Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Bundestagswahl 2005
Demokratischer Diskurs mit einer ‚Linkspartei‘
Die Öffentlichkeit ist sich einig: Bei der Linkspartei handelt es sich um „Repräsentanten einer untergegangenen Epoche“, die, obwohl untergegangen, mit „Zeitgeistgelabere“ unangenehm auffallen; um eine Partei, die, noch bevor sie im Bundestag etwas blockieren kann, eine einzige „Blockadepartei“ ist; die in ihrer Weltverbesserei einfach nur weltfremd ist, weil nämlich geschlagen mit dem „Nachteil jeder radikalen Politik: ihrer Allergie gegen Realität“.
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Bundestagswahl 2005
Demokratischer Diskurs mit einer
‚Linkspartei‘
Die Öffentlichkeit ist sich einig: Bei der Linkspartei
handelt es sich um Repräsentanten einer
untergegangenen Epoche
(taz,
11.6.05), die, obwohl untergegangen, mit
Zeitgeistgelabere
(SZ,
6.8.) unangenehm auffallen; um eine Partei, die,
noch bevor sie im Bundestag etwas blockieren kann, eine
einzige Blockadepartei
(SZ,
2.7.) ist; die in ihrer Weltverbesserei einfach
nur weltfremd ist, weil nämlich geschlagen mit dem
Nachteil jeder radikalen Politik: ihrer Allergie gegen
Realität
(FAZ, 11.6.)
Eindeutig: So etwas passt nicht in die heutige politische
Landschaft, und man wünscht dem Haufen von Herzen die
Karriere eines kurzfristigen Feuerwerks, das schnell
vorbei ist
(SZ, 22.6.).
Womit hat sich die Linkspartei das verdient?
Das Programm: absolut realitätsuntüchtig
Was diese Partei will, erfüllt nicht einmal die
Minimalstandards, die deutsche Journalisten in Bezug aufs
Niveau politischer Inhalte, die für Deutschlands Zukunft
wirklich tragfähig sind, zu achten gewöhnt sind: Keine
zukunftsweisenden Konzepte
weit und breit, einfach
nichts Konstruktives im Angebot, wie man erfolgreich
Kapital und Staat auf- und die „Besitzstände“ armer Leute
abbauen könnte. Stattdessen: Unendlich verstaubte
sozialromantische Modelle der 70-er Jahre
, in
denen eine alte BRD-Wärmestube
glorifiziert und
den Kuschelecken der kapitalistischen Fabriken
nachgeweint wird. Ja, wo sind wir denn da: alte
Forderungen aus den Vorzimmern des kommunistischen
Paradieses
(FAZ, 6.8.)
aufzuwärmen und nicht Hurra! und Weiter so! zu rufen bei
Hartz IV, Agenda 2010 und den restlichen Posten des
Reformwesens?! Diese Partei will also etwa anderes als
das, was der Konsens der übrigen demokratischen Parteien
will, und das spricht gegen sie. Warum? Einfach deshalb,
weil dem journalistischen Sachverstand ganz ohne jede
Gleichschaltung der politische Wille der regierenden
Parteien auch gleich den Maßstab zur Beurteilung ihrer
Politik mitdiktiert: An dem wird der bunte Haufen
gemessen und fällt durch, weil er ernsthaft keine
Fragen stellt und an tauglichen Lösungen gar nicht
interessiert ist
(FAS,
19.6.). Die herrschende Ideologie ist eben, Marx
hat’s gesagt, die Ideologie der Herrschenden, und wenn
die sozial-christlich-grün-liberalen Politikvereine
Rücksichtslosigkeit gegenüber ihren Bürgern für absolut
notwendig und alternativlos erklären und jeden Euro, den
sie sozial springen lassen, zur im Grund unstatthaften
Umverteilung von staatlichen Mitteln, dann nimmt eine
freie Öffentlichkeit dies wie der Hund den Knochen: Was
die Herrschaft will, ist für sie gegebenes Faktum, und
das wendet sie als Totschläger gegen die sorglose
Sorgenpartei, die die Einsicht in das Notwendige
verweigert und sich mit Umverteilungsappellen begnügt
(ebd.). Von wegen
‚Einsicht‘: So nennen diese Intellektuellen nur
ihre pure Parteilichkeit für alles, was man in
Berlin für notwendig hält. Allein ihre affirmative
Gesinnung ist es, die aus den pro-kapitalistischen
Interessen und Zwecken der Herrschenden ‚das Notwendige‘
drechselt, das dann mit der Macht eines objektiven
Sachzwangs die willige Hinnahme aller sozialer
Gemeinheiten gebietet. Das ist das banale Strickmuster
der Ideologie, die zum Zeitgeist der politischen
Beurteilung wird, der dann umgekehrt die Vorstellungen
einer Linkspartei zum bloßen Zeitgeistgelabere
qualifiziert und die neue Partei selbst zu einem einzigen
Irrweg ideologisch verblendeter Radikaler. Sie ist
rechtes Verbrechertum, was man daran sieht, dass
Lafontaine wie die Nazis von „Fremdarbeitern“ spricht, wo
doch hierzulande beim Abschieben von
Wirtschaftsflüchtlingen und Gefahrenträgern einer
undeutschen Durchrassung längst Demokratie herrscht und
nur zivilgesellschaftliche Sprachregelungen gelten. Sie
ist genauso gut linkes Verbrechertum, was man
daran sieht, dass in ihr der stalinistische Ungeist
jener Partei, die von der SED zur PDS mutierte
(Spiegel, 24/05), ad personam
zu greifen ist: In Gregor Gysi, dem ehemaligen Herrn
Wirtschaftssenator der kapitalistischen Metropole Berlin,
und in dem Saarländer, der schon mit Gysis Vorgänger
im Parteiamt, Erich Honecker, harmonierte
(Spiegel, 24/05), hat man ihn
vor sich, den unausrottbaren roten Teufel. Und, was
besonders schwer wiegt: Diese Verbrecherbande hat Zulauf.
Zwar kommt der auch nur vermittels des „politischen
Instinkts für die Stimmung bei den Bürgern“ zustande,
über den alle demokratischen Wahlvereine
verfügen und der ansonsten für die kundigen öffentlichen
Beobachter ja auch allergediegenstes Prüfkriterium für
deren Erfolgschancen ist. Zwar treibt diese Partei bei
ihren farbenfrohen Veranstaltungen und stimmungsvollen
Werbefeldzügen haargenau dasselbe wie alle anderen, wenn
sie versucht, aus der Unzufriedenheit der Bürger ein
Wahlkreuz für sich zu machen. Aber wenn dieser linke
Verein es tut, ist das eben hemmungsloser
Populismus
(FAS, 31.7.)
und Volksverhetzer ziehen alle Register der
Demagogie
(SZ, 22.6.).
Und welche verantwortungslosen Möchtegernpolitiker das
sind, die – zusammen mit all den anderen
Übriggebliebenen aus verblassten Bewegungen,
Radikalökologen, Neo-Marxisten, Trotzkisten, dazu
verbiesterten Sozialdemokraten von ehedem
, die der
Sektenbeauftragte des Spiegel so kennt – dem tumben Volk
aufs Maul schauen und sich dort die Maximen ihrer
„Politik“ abholen, kann man an dem Schaden ermessen, den
sie Deutschland zufügen: Ein Wahlerfolg des neuen
Bündnisses … würde der SPD schwer zu schaffen machen und
nach jetzigem Stand die Union die absolute Mehrheit
kosten
(SZ, 20.5.).
Statt, wie es sich für nicht verbotene Radikale gehört,
bestenfalls im Promillebereich herumzukrebsen, werden sie
im Osten möglicherweise ‚stärkste Kraft‘ und bringen
darüber die Machtverteilung in der Nation und das doch so
gut eingespielte Arrangement des etablierten
Parteienklüngels durcheinander! Was für eine Bande – und
ihre Anführer sind dementsprechend.
Die Führer: absolut zwielichtig
Nicht trauen kann man den beiden älteren Herren
(Spiegel, 24/05) an der
Spitze, diesen eitlen Parvenüs
(ebd.), spätpubertierenden
Seniorenpolitikern
(Spiegel,
25/05), die als zwei Narzissten ihrer
Privatpartei
(FAS, 19.6.)
vorstehen. Denn dieselben Leute, die Gysi und Lafontaine
in ihren damaligen politischen Spitzenämtern für
furchtbare Fehlbesetzungen gehalten haben, machen ihnen
jetzt selbstverständlich den Vorwurf, seinerzeit
abgehauen
zu sein. Lafontaine hat für sie nicht an
seinen Überzeugungen festgehalten, sondern solche gar
nicht gehabt: Er hat die Macht weggeworfen
und ist
in der für ihn typischen Verachtung des Lebemannes vor
dem Pflichtschuldigen
(Spiegel,
27/05) von Ministeramt und Parteivorsitz in die
Büsche geflohen. Wenn er jetzt mit Gysi wieder zurück
in die Politik
will, dann selbstverständlich auch
nicht, weil es ihm irgendwie um die ginge. Nein,
Politjunkies
auf dem Ego-Trip hat man da vor sich,
Prototypen des Schönwetterpolitikers
und
Drückebergers
, der seine Ämter nicht hätte
aufgeben und die Brocken hinwerfen
dürfen
(SZ, 16.6.). Da es diesen
machtgeilen Drückebergern bzw. machtwegwerfenden
Ehrgeizlingen ganz klar an der vorbildlichen Synthese
zwischen praktizierter Rücksichtslosigkeit gegen die
Leute und kaltschnäuzig-amtstreuer Charakterfestigkeit
fehlt, geht ihnen selbstverständlich auch die
demokratische Sekundärtugend der Glaubwürdigkeit
ab: Ein Sonnenkönig, der sich bei schlechtem Wetter
ins Armenviertel verlaufen hat
(Der Spiegel, 24/05), ist Lafontaine, tut
bloß so, als hätte er was für die niederen Stände übrig,
denen gegenüber er sich als neuer Arbeiterführer
aufspielt. Denn was muss man auf seinen Veranstaltungen
sehen, wenn man nur genau hinschaut: Traurige, wütende
oder sturzbesoffene Gesichter. Eine Veranstaltung derer,
die am Rande der Wohlstandsgesellschaft stehen. Sie sind
wund gescheuert von Arbeitslosigkeit und dem Gefühl von
Armut. Es braucht nicht viel, um ihren Hass
hervorzukitzeln. … Und am Ende kann man sich plötzlich
vorstellen, wie es in der Endphase der Weimarer Republik
war, als die Menschen sich verhexen ließen von radikalen
Straßen- und Bierkellerrednern.
(Spiegel, 27/05) A propos Weimar: Der
Führer in seinen frühen Wiener Lehr- und Wanderjahren hat
– und zwar schon in der Anfangsphase dieser Republik! –
nicht eindringlicher vor der Gefahr gewarnt, die
heraufzieht, wenn der „soziale Abschaum“ und
„Pöbelhaufen“ der Klassengesellschaft mit seiner
„geringen Denkfähigkeit“ in die Fänge
„sozialdemokratischer Verführer“ gelangt. Und dass
massenhaftes Elend überhaupt nicht gegen den
Kapitalismus, sondern einzig und allein gegen
Volksvertreter spricht, die als „Schieber“ und
„Parlamentswanzen“ nur ihren „Eigennutz“ im Kopf haben
und bar jeder „wahren sozialen Gesinnung“ sind, war ihm
auch schon viel früher klar als den Redakteuren der SZ,
die Lafontaine als ein Idol von Arbeitslosen und
Rentnern
entlarven, welches in Wahrheit als
„Bild-Kolummnist und Talkshow-Bewohner … bei
Christiansen 3000 Euro bekommt. Das ist für eine
dreiviertel Stunde Fernsehen so viel wie ein Empfänger
von Arbeitslosengeld II in neun Monaten bekommt“.
(SZ, 11.6.) Freilich ist ihr
Ideal einer politischen Führung, die umfassend Vertrauen
verdient, weil sie ohne jede berechnende eigennützige
Absicht ganz den Dienst am nationalen großen Ganzen
praktiziert, schon astrein demokratisch, und Gleiches
gilt für die Qualitätsansprüche, die sie gegenüber
glaubwürdigen politischen Führern anmelden: Auf die
hinterletzten privaten Umstände und Gewohnheiten
der linken Alphatiere
(Spiegel, 25/05) erstreckt sich der
öffentliche Gesinnungs-TÜV, um an den miesen Typen
deutlich zu machen, dass sie absolut keinen Respekt
verdienen. Gysi, ein bis vor wenige Wochen noch schwer
krankes einfaches PDS Mitglied
(Spiegel, 24/05) – und schon kann der
Wähler sich aussuchen, woran man bei dem ist: Ein
verlogener Kranker, der schlagartig gesundet, wenn
politischer Erfolg winkt, oder einer, der aus demselben
Grund seinen Hirnschaden verschweigt. Lafontaine: Beim
Schlussapplaus schnappt Lafontaines Mund auf und zu,
immer wieder, als wolle er den Applaus aufessen. Er
greift zum Riesling, trinkt und schmatzt genüsslich.
(Spiegel, 27/05) Unglaublich,
was der Mann für ein selbstgefälliger Pinsel ist. Auf die
feinsinnigen Menschen mit ihrer gediegenen politischen
Urteilskompetenz, die Führern entgegengebrachte
Huldigungsarien unbestechlich mit der Stoppuhr zu messen
pflegen und erst ab ungefähr 6 Minuten Applaus den
Auftritt äußerst distanziert für wirklich überzeugend
finden, macht ein Lafontaine nur mit seiner schlichten
Gier nach bekundeter Zustimmung Eindruck, negativen
selbstverständlich. Und weil sie die Selbststilisierung
der Mächtigen professionell als deren Aura kultivieren
und die bis zur Stilkunde des Umgangs mit Krawatten und
Wachtelbrüsten elaborieren, kann sich einer, dem sie jede
politische Führungsqualität absprechen, für sie auch nur
danebenbenehmen: Wo sie Stoiber, Merkel, Schröder und Co.
wohlwollend attestieren würden, vertrauenswürdige
Genussmenschen zu sein, vermelden sie hier, dass dem Idol
der Armen Wein schmeckt – schon ist die
demokratisch-politische Meinungsbildung gelaufen und der
Wähler weiß, dass da ein Rattenfänger vor ihm steht!