Trump und Putins Russland

Die russische Staatsführung hat auf Trump gesetzt in der Erwartung, dass mit diesem Präsidenten vielleicht eine Mäßigung der amerikanischen Politik und die Rückkehr zu einem einvernehmlicheren Verhältnis möglich wäre. Stattdessen wird sie mit der Tatsache konfrontiert, dass sich Trump nach diversen Streitigkeiten mit dem Kongress bzw. seinen Ministern und Beratern auf eine Reihe von Verurteilungen Russlands samt Sanktionen verpflichten lässt – mit dem Resultat der unmissverständlichen Bekräftigung, dass die Definition Russlands als eines zu bekämpfenden Rivalen auch unter der Regie dieses Präsidenten unabdingbar zur amerikanischen Staatsräson gehört.

Wie ernst dieses Kampfprogramm gemeint ist, hat die neue amerikanische Administration ihrem Freund Putin in drei großen Doktrinen auch noch aufgeschrieben: Im Vorwurf an den Kreml, „Revisionismus“ zu betreiben, also die derzeit gültige Weltordnung zu seinen Gunsten ändern zu wollen, kommt in denkbar abstrakter und eindeutiger Weise zum Ausdruck, dass russische Machtinteressen nicht geduldet, sondern bekämpft werden; dass Russland ein einziger Störfall der modernen Völkerfamilie ist.

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Gliederung

Trump und Putins Russland

I. Amerika macht Ernst

Die russische Staatsführung hat auf Trump gesetzt in der Erwartung, dass mit diesem Präsidenten vielleicht eine Mäßigung der amerikanischen Politik und die Rückkehr zu einem einvernehmlicheren Verhältnis möglich wäre. Stattdessen wird sie mit der Tatsache konfrontiert, dass sich Trump nach diversen Streitigkeiten mit dem Kongress bzw. seinen Ministern und Beratern auf eine Reihe von Verurteilungen Russlands samt Sanktionen verpflichten lässt – mit dem Resultat der unmissverständlichen Bekräftigung, dass die Definition Russlands als eines zu bekämpfenden Rivalen auch unter der Regie dieses Präsidenten unabdingbar zur amerikanischen Staatsräson gehört.

Wie ernst dieses Kampfprogramm gemeint ist, hat die neue amerikanische Administration ihrem Freund Putin in drei großen Doktrinen [1] auch noch aufgeschrieben: Im Vorwurf an den Kreml, „Revisionismus“ zu betreiben, also die derzeit gültige Weltordnung zu seinen Gunsten ändern zu wollen, kommt in denkbar abstrakter und eindeutiger Weise zum Ausdruck, dass russische Machtinteressen nicht geduldet, sondern bekämpft werden; dass Russland ein einziger Störfall der modernen Völkerfamilie ist.

Diese Kampfansage beendet die Zeiten, in denen die einzig verbliebene Supermacht den Kreml als nur potenziellen Feind betrachtete, dessen Fähigkeiten zu antiamerikanischen Großtaten eher abnehmen und der auch nicht mehr den unbedingten Willen zum Gegenhalten aufweist, so dass man ihn vielleicht sogar für amerikanische Weltordnungsinteressen instrumentalisieren kann; jetzt ist davon die Rede, dass dort ein politischer „Ehrgeiz“ – statt sich als Regionalmacht zu bescheiden, hegt man Weltmachtambitionen! – und erneuerte militärische Fähigkeiten eine für Amerika unheilvolle Allianz eingegangen sind, der unbedingt begegnet werden muss.

„Russland ist nicht die Sowjetunion und der Kalte Krieg ist lange vorbei. Trotz unserer Bemühungen, eine positive Beziehung aufrechtzuerhalten, betrachtet jedoch Russland die Vereinigten Staaten und die NATO als seinen Hauptgegner und Hindernis bei der Verwirklichung seiner destabilisierenden geopolitischen Ziele in Eurasien.“ (NPR, S. 30)

Dass Russland die NATO und die EU als „Bedrohung“ betrachtet, ist schon Ausweis dessen, dass dieser Staat den Status, der ihm zugewiesen wird, nicht akzeptiert, stattdessen eine Anspruchshaltung pflegt und entsprechende Ambitionen verfolgt, die ihm nicht zustehen. Die Monopolmacht der USA, anderen Staaten einen Status zu- oder abzuerkennen, wird ersichtlich nicht anerkannt, wenn Russland sich aus eigener Souveränität heraus Rechte zuspricht und entsprechend auf Selbstbehauptung drängt. Russland will offensichtlich Amerikas Rolle als nach dem Ende des Kalten Kriegs weltweit unangefochtene Ordnungsmacht „schwächen“, seine eigene Zurückdrängung und Herabstufung nicht mehr hinnehmen – das ist der „Revisionismus“, den die USA nicht durchgehen lassen dürfen. Wenn Russland in Europa Einfluss gewinnen will, Verbündete sucht, um seine Interessen in einer feindlichen Umwelt noch irgendwie zu verankern, wird das aus amerikanischer Optik umstandslos als strategischer Angriff auf die USA und ihr Bündnis mit den Europäern genommen, ja überhaupt als bewusster Versuch einer Unterminierung der Glaubwürdigkeit der Weltmacht Nr. 1 vor dem Rest der Welt. Und schließlich zieht sich Russland die erneuerte Feindschaftserklärung auch deshalb zu, weil es im Unterschied auch zu China in seinen Waffen über einen harten Kern strategischer Schlagkraft verfügt, die die USA tatsächlich der Illusion einer ‚Heimat als unverwundbarer Zufluchtsstätte‘ beraubt.

Mit all dem leistet sich Russland nach Auffassung der amerikanischen Strategen eine höchst gefährliche „Fehleinschätzung“, die in der Vorstellung besteht, der auf turmhohe militärische Überlegenheit gegründeten Sonderstellung der USA als Kontrollmacht über allen Interessen anderer etwas entgegensetzen, sich der widersetzen zu können. Gerade weil Russland für die USA längst nicht mehr der ebenbürtige Gegner aus der Zeit des Kalten Kriegs ist, sind seine Versuche, sich unterhalb der Waffenkonkurrenz imperialistische Freiheiten zu verschaffen, nicht zu duldende „Fehleinschätzungen“. Und umgekehrt üben die USA die Selbstkritik, solche Fehleinschätzungen zugelassen zu haben: Die Feinde Amerikas haben die Begriffsstutzigkeit der im alten Denken befangenen US-Strategen ausgenutzt, indem sie die Grenzlinie zwischen Krieg und Frieden bewusst verwischen:

„China, Russland und andere staatliche und nichtstaatliche Akteure haben erkannt, dass die Vereinigten Staaten die Welt oft in binären Begriffen sehen, wobei Staaten entweder ‚im Frieden‘ oder ‚im Krieg‘ sind, während sie tatsächlich der Schauplatz eines ständigen Wettbewerbs ist.“ (NSS, S. 28)
„Sowohl revisionistische Mächte als auch Schurkenregime konkurrieren über alle Dimensionen der Macht. Sie haben ihre Anstrengungen unterhalb eines bewaffneten Konflikts verstärkt, indem sie die Ausübung von Zwang zu neuen Fronten ausweiten, Prinzipien der Souveränität verletzen, Mehrdeutigkeiten ausnutzen und bewusst die Grenzen zwischen zivilen und militärischen Zielen verschwimmen lassen.“ (NDS, S. 2 f.)

Aus dem Standpunkt, dass es die Staatenkonkurrenz auf eine prinzipielle Schwächung der USA anlegt, folgt die Einsicht, dass eigentlich alles, was die genannten Staaten zur Mehrung ihrer Mittel und Macht auch immer treiben, in Wahrheit kriegerische Akte darstellt, so dass auch die USA zur Restauration ihrer Ausnahmestellung einen umfassenden Krieg zu führen und zu gewinnen haben – einen Krieg, für den dann die Unterscheidung von Krieg und Frieden auch keine Rolle mehr spielen darf.

Um Russland niederzuringen, seinen störenden Staatswillen zu brechen, wird erstens ein Wirtschaftskrieg entfesselt, und zweitens legen die USA ein Rüstungsprogramm zur Wiederherstellung ihrer uncontested superiority auf, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt und offen verkündet, dass der Russe auf Grundlage seiner ökonomischen Unterlegenheit ‚totgerüstet‘ werden soll:

„Wo es möglich ist, müssen wir bestehende Systeme verbessern, um die Rentabilität früherer Investitionen zu maximieren. In anderen Bereichen sollten wir nach neuen Fähigkeiten suchen, die klare Vorteile für unser Militär schaffen und gleichzeitig kostspielige Dilemmas für unsere Gegner darstellen.“ (NSS, S. 29)

Gebrauch der ökonomischen Übermacht Amerikas in destruktiver Absicht

Nicht umsonst ist das Instrument Wirtschaftskrieg in der neuesten amerikanischen National Security Strategy zu der Ehre gekommen, als Bestandteil eines dritten „Pfeilers“, der Tools of Economic Diplomacy, zu figurieren.[2] Dem Einsatz des friedlichen Handels als Waffe wird damit sein Platz als selbstverständliches und nützliches Instrument amerikanischer Außenpolitik zugewiesen, ganz nach der Logik der gerechten Vergeltung für das Vergehen der Rivalen, die „Grenzen zwischen zivilen und militärischen Zielen verschwimmen zu lassen“.

Das Movens der Sanktionspolitik: Ungenügende Wirkungen. Ein Exkurs

Die amerikanische Sanktionspolitik gegenüber dem modernen Russland verfügt über eine ehrwürdige Tradition, so dass deren Fortschreibung auch kaum mehr als Besonderheit im zwischenstaatlichen Umgang wahrgenommen wird. Dass Russland wegen diesem oder jenem bestraft werden muss oder, wie es US-Politiker auszudrücken pflegen: Russia has to pay a price, gehört vielmehr gewissermaßen zu den Selbstverständlichkeiten der sogenannten Werteordnung, als deren Hüter sich der Westen seine Legitimation selbst ausgestellt hat. Und ebenso wenig wird sich darüber gewundert, dass in schöner Regelmäßigkeit in der amerikanischen Politik das Bedürfnis laut wird, die Sanktionen zu verschärfen, weil die bisherigen Sanktionen versagt hätten – womit zwar über die faktischen Schäden, die die Schikanen und Strafmaßnahmen gegenüber Russland verursacht haben, hinweggegangen, aber auch deren anspruchsvolles Ziel angesprochen wird: nicht weniger als eine Korrektur der russischen Staatsräson. Die Unzufriedenheit begleitet die amerikanische Sanktionspolitik, dass diese Wirkung ausbleibt. „Versagt“ hat die amerikanische Politik allerdings nur in dem Sinn, dass sie gewisse Erfolge Putins beim Wiederaufstellen seiner Nation registrieren muss, einen russischen Machtgebrauch, der auf die Wiedergewinnung des Status als autonom agierende, international präsente Macht, also auf die Rivalität mit Amerika zielt. Diese anhaltende Unzufriedenheit hat sich in dem über die Jahre erreichten Fortschritt der amerikanischen Sanktionspolitik samt seiner geänderten Zielrichtung niedergeschlagen.

– Mit der Jackson-Vanik-Klausel aus den Zeiten des Kalten Kriegs hat Amerika immerhin bis ins Jahr 2012 ein Instrument beibehalten, das die Gewährung handelspolitischer Vorteile an menschenrechtliche Bedingungen knüpft,[3] das also die Rolle Amerikas als Aufsichtsmacht über das Regieren in Russland fortschreibt, ungeachtet der Tatsache, dass sich Russland selbst inzwischen auf den Kanon demokratischer Prinzipien verpflichtet hat. Abgelöst worden ist dieses Instrument durch das sogenannte Magnitski-Gesetz, das wiederum menschenrechtlich begründete Sanktionen vorsieht [4] und gewissermaßen den Einspruch Amerikas gegen die Erfolge Putins bei der Konsolidierung der russischen Staatsmacht gegenüber dem unter Jelzin ausgebrochenen Räuberkapitalismus darstellt: nämlich eine umfassende Misstrauenserklärung gegenüber der russischen Justiz, die deren Tätigkeiten als Missgriffe eines Unrechtsstaats definiert.

– Anlässlich der Wiedervereinigung mit der Krim – des manifesten militärischen Einspruchs Russlands gegen die Überführung der Ukraine ins westliche Lager – findet der Übergang zu ökonomisch zielgerichteten Strafmaßnahmen statt. Diese betreffen wichtige politische Verantwortliche und machen gerade noch und bis auf Weiteres vor den Mitgliedern der russischen Regierung halt; sie schließen weiter alle Unternehmen ein, die sich mit irgendwelchen Geschäften auf der Krim betätigen; dazu kommen noch Beschränkungen der Kreditaufnahme russischer Banken im Ausland sowie Sanktionen gegen die Lieferung spezieller Technologien der Öl- und Gasförderung. Damit wird die eine entscheidende Geldquelle der russischen Nation, der Export der Energieträger, ins Visier genommen.

Über diese ökonomische Schädigung hinaus sind auch politische Wirkungen beabsichtigt: einerseits Unfrieden zwischen Putin und seinen Oligarchen zu stiften, die Bindung zwischen russischem Kapital und seiner nationalen Herrschaft zu zerstören. Und andererseits richten sich die amerikanischen Strafmaßnahmen darauf, durch die Denunziation dieser Herrschaft als „Kleptokratie“ die Unzufriedenheit im Volk aufzustacheln. Bei der Auswahl der zu sanktionierenden Figuren und Unternehmen wird auf die Vorführung eines ‚inner circle‘ geachtet, um die russische Herrschaft als bloßes Instrument zur Bereicherung der Putin-Freunde zu denunzieren. Das alles mit Blick auf russische Wahlkämpfe, für die der derzeitig hauptsächliche „Putin-Kritiker“ Nawalny mit dem nötigen Stoff und der internationalen Legitimation versorgt wird, den Staatschef mit dem einzigen, dürftigen, aber wirkungsvollen Argument „Korruption!“ zu bekämpfen. Das Volk soll schließlich die ökonomischen Schäden, von denen es betroffen ist, seiner Herrschaft zur Last legen, sein Vertrauen in Putins Wiederaufbauleistungen verlieren und auf der Grundlage deren internationale Ächtung und moralische Diskriminierung als gerechte Maßnahme gegen eine schlechte Herrschaft verstehen, damit es Amerika endlich den Gefallen tut, seine Herrschaft abzuwählen.

– Dann erfolgt anlässlich der militärischen Erfolge, die Russland im Fall Syrien erzielt, die Sanktionierung von Personen und Firmen, die Assad mit Waffen ausstatten – ein Schlag gegen die andere entscheidend wichtige russische Exportindustrie, die Rüstungsfirmen. Und anlässlich angeblicher russischer Cyber-Aktionen und Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf werden Maßnahmen gegen die russischen Geheimdienste in Gang gesetzt, kombiniert mit Beschränkungen der Diplomatie. Ende Dezember 2016 führt Präsident Barack Obama die neue Sitte von Massen-Ausweisungen ein, erst einmal mit 35 russischen Diplomaten, und lässt zwei russische Residenzen sperren, die angeblich geheimdienstlich genutzt wurden.

Unter Trump ist die Unzufriedenheit damit, dass Russland zwar Schäden hat hinnehmen müssen, aber dennoch an seiner außenpolitischen Linie festhält, selbstredend nicht ausgestorben, sondern sorgt für heftigen inneramerikanischen Streit; der Kongress beschließt im Juli 2017 den „Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act“ (CAATSA), verschärft die Sanktionspolitik, um Trump gegen dessen Überzeugung, dank seiner Fähigkeiten mit Putin gute Deals abschließen zu können, auf die nötige Feindschaft zu verpflichten, und sichert sich das Recht, den Präsidenten an der Aufhebung bestehender Maßnahmen zu hindern.[5]

Nachdem Russland auf CAATSA mit der Anordnung antwortet, dass Amerika die Zahl der US-Botschaftsbediensteten in Russland auf 455 reduzieren muss, antwortet die US-Regierung mit der Schließung des russischen Konsulats in San Francisco und zweier Büros in Washington und New York, die zu Spionagezwecken genutzt worden sein sollen, womit eine der gewöhnlichen Funktionen diplomatischer Vertretungen, die Auskundschaftung des anderen Landes, kriminalisiert wird:

„Unter scharfem Protest aus Moskau haben die Vereinigten Staaten die Kontrolle über das russische Konsulat in San Francisco und zwei Gebäude in Washington und New York übernommen. Amerikanische Sicherheitskräfte durchsuchten am Samstag die Vertretungen, nachdem die diplomatische Immunität für aufgehoben erklärt worden war.“ (FAZ, 4.9.17)

Diese Maßnahmen, die gemeinhin als „bloß symbolisch“ eingestuft werden, auch wenn sie handfeste Fortschritte bei der Verschlechterung der Beziehungen herstellen, stellen die amerikanischen Scharfmacher nicht zufrieden. Sie plädieren unerschütterlich für die Notwendigkeit, Russland endlich „richtig weh zu tun“ und verweisen dafür u.a. immer wieder auf die sogenannte „Nuklearoption“, das Projekt, Russland gänzlich aus dem internationalen Finanzmarkt auszuschließen, nicht nur von auswärtigem Kredit abzuschneiden, sondern generell aus den internationalen Zahlungsströmen und -abwicklungsverfahren, v.a. dem Zahlungssystem SWIFT auszuklammern und ihm damit so gut wie jede Benützung des Weltmarkts zu versperren.

Das US-Finanzministerium überprüft vorerst die Ausdehnung der Sanktionen auf russische Staatsanleihen und warnt im Februar 2018 vor mutmaßlichen Auswirkungen auf den internationalen Finanzmarkt bzw. amerikanisches Finanzkapital. Schließlich würde man gerne das widersprüchliche Ideal der Sanktionspolitik vollstrecken, dass die wirtschaftlichen Schäden möglichst einseitig beim Gegner anfallen, bzw. dass man selber negative Wirkungen auf die eigene Geschäftswelt immerhin im Griff behält:

„Ein Bericht des US-Finanzministeriums, den Bloomberg erhalten hat, kam zu dem Schluss, dass die Ausweitung der Sanktionen auf neue russische Staatsanleihen und Derivate die Märkte destabilisieren und über Russland hinaus ‚negative Spillover-Effekte auf globale Finanzmärkte und Unternehmen‘ auslösen könnte... ‚Angesichts der Größe der russischen Wirtschaft, ihrer Verflechtung und Bedeutung auf den globalen Finanzmärkten und der wahrscheinlichen overcompliance der US-Sanktionen durch globale Unternehmen sind Umfang und Auswirkungen der Ausweitung der Sanktionen auf Staatsanleihen und Derivate ungewiss, und die Wirkungen könnten sowohl die Russische Föderation wie auch US-Investoren und Unternehmen betreffen‘, heißt es in dem Bericht. Der Bericht warnt auch davor, dass ‚die Ausweitung der Sanktionen die Wettbewerbsfähigkeit der großen US-Vermögensverwalter behindern könnte‘.“ (Bloomberg, 2.2.18)

Allerdings taugen solche Erörterungen der Problemlage ebenso gut als deutliche Warnung an die Finanzagenturen, sich von diesen als problematisch definierten Handels- und Spekulationsobjekten fernzuhalten bzw. entsprechende Bestände tendenziell aus ihrem Portfolio zu entfernen.

In einem neuerlichen Vorstoß drängen amerikanische Senatoren wieder auf umfassendere Maßnahmen und fordern Auskünfte internationaler Banken über sämtliche bei ihnen deponierten russischen Gelder; daneben kommt auch noch russischer Immobilienbesitz in den USA in den Blick.[6] Auch in dieser Beziehung bleibt die Administration nicht untätig, sondern geht ganz im Sinne der demokratischen Senatoren gegen einige europäische Bankplätze vor.[7] Auch so kommt man immerhin in Richtung auf die sogenannte „Nuklearoption“ voran. Gleichzeitig verschärfen die USA ihre Drohungen gegenüber Nord Stream 2. [8]

Entgegen den Beschwerden der Trump-Kritiker, denen die amerikanischen Maßnahmen nie hart genug sind, erfolgt der Einsatz des Mittels Sanktionen also durchaus systematisch und wirkungsvoll, in einer schrittweisen Eskalation, die das Objekt dieser Maßnahmen in eine dauerhafte Ungewissheit versetzt, was alles an Schlägen noch zu erwarten ist, und ihm grundsätzlich die Berechnungsgrundlage entzieht, wie viel ihm seine Weltmarktaktivitäten in Zukunft noch taugen.

Anlässlich des Falls Skripal veranstaltet auch Amerika neben der EU wieder eine Großausweisung von Diplomaten und verhängt Anfang April 2018 im Anschluss eine Reihe der in CAATSA verlangten Sanktionen.

Der ‚Game Changer‘

Den entscheidenden Fortschritt verkündet der amerikanische Finanzminister einerseits mit seiner Begründung: Die neue Liste von Sanktionen fasst die bisherigen Anlässe für Strafmaßnahmen unter dem Generaltitel malign activities[9] zusammen, unter dem die Liste dann quasi routinemäßig, auch ohne besonderen Anlass um immer neue zu sanktionierende Personen und Unternehmen vervollständigt wird. Andererseits kommt dieses Mal aber auch die entscheidende Neuerung der – in CAATSA vorgeschriebenen – sekundären Sanktionen, der außerordentlich wirksamen Ausdehnung auf Dritte zur Anwendung, die ebenfalls mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu Firmen unterhalten, bei denen die sanktionierten Oligarchen mehr als 50 % der Anteile halten.

Das stiftet eine gewisse Befriedigung in den Kreisen, die für eine Radikalisierung der Containment-Politik plädieren:

„... die neuen amerikanischen Sanktionen auf Finanztransaktionen sind ein echter ‚Game Changer‘, und das hat vier Gründe. Erstens droht Washington nun jedem, der ‚wissentlich signifikante Transaktionen‘ für sanktionierte Parteien tätigt. So werden nicht nur sanktionierte Parteien von Geschäften abgehalten, sondern auch Agenturen wie Clearstream und Euroclear daran gehindert, Zahlungen für die betroffenen Unternehmen und Personen zu tätigen, um sie so von der Weltwirtschaft abzuschneiden.
Zweitens treffen die Sanktionen börsennotierte Unternehmen. Viele Oligarchen fanden durch Notierungen in London, New York und Hongkong Schlupflöcher, um Vermögenswerte vor westlichen sowie russischen Sanktionen zu schützen. Diese sind nun nicht mehr sicher. Drittens führen sie zu einer allgemeinen Verunsicherung, weil nun niemand genau weiß, wer als Nächster an der Reihe ist. Erwartungshaltungen zu weiteren Sanktionen der Amerikaner können die russische Wirtschaftsleistung nun genauso beeinflussen wie der Ölpreis. Und viertens tritt Washington jetzt mit der Bereitschaft auf, eigene Kosten in Kauf zu nehmen, um die Sanktionen zu vollstrecken... Amerikanische Unternehmen sind jetzt ausnahmslos dazu verpflichtet, alle Anteile an sanktionierten Unternehmen abzustoßen.“ (Dr. Nigel Gould-Davies, Associate Fellow, Russia and Eurasia Programme, Chatham House in: FAZ, 7.5.18)

Mit der Ankündigung der Sicherheitsstrategie –

„Wir werden mit gleichgesinnten Partnern zusammenarbeiten, um Unterstützung für Instrumente der Wirtschaftsdiplomatie gegen gemeinsame Bedrohungen zu schaffen. Multilateraler wirtschaftlicher Druck ist oft effektiver, weil er die Fähigkeit von Zielstaaten einschränkt, Maßnahmen zu umgehen, und vereinte Entschlossenheit vermittelt.“ (NSS)

wird also Ernst gemacht: Schließlich ist nicht nur der Ausschluss aus dem amerikanischen Markt, sondern aus dem Weltmarkt Sinn und Zweck des Verfahrens – von wegen „Isolationismus“: Der Weltmarkt höchstselbst wird als Hebel amerikanischer Sicherheitspolitik in Anspruch genommen. Und auch wenn die „gleichgesinnten Partner“ von ihrer Gesinnung noch gar nichts wissen – Amerika verfügt über Mittel, sie dazu zu nötigen: Durch die Verhängung amerikanischen Rechts über die Weltmarktsubjekte werden US-Sanktionen auch auf Personen und Unternehmen ausgeweitet, die nicht unmittelbar der amerikanischen Hoheit unterstehen, so dass schließlich allein die Aussicht auf mögliche Sanktionierungen schon gute Dienste bei der Unterbindung russischer Weltmarktaktivitäten tut: Die amerikanischen Strategen rechnen beim Einsatz dieses Mittels mit einer overcompliance der bekannt empfindsamen Märkte – die vergangenen exemplarischen Bestrafungen (siehe die Kapitel Dollarimperialismus in GegenStandpunkt 3-14) haben die erwünschte Wirkung erzeugt.

1. Der Fall Deripaska/Rusal

Jedem der sanktionierten Oligarchen widmet das Schatzamt einen eigenen Steckbrief, man ist ja schließlich ein Rechtsstaat. Im Fall Deripaska werden nebeneinander sein Bekenntnis zum russischen Staat und Vermutungen über gewisse Verbrechen in seiner Vergangenheit aufgelistet.[10]

Es sind aber weniger Deripaskas frühere Verbrechen als der besondere Erfolg seines Konzerns, der ihn für das amerikanische Exempel prädestiniert: Auf dieses voll und ganz in den Weltmarkt „integrierte“ Unternehmen [11] wirkt der Hebel des Dollarimperialismus durchschlagend vermittels aller Handelspartner, Abnehmer und Lieferanten:

„Der Schweizer Rohstoffhändler Glencore, bisher einer der wichtigsten Abnehmer von Rusal, hat die Suspendierung der Geschäftsbeziehung angekündigt.“ (Junge Welt, 21.4.18) „Der Aluminiumproduzent Rusal, der einen Großteil seiner Erzeugnisse exportiert, wurde plötzlich von seinen Kunden geschnitten. Auch langfristige Abnehmerverträge wurden mit dem Hinweis auf höhere Gewalt gekündigt, und Bankguthaben wurden eingefroren.“ (FAZ, 2.5.18)

Die Londoner Metallbörse schließt sich an:

„Die Lage wurde noch kritischer für das Unternehmen, nachdem die Londoner Metallbörse am 10. April erklärt hatte, den Handel mit den von Rusal produzierten Rohstoffen einzustellen. Davon könnten 10 - 20 % des Umsatzes von Rusal betroffen sein.“ (bne IntelliNews, 27.4.18)

Vor allem aber tut die mustergültige marktwirtschaftliche Verflechtung per Kredit ihr Werk: Nachdem der Börsenwert von Rusal in den nunmehr zwei Wochen seit Ausrufung der Sanktionen auf ein Achtel des vorherigen Werts zurückgegangen (Junge Welt, 21.4.18)[12] ist, werden wiederum alle auf diese Sicherheiten gegründeten Kredite fällig; aber auch die ehrlichen Gewinne in Gestalt von Bankguthaben werden eingefroren, und sämtliche für die Zahlungsabwicklung des Konzerns benötigten Agenturen verweigern ihre Dienste, so dass der Weltkonzern von heute auf morgen zahlungsunfähig gemacht wird. Eine deutliche Demonstration der Leistungsfähigkeit des Kreditüberbaus – in negativer Hinsicht. Nebenbei übt die „overcompliance“ eine durchschlagende Wirkung auf die anderen russischen Rohstofftitel bzw. die davon maßgeblich bestimmte russische Börse und den Wert des Rubel aus.[13]

Mit dem angegriffenen Firmen-Imperium stehen aber nicht nur ansehnliche Finanzwerte auf dem Spiel, sondern eben auch die nationale Bedeutung des Konzerns in seinem Vaterland: Neben seiner Eigenschaft als Geldquelle fungieren Deripaskas Unternehmen nicht nur in den deshalb so genannten „Monostädten“, sondern auch in einigen russischen Regionen als einziger Arbeitgeber:

„‚Basic Element‘ beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 150 000 Mitarbeiter weltweit. Mehr als 15 Prozent der russischen Bevölkerung seien ‚direkt oder indirekt‘ vom Konzern abhängig, heißt es auf seiner Webseite.“ (DW, 10.4.18)

Dass die amerikanischen Wirtschaftskriege mit den davon betroffenen Firmen auch deren ‚human capital‘ schädigen, gehört zur marktwirtschaftlichen Normalität. In Russland besitzt diese Schädigung allerdings noch deutlich weitgehendere Dimensionen. Im Unterschied zum westlichen Feindbild vom russischen Oligarchenkapitalismus, nach dem sich Staat und Oligarchen zwecks wechselseitiger hemmungsloser Korruption zusammengetan haben, sieht die besondere Rolle dieser Figuren etwas anders aus; als die wenigen Repräsentanten von Wachstum in Russlands schwachem Kapitalismus hat der Staat sie zwar mit dem Freibrief zu außerordentlicher Bereicherung versehen, aber als Gegenleistung auf allerhand regionalpolitische und sozialstaatliche Dienste verpflichtet. In den genannten Monostädten und auch darüber hinaus fungieren die Oligarchen nicht nur als Arbeitgeber, sondern – teilweise unter Fortführung der alten realsozialistischen Unsitten mit ihrem Sozialklimbim rund um die Betriebe – wie ein Ersatz für sozialstaatliche Leistungen, für die der Staatshaushalt nicht hinreicht.[14] Diese Funktion garantiert die Verallgemeinerung des Schadens in Russland. Es steht damit außer Frage, dass der russische Staat den Konzern retten muss, so dass der russische Haushalt nunmehr, statt über eine Devisenquelle zu verfügen, eine neue Belastung für die Staatsfonds hinnehmen muss. Wozu seine Rettungsleistungen allerdings taugen – darüber entscheidet die andere Seite.

Das vergiftete amerikanische Angebot für einen Deal: Enteignung

Erst einmal findet die Enteignung des Oligarchen in der Elementarform statt, dass er, um zumindest die Reste seines Unternehmensimperiums zu retten, Anteile verkaufen muss, um unter die 50-Prozent-Grenze zu gelangen – wobei nicht nur der kapitale Verlust durch den Preisverfall der Aktien feststeht, sondern fraglich ist, ob sich überhaupt Käufer dafür interessieren mögen. Zweitens aber ist er genötigt, mit dem amerikanischen Schatzamt zu verhandeln, welche weiteren Rechte er in seinem Konzern sowie in dessen Unterabteilungen aufzugeben hat, um sich die Aussicht auf Beendigung der Sanktionen zu eröffnen:

„Rusal steht nun in einem sehr engen Dialog mit OFAC (Office of Foreign Assets Control of the U.S. Department of the Treasury). Es ist sehr wichtig, dass das Unternehmen alle Anweisungen befolgt, um aus den Sanktionen herauszukommen. Das Unternehmen arbeitet nun daran, das Management und den Verwaltungsrat mit unabhängigen Personen zu besetzen, die keine Verbindungen zu den Haupt-Aktionären unterhalten.“ (Moscow Times, 27.4.18)

Verhandelt wird also über eine neue Form von Enteignung per Entnationalisierung des Konzerns: Mit dem Austausch der Führungsebene – Der Verkauf von Deripaskas Aktien könnte nicht ganz einfach werden, denn der neue Besitzer muss Washington genehm sein. Laut Beobachtern werden die Amerikaner einen Verkauf an Familienmitglieder oder Freunde von Deripaska nicht dulden. (FAZ, 2.5.18) – findet gewissermaßen die Übernahme der Kontrolle über den Konzern durch das amerikanische Schatzamt statt, das auf eine echte Unabhängigkeit der neuen Firmenchefs achten wird. Die dürfte sich nicht zuletzt am Umgang mit den Verpflichtungen erweisen, die Putin seinen Oligarchen als nationale Dienstleistungen auferlegt hat.

2. Der Fall Vekselberg

Auch diese Figur eignet sich aufgrund ihres erfolgreich internationalisierten Geschäfts [15] für die amerikanische Attacke, so dass auch da die Blockierung amerikanischer Konten samt Preisverfall seiner Anteile an Rusal genügen, sein Firmenkonglomerat zahlungsunfähig zu machen.[16] Ausgerechnet Vekselbergs solide Anlagepolitik – v.a. in der Schweiz – taugt zum vernichtenden Rückschlag: Nachdem die Schweizer Geschäftswelt schon ausgiebig Bekanntschaft mit amerikanischen Sanktionen gemacht hat, demonstriert sie besonderen Eifer dabei, den ehemaligen Mehrheitsaktionär vor die Tür zu setzen und sein Vermögen zu vernichten.[17] Die zweite Abteilung erledigen die Geldinstitute, offensichtlich setzten nun die Banken (die UBS, der Credit Suisse, die Deutsche Bank, J. P. Morgan, Natixis aus Frankreich und ING aus den Niederlanden) Vekselberg das Messer an den Hals und drehten ihm den Kredithahn zu. Die Kredite wurden vorzeitig aufgelöst. Die Finanzinstitute taten dies aus Angst, wegen Missachtung der US-Sanktionen gegen Vekselberg und Renova belangt zu werden. (Basler Zeitung, 22.5.18) Und auch da muss wiederum russischer Kredit für die Rettungsaktion mobilisiert werden.

3. Der Fall Kaspersky

Das Unternehmen ist zwar nicht im eigentlichen Sinn sanktioniert, aber gerade wegen seiner außerordentlichen Konkurrenzfähigkeit auf dem IT-Sektor in Kombination mit der Staatsangehörigkeit seines Eigentümers unter Verdacht geraten, als Instrument der russischen Staatsmacht zu fungieren. Das Verbot für sämtliche amerikanischen Regierungsstellen, „russische Software“ einzusetzen, genügt, um auch diesem Unternehmen massive wirtschaftliche Schäden zuzufügen und es zum Verlassen seines Vaterlands zu bewegen.[18]

Sanktionierung der zwei entscheidenden russischen Geschäftssphären: Energie und Waffen

Schon mit der Sanktionierung einzelner Oligarchen und ihrer Konzerne, Holdings oder Unternehmensgruppen sind jeweils beträchtliche Teile des russischen Standorts betroffen; daneben zielen die amerikanischen Maßnahmen aber generell auf die beiden Branchen Energie und Rüstungsproduktion[19] – d.h. auf deren ‚dual use‘ für die russische Regierung: Es sind ja diese beiden Sorten von Gütern, die einerseits die vorrangigen Einnahmequellen für die Nation darstellen und andererseits dem russischen Staat als Hebel für seine Einflussnahme in der Staatenwelt und seine Behauptung als unabhängige Macht dienen. Andererseits besitzen diese nicht umsonst so genannten „strategischen Güter“ aber auch für die jeweilige Kundschaft eine Bedeutung von herausragender Art, so dass Amerika dabei nicht auf die sonst so wirksame „overcompliance“ durch die nicht-russischen Beteiligten rechnen kann – weder bei den Projekten auf dem Gebiet der Energieversorgung (siehe Nord Stream) noch beim Waffenhandel.

Der Steckbrief für das staatliche Monopol-Unternehmen für Rüstungsexport nimmt zwar die Ausstattung der syrischen Regierung mit Waffen zum Anlass:

„Rosoboroneksport ist ein staatliches russisches Waffenhandelsunternehmen mit langjährigen und andauernden Verbindungen zur syrischen Regierung, das seit mehr als einem Jahrzehnt Waffenverkäufe in Milliardenhöhe tätigt. Rosoboroneksport fällt unter Executive Order 13582, weil es die Regierung von Syrien materiell unterstützt, gesponsert oder ihr mit finanziellen, materiellen oder technologischen Hilfen beigestanden hat.“ (home.treasury.gov, 6.4.18)

Mit der Sanktionierung dieses Unternehmens wird allerdings ein imperialistisches Vorhaben der besonderen Art angepackt: In dem Fall handelt es sich bei den jeweiligen Geschäftspartnern ja um Staaten, die Amerika schließlich nicht so einfach sanktionieren kann wie Metallhändler und Kreditgeber. Auf dem Gebiet schlägt das Außenministerium einen etwas anderen Weg ein. Es

„führt bereits Gespräche mit vielen Ländern über deren Beziehungen zu Russland. Gleichzeitig versuchten US-Diplomaten auch, die Länder dazu zu bewegen, ihre Verteidigungsbeziehungen zu Washington auszubauen, um den Verlust russischer Lieferungen auszugleichen. Diese Angebote deuten darauf hin, dass das Ziel von CAATSA nicht nur darin besteht, Russland für sein schlechtes Verhalten zu bestrafen, sondern auch darin, die US-Waffenverkäufe wo immer möglich auszuweiten.“ (Stratfor, 28.5.18)

Es mag ja sein, dass Trump auch in dem Fall die ‚jobs‘ eingefallen sind, mit denen er seine ‚fellow Americans‘ beglücken möchte – der Sache nach leistet sich Amerika damit einen Angriff auf all die Mitglieder der Staatenwelt, die aus guten Gründen ihre militärischen Gewaltmittel aus Russland beziehen. Und die bestehen eben nicht allein im Preisvorteil, sondern vor allem in dem Umstand, dass sich Staaten mit dem Kauf von Waffen immer auch ein Stück Kontrolle und Vorherrschaft durch den Lieferanten einkaufen. Das freundliche Angebot, die eigene Verteidigung lieber auf die Beziehungen zu Amerika zu gründen, wäre gleichbedeutend damit, sich zum Vasallen Amerikas machen zu lassen, was angesichts des in der Staatenwelt weit verbreiteten Antiamerikanismus kein allzu verlockendes Angebot darstellt.

Der Thinktank Stratfor lässt schon einmal die gesamte Staatenwelt Revue passieren, die zugunsten Amerikas auf ihre Ausstattung mit russischen Waffen verzichten sollte:

„Laut dem Stockholm International Peace Research Institute ist Russland der zweitgrößte Waffenexporteur der Welt. In den Jahren von 2013 bis 2017 hatte das Land einen Anteil von 22 Prozent an den weltweiten Waffenexporten und lag damit nur hinter den Vereinigten Staaten mit 34 Prozent zurück... Die engsten Rüstungsbeziehungen unterhält Russland mit China, Indien und Vietnam, die sich zusammen auf 58 Prozent der russischen Exporte belaufen. China hat in letzter Zeit modernste russische Ausrüstung erhalten, darunter das Luftverteidigungssystem S-400 und Su-35-Flugzeuge... Russland hat große Waffengeschäfte mit Indonesien und der Türkei abgeschlossen, und es ist in Gesprächen mit Saudi-Arabien und Katar über den Verkauf des S-400-Systems. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate erwägen den Kauf von Su-35-Flugzeugen. Obwohl diese Länder einige der größten Kunden – oder künftigen Kunden – Russlands sind, sind sie nicht die einzigen, die mit CAATSA in Konflikt geraten könnten. Auch Staaten wie Algerien, Myanmar, Malaysia, Kasachstan und Äthiopien könnten wegen ihrer ‚bedeutenden‘ Rüstungsgeschäfte mit Russland bald in Schwierigkeiten geraten...
[Chinas] Verbindungen zu Russland sind so eng und von so großem strategischen Gewicht, dass China im Hinblick auf die zentrale Bedeutsamkeit seiner Waffenkäufe aus Moskau kaum mehr als symbolische Zugeständnisse machen dürfte... Russland hat auch enge Beziehungen zu Chinas Rivalen Indien. Moskau liefert die meisten Waffen für das indische Militär, darunter Kampfflugzeuge, Marinezerstörer, Kampfpanzer und ein Atom-U-Boot. Die BrahMos-Rakete – das Produkt der russisch-indischen Zusammenarbeit – ist ein signifikanter Erfolg für Neu-Delhis Rüstungsindustrie, die auch über ein großes Exportpotenzial verfügt. Darüber hinaus bieten russische Waffengeschäfte großzügige Bedingungen, wie Technologietransfer und Möglichkeiten einer Gemeinschaftsproduktion, die für Indiens strategische Autonomie-Doktrin wichtig sind.“ (With CAATSA, the U.S. is Trying to Get Russia Hurt, Stratfor, 28.5.18)

Die Wirkung der amerikanischen Sanktionspolitik auf Dritte läuft also nicht nur auf die Spaltung bzw. Untergrabung des Weltmarkts hinaus; mit den „strategischen“ Gütern Energie und Waffen, den russischen Machtmitteln, die Amerika aus dem Weltmarkt verdrängen möchte, eröffnet es eine Konfrontation mit all den Staaten – und das sind ja offenkundig nicht gerade wenige und auch nicht gerade bedeutungslose –, die auf diesen Handel ausgesprochen Wert legen, aus Gründen des höchsten staatlichen Werts, nämlich ihrer Souveränität.

Dass Trump mit seinem America first! die etablierte Weltordnung zerstört, die Grundlage, auf der überhaupt der Betrieb des ganzen globalisierten Weltgeschäfts beruht, ebenso wie den ‚Westen‘ als das dafür maßgebliche Subjekt, daran spaltet sich die politische Klasse der USA. Dass Trump aber gleichzeitig dazu geneigt zu sein scheint, Russland nicht mehr automatisch als Hauptfeind zu betrachten – dagegen steht das Establishment eisern und geschlossen zusammen und kontert Trumps Revision auch dieser alten Selbstverständlichkeit mit seiner Verschärfung der Feindschaftserklärung. Dass schließlich auch auf diese Weise die Zersetzung der alten Weltordnung vorangetrieben wird, weil sich das heutige Russland mit seinen verbliebenen Potenzen als äußerst nützlicher Handels- und Bündnispartner für alle möglichen Souveräne in der Welt bewährt – das findet im Establishment keine weitere Beachtung. Die politische Klasse Amerikas will es nicht zulassen, dass der oberste Patriot im Präsidentenamt von der traditionellen und nach gewissen Konjunkturen wiederbelebten Feindschaft zu Russland Abstriche machen könnte. Und daran läuft Trump mit seiner wiederholten Verteidigung, es sei doch gar nicht schlecht, wenn man mit Russland konstruktive Beziehungen unterhalte, schlicht und einfach auf.

Der Grund für eine weitere Eskalationsstufe wird explizit: Trump

Die letzte Ladung von Sanktionen, die einerseits vom US-Außenministerium und andererseits von einigen Demokraten und Republikanern auf die Tagesordnung gesetzt worden sind, stehen unter der Devise: Strafe für Helsinki.[20]) Weil sich der amerikanische Präsident hartnäckig weigert, den militanten Geist der US-Politik gegenüber Russland zu vollstrecken, benützt die neue Einheitsfront von Demokraten, Republikanern, Falken im Außenministerium und Trump-Beratern ihre institutionellen Machtmittel neben und gegen die präsidentiellen Befugnisse, um den Präsidenten auf ihre Linie zu zwingen.

„Die neuen Sanktionen ... folgen einem gewissen internen Automatismus: Indem die US-Regierung Russland die Verantwortung für den Anschlag von Salisbury zugewiesen hat, war sie aufgrund eines Gesetzes von 1991 über den Einsatz von Chemiewaffen verpflichtet, binnen 60 Tagen Strafmaßnahmen zu ergreifen. Parallel bemüht sich auch der US-Kongress, den Druck auf Moskau zu erhöhen.“ (SZ, 9.8.18)

Was die Süddeutsche Zeitung als „gewissen Automatismus“ bezeichnet, ist die geniale Einstufung des Falls Skripal: Das amerikanische Außenministerium sieht den Fall als verbotenen Einsatz von Massenvernichtungswaffen an. (FAZ, 10.8.18) Die sogenannte „Massenvernichtungswaffe“ hat zwar als Masse bislang ein Opfer zu verzeichnen, und die britische Regierung hat bisher weder hinreichende Beweise dafür geliefert, dass Russland den Anschlag verübt hat, noch legt sie es darauf an. Aber diese Einstufung hat den besonderen Reiz an sich, dass nach einer ersten Salve, den im August in Kraft gesetzten neuen Strafen, einem Verkaufsverbot für amerikanische Technologiegüter ... , die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können und eine ‚potenzielle Bedeutung für die nationale Sicherheit‘ der USA haben, auf Grundlage des genannten Gesetzes eine zweite Stufe gezündet wird:

„dann nämlich, wenn die russische Regierung nicht binnen drei Monaten eine ‚verlässliche Zusicherung‘ abgibt, künftig auf den Einsatz von Chemiewaffen zu verzichten und Inspektionen durch die Vereinten Nationen zuzulassen. Für diesen Fall drohen die USA Russland mit einer weiteren Herabstufung der diplomatischen Beziehungen sowie mit weiteren, umfassenden Handelsbeschränkungen für eine Vielzahl von Gütern. Zudem könnte russischen Fluggesellschaften der Zugang zu amerikanischen Flughäfen verweigert werden. Dies würde vor allem die größte russische Fluglinie Aeroflot treffen.“ (Ebd.)

Die Forderung, dass Russland die verlässliche Zusicherung abzuliefern hat, dass es künftig auf den Einsatz von Chemiewaffen verzichtet, stellt ihrerseits eine reine Provokation dar, insofern als man damit erstens Russland gewissermaßen das Schuldeingeständnis abverlangt, bislang diese Waffen zum Einsatz gebracht zu haben. Und zweitens beschuldigt das Verfahren Russland einer Vertragsverletzung in Sachen Chemiewaffenübereinkommen, mit dem sich unter anderem die USA und Russland 1997 dazu verpflichtet hatten, bis zum Jahr 2012 sämtliche Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht zu vernichten. Dass die russische Diplomatie auf diesen Schritt nur mit einhelliger Empörung reagiert, ist nicht weiter verwunderlich, weil Russland vor ca. einem Jahr den kompletten Vollzug seiner vertraglichen Verpflichtung gemeldet hat –

„Russland hat die letzten Reste seines einstigen Arsenals von 40 000 Tonnen Chemiewaffen vernichtet. Ein Großteil der Bestände stammten noch aus Sowjetzeiten.“ (DW, 27.9.17)

und das unter Teilnahme internationaler Inspektoren und unter Anerkennung von Seiten des dafür zuständigen internationalen Kontrollorgans:

„Aus Den Haag gratulierte die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) Russland zu dem letzten Schritt. Generaldirektor Ahmet Üzümcü sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zu einer chemiewaffenfreien Welt.“ (Ebd.)

Umgekehrt aber halten die USA die Erfüllung ihrer Vertragspflicht offenbar für ziemlich nebensächlich, worauf Putin immer wieder hinweist:

„‚Sie haben schon dreimal die Frist zur Vernichtung hinausgeschoben, auch unter dem Vorwand, dass die nötigen Mittel im Haushalt fehlen, was, ehrlich gesagt, merkwürdig klingt‘, sagte der russische Präsident Wladimir Putin an die Adresse der US-Regierung gerichtet.“ (Ebd.)

Insofern liefert dieses amerikanische Vorgehen auch Auskunft über den Stand der Rüstungsdiplomatie zwischen den Mächten: Das amerikanische Verfahren, Russland systematisch einer Verletzung der Verträge in verschiedensten Hinsichten zu bezichtigen, um eigene, angeblich als „Reaktion“ notwendige Rüstungsmaßnahmen zu rechtfertigen und sich selbst nach Belieben von früher einmal unterschriebenen Verträgen freizusprechen, hat seit längerem schon Russland den Respekt als Vertragspartner entzogen. Das heutige Amerika erachtet es einfach nicht mehr für erforderlich, höchstens noch für bedingt, nämlich ganz einseitig nützlich, sich auf die ererbten Rüstungskontrollbestimmungen zu berufen.

An der grotesken Verwendung des Falls Skripal ist schließlich auch abzulesen, wie sehr der Einheitsfront, zu der sich die politische Klasse der USA im Kampf gegen die verdächtige Russland-Freundlichkeit des Präsidenten [21] aufgebaut hat, jeder noch so fadenscheinige Vorwand recht ist, um den auf die Feindschaft zu verpflichten, ohne die Amerika offensichtlich nicht auskommen will. Die Entrüstung über einen Präsidenten, der verdächtigt wird, gegenüber dem im amerikanischen Nationalbewusstsein verankerten Urfeind Schwäche zu zeigen, und der damit angeblich Amerikas Sicherheit gefährdet, wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf die ohnehin eskalierend schlechten Beziehungen.

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Dass russische Energie-Geschäfte mitsamt den politischen Ambitionen des Kreml, mit anderen Ländern besondere bilaterale Beziehungen aufzubauen, von Amerika in strategischer Hinsicht begutachtet werden, an dessen globalem Anspruch auf ein Ordnungsmonopol gemessen und damit praktisch unter ihn subsumiert werden, ist nicht neu. Die Erpressungsmacht, mit der Amerika die Staaten traktiert, erfährt unter der Trump-Administration aber eine militante Verlängerung: Immer mehr Geschäfte, die andere Staaten aufgrund ihrer Mittel aus der imperialistischen Konkurrenzordnung Amerikas für sich herauszuwirtschaften verstehen, werden für unzulässig erklärt und haben zu unterbleiben.[22] In Bezug auf Russland exekutiert Amerika eine Sanktionspolitik, die die russische Nation mit ihren jetzigen Ambitionen auf dem Weltmarkt so nachhaltig schädigen soll, dass sie die Fähigkeit zu einer eigenständigen Großmachtpolitik verliert. Dass Russland sich die Mittel für seinen „Revisionismus“ am Weltmarkt verdient – das ist für Amerika in dieser Form nicht hinnehmbar und erfüllt in all seinen Facetten den Tatbestand eines (kriegsmäßigen) Angriffs auf die Pax Americana. Aus dem Umstand, dass sich Russland mit seiner Beteiligung am Weltmarkt stärkt, hat die US-Administration den Schluss gezogen, dass der Kreml den Frieden für seinen „Revisionismus“ nutzt, eben die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verwischt, so dass man Russland dieses Geschäft verunmöglichen, dem russischen Staat diese Grundlagen seiner Macht entziehen muss.

Amerika zielt mit seinem Wirtschaftskrieg auf die Diskrepanz der Machtmittel des modernen Russland: Putins Nation ist nach wie vor die zweitmächtigste Atommacht und bis herunter zum konventionellen Inventar ein ernstzunehmender Gegner, gar nicht mehr nur aufgrund des Erbes, sondern durchaus auch mit neu erworbenen militärischen Fähigkeiten. Die ökonomische Basis aber ist nach wie vor entscheidend bestimmt durch Rohstoffexporte, nach wie vor steht „Diversifizierung“ auf dem Programm, womit Russland zu Protokoll gibt, dass es in der Weltmarktkonkurrenz nur eine sehr bescheidene Rolle spielt.

Eine Ironie der Geschichte bzw. ein Triumph des Imperialismus besteht darin, dass die Methode, die Nation voranzubringen, auf die die Totengräber des realen Sozialismus gesetzt hatten, die Eingliederung und Benützung des Weltmarkts, nunmehr als Waffe gegen die Nation eingesetzt wird. So wird die große Wende vom imperialistischen Gegner ausgeschlachtet: Dank der Eingliederung in den Weltmarkt ist Russland jetzt in einer Weise angreifbar, wie es die Sowjetunion nie war. Amerika genehmigt Russland nicht die Chance auf einen kapitalistischen Aufbau, sondern nützt seine Schwäche gnadenlos aus, um Obamas Spruch von der „Regionalmacht“ ganz ohne echten Krieg wahrzumachen, für das verwegene Unterfangen, die zweitmächtigste Militärmacht der Welt, ausgerüstet mit einem atomaren Vernichtungspotenzial, das zur mehrfachen Auslöschung der Zivilisation geeignet ist, durch den Ruin ihrer ökonomischen Basis zur Kapitulation, zur Unterordnung unter die amerikanischen Diktate zu zwingen.

II. Russland hält dagegen

Was Amerika als „Revisionismus“ kennzeichnet, ist gutes russisches Recht

Ob das seinen „Partnern“ nun passt oder nicht, Russland erhebt Anspruch auf seine Anerkennung als gleichberechtigter, gewichtiger Mitmacher in der Staatenwelt. Es geht davon aus, dass es ein solches Recht besitzt, dass ihm die Weltordnung, in die es sich eingereiht hat, das schuldig ist:

„Die Wiederkehr Russlands als gleichberechtigter Partner, der niemandem etwas aufzwingt, der aber auch keine Diktate und Ultimaten von seinen Partnern entgegennimmt, wird von unseren westlichen Partnern nur sehr mühselig akzeptiert.“ (Außenminister Sergei Lawrow, Moskau, 15.3.18)

Mit seiner Wiederkehr will Russland an den Status der verschwundenen Sowjetunion anknüpfen. Putin bekennt sich zwar zum Realismus, dass deren Machtmittel gar nicht mehr verfügbar sind. Seine Partei „Einiges Russland“ denkt auch keineswegs daran, die Verabschiedung des alten Systems zu widerrufen, beansprucht aber sehr wohl auf Grundlage des immer noch gewaltigen Erbes eine Führungsrolle in der Weltordnung – von Gleich zu Gleich; das soll diese Weltordnung, nach russischer Auffassung ein System von Rechten und Pflichten, die das Zusammenleben respektabler Souveräne organisieren, schon hergeben.

Die russische Staatsführung ist schrittweise durch die Aktivitäten ihrer neuen Partner darüber belehrt worden, dass sie dabei nicht auf Zustimmung rechnen kann – ganz im Gegenteil: Sie hat die fortlaufenden Erweiterungen von NATO und EU registrieren müssen, die das Ziel verfolgen, den russischen Einfluss auf das eigene Kernland zurückzudrängen: die Fortschritte bei der Besetzung ihres strategischen Vorfelds bis unmittelbar an ihre Westgrenze durch den Umsturz in der Ukraine, die neue Bedrohung an ihrer Südgrenze durch den Beschluss der NATO, Georgien in ihr Kriegsbündnis aufzunehmen, die Stationierung von NATO-Truppen samt schwerem Gerät in Osteuropa und im Baltikum usw. Sie hat ebenso die militanten Manöver zum Umsturz traditionell befreundeter Regierungen im Nahen Osten, Libyen, Syrien zur Kenntnis nehmen müssen. Russland hat an all diesen Fällen die imperialistische Lektion gelernt, dass eine Anerkennung der Partner für seine vitalen Interessen nicht gratis zu haben ist, dass es sich selbst mit allen Mitteln, die es sich mittlerweile verschafft hat, um die Durchsetzung seiner Interessen, die Behauptung als respektable Macht größeren Kalibers kümmern muss.

Russland tritt daher als Ordnungsmacht in eigenem Auftrag auf und ringt weltweit um Einfluss auf Dritte, mit Angeboten auf den Gebieten Energie und Waffen; es bietet sich als erste Adresse für die (Wieder)Herstellung einer gerechten, multipolaren Weltordnung an, in der die legitimen Interessen eines jeden Staats aufgehoben sind; und es sichert seine Rechte seit dem gegen russischen Einspruch geführten Krieg des Westens in Libyen auch mit militärischer Gewalt: Ukraine, Syrien. Einordnung in und Unterordnung unter die Pax Americana kommt nicht in Frage; der amerikanischen Containment-Politik ist mit allen verfügbaren Mitteln zu begegnen.[23]

Mit dieser Politik hat es sich die erneuerte und verschärfte Feindschaftserklärung der USA und den daraus begründeten Wirtschaftskrieg eingehandelt, der sich die entscheidende Schwäche des modernen Russland, seinen unterentwickelten Kapitalismus, zunutze macht.

Putin stimmt sein Volk darauf ein, dass ein Kampf um die Behauptung der Nation ansteht

In seiner Rede vor der Föderalversammlung zum Auftakt der Präsidentenwahl macht Putin sein Volk damit bekannt, dass es wieder einmal vor einer Schicksalsfrage steht. Er will es aber auch gleich in die passende Laune versetzen, indem er ihm seinen exzeptionellen Volkscharakter erklärt: Der zeichnet sich geradezu dadurch aus, sich immer und immer wieder von solch existentiellen Herausforderungen überfallen zu lassen, nur um ganz groß daraus hervorzugehen:

„An solchen Wendepunkten hat Russland immer wieder seine Fähigkeit bewiesen, sich zu entwickeln und zu erneuern, neue Territorien zu entdecken, Städte zu bauen, den Weltraum zu erobern und große Entdeckungen zu machen. Diese unerschütterliche Vorwärtsbewegung, gepaart mit Traditionen und Werten, stellte die Kontinuität in der tausendjährigen Geschichte unserer Nation sicher. Wir haben große und schwierige Wandlungen durchgemacht und waren in der Lage, neue und äußerst komplexe wirtschaftliche und soziale Herausforderungen zu meistern.“ [24]

Und nach diesem Lob, mit dem Putin seinem Volk den Fortbestand unter eher ungemütlichen Verhältnissen hoch anrechnet, kommt er dann zur aktuellen Bewährungsprobe für die Haltbarkeit der unerschütterlichen Vorwärtsbewegung:

„Wir alle müssen erkennen, was in der Welt vor sich geht, was um uns herum geschieht und vor welchen Herausforderungen wir stehen. Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts steigt rasant an. Sie wächst dramatisch. Wer es schafft, diese technologische Welle zu bewältigen, wird weit vordringen. Diejenigen, denen das nicht gelingt, werden in dieser Welle versinken und ertrinken. Technologischer Rückstand und Abhängigkeiten führen zu verringerten Sicherheits- und Wirtschaftschancen des Landes und letztlich zum Verlust seiner Souveränität. So stehen die Dinge jetzt. Der Rückstand schwächt und erodiert zwangsläufig das menschliche Potenzial...
Es ist höchste Zeit, dass wir einige schwierige Entscheidungen treffen, die längst überfällig sind. Wir müssen alles beseitigen, was unserer Entwicklung im Wege steht und die Menschen daran hindert, ihr Potenzial voll zu entfalten. Es ist unsere Pflicht, alle Ressourcen zu bündeln und all unsere Kraft und Willenskraft in diese wagemutige Anstrengung einzubringen, die Ergebnisse bringen muss.
Andernfalls wird es weder für uns noch für unsere Kinder noch für unser Land eine Zukunft geben. Es geht nicht darum, dass jemand unser Land erobern oder zerstören könnte. Nein, das ist nicht die Gefahr. Die Hauptbedrohung und unser Hauptfeind ist die Tatsache, dass wir zurückfallen. Wenn wir diesen Trend nicht umkehren können, werden wir noch weiter zurückfallen. Das ist wie eine ernsthafte chronische Krankheit, die dem Körper beständig Energie entzieht und ihn Schritt für Schritt von innen heraus zerstört. Sehr oft findet dieser destruktive Prozess statt, ohne dass der Körper es bemerkt.
Wir müssen Schöpferkraft beweisen und die Entwicklung vorantreiben, damit uns keine Hindernisse davon abhalten, mit Zuversicht und unabhängig voranzukommen. Wir müssen und werden unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen.“ (Ebd.)

Die Rede vom Zurückfallen ist Putins Umschreibung für die kritische Lage, in der er seine Nation sieht, näher bestimmt mit dem Bild der technologischen Welle, die sein Volk vor die Alternative von Sieg oder Untergang stellt. Die entscheidende Gefahrenlage siedelt er explizit nicht auf militärischer Ebene an – vor einem neuen Überfall braucht sich sein Volk nicht zu fürchten, da verweist sein Chef auf all die neuen fulminanten Kriegsmittel, die er im Schlussteil der Rede vorstellt –, sondern bezeichnenderweise auf der Ebene des Kampfes um die Konkurrenzmittel kapitalistischer Produktivitätssteigerung. Mit dem Bild der „technologischen Welle“ bezieht er sich auf die aktuelle Konkurrenz der führenden Nationen um die Beherrschung des Weltmarkts, um die Monopolisierung der entscheidenden Mittel des technischen Fortschritts, der Informationstechnologien, durch die alle herkömmlichen Produktionsverfahren umgewälzt werden und eine gewaltige Entwertung der bisherigen Produktivkräfte in Gang gesetzt wird.

Auf dem Gebiet sieht Putin seine Nation vor der Alternative: mithalten können oder Untergang. Russland braucht laut Putins ständig wiederholter Rede einen breakthrough in Sachen Roboterausrüstung, künstliche Intelligenz, unbemannte Fahrzeuge, E-Commerce und Big-Data-Verarbeitungstechnologie. Eingeschlossen ist dabei selbstverständlich die enorme Bedeutung dieser Technologien fürs Militär, denn wer in dieser Konkurrenz verliert, hat ein für allemal den Status einer führenden Macht verloren:

„Russland muss sich unter den fünf größten Volkswirtschaften der Welt sicher behaupten, und bis Mitte des nächsten Jahrzehnts muss das BIP pro Kopf um 50 Prozent steigen. Dies ist eine sehr schwierige Aufgabe. Ich bin zuversichtlich, dass wir dazu bereit sind.“ (Ebd.)

Die Ansage aus Washington ist in Moskau also angekommen: Dass Putin die Notwendigkeit, den technologischen Fortschritt bewältigen zu müssen, unmittelbar mit dem drohenden Verlust von Souveränität zusammenschließt, begründet sich aus der Eskalation, in der Amerika den ökonomischen Verkehr zum Hebel des Angriffs auf die russische Souveränität macht. Der Wirtschaftskrieg per Sanktionen, kombiniert mit der Offensive auf dem Gebiet der Aufrüstung, die ja auch eine Art Wirtschaftskrieg darstellt, nämlich das Reagan-Programm, Russland durch eine Überforderung seiner ökonomischen Mittel ‚totzurüsten‘, wieder aufleben lässt, zielt eindeutig und unverhüllt darauf, den Status Russlands als einer autonom handlungsfähigen Macht zu untergraben. Und das Pathos, mit dem Putin seine Nation darüber unterrichtet, dass sie vor der Alternative Erfolg oder Untergang steht, dass sie also mit äußerster Dringlichkeit einen Kampf um die Durchsetzung ihrer Rechte bzw. in der aktuellen Zuspitzung gewissermaßen um ihre Existenz, um ihren Bestand zu führen hat, enthält insofern das Eingeständnis, dass Russland durch den amerikanischen Wirtschaftskrieg zu treffen ist: Technologisches Hinterherhinken, das Russland in die Abhängigkeit von anderen Nationen versetzt hat, bedeutet einen Verlust an „Sicherheit“ bis hin zum drohenden Verlust der staatlichen Selbstbestimmung.

Deshalb muss wieder einmal der Mensch im Mittelpunkt stehen

„Heute gehört Russland zu den führenden Nationen der Welt mit einem starken außenwirtschaftlichen und Verteidigungspotenzial. Aber wir haben das erforderliche Niveau noch nicht erreicht, um unsere äußerst wichtige Aufgabe zu erfüllen und Lebensqualität und Wohlstand der Menschen zu gewährleisten. Aber wir müssen das tun und wir werden das tun.
Wie ich bereits sagte, sind die Rolle und die Positionen des Staates in der modernen Welt nicht nur oder überwiegend durch natürliche Ressourcen oder Produktionskapazitäten bestimmt; die entscheidende Rolle spielen dabei die Menschen sowie die Bedingungen für die Entwicklung, Selbstbehauptung und Kreativität jedes Einzelnen. Daher hängt alles von den Bemühungen ab, das russische Volk zu erhalten und den Wohlstand unserer Bürger zu garantieren. Wir müssen in diesem Bereich einen entscheidenden Durchbruch erzielen.“ (Ebd.)

Um den Menschen und vor allem um dessen Kreativität muss sich die russische Staatsmacht einerseits ganz besonders kümmern wegen einer Unterabteilung der Weltmarkt-Konkurrenz, dem sogenannten ‚brain drain‘, der Auswanderungswelle der wissenschaftlich-technischen Intelligenz, durch die der Nation viel menschliches Potenzial geraubt wird:

„Neue Arbeitsplätze, moderne Unternehmen und ein attraktives Leben werden sich in anderen, erfolgreicheren Ländern entwickeln, in die gebildete und talentierte junge Menschen abwandern, wodurch der Gesellschaft lebenswichtige Kräfte und die Entwicklungsenergie entzogen werden.“ (Ebd.)[25]

Andererseits zielt der Westen mit den Sanktionen, die das russische Wachstum und damit auch die Lebensbedingungen des Volks inzwischen ziemlich generell schädigen, erkenntlich auf die Unzufriedenheit der Massen mit den schäbigen Lebensumständen in Russland und bemüht sich um die Herstellung, Ausrüstung und den Erfolg einer innerrussischen Opposition, die die Massen zum Aufstand gegen Putin und seinen ‚inner circle‘ animieren soll.

Aus dieser Sorge rührt die Besonderheit von Putins Ansprache an die Nation – dieser literarischen Gattung, die zur Zeit von vielen Staatschefs benützt wird, um ihren Völkern nachdrücklich klarzumachen, was Sache ist. Im Unterschied zu Trump, der seinen ‚hard-working Americans‘ den unnachsichtigen Durchgriff gegen auswärtige Feinde verspricht, im Unterschied zu Macron mit seinem Kampf gegen die Versorgungsmentalität der armen Leute macht Putin den russischen Staat ziemlich umfassend verantwortlich für die materiellen Lebensumstände seines Volks und verspricht diesem einen gewaltigen Schub an Verbesserungen auf allen Gebieten. Weniger deshalb, weil ihm dann doch wieder das alte realsozialistische Programm der Volksbetreuung sympathisch geworden wäre, sondern ausgerechnet aus Gründen der imperialistischen Selbstbehauptung. Schließlich taugt der ausbleibende Massen-Wohlstand in Russland als Agitationsstoff und Angriffsziel der amerikanischen Politik, um der russischen Macht ihre Basis abspenstig zu machen, einerseits per Abwerbung des wissenschaftlich-technischen Potenzials und andererseits per Aufstachelung einer Opposition im Inneren.

Daher gehört auch die Abteilung Kampf um die Volksmoral zu der Sorte von nationalem Aufbruch, den Putin seinem Volk verordnet: Es wird aufgeklärt über die grassierende Russophobie auf der einen Seite, aber auch gelobt für seine Fähigkeit, allen Anfeindungen standzuhalten – das verspricht ihm seine Regierung, die dieser interessanten Fähigkeit in Zukunft garantiert nachhelfen wird.

Zu den lauthals verkündeten Gegensanktionen kommt es nicht so recht

Im markanten Unterschied zu den USA, die sich im Vertrauen auf die eigene Stärke den Widerspruch der Sanktionspolitik leisten und in Kauf nehmen, dass damit auch eigene Wirtschaftsinteressen geschädigt werden, ist die russische Politik nach anfänglichen Kraftsprüchen, was sie alles an Gegenschlägen in Erwägung ziehen könnte, deutlich zurückgerudert. Russland verfügt zum einen nur über wenige Handelsartikel, mit deren Entzug es Amerika schädigen könnte.[26]

Umgekehrt sind sich die russischen Politiker gewiss, dass bei Gegensanktionen in Gestalt von Importverboten für amerikanische Produkte die weitaus massiveren Schäden auf der eigenen Seite anfallen.[27] Und eine sekundäre Sanktionierung, also Bestrafung der auswärtigen Unternehmen, die sich dem amerikanischen Regime unterwerfen, will man erst recht nicht in Betracht ziehen, nicht zuletzt aufgrund von Warnungen der eigenen Banken und Geschäftswelt:

„Herman Gref, Chef der staatlichen Sberbank, hatte zum Auftakt des Wirtschaftsforums davor gewarnt, nach US-Vorbild spiegelbildlich von russischer Seite Strafen für solche Unternehmen anzudrohen, die sich den US-Sanktionen unterwerfen und daher ihr Russlandgeschäft einschränken. Das bedrohe die ausländischen Investitionen, die Russland zu seiner Modernisierung brauche, so Gref.“ (Junge Welt, 26.5.18)
„‚Es [das Gesetz] muss ausgewogen sein und weder unserer eigenen Wirtschaft noch denen unserer Partner, die in Russland arbeiten, Schaden zufügen‘, sagte Putin auf einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.“ (TASS, 18.5.18)

Der russischen Politik steht schließlich ihr Dilemma nur zu deutlich vor Augen, dass das eigene Wachstumsprogramm mit dem wohlwollenden Umgang der den Weltmarkt bestimmenden Staaten steht und fällt. Mit dem Beschluss, einen fulminanten Kapitalismus aufzuziehen, haben sich ja keineswegs die dafür nötigen Kapitalmassen eingestellt, im Gegenteil. Mit seiner immer noch – verglichen mit potenten Wirtschaftsstandorten – bescheidenen Kapitalausstattung, seinem verhältnismäßig beschränkten Markt hat das Land den Sanktionen, die alle Geschäftsaktivisten vor die Alternative stellt, sich für Geschäftsbeziehungen mit den USA oder Russland entscheiden zu müssen, wenig entgegenzusetzen. Statt wirkungsvoller Gegensanktionen verlegt sich die russische Politik daher auf ein Programm zur Mobilisierung aller Mittel im Inneren.

Kampf um die Aufrüstung der nationalen ökonomischen Basis – eine unfreiwillige Bilanz der Schäden des Systemwechsels aus der Perspektive der nationalen Selbstbehauptung

Das Bekenntnis zu der Notwendigkeit, Russland durch die innere Entwicklung weniger angreifbar zu machen, ist identisch mit dem Eingeständnis der ökonomischen Notlage; Außenminister Lawrow beschwört einen Geist, der die Nation ergreifen muss,

„um unsere eigenen Fähigkeiten in wichtigen Bereichen der Wirtschaft, der Sicherheit und auf anderen Gebieten zu entwickeln, die für einen unabhängigen Staat unerlässlich sind. In den vergangenen Jahren haben wir viel gelernt, einschließlich der Tatsache, dass man sich in diesen Belangen nicht auf den Westen verlassen kann. Man kann sich nicht auf westliche Technologien verlassen, denn die können in jedem Moment abrupt unterbunden werden. Man kann sich nicht auf Güter verlassen, die entscheidend sind für das tägliche Leben der Bevölkerung und aus dem Westen kommen, denn das könnte auch unterbunden werden. Deshalb werden wir sicherlich daraus unsere Lehren ziehen.“ (Außenminister Sergei Lawrow im Interview mit Channel 4, Moskau, 29.6.18)

Putin verspricht Russland eine „bahnbrechende Entwicklung“

Putin geht in der Vorstellung des Programms seiner kommenden Amtsperiode den kompletten Katalog der Staatsaufgaben auf Russisch durch: Angekündigt werden Großaufgaben für den ideellen Gesamtkapitalisten in einem Riesenreich, dem die Transformation nicht gut bekommen ist: Das ganze Land muss kapitalistisch nutzbar gemacht werden, längst abgehängte und verwahrloste Zonen sind wieder zu erschließen, dazu gehört die Runderneuerung der Infrastruktur: Verkehrswege, Energie, Kommunikationsnetze... Der Übergang zu Industrie 4.0 muss mit eigenen Mitteln bewältigt werden, mit zu erstellenden Mega-Science-Forschungseinrichtungen: Wissenschaft und Forschung auf Weltniveau samt einem entsprechenden nationalen Bildungswesen. Das Volk selbst stellt eine sozialstaatliche Großaufgabe dar, verlangt ist die Pflege dieser wichtigsten Wachstumsbedingung, die erheblich unter der kapitalistischen Wende gelitten hat. Bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts muss Russland mit Sicherheit dem Club der Länder beitreten, die eine Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren haben, darunter Japan, Frankreich und Deutschland... Zu diesem Zweck muss ganz Russland einen Quantensprung in seiner Entwicklung machen. (Ansprache an die Föderalversammlung, a.a.O.) Gesundheitswesen, Wohnungsbau, der Wettbewerb um die besten Köpfe ... das alles muss her zwecks Herstellung einer brauchbaren Lohnarbeiterklasse.

Das Programm, eine Liste großartiger staatlicher Versprechungen für einen großen Schub nach vorne, präsentiert auf diese Weise eine vollständige Bilanz der nationalen Defizite, auch in der Form von eigentlich vorhandenen, aber stillgelegten, verschleuderten Ressourcen der großen Nation.

Importsubstitution mit gewissen Erfolgen

Die sogenannte Transformation hat eine auf die Herstellung von Gebrauchswerten verpflichtete und fast autarke Nationalökonomie unter die Direktive rentablen Produzierens gestellt, sie gleichzeitig der Konkurrenz der weltmarkttüchtigen Kapitale ausgesetzt und damit großflächig ruiniert.[28] Weil an die Stelle nationaler Produktionszweige bzw. technologischer Potenzen Importe getreten sind und mit ihnen lauter materielle Abhängigkeiten,[29] die die amerikanische Politik nun für ihre Bestrafungsaktionen ausnützt, hat Russland eine „Reindustrialisierung“ nötig.[30]

Dabei kann man sich zu Teilen auf das Interesse des EU-Kapitals verlassen, das sich so leicht seine Spekulation auf den großen russischen Markt nicht nehmen lässt: Eine Wirkung der Sanktionen besteht in einem vermehrten Kapitalexport aus der EU nach Russland. Erstens kann und will das Euro-Kapital einen so großen Markt einfach nicht ignorieren; zweitens hat der gefallene Rubelkurs günstige Bedingungen für produktive Anlagen in Russland geschaffen; drittens hat Putin auch Anreize dafür gestiftet, die nicht zuletzt der berühmte deutsche Mittelstand sehr gerne mitnimmt.[31]

Dabei setzt die russische Politik auch auf den Schaden, den Amerika in Europa verursacht, und bemüht sich darum, den wachsenden europäischen Antiamerikanismus als Hebel in Anschlag zu bringen. Putin rechnet den europäischen Geschäftspartnern wieder und immer wieder vor, was Amerika mit seiner Zerstörung anrichtet, auch um die politischen Hüter des EU-Kapitals auf seine Seite zu bringen:

„Bis vor kurzem basierte die globale Entwicklung auf zwei äußerst wichtigen entscheidenden Grundsätzen. Der erste ist die Freiheit der Geschäftstätigkeit, von Handel und Investitionen, wie sie in den allgemeinen Regeln festgelegt ist, die die Akteure der internationalen Beziehungen sich zu eigen gemacht haben. Der zweite ist die Nachhaltigkeit und Berechenbarkeit dieser Regeln, die durch klare rechtliche Verfahren garantiert ist. Heute erleben wir jedoch nicht einfach eine Erosion – und das sage ich mit Bedauern –, sondern die Unterminierung dieser Grundsätze. Das System der multilateralen Zusammenarbeit, das über Jahrzehnte aufgebaut wurde, wird gerade barbarisch zerstört, statt einer natürlichen und notwendigen Fortentwicklung unterzogen zu werden. Die Verletzung von Regeln wird zur Regel...
Es gibt hier viele Geschäftsleute unter den Zuhörern, und Sie wissen allzu gut, dass der Zusammenbruch von Vereinbarungen, wenn ein Vertragspartner sich aus dem Rechtsrahmen zurückzieht, immer zu bedeutenden Risiken und Verlusten führt. Das ist eine grundlegende Wahrheit, die für jedes Geschäft zutrifft. Auf globaler Ebene, wenn ganze Länder und wirtschaftliche Gravitationszentren so agieren, kann das den zerstörerischsten Konsequenzen den Weg bereiten. Das gilt besonders heutzutage, wo die Missachtung bestehender Regeln und der Verlust von wechselseitigem Vertrauen zusammenkommen mit der unvorhersehbaren Natur und der Turbulenz des stattfindenden radikalen technologischen Wandels.
Diese Kombination von Faktoren kann eine systemweite Krise auslösen, wie sie die Welt noch nicht oder schon lange nicht mehr gesehen hat. Sie wird ausnahmslos alle Beteiligten der Weltwirtschaftsbeziehungen erfassen... Das kann die Weltwirtschaft und den Welthandel tatsächlich weit in die Vergangenheit zurückwerfen, in die Zeit der Subsistenzlandwirtschaft, in der jeder Haushalt alles selbst produzieren musste. Das reduziert unweigerlich die wirtschaftliche Effizienz, senkt die Arbeitsproduktivität und verschwendet wissenschaftliche und technologische Errungenschaften, die das Leben zum Besseren wenden können.“ (St Petersburg International Economic Forum plenary session, 25.5.18).

Wo er recht hat, hat er recht, und viel Applaus von diesem Publikum, inklusive Macron und Abe, hat er auch bekommen. Bloß sind es wiederum die US-Sanktionen, die die Geschäftsinteressen dieser Partner auf die harte Probe stellen, welcher Schaden ihnen lieber ist: der Verlust des Russland- oder jener des Amerika-Geschäfts.

Das russische Finanzwesen: Der Kampf zur Erfüllung der Kriterien eines soliden Geldes, an denen sich Russland nach wie vor bewähren will

Bei seinem Durchgang durch den Aufgabenkatalog im Namen der nationalen Selbstbehauptung kommt der Präsident schließlich auch zum kritischen Punkt der Bedingung der Möglichkeit: Was muss und was kann der Staatshaushalt leisten, wozu reicht die Macht Russlands in der Konkurrenz, die ihm von Amerika aufgezwungen wird, in ökonomischer Hinsicht hin und wozu nicht. Bei dieser heiklen Frage fasst sich der Präsident auffallend kurz und leicht widersprüchlich:

„Lassen Sie mich betonen, dass wir solche fiskalischen Lösungen brauchen, die Haushaltseinnahmen auf allen Ebenen sicherstellen und die Umsetzung aller sozialen Verpflichtungen gewährleisten. Wichtig ist, dass sie das Wirtschaftswachstum fördern statt behindern. Der Aufbau von wirtschaftlichem Potenzial des Landes und seiner Regionen ist die Hauptquelle zusätzlicher Ressourcen. Um dies zu erreichen, sollten unsere Wirtschaftswachstumsraten die der Welt übertreffen. Dies ist eine schwierige Aufgabe, aber kein Fall von Wunschdenken.“ (Ansprache an die Föderalversammlung, a.a.O.)

Ein etwas verräterisches Dementi: Die nötigen Staatsausgaben, um ein solches Wachstum zu erzeugen, sollen erstens dasselbe Wachstum nicht „behindern“, sollen zweitens aber solche Dimensionen erreichen, dass die weltweit größte Wachstumsrate erzielt wird. Als ob nicht schon der laufende Haushalt durch all die Reparaturen belastet wäre, die die Sanktionen nötig gemacht haben.

Über deren bisherige Auswirkungen auf das russische Finanzwesen berichtet die Fachwelt in bemerkenswerter Borniertheit, insofern sie ausgerechnet da eine Reihe russischer Erfolge entdeckt: Z.B. hat Russland seine Auslandsschulden drastisch abgebaut:

„Die Hauptwirkung der Sanktionen besteht derzeit darin, dass die russischen Banken die Kreditvergabe an die Sektoren übernehmen müssen, auf die sich die Maßnahmen beziehen. Aber selbst das war nicht schlecht für das Land. Ohne die Möglichkeit, ihre Auslandsschulden zu verlängern, zahlten viele Unternehmen und Regierungsstellen sie im (wahrscheinlich unbeabsichtigten) Ergebnis schneller aus. Die Auslandsverschuldung Russlands ist bis Ende 2015 auf 75 Milliarden US-Dollar zurückgegangen, die Hälfte des Betrags vor der Verhängung der Sanktionen.“ (Stratfor, 1.6.17)[32]

Der Maßstab für diese missmutige Erfolgsmeldung ist offenkundig die Tatsache, dass Russland noch nicht zur Erklärung des Staatsbankrotts gezwungen worden ist, dass es sich mit seinen umfänglichen Rohstoffexporten und entsprechenden Deviseneinkünften so leicht nicht in eine „Schuldenfalle“ treiben lässt, auf deren Grundlage man dann der Nation gutes Benehmen diktieren kann. Allerdings fällt bei dieser Betrachtungsweise unter den Tisch, dass der angebliche Erfolg identisch ist mit dem partiellen Rückzug vom internationalen Finanzmarkt, dass Russland damit auch vom Zugang zu dem kapitalistischen Wachstumsmittel überhaupt, dem internationalen Kredit, abgeschnitten wird.

Die Programme zum Abbau der Auslandsschulden von Unternehmen und Regionen ebenso wie die Anstrengungen der Nationalbank, gegen den durch Sanktionen und Ölpreisverfall bewirkten Verfall des Rubels anzugehen, haben die Devisenreserven und Staatsfonds entsprechend strapaziert. Angesichts der vergangenen, neuen und angekündigten Angriffe kämpft Russland weiterhin um die Bewahrung und Aufstockung seiner Finanzreserven sowie die „Stabilisierung“ seiner Währung, um der internationalen Geschäftswelt den Rubel als eine – relativ – brauchbare Geldware zu präsentieren; es bemüht sich vorschriftsgemäß um die Kontrolle von Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung und legt einen entsprechenden Sparhaushalt auf, der vor allem eine größere Rentenreform in Angriff nimmt. Der bei weitem größte Posten im Haushalt soll durch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters reduziert werden. Diese – nach hiesigen Maßstäben eigentlich grundvernünftige, schon längst überfällige – Maßnahme hat im Westen großes Mitleid mit den geplagten russischen Rentnern ausgelöst, weil damit wieder gewisse Hoffnungen aufblühen: Trotz des großen nationalen Zirkus um die WM gelingt es Putin nicht, den lebhaften Protest der Bevölkerung zu verhindern. Seine Beliebtheitswerte brechen ein, und die westliche Spekulation auf ein Ende seiner Amtsführung hat wieder Auftrieb.

Das trägt auch dazu bei, den harten Kern seiner Botschaft ans Volk klarer werden zu lassen: Die vollmundigen Ankündigungen vom großen Sprung nach vorne bei der Verbesserung der allgemeinen Lebenslage reduzieren sich auf das Programm, dass Russland samt seinem Inventar die Schläge aushalten können muss, die ihm der amerikanische Wirtschaftskrieg versetzt.

Kampf um die weitere Benützung eines Weltmarkts, aus dem Amerika Russland ausschließen will

Die russische Diplomatie betont trotz der heftigen Sanktionen unablässig ihre Kooperationsbereitschaft im internationalen Geschäftswesen, und das ist mehr als eine diplomatische Floskel: Gegen die amerikanischen Anstrengungen, russisches Kapital schrittweise aus dem Weltmarkt zu verdrängen, wird darauf beharrt, sich den Weltmarkt zunutze zu machen – eben aufgrund der elementaren Notlage, in die der gesamte Wirtschaftsaufbau dank seiner Eingliederung in diese schöne Institution geraten ist.

Dagegen tritt die Nation an mit den Mitteln, die sie hat. Sie führt einen Kampf um die Aufrechterhaltung ihrer internationalen Zahlungsfähigkeit, vergrößert die Exporte von Öl und Gas, kooperiert als einer der größten Exporteure zunehmend mit der OPEC bzw. Saudi-Arabien, um Einfluss auf den Ölpreis zu nehmen, und profitiert zwischenzeitlich sogar wieder einmal von dessen Steigen, nachdem Trump seine Sanktionen gegen den Iran verkündet.

Die Tatsache ist Putin allerdings auch nicht verborgen geblieben, dass die überwältigende amerikanische Macht über die Staatenwelt in Gestalt der grünen Zettel zirkuliert, auf denen ja nicht nur das gesamte Ölgeschäft basiert, sondern die gesamte Einrichtung namens Weltmarkt.

„Wir müssen den Grad unserer wirtschaftlichen Souveränität erhöhen, aber das ist keine einfach zu entscheidende Sache. Öl wird in Dollar gehandelt. Sicher, wir denken darüber nach, was zu tun ist, um uns von dieser Last zu befreien... Dabei geht es nicht nur um eine Trennung vom Dollar; dabei geht es auch um die Notwendigkeit, unsere wirtschaftliche Souveränität zu stärken. Unsere Gold- und Devisenreserven werden diversifiziert, und das werden wir auch weiterhin tun.“ (TASS, 8.5.18)

Unter der Drohung aus Amerika, Russland grundsätzlich jeden Handel mit dem Dollar zu verbieten, versucht die russische Nationalbank den Wert ihrer entsprechenden Reserven zu retten, indem sie große Teile ihrer Dollartitel veräußert:

„Russland hat in diesem Frühjahr offenbar seine Bestände an US-Staatsanleihen deutlich reduziert... Die Zentralbank [hat] allein im April US-Papiere im Wert von 47 Milliarden Dollar abgestoßen. Das sei rund die Hälfte des in Moskau gehaltenen Bestandes. Gleichzeitig setzte die russische Zentralbank ihre Ankäufe von Gold fort. Im zweiten Quartal dieses Jahres stieg der Bestand von 1.857 auf 1.909 Tonnen. Damit sind die russischen Goldreserven nun die zweithöchsten in eigener Hoheit gebunkerten der Welt außerhalb der USA. Gleich dahinter unter den goldhortenden Nationen steht China mit 1.843 Tonnen des Edelmetalls in den Safes der Nationalbank. Beide Länder haben ihre Goldbestände seit dem Beginn der weltpolitischen Konfrontation systematisch erhöht – in Russland zum Beispiel von 1.352 Tonnen im Sommer 2015 um fast die Hälfte innerhalb von drei Jahren.“ (Junge Welt, 29.6.18)[33]

Auf die laufenden Drohungen, Russland aus dem Zahlungssystem SWIFT auszuschließen, reagiert die Nationalbank mit einer Mischung aus Durchhalteoptimismus, technischen Planspielen und Entsetzen:

„Dem russischen Vizepremier Arkady Dworkowitsch zufolge bereiten sich die russischen Banken und Finanzinstitutionen darauf vor, aus dem SWIFT-System auszusteigen... ‚Sicherlich ist es unangenehm, denn es wird für Unternehmen und Banken ein Stolperstein sein und die Arbeit verlangsamen. Es wird unvermeidlich sein, einige ältere Technologien für den Informationstransfer und die Berechnungen einzusetzen... Im Allgemeinen wäre die Loslösung Russlands vom SWIFT-System ein wahnsinniger Schritt aus Sicht unserer westlichen Partner. Es ist offensichtlich, dass dies für die Unternehmen, die in Europa und den USA arbeiten, schädlich wäre‘...
Im vergangenen Jahr sagte Notenbank-Chefin Elvira Nabiullina, dass der Bankensektor im Falle einer Abkoppelung von SWIFT alle notwendigen Vorkehrungen für den weiteren Austausch von Kreditgebern und Zahlungssystemen getroffen habe. Nach Angaben der Notenbank wurden 90 Prozent der Geldautomaten in Russland dafür präpariert, um das Zahlungssystem Mir, inländische Version von Visa und MasterCard, zu übernehmen. Das Zahlungssystem Mir wurde im Jahr 2015 eingeführt, nachdem Kunden mehrerer russischer Banken (SMP Bank, InvestCapitalBank, Russia Bank und Sobinbank) aufgrund der Sanktionen Visa und MasterCard nicht nutzen konnten.“ (Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 15.2.18)
„Russlands Alternative zu SWIFT ... Die russische Zentralbank zieht die Möglichkeit in Betracht, die Ethereum-Blockchain-Technologie Masterchain (eine gemeinsame Entwicklung der FinTech Association, der Behörde und russischer Banken) zu benützen, um einen einheitlichen Zahlungsraum in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) herzustellen. Das System zur Übermittlung von Finanzinformationen, das auf der Blockchain-Technologie beruht, soll die Finanzkommunikation von SWIFT übernehmen. In einem ersten Stadium wird die Plattform nur im Land operieren, während die Behörde aber plant, sie später als Basis für den gesamten Finanzverkehr zwischen den EAEU-Mitgliedern einzusetzen.“ (TASS, 18.4.18)

Entgegen dem Zweckoptimismus, dass auch Russland seine IT-Genies hat, die schon eine Blockchain gebastelt haben, die ja möglicherweise auch im euroasiatischen Wirtschaftsbündnis funktionieren könnte, ist den Nationalbankern offensichtlich schon einigermaßen klar, was es bedeutet, aus dem System der Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs ausgeschlossen zu werden: Auf diese fundamentale Weise wird die Nation international schlicht zahlungsunfähig gemacht,[34] gewissermaßen ökonomisch exkommuniziert, aus dem Geldverkehr ausgeschlossen, von dem die Nation lebt. Was die USA ja schon einmal am Iran mit durchschlagender Wirkung durchexerziert haben und gerade wieder auf die Tagesordnung setzen.

Das Bemühen um Bündnisse gegen Amerika, das allerdings seinen Preis hat – siehe China

„Im Übrigen helfen uns unsere Partner, wenn sie all diese gesetzeswidrigen Beschränkungen einführen und die Prinzipien des globalen Handels verletzen, denn dann sieht die ganze Welt, dass das Dollar-Monopol unzuverlässig ist; es ist für viele gefährlich, nicht nur für uns.“ (Putin, TASS, 8.5.18)

Dass unsere Partner die ganze Welt spüren lassen, zu welchem Zerstörungswerk der Einsatz des Dollar, des unhintergehbaren Weltgelds und der maßgeblichen Kreditquelle als Hebel für ihre Wirtschaftskriege fähig ist, wird schon so sein. Dass diese Tatsache Russland „hilft“, weil der nicht-amerikanische Rest der Welt die Notwendigkeit einsehen muss, gemeinsam und geschlossen den USA entgegenzutreten, ist eher nicht zu erwarten.

Bei einem seiner wichtigsten Geschäftspartner, bei der EU, kann Russland schon gleich nicht auf irgendeine Sorte von Hilfe rechnen. Europa laviert zwischen einerseits dem berechnenden Eingehen auf die amerikanische Sanktionspolitik, auch aufgrund seiner eigenen Händel mit Russland – siehe z.B. den Fall Ukraine –, bei denen es den russischen Widerstand gegen seine Osterweiterungen mit eigenen Repressalien „bestraft“. Andererseits leidet die EU, allen voran Deutschland mit seinem Nord-Stream-2-Projekt, an ihren schon eingetretenen oder drohenden ökonomischen Schädigungen durch die sekundären Sanktionen und versucht sich an einer Verteidigung ihres Russland-Geschäfts gegenüber den USA mit einer Mischung aus Unterordnung und Beharren auf ihren Interessen. Von der früher einmal unter Kanzler Schröder hoffnungsfroh angekündigten „strategischen Partnerschaft“ mit Russland ist jedenfalls nicht viel mehr übrig geblieben als die stereotype Verkündung Merkels, wie wichtig es sei, weiter im Gespräch zu bleiben, um vom eigenen Einfluss auf Russland und dessen ökonomischer Ausnützung so viel wie möglich zu retten.

Was Russland mit seiner Suche nach Bündnispartnern allenfalls hinbekommt, z.B. im Hinblick auf die Türkei, das sind Ansätze zu einer Sammlung von gleichfalls von Amerika Geschädigten, d.h. aber auch zu einer Ansammlung von Staaten, die weniger für eine wirkungsvolle Hilfe geeignet sind, sondern öfter sogar in der Hauptsache Lasten und Kosten verursachen – siehe Venezuela, Kuba, Iran und auch Syrien.

Russland tut zwar sein Bestes, um die Geschäftsschädigung durch die Sanktionen durch vermehrte Angebote an alternative Geschäftspartner zu kompensieren, [35] ohne dass diese Segmente des Weltmarkts aber für einen substanziellen Ersatz geeignet wären. Die große Ausnahme in diesen Anläufen, eine Allianz der Opfer, der durch die USA Geschädigten, aufzustellen, bildet China, das bei der Identifizierung der Hauptfeinde Amerikas ebenfalls an prominenter Stelle rangiert und das aufgrund seiner ökonomischen Potenzen für den Behauptungskampf Russlands immer unverzichtbarer wird. Was sich Russland mit diesem Bündnis allerdings einkauft, hat weniger mit brüderlicher Hilfe zu schaffen, vielmehr verfolgt diese Großmacht in diesem Verhältnis sehr dezidiert und systematisch ihre eigenen Berechnungen.

China hat sich sowohl als Helfershelfer bei der Umgehung von Sanktionen bewährt als auch und vor allem als Kreditgeber für Russland.[36] Dabei dürfte es der russischen Regierung nicht entgangen sein, dass die chinesische Hilfe sich in sehr eindeutiger Weise darauf konzentriert, welche russischen Potenzen für das chinesische Weltmacht-Projekt als brauchbar beurteilt werden und welche nicht: China betreibt unter Ausnutzung der imperialistischen Notlage Russlands dessen zunehmende Verwandlung in eine chinesische Rohstoffbasis.[37] Im Waffenhandel hat es Russland erfolgreich dazu erpresst, nicht mehr nur die Gerätschaften zu verkaufen, sondern auch die Lizenzen für eine chinesische Eigenproduktion, also auch dazu, die eigene Rolle als militärischer Ausrüster und die damit verbundene Machtposition zu relativieren.

Ebenso wenig dürften Putin und Co übersehen haben, wie China mit seiner finanzkapitalistischen Potenz im Rahmen des Seidenstraßen-Projekts quer durch ganz Asien bis nach Europa auch die Teilnehmer der Eurasischen Wirtschaftsunion an sich bindet und damit Russlands dominierende Stellung im Wirtschaftsbündnis mit den ehemaligen Sowjetrepubliken untergräbt, also in bilderbuchmäßiger imperialistischer Logik auf der Vereinnahmung von ganzen Staaten per Kredit die Ausdehnung seiner Macht aufbaut, auch auf Kosten des russischen Bündnispartners. Die westlichen Konkurrenten spucken Gift und Galle angesichts der Tatsache, dass China ihre eigene Methode zur Unterordnung anderer Staaten erfolgreich kopiert, nämlich mit seinen Kreditmassen ganze Länder in die Schuldenfalle treibt, d.h. aus chinesischer Sicht natürlich „entwickelt“. Demgegenüber bleibt Putin nicht viel anderes übrig, als China für dessen Einsatz zum beiderseitigen, aber höchst unterschiedlichen Nutzen zu danken:

„Die Seidenstraßen-Strategie mit der Eurasischen Wirtschaftsunion ... ist von vitaler Bedeutung für uns, denn China ist unser wichtigster Handels-, Wirtschafts- und strategischer Partner im umfassendsten Sinn des Wortes. Es ist China, mit dem wir am meisten Handel treiben, über 63 Mrd... Was die Idee der Seidenstraße angeht, habe ich wiederholt gesagt, dass sie mit der Entwicklung der Eurasischen Wirtschaftsunion und der umfassenden Partnerschaft, die wir vorgeschlagen haben, absolut kompatibel ist und zu ihr passt... China hat sich an unseren größten Projekten beteiligt, einschließlich derjenigen in der Arktis... Zum Beispiel haben wir kürzlich Phase Eins der Yamal LNG-Anlage gestartet... Wir haben ein wunderbares Hochgeschwindigkeitsbahnprojekt. Darum geht es bei der Seidenstraße. Wir werden gerne den Hochgeschwindigkeitsverkehr von China durch Russland nach Westeuropa unterstützen... Wir haben große Projekte im Bereich der Hochtechnologie, Raumfahrt, Flugzeugindustrie und so weiter.“ (Wladimir Putins jährliche Pressekonferenz, 14.12.17)

Um den eigenen Außenhandel von der Verpflichtung auf den Dollar-Verkehr zumindest partiell unabhängig zu machen, hat sich Russland zudem bereitgefunden, den Yuan als Zahlungsmittel für seine Ölexporte nach China zu akzeptieren, und macht sich auch in der Hinsicht zum Diener an Chinas Aufwuchs zur Weltmacht.

Ein gemeinsamer Feind ist schließlich auch im Osten der beste Grund und Kitt für eine Freundschaft unter Staaten, die sich nicht zuletzt in der wachsenden militärischen Kooperation der beiden Mächte mit großangelegten Manövern niederschlägt. Die Frage ist allerdings, wie gemeinsam diese Feindschaft gegen die USA in der Sache wirklich ist.

III. Der Kampf der USA gegen russische Subversion im Internet geht weiter Achtung, Feind bloggt mit!

Seitdem Trump gewagt hat, sich in Helsinki mit Putin zu treffen, eskaliert in Amerika die Beschwörung der akuten Gefahr, dass Russland den Wahlkampf für die kommenden ‚Halbzeitwahlen‘ im Herbst unterminiert. Mit diesem Vorwurf, der Anklage anderer russischer Cyber-Verbrechen wie angeblicher Eingriffe in amerikanische Energienetze, der Entlarvung einer russischen Spionin, die ausgerechnet die National Rifle Association unterwandert haben soll (fragt sich nur, womit man schießwütige Amerikaner unterwandert), und den üblichen Vorwürfen an Putins Adresse organisiert die amerikanische Politik samt Öffentlichkeit einen Verfolgungswahn, der dem Geist der McCarthy-Epoche allmählich ziemlich ähnlich wird, auch wenn in Amerika nicht mehr der leiseste Hauch von Kommunismus zu spüren ist.

Die Kampagne bedient sich der neuen Gefahrendiagnose in Sachen ‚Fake News‘

Der nationale Geheimdienstkoordinator der USA, Coats:

„Russland ziele darauf ab, ‚unsere demokratischen Werte zu untergraben und einen Keil zwischen unsere Verbündeten zu treiben... Es gehe dabei nicht nur um den laufenden Wahlkampf. Es handle sich dabei um einen Informationskrieg.‘“ (Ntv, 2.8.18)

Damit der schlichte Tatbestand, dass sich Russland bzw. russische Blogger daran versucht haben, sich ins nationale Meinungswesen einzuklinken, um Wahlkampfhilfe für Trump und die Republikaner zu leisten, auch gehörig gewürdigt wird, wird diese Absicht zu einer noch viel grundsätzlicher feindseligen Absicht aufgeblasen, mindestens zu einem Angriff auf die Institution der Wahlen, wenn nicht – das liegt dann ja auch auf der Hand – zu einem Angriff auf die Demokratie überhaupt. Dabei fallen interessante Opfer an, unsuspecting Americans, die sich mit ihren Meinungen im Netz herumtreiben und sich mit ihren Gefühlen angesichts gesellschaftlicher Probleme verführen lassen. Adam Schiff, der führende Demokrat im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses:

„Ausländische Einfluss-Agenten sind nach wie vor dazu in der Lage, schlichte Gefühle und Spaltungen in der Gesellschaft zu manipulieren, um nichtsahnende Amerikaner auszunützen, die dieselben Social Media als Instrument für legitime politische Meinungsäußerung, Organisation und Interessenvertretung nutzen.“ (Zitiert in: Anti-Racism Groups Feel Tarred by Facebook’s Fight Against Fake Accounts, Foreign Policy, 1.7.18)

Mit welchen richtigen oder verkehrten, intelligenten oder blödsinnigen Mitteilungen der Russe nichtsahnende und gutgläubige Amerikaner überfällt; mit welchen Falschmeldungen er das brave Volk emotional aufwühlt und spaltet (statt sich an der Wahrheitsliebe und dem Geist der Versöhnung ein Vorbild zu nehmen, wie beispielsweise Radio Liberty und Radio Free Europe sie ausstrahlen), das halten Politiker wie Coats und Schiff für völlig belanglos. Was man dem Bürger aber gar nicht oft genug sagen kann, damit er es sich merkt, ist erstens, dass Russland ganz prinzipiell verwerfliche Absichten verfolgt und dass es zweitens auch noch fähig ist, sie zu verwirklichen. Kurz: eine öffentliche Aufklärung, die sich wohltuend von russischer Manipulation unterscheidet!

Bekommt man dann auch mal zu hören, was die angeblichen russischen Trolle so alles vom Stapel gelassen haben sollen, fragt sich schon, inwiefern sich das dazu eignen soll, als nationale Gefahr auf der höchsten Ebene, nämlich als Informationskrieg, als Bestandteil einer hybriden Kriegsführung eingestuft zu werden.

Die Machart der russischen Versuche, eine auswärtige Öffentlichkeit im russischen Interesse zu beeindrucken

Die auf Außenwirkung berechneten russischen Medien – siehe Russia Today, SputnikNews etc. – gehorchen einem simplen Prinzip, dem der politmoralischen Retourkutsche.

Russland ist auf dem Gebiet der internationalen Öffentlichkeit zu einer Offensive übergegangen, die aus der russischen Beschwerde über die westliche antirussische Propaganda folgt, der Beschwerde über ein Messen mit zweierlei Maß, den sogenannten Doppelstandards. Gemeint sind die Standards aus dem westlichen Wertehimmel, der Zweieinigkeit von Marktwirtschaft & Demokratie, anhand derer Russland zunehmend Verstöße und Verbrechen zum Vorwurf gemacht werden. Diese Anklagen werden mit großem Fleiß in Serie gefertigt nach dem in jahrzehntelangem Antikommunismus erprobten Muster, dass die Nachfahren des Zaren im Kreml systematisch gegen alles verstoßen, was uns heilig ist: Autokratie, Diktatur, Meinungsterror statt Freiheit; Staatswirtschaft und Unterdrückung von Initiative anstelle eines freien Geschäftswesens. Dazu gekommen ist im Unterschied zum früheren Feindbild eigentlich nur die Rolle des Vorwurfs der „Korruption“, der gegenüber der Sowjetunion eher weniger Gewicht hatte als heute, wo er gerne als der eigentliche Zweck der russischen Nationalwirtschaft behauptet wird.

Die politische Klasse in Russland fühlt sich angesichts dieser Hetze und der politischen Behandlung, die ihr zuteil wird, zunehmend beleidigt – und das auch mit einem gewissen Recht: Schließlich verdankt sich ja ihr ganzes Projekt, die Nation auf neue Füße zu stellen, der „Einsicht“ in die Überlegenheit des westlichen Systems. Ihr Kampf darum, die verheerenden Wirkungen der Jelzin-Epoche auf die ökonomischen Grundlagen rückgängig zu machen, gehorcht nach wie vor dem Programm, das Erbe der sowjetischen Industrie und Landwirtschaft in eine Ansammlung von kapitalistischen Geldquellen umzurüsten. Und die Einrichtung einer Parteienkonkurrenz samt entsprechenden Wahlen und demokratischem Personenkult, die Einrichtung einer Öffentlichkeit, in der sich die landesweite Unzufriedenheit ebenso gut austoben wie eines Besseren belehren lassen soll, kopiert ja auch nichts anderes als das große westliche Vorbild.

Dass das Ganze längst nicht so stromlinienförmig funktioniert wie in den Vaterländern dieser Standards, ist auch kein Wunder – gäbe es das todsichere Rezept, wie man einen erfolgreichen Kapitalismus herstellt, wäre die Welt nicht voll von ‚failed states‘. Schließlich ist der russische Aufbruch in einem Weltmarkt vonstattengegangen, der bereits von lauter potenten Akteuren besetzt ist und in dem man mit dem Prinzip, sich zu öffnen, nichts als den Beweis der eigenen mangelnden Konkurrenzfähigkeit kassiert, in die Hierarchie der Souveräne als ein Staat eingereiht wird, der außer Rohstoffen und Waffen eigentlich nichts zu bieten hat – weil ja alles andere anhand der Direktive von oben, sich durch Rentabilität auszuzeichnen, erst einmal gründlich kaputtgemacht worden ist.

Es ist ein trostloser Witz, dass der antirussische Furor im westlichen Lager sein Material ausgerechnet aus Putins Versuchen bezieht, aus dem postsowjetischen Desaster mit aller verfügbaren Macht einen potenten kapitalistischen Standort zu machen; aber warum sollte man auch den äußerst marktwirtschaftlichen Zweck der Herrschaft in Russland zur Kenntnis nehmen, wenn man die russischen Versuche, sich als ernst zu nehmende Weltmacht wieder aufzustellen, als einen einzigen Verstoß gegen die heiligen Prinzipien westlichen Regierens denunzieren will?

Die russische Politik hat sich angesichts dieser Anfeindungen dazu entschlossen, dem entgegenzutreten. Gegen die antirussische Propaganda hat die Kreml-Führung mit Organen wie Russia Today oder SputnikNews ihre Gegenpropaganda eröffnet: Russische Öffentlichkeitsarbeiter besichtigen die Zustände in den führenden westlichen Nationen und der von denen regierten Welt rauf und runter, von Amerika bis nach Somalia akribisch auf sämtliche Phänomene, an denen sich den westlichen Sittenrichtern vorrechnen lässt, dass sie selber unentwegt und überall gegen ihre eigenen hehren Prinzipien verstoßen, also mit zweierlei Maß messen und in verlogener Weise Doppelstandards anwenden. Damit soll dann bewiesen werden, dass es den westlichen Instanzen gar nicht zusteht, die Rolle des übernationalen Schiedsrichters über gutes Regieren zu übernehmen, Russland immerzu Lektionen erteilen zu wollen. Am Maßstab dieser schönen „Prinzipien“ und „Standards“, zu deren berufenem Hüter sich das neue Russland erklärt, serviert die russische Aufklärungskampagne ihren Adressaten also die moralische Dummheit, dass sich keiner ein Recht auf Kritik anmaßen soll, der selbst Dreck am Stecken hat.

Der eigenen Nation wird die wachsende Feindseligkeit im Westen als zunehmende Russophobie, also als gewissermaßen grundlose Gemeinheit vor Augen geführt. Irgendwelche Gründe für diese Unsitte von Phobie lassen sich nicht auffinden, da wird allenfalls noch einmal der Topos des alten Denkens bemüht, das rätselhafterweise auch nach 28 Jahren Systemwende im Westen immer noch nicht ausgestorben ist...

Auf diese Weise führt das neue Russland auf der Ebene der Öffentlichkeit einen Kampf um Anerkennung als gleichberechtigte Macht, eine Macht, die sich die Belehrungen und Bevormundung aus dem Westen nicht gefallen zu lassen braucht – und erntet mit dieser Sorte von Propaganda die zeitgemäße Erneuerung des Vorwurfs der Subversion: nämlich, laut der Anklage von Adam Schiff, die Manipulation nichtsahnender Amerikaner, die sich mit ihren schlichten Gefühlen anscheinend auch öfter über gesellschaftliche Missstände in Amerika aufregen.

Denn das hat Russland sich ja mit seiner Gegenpropaganda zuschulden kommen lassen, dass es sich damit im amerikanischen Wahlkampf bemerkbar gemacht hat. Die russische Staatsführung war eine der wenigen – falls es überhaupt noch andere gibt –, die die Wahl Trumps lebhaft begrüßt und sich im Vorfeld dafür starkgemacht haben, aus dem einfachen Grund, dass sie bereits ihre Erfahrungen mit Hillary Clinton in Obamas Regierung als Scharfmacherin gegen Russland gemacht hatte. Reklame für Trump im Internet, und die auch noch kombiniert mit Hinweisen auf zu reparierende amerikanische Missstände, um amerikanische Wähler für einen Präsidenten Trump mit einer weniger ausgeprägten Russland-Feindschaft zu mobilisieren – das bedeutet nichts Geringeres als, in den Worten von Coats, unsere demokratischen Werte zu untergraben.

„Russiagate“

Seit die demokratische Partei sich dazu entschlossen hatte, die Verluste an Wählerstimmen, die sich anhand der Enthüllungen über ihre Intrigenwirtschaft gegen Bernie Sanders und die während des Wahlkampfs erneuerten Ermittlungen des FBI gegen Hillary Clinton und ihre E-Mails eingestellt hatten, russischen Urhebern und Machenschaften zuzuschreiben, ist die Behauptung, Russland verfolge den Zweck, die freien Wahlen zu unterminieren, aus der amerikanischen Politik nicht mehr verschwunden.

Vielmehr ist daraus ein beherrschendes Thema geworden, weil diese Charakterisierung neuartiger russischer Subversion in Amerika erstens das zugkräftigste „Argument“ darstellt für all die Gegner, die sich Trump mit seinem Kampf gegen das politische Establishment samt deren Medien verschafft hat und die ihm ans Leder wollen: ein Fall von Kollaboration mit dem Feind – welcher Art auch immer. Und zweitens funktioniert diese Waffe deshalb so hervorragend, weil in Trumps Besichtigung der Welt, die America das ‚first‘ bestreitet, Russland einfach nicht an prominenter Stelle vorkommt. Stattdessen werden Trumps verschiedentliche Sympathiebekundungen gegenüber Putin als starkem Leader seines Schlages, etliche Kontakte der Trump-Entourage zu russischen Diplomaten oder angeblichen Gewährsmännern Putins als Stoff für den Verdacht verarbeitet, ob es sich da nicht um eine Marionette Putins handelt.[38] Das ist zwar einigermaßen irrenhausreif bei einem Protagonisten, der nichts anderes im Hirn hat als America first!, aber daran blamiert sich die Kampagne keineswegs; bei der ehrwürdigen Wahlkampftechnik der Rufschädigung gibt es in Amerika schließlich nichts Vernichtenderes als den Verdacht auf ‚unamerican activities‘. Und diese Indizien sind im inneramerikanischen Machtkampf um die Amtsausübung Trumps längst zum Grund und Stoff für ein rechtsstaatliches Verfahren gegen ihn bzw. sein Umfeld geraten – die Mueller-Kommission und ihre Ermittlungen, die die große Mannschaft der Trump-Gegner mit der Hoffnung auf ein mögliches Impeachment verfolgt.

Den vorläufigen Höhepunkt hat diese Kampagne seit dem Gipfel in Helsinki erreicht, auf dem Trump Putin zwar nicht das geringste amerikanische Zugeständnis auf irgendeinem Gebiet gemacht hat – außer eben dem der diplomatischen Würdigung in Gestalt des Gipfels, auf dem man gewissermaßen von Gleich zu Gleich aufgetreten ist, anstatt Putin wie einen Delinquenten zu behandeln, der nichts verdient außer einer Liste von Schuldbezichtigungen und diplomatischer Brüskierung. Dieser Auftritt war in den Augen von Trumps Kritikern schon schlimm genug. Was dann aber den heiligen Zorn der gesamten politischen Klasse über Trump gebracht hat, war dessen Weigerung, sich der provokativen Frage eines US-Journalisten zu stellen, wem er mehr Glauben schenkt: den US-Geheimdiensten oder etwa Putins Versicherungen, den amerikanischen Wahlkampf nicht manipuliert zu haben. Mit entsetzten bis wutentbrannten Reaktionen aus den oberen Etagen der amerikanischen Politik wird das als Verrat an den nationalen Geheimdiensten gegeißelt, an diesem Hort von Objektivität (siehe z.B. deren Erkenntnisse über die später dann nicht auffindbaren Massenvernichtungswaffen Saddams, die als Begründung für die Notwendigkeit gedient haben, den Irak mit Krieg zu überziehen). Mit diesem patriotischen Wutanfall gibt die politische Klasse Amerikas zu Protokoll, dass sich der oberste Repräsentant der Nation mit der Wahrnehmung seiner Freiheit, die Richtlinien der Politik neu zu besichtigen und festzulegen, an dieser Stelle gegen einen der höchsten amerikanischen Werte vergangen hat: die Identifizierung Russlands als das absolut Böse, als abscheuliches Gegenbild zum guten Amerika, das auf alle Fälle zu bekämpfen und zu eliminieren ist. Mittlerweile bemühen sich ja nicht nur die traditionellen Feinde Trumps in der demokratischen Partei und den etablierten Medien, sondern ebenso die Mehrheit der Republikaner und sogar der Umkreis der Trump-Berater darum, dieses Essential der amerikanischen Staatsräson vor den Eskapaden seiner „erratischen“ Persönlichkeit zu retten. Eine auch nur atmosphärische Verbesserung der Beziehungen zu Russland werten die politischen Repräsentanten Amerikas in fast einhelliger Übereinstimmung als Verrat an der Sicherheit der Nation; sie bestehen nicht nur auf der Fortsetzung der Containment-Politik Obamas und seiner Vorgänger, sondern dezidiert auf einer Verschärfung.

Zurück bzw. vorwärts zu McCarthy: Kritik an Amerika ist Zersetzung

In diesem Sinn werden die angeblichen russischen Manipulationen im aktuellen Wahlkampf von Neuem hochgespielt, die amerikanischen Giganten der Social Media geben sich Mühe, ihre vaterländischen Pflichten wahrzunehmen und zu entlarven, was immer auch irgendwie zu entlarven geht:

„In den vergangenen zwei Wochen habe die Firma 17 fragwürdige Facebook-Konten, 8 Facebook-Seiten sowie 7 Instagram-Konten identifiziert, diese seitdem näher untersucht und am Dienstagmorgen schliesslich offline geschaltet. Auch die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden, der Kongress sowie andere Technologiefirmen seien über den Fund informiert worden.“ (NZZ, 31.7.18)

Da macht es gar nichts aus, dass eine russische Täterschaft im eigentlichen Sinn nicht bewiesen ist:

„Wer genau hinter den falschen Identitäten stecke, sei nach wie vor nicht klar, schreibt Facebook in dem Blog-Eintrag... Die ‚New York Times‘ berichtet allerdings, dass Facebook-Mitarbeiter zudem Kongressmitglieder darüber informiert hätten, dass Russland womöglich wieder involviert sei... Sowohl Gleicher [Chef der Cybersecurity Policy bei Facebook] als auch Facebooks Sicherheitschef Alex Stamos vermieden jedoch in ihren offiziellen Stellungnahmen, die falschen Konten bereits bestimmten Akteuren – etwa wieder Russland – zuzuschreiben. Zu schwierig sei die Zuweisung im digitalen Raum, als dass man voreilige Schlüsse ziehen sollte, schrieb Stamos.“ (NZZ, 31.7.18)[39]

Womöglich, highly likely, die im Fall Skripal erfundene Formel für die absolut hinreichende Gewissheit über eine russische Urheberschaft, bekennt sich zur Logik des Verdachts als handlungsleitendem Prinzip. Und der betätigt sich gründlich, indem er diversen Protestbewegungen die Absicht unterjubelt, das Land zu spalten, um dann anhand dieser Absicht auf die – vermutlichen, wahrscheinlichen – Strippenzieher im feindlichen Ausland zu schließen:

„Die besagten Konten und Seiten hatten gemäss Facebook erneut das Ziel, die Polarisierung im Land zu schüren: Sie riefen unter anderem zu insgesamt 30 Protesten für Frauenrechte, für die Rechte von Farbigen, gegen Kolonialismus und gegen Faschismus auf. So plante etwa eine Gruppe namens ‚Widerständler‘ [‚Resisters‘] für den 10. August eine Gegendemonstration zu einer Kundgebung der rechtsnationalistischen ‚Unite the Right‘-Bewegung in der Hauptstadt Washington; diese wurde nun abgesagt. 600 Facebook-Nutzer hatten bereits angekündigt, die Veranstaltung zu besuchen, und weitere 2600 hatten Interesse bekundet. Diese seien nun darüber informiert worden, was es mit der Kundgebung auf sich habe.“ (NZZ, 31.7.18)

Dass die genannten Konflikte allesamt aus der amerikanischen Gesellschaft und Politik selber herrühren und dass eine russische Meinungsmache da ja auch nur eine Wirkung erzeugen kann, wenn sie bei amerikanischen Bürgern auf fruchtbaren Boden trifft, schert die Verfolger wenig. Bei dieser modernen Jagd auf ausländische Agenten und Subversanten kann es dann nicht ausbleiben, dass auch echt amerikanische Protestmannschaften unter die Räder kommen, zumal sie mit ihren links gelagerten Anliegen in einem ganz anderen Sinne verdächtig sind. Damit passen sie zwar überhaupt nicht in das antirussische und anti-Trump-orientierte Beuteschema dieser Öffentlichkeit, aber unter die Rubrik ‚antiamerikanische Umtriebe‘ fallen sie umso mehr:

„Anti-Rassismus-Aktivisten beschweren sich, dass die Entscheidung von Facebook, ihre Website, auf der sie die geplante Demonstration in Washington, D.C. ankündigen, auf Grund des Verdachts, dass sie Teil der russischen Desinformationskampagne sei, zu blockieren, den falschen Eindruck erzeugt hat, dass ihr Protest ein Manöver des Kreml sei.“ (Anti-Racism Groups Feel Tarred by Facebook’s Fight Against Fake Accounts, Foreign Policy, 1.7.18)

Wer sich zum Protestieren aufstellt und damit bloß Amerika schlechtmacht, muss sich schon die Überprüfung gefallen lassen, ob er nicht als fünfte Kolonne der Russen unterwegs ist.

*

Die Anstrengungen des politischen Überbaus, Trump auf Russland-Feindschaft als unverzichtbare Aufgabe Amerikas festzulegen, beschränken sich selbstverständlich nicht auf den Alarm bezüglich der neuerlichen ungeheuerlichen Gefahr einer russischen Untergrabung der amerikanischen Meinungs- und Wahlfreiheit.[40] Parallel dazu werden verschiedene Initiativen im Kongress gestartet, die die Verschärfung der Sanktionspolitik gegenüber Russland beantragen, um dem Präsidenten seine russlandfreundlichen Alleingänge auszutreiben. Die Initiatoren wissen wie bisher schon beim Vorantreiben der Sanktionen gegen Russland eine überwältigende Mehrheit hinter sich, um ein Veto des Präsidenten wirkungslos zu machen. Da hat man jedenfalls einen überzeugenden Leistungsbeweis für die Funktionstüchtigkeit der amerikanischen Demokratie und ihrer ‚checks and balances‘: Die Volksvertretung rettet die Nation vor dem Verlust ihres uramerikanischen Rechts, Russland als Feind zu behalten und zu behandeln. Dass dieser Feind längst nicht mehr die Statur des Gegners aus den Zeiten des Kalten Kriegs besitzt, laut Obama nurmehr eine „Regionalmacht“ darstellen soll, dass seine Fähigkeiten – mit Ausnahme seines Waffenpotenzials – an die imperialistischen Potenzen Amerikas in keiner Hinsicht heranreichen, mindert den amerikanischen Bedarf nach einer solchen Feindschaft offensichtlich nicht im Geringsten, sondern steigert ihn umgekehrt eher noch.

[1] National Security Strategy (18.12.17), im Folgenden NSS; National Defense Strategy (19.1.18), im Folgenden NDS; Nuclear Posture Review (2.2.18), im Folgenden NPR

[2] Wirtschaftliche Instrumente – einschließlich Sanktionen, Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption sowie Durchsetzungsmaßnahmen – können wichtige Teile umfassender Strategien sein, um Gegner abzuschrecken, zu zwingen und zu beschränken. (NSS)

[3] Die Sanktionen der USA reihen sich in eine lange Liste von Sanktionsregimen gegen die Sowjetunion bzw. die Russische Föderation ein. Im Jahr 1948 begannen die USA erstmals, Sanktionen gegen die UdSSR zu verhängen. Manche Sanktionen, wie die Jackson-Vanik-Klausel, behielten ihre Gültigkeit bis ins Jahr 2012 hinein. Die Jackson-Vanik-Klausel wurde jedoch unmittelbar mit Abschaffung durch das sogenannte Magnitski-Gesetz der USA abgelöst. Somit betreiben die verschiedenen US-Regierungen seit 66 Jahren ununterbrochen Sanktionen gegen die Sowjetunion bzw. Russland. (dip21.bundestag.de)

Die Klausel versperrte der Sowjetunion (und später Russland) mit der Verweigerung des Meistbegünstigungsstatus den Zugang zu dauerhaften normalen Handelsbeziehungen, solange sie religiösen Minderheiten, insbesondere sowjetischen bzw. russischen Juden, nicht die Auswanderung erlaubte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 ließ Russland eine uneingeschränkte Auswanderung zu. Daraufhin befand bereits die Clinton-Regierung, dass Russland die Jackson-Vanik-Bedingungen erfülle. Gleiches galt später für die Bush- und die Obama-Regierung. Doch um die Anwendung der Klausel auf Russland abzuschaffen, war ein Beschluss des Kongresses erforderlich. (ifsh.de)

[4] Im Rahmen von Putins Programm, die Tributpflichtigkeit seiner Wirtschaftssubjekte gegenüber ihrer Staatsmacht durchzusetzen, kommt es auch zu einem Streit mit dem größten ausländischen Investor, dem amerikanischen Hermitage-Fonds, über illegale Finanzoperationen, in dem dessen russischer Anwalt umgekehrt russische Finanzbeamte der Korruption bezichtigt, verhaftet wird und 2009 im Gefängnis zu Tode kommt. Auf Grundlage des genannten Gesetzes verhängen die USA Einreiseverbote gegenüber den betreffenden Beamten bzw. politisch Zuständigen und die Sperrung ihrer Konten in Amerika.

[5] Trump beschwert sich noch bei der Vorstellung des neuen Gesetzeswerks über den Angriff auf seine präsidentielle Machtbefugnis:

Seit der ersten Vorlage dieses Gesetzentwurfs habe ich dem Kongress gegenüber meine Besorgnis über die vielen Möglichkeiten zum Ausdruck gebracht, missbräuchlich in die Ausübung der Exekutivmacht einzugreifen, amerikanische Unternehmen zu benachteiligen und die Interessen unserer europäischen Verbündeten zu verletzen... Meine Regierung hat versucht, mit dem Kongress zusammenzuarbeiten, um dieses Gesetz zu verbessern... Dennoch enthält das Gesetz weiterhin ernstzunehmende Fehler - vor allem, weil es in die Verhandlungshoheit der Exekutive eingreift... Doch trotz solcher Probleme unterzeichne ich dieses Gesetz um der nationalen Einheit willen. (whitehouse.gov)

[6] „Abgeordnete der Vereinigten Staaten haben die Trump-Administration gedrängt, gegen Russland vorzugehen, und jetzt richten sie ihr Augenmerk auf multinationale Banken, um die Schlinge um das riesige Finanzimperium des russischen Präsidenten Wladimir Putin enger zu ziehen... Die demokratischen Senatoren Jeanne Shaheen und Sheldon Whitehouse schickten einen Brief an die CEOs von acht großen Banken – drei aus den Vereinigten Staaten und fünf aus Europa –, in dem sie, nach der Veröffentlichung einer Liste von russischen Oligarchen durch das Finanzministerium als Grundlage für neue Sanktionen, um Einzelheiten zu den Konten und Vermögenswerten der wichtigsten Verbündeten Putins gebeten haben.

Der Brief, der Auftakt zu einer zu erwartenden Eröffnungssalve in Washingtons hektischen Bemühungen, Institutionen gegen russischen Einfluss zu härten, zielt darauf, potenziell schmutziges russisches Geld in westlichen Finanzinstitutionen ans Licht zu bringen... ‚Das ist ein sehr, sehr großes Problem, und ganz offen gesagt, die einzigen, die das Ausmaß des Zugriffs der Oligarchen auf unser Finanzsystem aufzeigen können, sind die Banken. Dafür brauchen wir ihre Hilfe‘... Ob die Banken die Informationen liefern, hinter denen die Senatoren her sind, wird noch zu sehen sein, aber es kommt vielleicht gar nicht darauf an... ‚Ein großer Teil des russischen Geldes ist in Immobilien angelegt, nicht bei US-Banken, der Ball liegt also im Feld des Kongresses, nicht in dem der Banken‘, schreibt Peter Harrell, der früher im Außenministerium mit Sanktionen befasst war... US-Banken verlangen bei einer Konteneröffnung einige Informationen zur Identifizierung. Immobilienkäufe erfordern jedoch deutlich weniger. ‚Folglich ist es für russische Oligarchen viel, viel einfacher geworden, Immobilien in den USA zu kaufen, als ihr Geld im US-Finanzsystem zu halten... Wann wird der Kongress dieses Thema aufgreifen?‘“ (Foreign Policy, 26.4.18)

[7] „Washington erhöht Druck auf EU-Steueroasen, um russische Oligarchen gegen Moskau in Stellung zu bringen... Anfang Mai war nach Berichten zypriotischer Medien ein Staatssekretär aus dem US-Finanzministerium zu Besuch in Nikosia und setzte der örtlichen Regierung die Pistole auf die Brust. Wenn sie im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung nicht ‚kooperiere‘, komme der Finanzsektor des Landes insgesamt unter verschärfte Beobachtung Washingtons. Und so erließ die Zentralbank von Zypern in den letzten Maitagen ein Rundschreiben an die Geschäftsbanken des Landes. Sie sollten den Briefkastenfirmen im Lande detaillierte Auskünfte zu ihren Eigentümern und Begünstigten abverlangen, einschließlich Steuerbescheide für mehrere Jahre rückwirkend, bei natürlichen Personen zusätzlich polizeiliche Führungszeugnisse und was nicht noch alles...

Im März hatte Washington das in Lettland vorgemacht. Damals hatten US-Vorwürfe gegen die drittgrößte Bank des baltischen Landes, sie organisiere Geldwäsche für Schattenfirmen aus Nordkorea und dem Iran, diese innerhalb einer Woche in die Pleite getrieben. Obwohl bzw. weil der Großteil ihrer Kunden aus Russland kam. Anschließend erließ die Regierung in Riga hektisch neue Regelungen, die angeblich die Transparenz im Bankwesen des Landes erhöhen sollten.“ (Junge Welt, 9.6.18)

[8] Die Trump-Administration nähert sich der Verhängung von Sanktionen gegen Energieunternehmen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, um den Bau einer politisch umstrittenen russischen Gaspipeline durch die Ostsee zu verhindern... ‚Wir waren uns darüber im Klaren, dass Unternehmen, die im Sektor russischer Energieexportpipelines tätig sind, ein Geschäft betreiben, das Sanktionsrisiken unterliegt‘, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums... Trump hat sich beschwert, dass Berlin Milliarden von Dollar für die Pipeline ausgibt, während es sich weigert, mehr Geld für die Verteidigung bereitzustellen... Er hat auch Deutschland wiederholt für seine Handelspraktiken kritisiert. (Foreign Policy, 1.6.18)

[9] ‚Die russische Regierung arbeitet für den unverhältnismäßigen Nutzen von Oligarchen und Regierungseliten‘, sagte Finanzminister Steven T. Mnuchin. ‚Die russische Regierung betreibt weltweit eine Reihe bösartiger Aktivitäten, darunter die fortgesetzte Besetzung der Krim und die Anstiftung zur Gewalt in der Ostukraine, die Versorgung des Assad-Regimes mit Material und Waffen zur Bombardierung der eigenen Zivilbevölkerung, Versuche, die westlichen Demokratien zu untergraben, und bösartige Cyber-Aktivitäten. Russische Oligarchen und Eliten, die von diesem korrupten System profitieren, werden nicht mehr vor den Folgen der destabilisierenden Aktivitäten ihrer Regierung verschont bleiben... Alle Vermögenswerte, die der US-Gerichtsbarkeit über die benannten natürlichen und juristischen Personen unterliegen, sowie die aller anderen juristischen Personen, die als Eigentum einer sanktionierten Partei gesperrt sind, werden eingefroren, und es ist US-Personen generell untersagt, mit ihnen Geschäfte zu tätigen. Darüber hinaus könnten Nicht-US-Personen mit Sanktionen rechnen, wenn sie wissentlich bedeutende Transaktionen für oder im Namen der heute blockierten Personen oder Körperschaften erleichtern. (home.treasury.gov, 6.4.18)

[10] Oleg Deripaska fällt unter Executive Order 13661, weil er direkt oder indirekt für oder im Namen eines hohen Beamten der Regierung der Russischen Föderation gehandelt hat oder vorgegeben hat zu handeln, sowie unter Executive Order 13662 für die Tätigkeit im Energiesektor der Russischen Föderation. Deripaska hat gesagt, dass er sich nicht vom russischen Staat trennt. Er hat auch eingeräumt, dass er sich im Besitz eines russischen Diplomatenpasses befindet, und behauptet, die russische Regierung in anderen Ländern vertreten zu haben. Gegen Deripaska wurde wegen Geldwäsche ermittelt, und er wurde beschuldigt, das Leben von Geschäftsrivalen bedroht, einen Regierungsbeamten illegal abgehört und sich an Erpressung und kriminellen Geschäften beteiligt zu haben. Es gibt auch Anschuldigungen, dass Deripaska einen Regierungsbeamten bestochen, den Mord an einem Geschäftsmann angeordnet und Verbindungen zu einer russischen Gruppe der organisierten Kriminalität hatte. (home.treasury.gov, 6.4.18)

„Deripaska ist alleiniger Eigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender von Basic Element, einer 1997 gegründeten, diversifizierten Investmentgruppe... Die größten Vermögenswerte sind u.a. United Company Rusal, der Produzent von Aluminium und Aluminiumoxid; die GAZ-Gruppe, ein Automobilkonzern; Ingosstrakh, das älteste Versicherungsunternehmen des Landes; Bank SOYUZ; Aviakor Flugzeughersteller; EuroSibEnergo, ein Investment- und Energieunternehmen; Glavmosstroy, ein Bauunternehmen; Kuban Agroholding, ein Agrarunternehmen und Basel Aero, ein Luftfahrtunternehmen, bestehend aus den vier größten Flughäfen im Krasnodar Territorium...

Basic Element besitzt ferner Unternehmen und Tochtergesellschaften in Russland, den GUS-Staaten, Afrika, Australien, Asien, Europa und Lateinamerika. Der Konzern beschäftigte 2015 weltweit etwa 200 000 Menschen... Rusal ist das zweitgrößte Aluminiumunternehmen der Welt...

Russian Machines ... besteht aus Maschinenbau- und Industrieanlagen in den folgenden Branchen: Automobilherstellung OEM (GAZ-Gruppe), Automobilteile (RM-Systems), Eisenbahnindustrie (RM Rail), Flugzeugherstellung OEM (Aviakor), Straßenbau (RM-Terex) und Landmaschinen (AGCO-RM). Russian Machines betreibt 24 Produktionsanlagen verteilt über 12 Regionen in Russland...

Das Russische Automobil-Konglomerat GAZ-Gruppe betreibt 18 Fertigungsstätten in acht Regionen Russlands, sowie Vertriebs- und Serviceorganisationen. Die GAZ-Gruppe produziert leichte und mittlere Nutzfahrzeuge, schwere Nutzfahrzeuge, Busse, Fahrzeuge und Ausrüstung für den Straßenbau, Aggregate und Fahrzeugkomponenten.“ (Wikipedia, s.v. Oleg Wladimirowitsch Deripaska)

[11] Über 80 Prozent des Geschäfts von Rusal finden außerhalb von Russland statt. (Stratfor, 29.5.18)

[12] Es hat Deripaska wenig genützt, dass er noch vorher versucht hatte, alle Zahlungen und Kreditverpflichtungen von Dollar auf Euro und Pfund umzuschichten, weil sich keine nicht-amerikanische Bank dazu bereit finden wollte, den Handel mit den Anteilsscheinen von En+, der Muttergesellschaft aller Unternehmen von Deripaskas Mischkonzern, fortzusetzen.

In einem zuvor nicht gemeldeten Schritt hatte En+ bis März die meisten seiner Dollar-Zahlungen und Darlehen in Euro und Pfund umgeschichtet... Ein Insider berichtete von einem bereits vor den Sanktionen gescheiterten Versuch, eine nicht-amerikanische Bank zu finden, die als Verwahrstelle für die in London gelisteten Anteile von En+ fungieren sollte, bekannt als Global Depository Receipts oder GDRs, eine Rolle, die bis dahin von Citigroup Inc. wahrgenommen wurde. ‚Wir versuchten mit EU-Banken, Hongkong-Banken, sogar einer israelischen Bank Kontakt aufzunehmen – aber sobald wir mögliche Sanktionen erwähnten, ging es nicht weiter... Alle Transaktionen werden über den Dollar abgewickelt und niemand wollte das Risiko eingehen, vom Dollar-Clearing abgeschnitten zu werden.‘ (Moscow Times, 24.4.18)

 Und wenn sich dann doch eine Bank findet, die den Handel mit den Aktien bedingt wiederaufnehmen würde, weigert sich die für die technische Abwicklung der Wertpapier-Transaktionen zuständige Clearing-Agentur: Die Citigroup teilte En+ mit, dass sie wieder damit begonnen habe, Transaktionen mit ihren GDRs zu erleichtern... Aber die Inhaber von En+ GDRs konnten nicht verkaufen, weil die dafür vorgesehene Clearingstelle Euroclear den Handel nicht abwickelt. (Ebd.)

[13] Die USA haben russische Oligarchen auf eine schwarze Liste gesetzt – und damit unter Investoren eine Massenflucht vom russischen Aktienmarkt ausgelöst... Der russische Aktienindex RTS ging zwischenzeitlich in den freien Fall über und sank um mehr als zwölf Prozent. Damit zeichnet sich am russischen Aktienmarkt der größte Tagesverlust seit etwa vier Jahren ab... Besonders betroffen war auch Russlands größte Bank, die staatliche Sberbank. Ihr Aktienkurs stürzte um fast 20 Prozent ab. Daneben gehörten die Metallurgie-Konglomerate NorNickel (-16,8 Prozent) und Mechel (-15,5 Prozent) zu den größten Verlierern... Nach Berechnungen der russischen Wirtschaftszeitung verloren die auf der US-Liste geführten russischen Oligarchen binnen eines Tages mehr als drei Milliarden ihres Vermögens... Auch die russische Währung geriet massiv unter Druck: Der Rubel verlor rund fünf Prozent gegenüber dem Dollar. (Spiegel Online, 9.4.18)

 Die amerikanische Maßnahme bewirkt auch eine generelle Erschütterung des Aluminiummarkts: Russland-Sanktionen stürzen die globale Aluminiumindustrie ins Chaos... Während [die multinationale Bergbaugesellschaft] Rio der Hauptförderer von Bauxit ist, dem Rohstoff, aus dem Aluminium gewonnen wird, ist es selber für einen wichtigen Zwischenschritt in diesem Prozess auf Rusal angewiesen – die Umwandlung von Bauxit in Aluminiumoxid. Die Verarbeitungsprozesse von Rusal, in Fabrikanlagen vom Werk Aughinish in Irland bis zu den Betrieben in Jamaika, bilden ein wichtiges Element in einer globalen, ineinander greifenden Lieferkette, die nun ins Chaos gestürzt ist. Da Produzenten wie Rio erst noch neue Käufer für ihren Bauxit und neue Quellen für Aluminiumoxid zur Speisung ihrer Schmelzwerke finden müssen, bedeutet der durch die Sanktionen geschaffene globale Engpass, dass viele der Förderunternehmen, Raffinerien und Hüttenwerke, die eigentlich von den steigenden Preisen profitieren sollten, tatsächlich vor der Herausforderung stehen, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Für Aluminiumhütten ist die Unterbrechung des Betriebs ein Worst-Case-Szenario, und der Wiederanlauf ist sehr teuer. (Bloomberg, 17.4.18)

 Eine ansehnliche Kapitalvernichtung findet daher auch in nicht-russischen Portfolios statt: ‚Das ist das Paradoxe an den Sanktionen: Man will Russland bestrafen, aber westliche Gläubiger sind die ersten, die Verluste hinnehmen müssen‘, sagte Antonio Agresta, ein Rentenhändler bei City & Continental in London. Die Inhaber der Anteile wollen verkaufen, aber sie bleiben auf den Wertpapieren sitzen... Rusal ist in die westlichen Kapitalmärkte eingebettet. Erst in diesem Jahr verkaufte es Anteile für 500 Millionen Dollar an internationale Investoren. Rusal hat insgesamt 8,5 Milliarden Dollar Schulden, einschließlich der 1,6 Milliarden Dollar-Anleihen. (Bloomberg, 12.4.18)

[14] 1998 gründete Deripaska Volnoe Delo, Russlands größte private Wohltätigkeitsstiftung. Die Stiftung unterstützt über 400 Initiativen in ganz Russland für Bildung und Wissenschaft, der Bewahrung des spirituellen und kulturellen nationalen Erbes und zur Verbesserung der Standards in der öffentlichen Gesundheit. Sie hilft Kindern, alten Menschen, talentierten Jugendlichen, Lehrern, herausragenden Wissenschaftlern und anderen Teilnehmern des Programms. Seit 1998 investierte Oleg Deripaska mehr als 10,6 Milliarden Rubel in mehr als 500 Wohltätigkeitsprogramme in 50 russischen Regionen. (Wikipedia, s.v. Oleg Wladimirowitsch Deripaska)

 Die unmittelbare Inanspruchnahme der russischen Unternehmen zur Finanzierung und Übernahme staatlicher Aufgaben geht vor allem bei den staatseigenen über im engeren Sinn sozialpolitische noch um einiges hinaus:

Die großen Staatskonzerne... Sie zahlen ihre Gewinne nur teilweise in den Haushalt ein und übernehmen dafür direkt politische Aufgaben im In- und Ausland. (S. 6) Die drei Konzerne Gasprom, Rosneft und Transneft haben für den Kreml in der Vergangenheit eine Vielzahl politischer Funktionen erfüllt, etwa beim Bau von Öl- und Gaspipelines und dem Management von Energieexporten, bei der Verstaatlichung der Medienlandschaft (hier vor allem durch Gasprom Media) oder auch bei der finanziellen Unterstützung von öffentlichen Infrastrukturprojekten oder ausländischen Verbündeten. (S. 39) ‚Für solche Dinge, für die nach allen Streitereien und Gerangel in der Regierung kein Geld bleibt, die aber eine Finanzierung benötigen, werden wir Mittel von Rosneftegas verwenden.‘ Putin zufolge finanziert Rosneftegas prioritäre Forschungsprojekte und den Bau von Flugzeugen und Triebwerken. Darüber hinaus trägt die Holding die Kosten für die Rosneft-Werft ‚Swesda‘ nahe Wladiwostok und den Bau von vier Kraftwerken in Kaliningrad. (S. 40) Über Igor Setschin stehen dem russischen Präsidenten die Mittel von Rosneftegas für die Behebung der aus Kreml-Sicht drängenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme zur Verfügung. (S. 41)

(Janis Kluge: Russlands Staatshaushalt unter Druck. Finanzielle und politische Risiken der Stagnation. SWP-Studie 14, Juli 2018)

[15] Die Renova-Gruppe, mit diversen Sitzen und Ablegern weltweit, umfasst Erdöl-, Erdgas-, Maschinenbau-, Chemie-, Telekom-, Immobilien- sowie Versorgungsunternehmen, Gold- und Platinminen sowie einen Private Equity Fund... Renova hält auch, aus Schweizer Sicht bedeutende, Beteiligungen an Nachfolgern einst berühmter Schweizer Konzerne und weiteren Unternehmen. (Wikipedia, s.v. Viktor Feliksovich Vekselberg)

[16] ... er könne seine auf Dollar lautenden Kredite nicht mehr bedienen, weil seine Konten in den Vereinigten Staaten blockiert seien. Für andere Kredite im Umfang von 800 Millionen US-Dollar verlangten die Banken zusätzliche Sicherheiten, weil die bisher zu diesem Zweck verpfändeten Aktien von Rusal so dramatisch an Wert verloren hätten, dass sie den Wert des Kredits nicht mehr deckten. (Junge Welt, 21.4.18)

[17] Sulzer kauft Renova 15 Prozent der eigenen Aktien ab, so dass Vekselberg nur noch mit 48,8 Prozent an dem Unternehmen beteiligt ist... ‚Die OFAC wollte uns nicht treffen. Das war ein Kollateralschaden‘, sagte Poux-Guillaume mit Blick auf die schnelle Reaktion der Auslandsvermögenskontrolleure... Man könne die eigenen Aktien im Wert von 546 Millionen Franken nach eigenem Gusto an wen auch immer verkaufen. Wenn dabei ein niedrigerer Preis als die mit Renova vereinbarten 109,13 Franken je Aktie herauskäme, ginge die Differenz zu Lasten der Russen... Die Renova für 2017 zustehende Dividende von 80 Millionen Franken behalte Sulzer in der eigenen Kasse, solange die Sanktionen nicht aufgehoben sind. Dies gelte auch für künftige Dividenden, die dem Großaktionär zustehen... Auch der Kaufpreis für die Sulzer-Aktien fließe nicht an Renova, sondern auf ein Sperrkonto. (FAZ, 20.4.18)

[18] Amerikanische Bundesbehörden haben das beliebte Antivirusprogramm, das auf rund 400 Millionen Computern auf der ganzen Welt läuft, im vergangenen Jahr von ihren IT-Geräten verbannt. Und auch die niederländische Regierung will jetzt auf Kaspersky-Produkte verzichten – um ‚die nationale Sicherheit zu gewährleisten‘. Dem Unternehmen wird letztlich vorgeworfen, dem Kreml mit einprogrammierten Hintertüren beim Spionieren zu helfen. Da hilft es wenig, dass Kaspersky stets das Gegenteil beteuert. Nun versuchen es die Russen mit einer Flucht in die neutrale Schweiz. Bis zum Jahresende soll die Produktion der Antivirussoftware sowie die Speicherung von Kundendaten nach Zürich umziehen. Dort will man die eigenen Aktivitäten von einer unabhängigen Instanz im Land überwachen lassen. (FAZ, 16.5.18)

[19] Nach Abschnitt 231 von CAATSA wird jede Firma oder Person aus einem Drittland, die eine ‚bedeutende Transaktion‘ mit dem russischen Verteidigungs- oder Geheimdienstsektor tätigt, mit einer Strafe belegt... Abschnitt 232 richtet sich wiederum auf den Energiesektor und zielt auf Investitionen von 1 Million Dollar oder mehr in russische Pipelines oder Unterstützung für Bau oder Betrieb von Pipelines – mit Waren, Dienstleistungen, Technologie und Informationen – im Wert von mindestens 5 Millionen Dollar pro Jahr. Im Gegensatz zu den in § 231 vorgeschriebenen Sanktionen sind die Sanktionen nach § 232 Ermessenssache und nicht gesetzlich vorgeschrieben. (Stratfor, 28.5.18)

[20] Beim Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor drei Wochen in Helsinki hatte Trump sodann parteiübergreifende Kritik auf sich gezogen, weil er seine eigenen Sicherheitsbehörden in Putins Gegenwart desavouierte. Die Zeitung ‚Kommersant‘ publizierte am Mittwoch Details eines neuen Sanktionsgesetzes, das Anfang des Monats in das amerikanische Parlament eingebracht wurde. Der Vorschlag, der von Politikern der Republikaner und Demokraten getragen wird, hat es in sich. Die Unterzeichner wollen den Handel mit russischen Auslandsschuldpapieren unterbinden und verhindern, dass russische Großbanken Dollartransaktionen tätigen können. Analysten bezeichnen den Vorschlag daher als ‚Zerstörer‘... Nach dem Anschlag von Salisbury im März hatte die amerikanische Regierung zugesagt, binnen 60 Tagen die nun angekündigten Sanktionen in Kraft zu setzen. Als die Frist verstrich, schrieb der Republikaner Ed Royce, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, einen Mahnbrief ans Weiße Haus, der die Dinge in Bewegung setzte. (FAZ, 10.8.18)

 Neben allen möglichen anderen Verschärfungen der bisherigen Sanktionen, die sich von der sogenannten ‚Nuklearoption‘ kaum noch unterscheiden – sanktioniert werden soll der Handel mit allen neuen russischen Staatspapieren sowie alle Swap-Vereinbarungen mit der russischen Staatsbank und Transaktionen mit den acht großen russischen Banken, die eine Frist von 14 Tagen überschreiten –, wagen sich die Initiatoren des Gesetzentwurfs bei der Definition des Grads der Feindschaft noch ein Stück weiter vor und hätten gerne schon einmal von der Administration überprüft, ob die Russische Föderation die Kriterien für die Definition als staatlicher Förderer von Terrorismus erfüllt (congress.gov).

[21] Is Trump Russia’s Useful Idiot, or Has He Been Irreparably Compromised?, fragt sich die Zeitung Foreign Policy (3.8.18).

[22] Die Sanktionspolitik der USA steigert sich in rekordverdächtigem Tempo: Das Schatzamt setzte letztes Jahr 944 Personen und juristische Personen auf seine Sanktionsliste – die höchste Anzahl seit 2001... Adam Smith, ... ein früher im US-Schatzamt für Sanktionen zuständiger Beamter sagte, dass man auf dem Weg ist, weitere 1000 Namen in diesem Jahr hinzuzufügen. (Financial Times Online, 12.8.18)

[23] „Chris Wallace: Sehen Sie ... ein Ende der westlichen Bemühungen, Russland zu isolieren?

 Wladimir Putin: Sie können doch sehen, dass diese Bemühungen nicht erfolgreich gewesen sind, und sie konnten es auch nicht sein angesichts von Russlands Größe und seiner Bedeutung in der Welt, einschließlich der Sphäre der internationalen Sicherheit, ebenso wie in der Wirtschaft, wenigstens was die Energie als Bestandteil der globalen Ökonomie betrifft.“ (Wladimir Putin beantwortet Fragen von Chris Wallace (Fox News), Helsinki, Finnland, 16.7.18)

[24] Wladimir Putin, Ansprache an die Föderalversammlung, 1.3.18

[25] Sobald unsere Wissenschaftler oder Konstrukteure ein Durchbruchsprojekt entwickeln, bekommen sie sofort das Angebot, dieses an den Westen zu verkaufen bzw. mit diesem dorthin – hauptsächlich in die USA – auszuwandern. (Generaloberst a. D. Leonid Iwaschow, Präsident der Akademie für geopolitische Probleme, RIA, 28.1.11)

Seit dem Ende der Sowjetunion haben tausende Ingenieure und gut ausgebildete Leute das Land verlassen... Nach Aussagen russischer Wissenschaftler liegt das Monatseinkommen bei durchschnittlich 580 Dollar im Rüstungssektor und bei 875 Dollar im Bereich der militärischen Forschung. (Vicken Cheterian: Koloss aus Schrott, Russlands militärisch-industrieller Komplex 20 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion, in: Le Monde Diplomatique, 10.11.11)

Seit Jahren wandern hoch Qualifizierte und solche, die es werden wollen, aus Russland ab. Vor allem Richtung Westen. Nun versucht Moskau einmal mehr sie zurückzuholen. Das neue Argument: Russophobie. ‚Kommt wieder zurück nach Russland!‘ Mit dieser Botschaft wendet sich die Moskauer Behörde für im Ausland lebende Staatsbürger ‚Rossotrudnichestvo‘ an Zehntausende Staatsbürger im Westen. Der Aufruf richtet sich an Studierende besonders in Großbritannien, in den USA und anderen ‚unfreundlichen Staaten‘: Sie sollen ihr Studium in der Heimat fortsetzen... Nach Angaben des Erziehungsministeriums besuchten im Jahr 2014 rund 60 000 russische Staatsbürger ausländische Hochschulen. Wegen der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage in Russland dürfte die Zahl derzeit noch höher sein... Wie viele Wissenschaftler genau Russland den Rücken gekehrt haben, ist unbekannt. Schätzungen zufolge sollen es bis zu einer Million sein seit dem Zerfall der Sowjetunion. Viktor Kalinushkin von der Akademie der Wissenschaften in Moskau behauptete vor wenigen Jahren, dass russisch-sprechende Wissenschaftler zu 30 Prozent verantwortlich seien für die Entwicklung von Microsoft-Produkten. (DW, 19.4.18)

[26] Dabei ist der Handel zwischen Russland und den USA nicht besonders groß. Russland verkaufte laut staatlicher Nachrichtenagentur RIA Nowosti im Jahr 2017 Waren im Wert von 17 Milliarden US-Dollar, importierte aber nur Waren für sieben Milliarden. Vor diesem Hintergrund ist es für Moskau schwierig, Washington empfindlich zu treffen. (DW, 16.4.18)

Mit russischen Gegensanktionen würde (sich) Russland ins eigene Fleisch schneiden, etwa der immer wieder diskutierte Lieferstopp für Raketenmotoren, die in US-Weltraumraketen verwendet werden. Die russischen Lieferungen sollen 2020 sowieso auslaufen, wenn die USA ein eigenes Modell fertig haben wollen. Oder ein Embargo für das Leichtmetall Titan. Es würde zwar die US-Luftfahrtindustrie kurzfristig treffen; sie bezieht im Moment ein gutes Drittel ihres Bedarfs an diesem Rohstoff aus Russland. Aber ebenso schnell würde das die russische Gesellschaft, die das Titan exportiert, in Schwierigkeiten bringen. Denn alternative Märkte gibt es hier ebenso wenig wie bei den Raketenmotoren. (Junge Welt, 11.8.18)

[27] Schon bei Importverboten für amerikanische Software wird es schwierig. Denn trotz jahrelanger Appelle, auf ‚vaterländische‘ Software umzusteigen, nutzen selbst strategische Unternehmen wie Rosneft oder Gasprom weiterhin Programme der US-Firma Oracle. Als diese vor einigen Monaten ankündigte, keine neuen Aufträge aus Russland mehr anzunehmen und die Wartung laufender Systeme einzustellen, bekamen die russischen Firmen Schwierigkeiten. Denn eine kurzfristige Softwareumstellung ist schwierig und teuer. Auch der Import von Flugzeugzubehör für den Teil der russischen Zivilluftfahrt, der Maschinen von Boeing fliegt, dürfte sich kurzfristig kaum stoppen lassen. (Junge Welt, 14.4.18)

[28] Wozu die sogenannte Transformation in Russland geführt hat, ist nachzulesen in GegenStandpunkt 4-13: Die Kapitalisierung Russlands. Marktwirtschaft vom Feinsten.

[29] In einer Studie über den Rüstungs- und Brennstoffsektor beschreibt Vladimir Fal’tsman die wachsende Abhängigkeit Russlands von importierten Vorprodukten in entscheidenden Produktionsbereichen. Ein großer Teil von Russlands Innovationsfähigkeit ist im Sektor der Rüstungsindustrie konzentriert, und die gesamte Wirtschaft ist finanziell auf den Energiesektor angewiesen. Diese beiden Sektoren haben eine entscheidende Bedeutung für den Hauptteil von Russlands Wirtschaftsaktivitäten. Die Sanktionen betreffen 68 Prozent des Importbedarfs für den Öl- und Gassektor. Russland bezieht 90 Prozent seiner Bohrinseln von Südkorea. Die russische Rüstungsindustrie ist zwar weiter diversifiziert, aber auf dem entscheidenden Gebiet der Elektronik, einem permanenten Engpass, ist die Lage ziemlich prekär. Daten weisen darauf hin, dass 65 bis 79 Prozent der Elektronik, die in russischen Flugkörpern und Weltraumraketen zum Einsatz kommt, importiert werden. Russland produziert keine Drohnen, und Fal’tsman schreibt, dass alle Motoren für diese Flugkörper importiert werden müssten. (Harley Balzer: Russia’s Knowledge Economy Decline: Views From Inside, jamestown.org, 13.9.16)

 Dazu kommt die Abhängigkeit der Flugzeugindustrie von Zulieferungen, weitaus die meisten Zivilflugzeuge stammen inzwischen aus dem Westen; dasselbe im Maschinenbau: Das Wissen zur Fabrikation großer Turbinen hat Russland nach dem Ende der Sowjetunion verloren. (FAZ, 3.8.17)

[30] Schon vor den US-Sanktionen hat das Entfallen der Lieferbeziehungen mit der Ukraine die Nation vor diese Notwendigkeit gestellt: Das betrifft nicht nur den Rüstungssektor, wo russische Unternehmen bisherige Zulieferungen aus der Ukraine ersetzen müssen. Gerade vor wenigen Tagen hieß es in Medienberichten, dass Schiffsturbinen nicht mehr aus dem ukrainischen Mykolajiw importiert werden müssen, wo sie seit Sowjetzeiten ausschließlich produziert worden waren... Beim Ersatz der Zulieferungen von Hubschraubermotoren – bisher eine Spezialität des ukrainischen Betriebs Motor-Sitsch in Saporischschja – ist die russische Produktion im Aufbau und angeblich schon in der Lage, mit 50 Motoren jährlich den gesamten Bedarf des Militärs an Ersatztriebwerken zu decken. (Junge Welt, 29.4.17)

Der Kreml hat zwischen 2015 und 2016 mehr als 5 Milliarden Dollar in 199 größere Sektoren gepumpt. Die Bemühungen haben sich bereits im militärisch-industriellen Komplex und im Agrarsektor ausgezahlt, die beide im Jahr 2016 gewachsen sind. Auch in den Sektoren Automobilbau, Flugzeugindustrie, Transportwesen und Maschinenbau, die den Hauptanteil des Verkehrswesens, der Infrastruktur und der Jobs sowie 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stellen, wird für dieses Jahr wieder ein Wachstum erwartet. Zusätzlich zu der finanziellen Unterstützung hat Moskaus isolationistische Politik dazu beigetragen, seine Industrien wiederzubeleben. Gegensanktionen auf Nahrungsmittelimporte aus der EU haben der russischen Landwirtschaft 2016 zu einem Wachstumsschub verholfen; die Getreideproduktion erzielte in diesem Jahr 119 Millionen Tonnen und war damit der zweit-ertragreichste Sektor nach dem Energiesektor. Heute importiert Russland weniger als 20 Prozent seiner Lebensmittel, während es vor 17 Jahren, als Putin sein Amt antrat, noch 70 Prozent waren. Importsubstitutionen für industrielle und High-Tech-Güter haben Russlands Abhängigkeit von ausländischen Produkten ebenfalls vermindert. (Stratfor, 1.6.17)

[31] Durch den gesunkenen Rubelkurs würden die deutschen Muttergesellschaften die Währungsverluste tragen, wenn sie ihre in Russland erzielten Gewinne zurücktransferieren. Nutzen sie diese aber zu Investitionen vor Ort, profitieren sie umgekehrt von der Senkung der in Rubel anfallenden Kosten für Arbeitskräfte, Grundstücke und örtliche Zulieferungen. Wenn die Produkte dann, wie es etwa die Firma Claas anstrebt, von Russland aus wieder exportiert werden, wäre der Vorteil ein doppelter: neben der Bedienung des Inlandsmarkts die Nutzung einer kostengünstigen ‚verlängerten Werkbank‘. Das zweite Argument für die Lokalisierung ist der dann erreichbare Status eines ‚inländischen Produzenten‘. Dieser wiederum ermöglicht Zugang zu Aufträgen des Staates, von der Schreibtischlampe bis zur Lokomotive. (Junge Welt, 29.4.17)

Daimler profitiert von einem speziell für ausgewählte große und wichtige Investoren geschaffenen Förderinstrument, dem Sonderinvestitionsvertrag, der nach Verhängung der Sanktionen eingeführt wurde. Die russische Regierung gewährt damit ausländischen Unternehmen den gleichen Status wie einem einheimischen Unternehmen inklusive Steuererleichterungen, Subventionen und einen stabilen rechtlichen Rahmen. Voraussetzung ist, dass das geförderte Unternehmen in Russland produziert. Dann kann es sich auch an staatlichen Ausschreibungen beteiligen, wie etwa im Falle von Daimler am Flottengeschäft für die Regierung, die nur in Russland gefertigte Autos kauft. (DW, 3.7.17)

Die deutsche Wirtschaft rechnet auch in diesem Jahr wieder mit überdurchschnittlichen Exportzuwächsen im Handel mit Russland. So paradox das erst einmal klingt, aber die Sanktionen beflügeln manche Branchen geradezu. Die russische Wirtschaft ist gezwungen, sich zu modernisieren. Entsprechend ist beispielsweise die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen gewachsen. ‚Die russischen Investitionen in neue Produktionsstätten kommen der deutschen Wirtschaft zugute‘, stellt Wolfgang Büchele, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, fest. (DW, 1.3.18)

[32] Dass russische Unternehmen ihre Aktien aufgrund des Wertverfalls zum Spottpreis zurückkaufen können, ist noch so eine merkwürdige Erfolgsmeldung:

Russland kann einen Schlag wie diesen aushalten. Es hat brutto 450 Mrd. USD an internationalen Reserven, und bei einem Ölpreis von 75 USD pro Barrel macht Russland nach dem Schuldenabbau und den Kostensenkungen der letzten drei Jahre wieder Gewinn; das Land kann ohne internationale Finanzierung leben und ist somit sanktionsfest. Die Ironie besteht tatsächlich darin, dass dank der Sanktionen der Wert der russischen Schulden abgesackt ist, so dass russische Unternehmen begonnen haben, ihre Anleihen zu Schnäppchenpreisen zurückzukaufen, wodurch sie sogar noch widerstandsfähiger gegenüber den Sanktionen werden als zuvor. Diese Woche kündigte der große Ölkonzern Lukoil an, eigene Anleihen im Wert von 1,15 Mrd. USD zurückzukaufen. (intellinews.com, 27.4.18)

 Von dem rapiden Wertverlust, den das russische Aktienkapital damit erlitten hat, und von dem mit dem Rückkauf vollzogenen Verzicht auf die Mittel des internationalen Geldmarkts muss man dabei allerdings abstrahieren.

[33] Russland geht sogar so weit, der EU-Kommission folgendes unsittliche Angebot zu unterbreiten:

Der russische Wirtschaftsminister Anton Siluanow [hat] der EU am 24. Mai ein weitreichendes Angebot gemacht. Wenn sie sich entscheide, aus der US-gelenkten Sanktionsfront auszuscheren, werde Russland seinen gesamten Außenhandel einschließlich der Öl- und Gasexporte von Dollar auf Euro umstellen... Frankreich oder die BRD könnten ihren Bezug von russischem Öl und Gas in eigener Währung und nicht mehr über die Umrechnung in Dollar bezahlen. Mit anderen Worten: Siluanows Äußerung – unterstellt, sie sei gefallen – ist ein Angriff auf den Petrodollar und damit auf die Stellung des Dollars als Weltgeld... Nach dieser Seite ist das russische Angebot ein indirekter Hinweis darauf, dass man in Moskau inzwischen wohl zu einigem bereit ist, um die Einheit ‚des Westens‘ in der Sanktionsfrage zu sprengen. (Junge Welt, 7.6.18)

 Nämlich immerhin dazu, große Teile des eigenen Außenhandels dem Verdienen-Müssen von Euro unterzuordnen.

[34] Juristisch abgesicherter Zahlungsverkehr über Ländergrenzen hinweg ist heute praktisch nur mit SWIFT möglich. (Wikipedia, s.v. SWIFT)

[35] „In dem Maß, in dem die Handels- und Investitionsbeziehungen mit dem Westen seit 2014 abgenommen haben, hat sich Russland darauf konzentriert, wirtschaftliche und umfassendere politische Beziehungen – einschließlich des Verkaufs von Energie, Agrargütern und Waffen – nach Osten zu entwickeln. Das gilt vor allem für China, das Russlands größter Handelspartner geworden ist, aber Russland hat sich auch bemüht, die wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Ländern im asiatisch-pazifischen Raum, wie etwa Japan und Südkorea, auszubauen... Russland richtet seine Aufmerksamkeit nicht nur nach Osten; es blickt auch nach Süden, zum Mittleren Osten. Es hat seine Handelsbeziehungen mit Ländern wie der Türkei und Ägypten ausgebaut, baut auf seine Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran und bemüht sich um größere Investitions- und energiewirtschaftliche Beziehungen zu den Ländern des Golfkooperationsrates, wie Saudi-Arabien. Es versucht, die Moskau-geführte Eurasische Wirtschaftsunion als Instrument für erweiterte Beziehungen zu nutzen, und hat am 17. Mai Handelsabkommen sowohl mit China wie mit dem Iran abgeschlossen. Dennoch wird Russland kaum alle seine Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen durch Beziehungen mit dem Osten ersetzen können. Europa zum Beispiel wird noch lange sein Hauptmarkt für Energieexporte bleiben, und die Tatsache, dass das Land dem US-dominierten globalen Finanzsystem ausgesetzt ist, kann nie ganz ausgeräumt werden.

 Gleichwohl werden die Handelsbilanz insgesamt und die Wirtschaftsstruktur, auf die Russland hinarbeitet, das Land allmählich vom Westen wegbewegen. Moskau hofft, dass diese Bewegung es langfristig besser gegen die US-Sanktionen isoliert.“ (Stratfor, 29.5.18)

[36] „Russland ist der größte Empfänger chinesischer Auslandshilfe... Zwischen 2000 und 2014 hat Beijing Moskau insgesamt 36,6 Mrd. USD an Krediten, Zuwendungen und anderen Vereinbarungen zukommen lassen... Die größten Posten chinesischer Hilfe für Russland waren ein Kreditpaket über 25 Mrd. USD der China Development Bank 2009 für Russlands Rosneft, ein großes Ölunternehmen, und Transneft, einen Pipeline-Bauer, sowie ein 6 Mrd. USD-Kredit für ein Kohleprogramm im Jahr 2010. Der Rest der Finanzströme in der 15-Jahres-Periode fand zwischen der Export-Import Bank of China oder der China Development Bank und verschiedenen russischen Banken statt, darunter die Russische Entwicklungsbank, Sberbank, VTB Bank und Vnesheconombank.

 Ausländische Hilfe erfolgt auf zweierlei Art. Entwicklungshilfe umfasst Zuwendungen oder Kredite zu Vorzugszinsen, während ‚andere offizielle Zuflüsse‘ Kredite nahe am Marktzins umfassen, bei denen kommerzielle Erwägungen eine Rolle spielen. Die chinesische Hilfe für Russland fällt nahezu ausschließlich in die letztere Kategorie – und dabei geht es vor allem darum, der durstigen chinesischen Wirtschaft Zugang zu Russlands riesigen Ölreserven zu verschaffen.“ (Foreign Policy, 11.10.17)

 Daneben benützt China Russland auch zunehmend als Markt und hat dabei immerhin schon die BRD abgelöst: Die Stellung der BRD als wichtigstes Herkunftsland importierter Industriegüter in Russland geht schon seit längerem zugunsten von China zurück. In den Jahren seit dem Beginn der Sanktionen hat sich diese Schere noch weiter geöffnet. Nach aktuellen Zahlen steht China für knapp 20 Prozent der russischen Importe, die BRD für etwas über zehn. (Junge Welt, 29.4.17)

[37] „Russlands Verhältnis zu Europa auf dem Gassektor ist seit mindestens zehn Jahren belastet. Aber mit der Annexion der Krim 2014 wurden aus den Spannungen schier unüberbrückbare Gräben. Kein Zufall, dass sich Moskau und Peking genau in diesem Moment vertraglich auf Gaslieferungen einigten. Über zehn Jahre hatten sie ergebnislos verhandelt...

 China habe Russland über zehn Jahre zappeln lassen, um dann den Moment der Isolation vom Westen zu nutzen und die Vertragsbedingungen zum eigenen Vorteil zu diktieren, hatten Beobachter damals gemutmaßt... Dass China auch mit den Russen schon früher anders konnte, wenn es will, zeigte der relativ schnelle Einstieg der Chinesen in russische LNG-Projekte des Gazprom-Konkurrenten Nowatek oder das Schicksal des russischen Ölkonzerns Rosneft, der sich schon vor eineinhalb Jahrzehnten in die Umarmung des aufstrebenden Drachen warf. Abermilliarden an chinesischen Vorauszahlungen für künftige Öllieferungen ermöglichten es dem russischen Staatskonzern, weltweit wie wahnsinnig zu expandieren. So unterzeichnete Rosneft 2013 neue Verträge auf 25 Jahre in der Größenordnung von 270 Milliarden Dollar, womit die Lieferungen nach China verdoppelt werden. Längst ist das Reich der Mitte der wichtigste Kunde von Rosneft.“ (Die Welt, 7.4.18)

[38] Die bestmögliche Entlarvung: der America first!-Mann an Putins Strippen – anders als im Film „The Manchurian Candidate“ hat er zwar keine Gehirnwäsche hinter sich, ist aber womöglich, wahrscheinlich erpressbar? Trump sei nicht nur durch russische Beeinflussungen und die Hacks im Wahlkampf unterstützt worden, wie die Geheimdienste bislang sagen, ohne dies wirklich beweisen zu können, sondern er könne auch durch Skandalgeschichten erpressbar sein. (Wie im Kalten Krieg: Trump, die Geheimdienste, Medien, Fake News, heise.de, 12.1.17)

[39] Da macht es auch gar nichts, wenn die patriotische Hysterie immer wieder Falschmeldungen über neue russische Angriffe produziert, die zurückgenommen werden müssen:

Die Meldung, dass versucht wurde, das Wählerverzeichnis des Demokratischen Nationalkomitees zu hacken, war ein falscher Alarm, die ungewöhnliche Aktivität war nur ein Test, wie Sprecher der Partei berichteten... ‚Es gibt ständige Hacker-Angriffe auf das Komitee und die Infrastruktur unserer Partei ... und dieser Vorfall ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir in der Erwartung möglicher Angriffe weiterhin wachsam bleiben müssen‘, erklärte Mr. Lord, der oberste Sicherheits-Beauftragte der Demokraten. (Attempted Hacking of Voter Database Was a False Alarm, Democratic Party Says, 23.8.18, nytimes.com)

 Das Feindbild ist eben felsenfest verankert und auf Beweise gar nicht angewiesen. Daher taugt es auch bestens fürs Geschäftsinteresse der einschlägigen Firmen. Microsoft macht Furore mit der Sperrung von angeblich russischen Websites, auch wenn das, wie man im Kleingedruckten sagt, nicht zu beweisen ist. Aber als Werbung für ein neues Sicherheits-Programm, das sie erst einmal kostenlos anbietet, um später damit Geld zu machen, ist die öffentliche Aufregung genau das passende Mittel.

[40] Dass die USA ihre Gegenpropaganda angesichts der russischen Einflussversuche mindestens aufzudoppeln haben und dass die natürlich etwas ganz anderes als Desinformation bedeutet, versteht sich von selbst. Da geht es unter dem Titel von Public Diplomacy Modernization um so schöne Sachen wie Educational and Cultural Exchange Programs, und diverse Institutionen, von den Botschaften über Rundfunkunternehmen bis zu Internetfirmen, werden mit der Aufgabe betraut, die Kenntnisse über, das Verständnis für und das Vertrauen in die Vereinigten Staaten in dem als relevant betrachteten Zielpublikum zu vergrößern. (congress.gov)