Interessen nur unterwerfen, wenn die Herrschaft dort selbst ein Interesse an der Zerstörung der überkommenen Produktionsweise hervorbringt. Dazu mußte in der Regel einiges unternommen werden, gewöhnlich alle zu § 2 f) gehörigen Großtaten der kolonialen Ära. Eigentlicher Export des Produktionsverhältnisses liegt in der Vorgeschichte des Imperialismus in der Besiedlung Nordamerikas vor. Die Arbeitskraft der Auswanderer machte sich dort nach der Landnahme nicht nur durch ihre entsagungsvolle Verausgabung bemerkbar: Vertreibung und Ausrottung der Indianer, die bei der Jagd bleiben wollten, sowie der Import von Sklaven für Plantagenarbeit bezeugen, daß die Freiheit des Privateigentums der eigentümliche Exportartikel der Siedler gewesen ist. Und der ist nichts, wenn man selber für sein Eigentum arbeiten muß, also standen ein paar originelle Abwandlungen der ursprünglichen Akkumulation an, und nach der gewaltsamen (Herbei-)Schaffung von exploitierbarem Menschenmaterial war die Gründung eines selbständigen Staates den Beteiligten ein Herzensanliegen. Sein Reichtum gestattete es diesem Staat, für sich und gegen andere zu akkumulieren.

h) Ideologien über den kapitalisierten Globus

Der Hindernisse für die imperialistische Verwendung allen Produzierens auf dem Erdball gibt es so viele wie es souveräne Staaten gibt. Dieses Ärgernis bildet den Ausgangspunkt für alle idealistischen Vorstellungen über die Kapitalisierung des Globus. Im Namen der internationalen Zusammenarbeit wird jedem Anflug von Selbstbehauptung in der Staatenwelt der verachtungswürdige Nationalismus vorgerechnet, während sich der Nationalismus, der sich gerade im Geschäft und in den Bündnissen durchsetzt, als die Krone der internationalistischen Gesinnung feiert. Die Amerikaner machen gleich gar keinen Unterschied mehr zwischen ihrer Verfassung, den Menschenrechten, dem Kapitalmarkt bei sich und anderswo und dem Fortschritt. Wir hingegen sind Europäer, die "ungleichmäßige Entwicklung" und das "Nord-Süd-Gefälle" treiben uns zu stets neuen Dialogen an, denen sich andere nur zögernd verpflichten, wenn sie sich nicht ganz abweisend verhalten. Dabei wäre fortgeschrittene Integration doch zu unser aller Bestem, was mit Büchern bewiesen wird, deren Titel schon alles sagen. "Le defi americain", "The European Revenge", "Politik für Europa" muß gemacht werden, aber mit den USA bitteschön, und Europa ist größer als die EG. Klar, daß Mandel und die linke Gemeinde da nicht abseits stehen können, denn eine "sozialistische Alternative" braucht der Imperialismus unbedingt. "Supermacht oder Partner?", so wird das europäische Bündnis befragt, und die Konkurrenz ums Öl, mit dem man die anderen ausbooten will, erheischt neben bilateralen Sonderabkommen gemeinsame Sprüche, in denen den - Ölscheichs ihre Modernität und ihr Realismus bestritten wird - als ob es die ohne den Imperialismus überhaupt gäbe. Die multinationalen Konzerne will keiner gerne, weil sie nicht national sind, so daß man sich fragt, wer denn diesen treulosen Tomaten eigentlich zur Existenz verholfen hat. Die Gewerkschaften sogar entdecken an ihren auswärtigen Kollegen schädlichen Nationalismus und freche kommunistische Neigungen, weswegen sie ihre Funktionäre gleich ins Reisegepäck der Politiker stecken. Gemeinsam mit diesen halten sie ihren Mitgliedern daheim die guten und schlechten Eigenschaften des auswärtigen Proletariats vor Augen. Japaner sind genügsamer, daher ihre Wirtschaft konkurrenzfähiger, andere streiken zu viel und bringen ihren Staat in die Klemme, so daß es ihnen ganz recht geschieht, wenn sie nichts zum Beißen haben. Als ginge es den Ideologen um die Imitation von Wakefield, entdecken sie auswärts ein Prinzip nach dem anderen, welches die einheimische Produktionsweise regiert. Süffisant vermerken sie das Funktionieren staatlicher Gewalt, welches Anlagen so sicher und lohnend macht, selbst im Osten; demokratischer Klimbim wird begrüßt oder in Zweifel gezogen, je nachdem er dem vorrangigen Ziel wirtschaftlicher Stabilität dient oder schadet. Auch hier sind wieder Linke zur Stelle und pochen auf die Unvereinbarkeit von Imperialismus und Demokratie, und letztere möchten sie noch dem letzten Neger schenken. Wo sich die Demokratie als die funktionelle Herrschaftsform auch für das Vorgehen nach außen bewährt, ist sie keine echte; wo sie, weil dysfunktional, gar nicht erst zustandegekommen wird, geht es ausschließlich um sie, denn die auswärtigen Herrschaften sind Marionetten, also gar nicht Diener von Nation und Volk. Wo die vom Imperialismus produzierte Armut am größten ist, entwickeln Akademiker aller Grade Entwicklungsmodelle, die manchmal ganz ohne Industrie und mit viel Drecksarbeit auskommen. Immer nach dem Motto: wie ginge echte Entwicklungshilfe? Parteigänger finden sie auch bei Freiheitsführern aus der "Dritten Welt", die aus der Rückständigkeit der Produktionsweise lässig ein kulturelles Gütesiegel ableiten. Staaten, von denen ein normaler Bürger ebenso wie die Linken nie Kenntnis nehmen, werden in dem Augenblick, da es kracht, zum bevorzugten Thema von allerlei Komitees, die die Wachablösung ausländischer Herrschaft prinzipiell für eine Revolution halten und sich von dieser Annahme weder durch Soares, Arafat oder Khomeini abbringen lassen. Von der falschen Kritik am realen Sozialismus, der nach allgemeiner Übereinkunft der Demokratisierung bedarf, ganz zu schweigen. Die politischen Ideale des Bürgertums scheinen selbst da recht schwer durchschaubar zu sein, wo sie unmittelbar der freien Bewegung des Kapitals das Wort reden. Als ob nicht schon manches klar wäre dadurch, daß als Subjekt der internationalen Beziehungen Figuren auftreten, die daheim mit ihrem Volk nicht gerade zimperlich umspringen. Die Differenzen im Preis, den die Lohnarbeit in den verschiedenen Gegenden des Weltmarkts erzielt, sind dafür immer wieder ein linker Anlaß, die Proleten der kapitalistischen Industrieländer mit dem Vorwurf zu beglücken, sie seien eine Arbeiteraristokratie, die sich auf Kosten ihrer Klassenbrüder im Tschad bereichere und an der Pauperisierung anderer teilnehme. In keiner anderen "Theorie" haben Linke deutlicher dargetan, daß sie von Ausbeutung, ihrem Subjekt wie ihrem Material, keine Kenntnis nehmen wollen. Deshalb halten sie auch die modernen Formen der Armut für ein Mittel der Bestechung und die Verhungernden dieser Welt bedenken sie mit der Rolle des "revolutionären Subjekts", streng nach der Klassenbewußtseinsformel, in der die fortschrittliche Gesinnung quadratisch mit dem erduldeten Elend wächst...