Die Einführung des Bitcoins in El Salvador
Klarstellungen zu dem gewagten Geld-Projekt des internetaffinen Präsidenten eines Landes ohne eigenes Geld

Im Jahr 2019 gewinnt Nayib Bukele die Präsidentschaftswahlen von El Salvador. Der 40-jährige politische Newcomer, der sich der Öffentlichkeit gerne mit verkehrt herum aufgesetzter Baseballmütze präsentiert, regiert das Land seither mit seiner neu gegründeten Partei „Nuevas Ideas“ auf Basis einer bequemen Zweidrittelmehrheit. Aufgrund der von ihm sogleich ergriffenen Maßnahmen zur Durchsetzung von mehr Staatsgewalt im Land fällt er nicht nur der hiesigen Presse, sondern auch den USA mit ihrem kritischen Blick auf die Regierungen in ihrem zentralamerikanischen Hinterhof auf, die ihn nachdrücklich abmahnen im Hinblick auf in ihren Augen autoritäre und demokratisch bedenkliche Eigenmächtigkeiten. Noch deutlich größere internationale Aufmerksamkeit erzielt schließlich seine Ankündigung, ab September 2021 neben dem Dollar wie bisher den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel in El Salvador zu etablieren.

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Die Einführung des Bitcoins in El Salvador
Klarstellungen zu dem gewagten Geld-Projekt des internetaffinen Präsidenten eines Landes ohne eigenes Geld

Im Jahr 2019 gewinnt Nayib Bukele die Präsidentschaftswahlen von El Salvador. Der 40-jährige politische Newcomer, der sich der Öffentlichkeit gerne – immer eifrig twitternd – mit verkehrt herum aufgesetzter Baseballmütze präsentiert, regiert das Land seither mit seiner neu gegründeten Partei „Nuevas Ideas“ auf Basis einer bequemen Zweidrittelmehrheit. Aufgrund der von ihm sogleich ergriffenen Maßnahmen zur Durchsetzung von mehr Staatsgewalt im Land fällt er nicht nur der hiesigen Presse, sondern auch den USA mit ihrem kritischen Blick auf die Regierungen in ihrem zentralamerikanischen Hinterhof auf, die ihn nachdrücklich abmahnen im Hinblick auf in ihren Augen autoritäre und demokratisch bedenkliche Eigenmächtigkeiten.

Noch deutlich größere internationale Aufmerksamkeit erzielt schließlich seine Ankündigung, ab September 2021 als globale Premiere neben dem Dollar wie bisher den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel in El Salvador zu etablieren. [1]

Finanzexperten und Kommentatoren in der Öffentlichkeit weltweit sind sofort hellhörig, zeigen sich skeptisch und halten die Einführung des Bitcoins als Zahlungsmittel für riskant, mindestens für unvernünftig, wenn nicht gar für die Spinnerei eines populistischen neuen Idols der Bitcoin-Fangemeinde. [2] Im Hinblick auf das Geld in Händen des Volkes erscheint manchem die Bitcoin-Einführung zynisch – schließlich kennt man die Volatilität des Bitcoin-Kurses an den internationalen Finanzmärkten. Und man fragt sich besorgt, ob das staatliche Vorhaben überhaupt funktionieren kann. Aus diesem Konzert kritischer Begutachter sticht die warnende Stimme des IWF hervor, da das hochverschuldete El Salvador schon länger von dessen Krediten abhängig ist, deshalb unter dessen Aufsicht und aktuell wieder in Kreditverhandlungen steht. [3]

Allseits wird also der Nachricht, dass ein kleines armes Land im Hinterhof der USA den Bitcoin, eine inzwischen an den Finanzbörsen der Welt als Spekulationsobjekt gehandelte ‚Kryptowährung‘, zum alternativen Staatsgeld kürt, eine gewisse politische Brisanz beigemessen. Offenbar sehen die echten und eingebildeten Aufseher über die Gelder der Welt da Gefahren prinzipieller Natur heraufziehen, die sie dem Fehlen von Gütesiegeln anlasten, die ein staatlich autorisiertes Geld auszeichnen sollen, wie insbesondere Wertstabilität und Kontrolle. Davon lässt sich Bukele als selbst berufener Retter seines Landes [4] aber nicht beeindrucken: Entgegen solchen Warnungen verspricht er sich offenbar etwas von der Einführung des Bitcoins als alternatives Geld unter seiner Hoheit für El Salvador – nach eigener Auskunft nicht weniger als die Befreiung seines Landes aus jahrzehntelanger Misswirtschaft und -herrschaft.

1. Die Dollarisierung El Salvadors

Der Ersatz des Colón durch den Dollar

Der trostlose Zustand seines Landes, den Bukele beklagt und den er für grundlegend verbesserungsbedürftig hält, ist Resultat der jahrzehntelangen Einbeziehung El Salvadors in das kapitalistische Weltgeschäft. Infolge seiner Teilnahme an der und Benutzung für die weltweite Konkurrenz um nationalen Reichtum besitzt es schon seit 2001 keine eigene Währung mehr und wirtschaftet seither auf Basis der von der damaligen Regierung beschlossenen Dollarisierung. Mit dem Entschluss, ihre eigene Währung aus dem Verkehr zu ziehen, hat diese eine radikale Konsequenz aus der geschäftlichen Untauglichkeit ihrer Landeswährung gezogen. [5]

Mit der Dollarisierung wird in El Salvador nicht einfach der salvadorianische Colón durch den Dollar ersetzt. Denn, worum es in dieser Ökonomie als Teil der Dollarsphäre in Lateinamerika – mit oder ohne Colón – letztlich schon längst geht, das ist der durch erfolgreiche Geschäfte privater Unternehmer und der durch staatlich erhobene Abgaben auf deren Resultate zustande gebrachte Zugriff auf Dollar als dem einzig gefragten Geld. Das ist die Konsequenz davon, dass sich die staatlichen Ansprüche, mit der nationalen Geldschöpfung über die Zentralbank und der Finanzierung der Staatsnotwendigkeiten mittels staatlicher Verschuldung gleichzeitig eine Geschäftstätigkeit anzustoßen, die zu einem nationalen ökonomischen Wachstum führen soll, ständig blamiert haben. Das kam immer nicht in nennenswertem Umfang zustande, weil dafür die ökonomische Voraussetzung, eine ausreichende Masse konkurrenz-, also kreditfähiges nationales Kapital fehlt. Stattdessen inflationierte der als staatliches Finanzierungsmittel weiterhin national beanspruchte und vermehrte Colón beständig, sodass er zwar genommen und benutzt wurde, wo nötig, aber immer gleich in Dollar verwandelt wurde, wo möglich. In der Sphäre des Imports sowie für größere private Anschaffungen wie Häuser oder Autos wurde von vornherein nur der Dollar akzeptiert und erst recht als Spargroschen jeder Colón in Dollar umgetauscht. Für die Geschäfte der internationalen Finanzmärkte wurde der Colón schon gleich nicht nachgefragt. Aufgrund dessen fiel auch sein Außenkurs gegenüber dem Dollar beständig. Als die Regierung dagegenhalten wollte und im Jahr 1992 beschloss, trotz allen Abwertungsdrucks einen fixen Wechselkurs zwischen Colón und Dollar zu garantieren, [6] führte dies vorübergehend zu einer Stabilisierung seines Verhältnisses zum Weltgeld, allerdings auf Kosten der zunehmend knappen Dollarreserven, die der salvadorianische Staat ständig für die Stützung des Kurses aufwenden musste. Zugleich verdrängten die dadurch relativ günstiger werdenden Importe die Reste einheimischer Produktion.

Letztlich bewirkt dann Ende 2000 das rapide Sinken des Weltmarktpreises für Kaffee, das den Dollarfluss nach El Salvador weiter minimiert, den Beschluss der Regierung, nicht nur ihre ruinösen Bemühungen um die Stabilisierung des Colón einzustellen, sondern über Nacht den Colón ganz aus dem nationalen Geldverkehr zu ziehen und den Dollar zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel zu erklären. Dafür untersagt sie ihrer Zentralbank jede weitere Emission der Landeswährung und kündigt an, die noch vorhandenen Colón mit einem festen Umtauschverhältnis zum Dollar aus dem Verkehr zu nehmen. Das ist das endgültige staatliche Eingeständnis El Salvadors, erstens, dass das nationale Geld, das schon zunehmend durch den in der nationalen Zirkulation immer verbreiteter verlangten Dollar verdrängt war, nichts taugt für das Verdienen von wirklichem Geld. Zweitens, dass die weitere Aufrechterhaltung des gegenteiligen Scheins die Wirtschaft des Landes und deren politischen Hüter insgesamt nur schädigt, da dies letztlich die Nation mehr Dollars kostet, als es solche ins Land und in die Staatskasse bringt. Praktisch vollzieht die Politik das negative Urteil der Geschäfts- und Finanzwelt über die Unfähigkeit El Salvadors nach, eine nationale Währung mittels eigener ökonomischer Potenzen irgendwie am Leben und für sie ‚attraktiv‘ zu erhalten. Begraben ist damit endgültig die staatliche Hoffnung, durch selbst geschaffenen Kredit die nationale Wirtschaft derart in Gang zu setzen, dass sie zugunsten eines heimischen Geldes floriert. Um sich von der Last, die das eigene Geld für ihn geworden ist, zu befreien, gibt der Staat die faktische Hoheit über das im Land Verwendung findende Geld auf. Er dankt auf diese Weise als geldpolitischer Souverän ab und anerkennt, dass allein der Dollar, dessen Schöpfung und Gebrauch in der kapitalistischen Welt unter fremder Hoheit stehen, wirkliches Geld und damit tauglich ist zur kapitalistischen Benutzung im Land. Das, was seine Ökonomie kapitalistisch leistet und welche finanzielle Potenz der salvadorianische Staat nunmehr auf dieser Grundlage hat, überantwortet er damit ganz den einheimischen oder fremden Dollarbesitzern und deren Entscheidungen, was sich in El Salvador für sie geschäftlich lohnt.

Die dollarisierte Ökonomie unter US-Aufsicht

Daher verbleiben seither im Wesentlichen drei Abteilungen der nationalen Ökonomie, die jeweils auf ihre Weise als Dollarquellen und damit als ökonomische Basis für den Bedarf und Bestand des salvadorianischen Staats fungieren:

  • Im Export sind es vornehmlich US-Geschäftsleute, neben ein paar reichen Salvadorianern, die mittels heimischer Agrarprodukte wie Zucker, Kaffee oder Bananen ihre private Dollarvermehrung betreiben oder zu diesem Zweck einheimische Billiglohnarbeiter in zollbefreiten Sonderwirtschaftszonen benutzen. Das lohnt sich für die Besitzer solcher Plantagen und Textil-Maquiladoras in dem Maße, wie es der Weltmarkt erlaubt, auf dem die Waren verkauft werden; und ernährt genau den kleinen Teil des Volkes, dessen Arbeit dafür benötigt und mit Elendslöhnen bezahlt wird.
  • Die andere nennenswerte Abteilung des nationalen ökonomischen Lebens ist Teil der sogenannten Schattenwirtschaft und besteht zum Großteil in dem illegalen Geschäft des Durchschleusens der aus Kolumbien und Mexiko stammenden Drogen in die EU und die USA. Als einheimische Handlanger für diese Geschäfte werden etwa 70 000 der ansonsten perspektivlosen Jugendlichen beschäftigt und entlohnt. Die Protagonisten des Drogenhandels sind permanent damit beschäftigt, sich und ihr Gewerbe dem Zugriff nicht nur der salvadorianischen, sondern insbesondere der US-Staatsgewalt zu entziehen, der der salvadorianische Staat – von den USA genötigt – weitreichende Befugnisse für ihren Antidrogenkrieg in El Salvador erteilt hat. Und die Tatsache, dass dieses verbotene und daher besonders lukrative Geschäft unter den darin engagierten Geschäftsleuten heiß umkämpft ist, sorgt seinerseits mit für die exorbitant hohe Mordrate, die das Leben für die Massen in El Salvador so unmittelbar gefährlich macht.
  • Bei der Masse des Volkes befördern diese Verhältnisse und ihre Versuche, mangels Alternativen vornehmlich informell irgendwo im Bereich dieser oder der sonstigen Schattenwirtschaft mit ihnen zurechtzukommen, die Einsicht, dass sie gar nicht auszuhalten sind, und deshalb den massenhaften Entschluss, ihr Heil im Ausland zu suchen. Diese Salvadorianer füllen und erweitern seit Jahren den Migrationsstrom in Richtung USA, den nicht nur Trump, sondern auch sein demokratischer Nachfolger bekämpft, auch wenn dieser seine zentralamerikanischen Nachbarn nicht mehr öffentlich zu den shitholes zählt, gegen die sich die USA mit hohen Mauern abzugrenzen haben. Dort erarbeiten sich diese Migranten – wenn möglich – die Dollars, mit denen sie sich und außerdem ihre Familien in der Heimat mit Dollarsendungen, sog. remesas, ernähren, was inzwischen den größten Anteil der Devisen, über die El Salvador verfügt, ins Land bringt. [7] Diese Überweisungen unterliegen, was Absender, Empfänger und Höhe des Betrags betrifft, wiederum einer strengen Kontrolle der USA, um die Zirkulation von Drogengeldern zu unterbinden. So werden Geldüberweisungen aus den USA in Länder wie El Salvador registriert, geprüft und gegebenenfalls beschränkt oder ganz verhindert. Gelder mit möglichem Bezug zum Drogenhandel werden als Terrorfinanzierung, also als nationale Sicherheitsfrage der USA behandelt und damit El Salvadors bedeutsamste Dollarquelle laufend unter Generalvorbehalt, also infrage gestellt. [8]

Darin also besteht das aktuelle ökonomische Leben El Salvadors und die Bedeutung seiner Dollarisierung. In dieser beschränkten und – sofern international kriminalisiert – prekären kapitalistischen Benutzung von Land und Leuten El Salvadors liegen dann auch die Schranken für die staatlichen Ansprüche. Weil der Staat keinen nationalen Kredit hat, ist er auf den Dollar verwiesen. Und weil seine Ökonomie als Dollarquelle nur bedingt taugt, er laufend mehr Dollars benötigt, als seine Grundlage für ihn ökonomisch hergibt, ist er davon abhängig, sich auswärts zu verschulden. Dazu aber ist er auf den internationalen Finanzmärkten – aus demselben Grund – wenn überhaupt, nur in sehr engen Grenzen und zu hohen Zinskosten in der Lage. Deshalb ist er ständig auf den politischen Kredit und die direkten finanziellen Zuwendungen vor allem des IWF und der Weltbank angewiesen, mit deren Hilfe die Auslandsverschuldung des Landes in den letzten Jahren explodiert ist. Seine ständig akuten Zahlungsnöte mag er mit solchen Unterstützungen beheben, muss sich aber damit – über die amerikanischen Drangsalierungen in Sachen Drogenpolitik hinaus – laufend IWF-Vorgaben unterwerfen, die mit ihren Auflagen die staatliche Wirtschafts- und Haushaltspolitik auf die Interessen der internationalen Kreditgeber und Anleger verpflichten.

2. Das neue nationale Zahlungsmittel Bitcoin und wie es herrschaftsfrei funktioniert

Um seiner Nation in dieser politischen und ökonomischen Zwangslage in der imperialistisch geordneten Welt im Hinterhof der USA größere Freiheiten zu verschaffen, verordnet der Präsident Nayib Bukele dem Land eine eigentümliche Währungsinnovation. Um nicht mehr allein vom Dollar, der für den nationalen Bedarf nie reicht und immer so exorbitant hohe Kreditkosten produziert, und um vor allem nicht mehr von dessen weltmächtigem Schöpfer, seinen Finanzinstanzen und deren politischen Vorgaben und Vorschriften abhängig zu sein, [9] wird der Bitcoin ohne große parlamentarische Umstände als eine zweite Landeswährung im ganzen Land eingeführt. [10] Er soll neben dem Dollar, der explizit weiter maßgebend im Inland zirkulieren soll und auf den sich alle Preise beziehen, als ein zweites Zahlungsmittel funktionieren, mit dem, sofern technisch möglich, alles im Land bis zu Löhnen und Steuern bezahlt werden darf.

Angestrebt ist also ein partieller „Tausch“ der Abhängigkeit vom Dollar, dem fremden Kreditgeld der USA und dessen ständig negativ erfahrener Macht, gegen ein zwar ebenso fremdes, aber gar keiner Hoheit unterworfenes Zahlungsmittel. [11] Dabei kann Bukele anknüpfen an zweierlei qualitative Fortentwicklungen des digital konstruierten Kryptogeldes, das für sich erst einmal gar kein werthaltiges Geld, sondern nichts ist als ein verschlüsselter Datensatz mit auf einer Blockchain festgehaltenen wechselnden Besitzverhältnissen: erstens daran, dass dieser Bitcoin mittlerweile eine beachtliche Karriere an den Finanzmärkten hingelegt hat, die ihm international eine Wertschätzung als taugliches Spekulationsobjekt eingebracht hat; dem also Wert in Dollar und Euro von den „Märkten“ zugesprochen wird und der somit einen Wert als Mittel für eine spekulative Geldvermehrung hat, ganz jenseits jeder materiellen kreditfinanzierten kapitalistischen Reichtumsvermehrung. Und zweitens daran, dass Finanzdienstleister inner- und außerhalb der Internetszene aus diesem so dollarwert gewordenen reinen Spekulationsobjekt mittlerweile tatsächlich ein für jedermann käufliches rein digitales Zahlungsmittel gemacht haben, dessen Kaufkraft von seinem Dollarkurs abhängt, die allerdings dementsprechend volatil ist.

Auf diese Weise – über seine spekulative Wertschätzung in Dollar – ist überhaupt erst eine digitale Datenkette, die als Geld funktionieren soll, in ein allgemein gültiges Verhältnis zum wirklichen Waren- und Dienstleistungsreichtum der Welt gestellt. Und das ermöglicht es, dass das Bezahlen großer und kleinster Beträge mit ganzen oder Bruchteilen eines Bitcoin nicht nur überhaupt geht, sondern auch – zumindest in einigen internetaffinen Kreisen und nun erstmals auch in einem ganzen Staat – als Zahlung anerkannt wird. [12]

Die Einführung des Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel, von dem die Offiziellen El Salvadors sich und ihrem Volk mehr Freiheit und finanziellen Fortschritt versprechen, erfordert allerdings mehr als einen staatlichen Anerkennungsbeschluss, nämlich die Einrichtung und materielle Ausstattung eines völlig neuen Zahlungswesens und seines Verhältnisses zum Dollar – eine Aufgabe, deren Umstände den weitreichenden Versprechungen einigermaßen Hohn sprechen.

Auf der technischen Seite möglich gemacht wird dieses neue Zahlungswesen über Handy-Apps, welche Smartphones zu persönlichen digitalen Geldbeuteln namens Wallets machen, die sich per QR-Codes digital über den jeweilig von den Käufern und Verkäufern vereinbarten Geldfluss verständigen, der dann fälschungssicher im Netz festgehalten wird. Um ein solches Verfahren in El Salvador zu installieren, lässt sich Bukele mithilfe seiner Freunde in der Internetbranche eine staatseigene sogenannte Chivo-App konstruieren. Vermittels dieser können zumindest seine Smartphone besitzenden Bürger zu ihrer persönlichen Wallet kommen, die sie wiederum mithilfe von in El Salvador wie auch in den USA aufgestellten Chivo-Geldautomaten, sofern sie sie mit ihren Dollars füttern, zur digitalen Aufbewahrung und zum Transfer von Bitcoins benützen können. [13] So müssen die Bitcoins, die künftig zum Händewechsel von Geld in El Salvador bei jeglichen Zahlungen Verwendung finden sollen, erst einmal mit Dollar gekauft werden. Und weil die Kaufkraft der erworbenen Bitcoins ihrem Börsenkurs entsprechend ausgesprochen variabel, aber dies nun Voraussetzung ist für jede nationale Zahlung mit ihnen, richtet Bukele gleichzeitig mit deren Einführung im Interesse einer umfassenden Verwendung von Bitcoin vorsorglich als vertrauensstiftende Maßnahme einen staatlichen Rücktauschfonds [14] ein, dessen geringer Umfang von 150 Mio. Dollar von vornherein darauf berechnet ist, nie wirklich ernstlich in Anspruch genommen zu werden. Als zusätzlichen Anreiz gibt es das staatliche Versprechen einer 30-Dollar-Gutschrift in Bitcoin für alle Bürger, die sich eine Chivo-App auf ihr Handy laden, nicht zuletzt, um auch die zu überzeugen, die in großer Zahl auf Demonstrationen ihre Bedenken gegen das neue Geld ausdrücken. [15] Die dafür nötigen Bitcoins muss die Regierung an den Kryptobörsen der Welt einkaufen, mit je nach deren Kurs mal mehr mal weniger Dollars aus dem Staatshaushalt.

Mit der von ihm dekretierten Einführung des Bitcoins als digitalem Mittel fürs alternative Zahlen im Status einer neu gültigen Zweitwährung des Landes verfügt Bukele mit seiner Nation also weder über eigenes, etwa selbst geschaffenes und womöglich kapitalistisch produktives, noch überhaupt über mehr Geld als bislang, denn dessen Umfang basiert nach wie vor auf den spärlichen Dollarquellen, die El Salvador eben nur hat. Es bleibt auch nach dieser „Bitcoinisierung“ El Salvadors dabei, dass die geldpolitische Souveränität El Salvadors mit dem staatlichen Entschluss zur eigenen „Dollarisierung“ begraben wurde und mit dem Bitcoin im Land keine Auferstehung erlebt, auch wenn der Präsident dies wie eine Rettung der Nation aus ihren Nöten propagiert. Was einem salvadorianischen Staatsmann wie Bukele am Bitcoin aber offenbar positiv ins Auge sticht, ist, dass dieser weltweit jedem, also auch Nationen ohne eigenes Geld, per Internet potentiell zum eigenen Gebrauch zur Verfügung steht und insofern – zumindest erst einmal grundsätzlich – frei und herrenlos seine eigentümliche Geldfunktion zu leisten verspricht, jenseits des Geldes der fremden US-Notenbank und dessen politischer oder ökonomischer Verwendung, Garantie oder Kontrolle.

Das macht offensichtlich für Bukele die staatliche Verwendung des Kryptogeldes so interessant, dass er dafür trotz aller auswärtigen Warnungen die Tauglichkeit seiner neuen nationalen Zahlungsmittel, soweit sie in seinem Land anstelle von Dollars benutzt werden, einem neuen fremden Subjekt, nämlich der autonomen Bestimmungsmacht des Finanzkapitals über das frei gehandelte Spekulationsobjekt Bitcoin mitsamt allen an dieser Spekulation beteiligten Akteuren überantwortet. An denen hängt nun, dem Charakter und den Fortentwicklungen dieses neuen Geldes gemäß, was das von ihm und seinem Volk benutzte Geld, also zuletzt auch seine staatlichen Einnahmen wert sind. Genau das begründet zwar, wie weltweit in den dafür maßgeblichen Kreisen festgestellt, die totale ‚Volatilität‘ und damit Untauglichkeit des Bitcoins als Zahlungsmittel für das gewöhnliche kapitalistische Getriebe. Doch von diesem bzw. genauer: von dessen immer zu mageren Erträgen für seine Nation will sich der Präsident – zumindest teilweise – gerade verabschieden und hat dabei Erträge ganz eigener Art für El Salvador im Auge, die er nicht trotz, sondern aufgrund der Besonderheit des virtuellen Geldes in der wirklichen Welt des US-Imperialismus und des von ihm dominierten Finanzkapitals realisieren könne. Die präsentiert er selbstbewusst seinem Volk, dem er verspricht, mit den staatlichen Bitcoin-Rechnungen würden auch die Massen viel besser gestellt als bisher.

3. Die landesspezifischen Versprechungen im Hinblick auf die Kryptowährung

Anlässlich der Einführung des Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel verheißt Bukele seiner Nation als deren Nutzen und Ertrag, sie werde

„finanzielle Inklusion, Investitionen, Tourismus, Innovation und wirtschaftliche Entwicklung für unser Land bringen“.

Er hat also in ziemlich allen Bereichen der heimischen Ökonomie, deren Erträge bislang unter der Herrschaft des Dollar im Land sehr zu wünschen übrig lassen, bedeutsame Fortschritte im Auge. Wie und wo er dabei auf spezifische Geldleistungen der Kryptowährung setzt, wissen der Präsident und seine Regierung als staatliche Pioniere auf diesem Gebiet streng entlang der ihnen zu Gebote stehenden Reichtumsquellen zu benennen:

  • Alle, die von einem geregelten Geldverdienst ausgeschlossen sind, weil die herrschende Dollarwirtschaft für sie keine Verwendung hat, sollen trotzdem dadurch irgendwie volksökonomisch nützlich gemacht werden, dass sie vermittels des neuen Geldes zahlungstechnisch neu erschlossen werden: [16] Wo ein großer Teil der Bevölkerung dauernd so wenig Dollars verdient, dass er auch an keinem offiziellen und institutionalisierten Geldverkehr beteiligt ist, folgt Bukele der modernen Parole der Digitalwelt, die für kaputte Staaten ausgerechnet in Bezug auf ihre arme Bevölkerung als speziellen Fortschritt empfiehlt to bank the unbanked, und will mit der Zugangsermöglichung zu einem Bitcoin-Geldverkehr deren finanzielle Inklusion erreichen – schlicht dadurch, dass sie jenseits der Banken stattfindet. Die Beförderung der Massen aus ihrem vom staatlichen Standpunkt aus unnützen „informellen“ Dasein hin zu einer großen Masse von Teilnehmern an – wie auch immer – Geldbeziehungen soll zur Geldquelle für den Staat werden, ohne dass und schon gar nicht weil diese Leute dadurch mehr verdienen.
  • Von der Hauptquelle des Devisenflusses nach El Salvador ist bekannt, dass die in den USA erarbeiteten remesas, wie es in der kapitalistischen Welt üblich ist, immer erst ein Finanzgeschäft bedienen müssen, das die Dollars gehörig reduziert, bevor sie ins Land gelangen. Die Institutionalisierung eines Bitcoin-Zahlungsverkehrs in und nach El Salvador zu den jetzt dafür „inkludierten“ bedürftigen Familien soll die horrenden Gebühren für auswärtige ‚Zahlungsdienstleister‘ umgehen und damit Kosten einsparen. [17] Die um die ersparten Gebühren angewachsene Unterstützung der familieninternen Sozialleistungen soll – sofern eine Überweisung per Bitcoin wahrgenommen wird – eine relativ gesehen durchaus beträchtliche Erhöhung des salvadorianischen Nationaleinkommens bewirken. Das, so die Rechnung des Präsidenten, erweitert dann automatisch die zahlungsfähige Nachfrage und mit der dann auch automatisch die Geschäftsmöglichkeiten im Land.
  • Das hoheitliche Leiden an der umfangreichen salvadorianischen Schattenwirtschaft, die hauptsächlich mit dem verbotenen Vertrieb von Drogen befasst ist und damit viele gute Dollars verdient, die sie aber branchentypisch vor staatlichem Zugriff verbirgt, soll ein Ende haben. An deren Interesse an einer Geldwäsche der Erlöse lässt sich anknüpfen mit dem reizvollen Angebot, das die Einführung des Bitcoins für diesen Geschäftsbereich bekanntermaßen in Aussicht stellt, schließlich warnt ja fast die ganze Welt davor. [18] Die Drogenhändler können nun zum einen ihre zu Bitcoins gewaschenen Erlöse aus den USA als remesas verkleidet unter dem Radar der US-Drug-Enforcement-Administration (DEA) in die Heimat zurücksenden. Zum anderen sollen sie ihre Gewinne in Bitcoin, denen man ihre Herkunft nicht mehr ansieht, endlich in und durch die salvadorianische Wirtschaft fließen lassen, sodass beim Staat ein ordentlicher Anteil davon hängen bleibt.
  • Dass sie es in der Herrichtung von El Salvador zu einer Bitcoin-affinen Umgebung an Gründlichkeit vermissen lassen, kann man Bukele und seiner Mannschaft nicht nachsagen. Sogar für das energieaufwendige mining von Bitcoins durch finanzkräftige Investoren, die darauf spezialisiert sind, haben sie ein Angebot. Die konkurrieren gemäß den Konstruktionsbedingungen des Bitcoins mittels riesiger energieintensiver Rechneranlagen um die Schöpfung neuer digitaler coins, auf deren Wertsteigerung in Dollar sie setzen, weswegen der Aufwand dafür in einem lohnenden Verhältnis stehen muss. Mit seinen bislang nicht nur gefährlichen, sondern kapitalistisch gesehen weitgehend nutzlosen Vulkanen bietet Bukele ihnen nicht nur die – noch zu organisierende – Verbilligung des benötigten Energiebedarfs an, [19] sondern verkündet gleich den Plan zur Gründung einer ganzen Bitcoin City.
  • Denn darüber, dass El Salvador dem Bitcoin so eine Heimstatt als erlaubtes, sogar erwünschtes ‚aufsichtsfreies‘ Zahlungsmittel bietet, sollen zwar nicht direkt mehr Dollars, aber immerhin viele dollarwerte Bitcoins ins Land und damit auch in die Staatskasse kommen, auch wenn bzw. gerade weil deren Kurswachstum demonstrativ nicht besteuert wird. [20] Ist schließlich erst einmal durch die Verwandlung El Salvadors in eine steuerbegünstigte Geldwaschanlage und Wechselstube der Ausbreitung der Kryptowährung im Land der Weg bereitet und sie dort heimisch gemacht, wirkt das doch – so die Spekulation – auf reiche Bitcoinbesitzer aus aller Welt wie eine artspezifische Anziehungskraft, die ihresgleichen lockt, kapitalistisch im Land tätig zu werden. [21] Dass sich im Land die ökonomischen Möglichkeiten für ein geschäftsträchtiges Investieren gar nicht verändert haben, die weltweit ehrenwerte und kriminelle Bitcoinbesitzer dazu veranlassen könnten, zumindest Teile ihrer Reichtümer in El Salvador zu investieren, und dass überhaupt das wesentliche Bitcoin-Geschäft vollständig in der finanzkapitalistischen Spekulation auf ihn aufgeht, hindert salvadorianische Politiker nicht in ihrem Fortschrittsdrang – sie setzen im Gegenteil darauf. [22]
  • Die staatliche Kalkulation mit dem Bedürfnis vermögender Bitcoin-Besitzer nach einer staatlich eröffneten Bitcoin-Sphäre und die Hochrechnung der daraus zu erwartenden Dollarerträge beruhen nämlich zu guter Letzt und auf ihre Weise ganz konsequent allein auf der Erwartung riesiger Gewinne aus einem Kursanstieg des Bitcoins, die dem Land dank seiner Teilnahme an der Spekulation zufließen werden – mit denen er also heute schon wirtschaften kann. Mit der Ankündigung einer sogenannten Vulkananleihe in Milliardenhöhe, einer neuen gewagten Sorte finanziellen Schneeballsystems, bei dem eine einfach langfristig unterstellte Kurssteigerung der für die eine Hälfte der aufgenommenen Dollars gekauften Bitcoins die Verzinsung und Rückzahlung der ganzen Anleihe tragen soll, während mit der anderen Hälfte die Bitcoin City finanziert wird, treibt Bukele seine Zukunftsprojekte mit dem Bitcoin auf eine vorläufige spekulative Spitze. [23] Dieser neue Anlagetyp für Interessenten aus dem internationalen Finanzkapital soll, so (gar nicht nur) seine geniale Idee, sich so von selbst refinanzieren und das zu einem Zinssatz, der für ein El Salvador ohne Bitcoin unerreichbar ist. Um die Gläubiger, die ihm das gewähren sollen, trotz alledem dafür zu gewinnen, winken extra schöne, alle fünf Jahre auszuschüttende, booster genannte Dividenden. [24]

*

Ein neues und eigenes Geld kommt also mit der Einführung des Bitcoins nicht in die Reichweite eines Staates wie El Salvador. Und darauf rechnet das staatliche Vorhaben auch gar nicht. Von der Ohnmacht in Sachen eigener Geldhoheit geht es in Wahrheit aus, will die aber mit dem Bitcoin zum Positiven wenden. Leisten soll dessen Einführung – neben einer Kostenersparnis bei der Überweisung der remesas seiner ausgewanderten Bürger – die Herrichtung des Landes zu einer sich digital-modern gebenden Heimat für Kryptowährungsbesitzer und damit zugleich zu einer Art Waschanlage für Schwarz- und Drogengelder. Der Staat spekuliert damit auf eine bessere Beteiligung an mehr oder weniger offiziellen Geschäftserlösen, die er hoheitlich nicht zu stiften vermag. Dafür stiftet er eine kleine Zirkulation, die die armselige Kaufkraft seiner Bürger unmittelbar der Finanzspekulation mit dem Bitcoin, also einer völlig ungewissen Werthaltigkeit des neuen Zahlungsmittels unterwirft; praktisch verbindet er damit das zynische Angebot an sie, auf eine Partizipation an Spekulationsgewinnen zu setzen. Mit den trostlosen finanziellen Mitteln ihres Lebensunterhalts werden sie einem gar nicht aushaltbaren Risiko ausgesetzt und sollen das als neue Chance für ein besseres Leben begreifen.

So wird das ganze Volk in das Programm der Regierung dieses Staates, der seit Jahren über keinen Kredit mehr verfügt, involviert, sich – ohne kleinliche Bedenken hinsichtlich der absehbaren Auswirkungen auf die Geldbeutel seiner Bürger oder bezüglich der zu erwartenden Auseinandersetzungen mit dem IWF und den USA – durch seinen Umgang mit der letzten Ausgeburt finanzkapitalistischer Spekulation einen neuen Kredit anderer Art zu verschaffen, mit dem der Staat nach der einigermaßen kühnen Rechnung seiner nationalen Führung an internationaler Zahlungsfähigkeit nur gewinnen kann. [25]

4. Der Aufstand eines kaputten Landes gegen die US-Herrschaft

Auf diese Weise erfährt das im Internet geborene Kunstgeld Bitcoin dadurch, dass es von einem Armutsland wie El Salvador zum national gültigen Geld erhoben wird, eine neue absurde Karriere als ökonomischer Hoffnungsanker für einen hoffnungslos überschuldeten Staat. Den diesbezüglichen Anstrengungen Bukeles sieht man dabei durchweg an, dass sie auf den staatlichen Nöten El Salvadors aufgrund seiner bleibenden Unterordnung unter die Dollarherrschaft basieren und – weil der aktuelle Präsident dies als souveräner Führer seiner Nation nicht gelten lassen will – gleichzeitig auf seiner sich unbeeindruckt gebenden Absicht, den sich aus dieser Herrschaft für das Land ergebenden Nöten zu entgehen.

In der Sache stellt die ‚Bitcoinisierung‘ El Salvadors deshalb einen Affront in mehrfacher Hinsicht dar. Sie unterminiert den in El Salvador ausgetragenen Antidrogenkrieg der USA. Sie verstößt unmittelbar gegen den grundsätzlichen Bedarf der USA an Kontrolle aller Machenschaften der finanzkapitalistischen Akteure rund um den Bitcoin und ruft notwendigerweise die Weltmacht und ihre Partner mit den von ihnen dominierten Instanzen der Weltwirtschaft auf den Plan; schon gleich, wenn ein minderbemittelter politischer Teilnehmer am Weltmarkt sich unautorisiert auf dieses noch nicht fest geregelte Derivategeschäft kapriziert. Die Aufseher über die internationale Konkurrenz sind ohnehin schon wegen der zunehmenden spekulativen Verwendung von Kryptowährungen damit befasst, Ge- und Verbote zu erlassen, die deren fortschreitende „Integration“ in den üblichen Kapitalismus in ihnen genehme Bahnen lenken sollen. Sie fassen von daher das ganze Projekt, das auf eine Absage an und einen Entzug aus derartiger Aufsicht zielt, sehr prinzipiell als einen Verstoß gegen ihr weltweites Finanzregime auf – begleitet von den kritischen Abwägungen der Öffentlichkeit. Und die Bitcoin-Unternehmung reiht sich damit ein in die von Washington aufgemachte Liste von Verstößen El Salvadors gegen den grundsätzlichen Aufsichtsanspruch der amerikanischen Vormacht; die hat die Regierung Bukele ohnehin als Störenfried ausgemacht. [26]

So wird dieser haltlose Versuch, der Dollar-Herrschaft ein Stück weit zu entrinnen, um mehr Dollars in Reichweite staatlicher Verfügung zu bringen, von vornherein zu einem höchst riskanten Manöver für die Regierung, weil ihr die maßgeblichen politischen Aufsichtsinstanzen mit Konsequenzen drohen. Und das quittieren die Weltfinanzmärkte – vorausschauend, wie sie sind – mit den Mahnungen des IWF im Ohr ganz sachgerecht: Sie strafen das Land mit seinen Staatsanleihen wegen des wesentlich gestiegenen Ausfallrisikos, dessen sie sich bei absehbarer Nichteinigung mit dem IWF gewiss sind, mit einem kräftigen Kurseinbruch auf dem freien Markt ab. [27]

[1] Die Nutzung des Bitcoins soll nicht in Konkurrenz treten zur Verwendung des US-Dollars, der nach dem aktuellen ‚Gesetz zur monetären Integration‘ verwendet wird. (amerika21.de, 12.6.21)

[2] Die ist begeistert: In einem Land von der Größe Hessens mit nur 6,5 Mio. Einwohnern, die alle bislang den Dollar gebrauchen, sehen sie das ideale Experimentierfeld für den Praxistest des Bitcoins in der echten Welt in der ihm von seinen Erfindern zugedachten Funktion als Tauschmittel.

[3] ‚Als nationale Währung ist eine Kryptowährung – inklusive Bitcoin – mit einem erheblichen Risiko für die makrofinanzielle Stabilität, die finanzielle Integrität, den Konsumentenschutz und die Umwelt verbunden‘, heißt es in einem Blogeintrag des IWF. Das Potenzial für billigere Finanzdienstleistungen dürfe zwar nicht übersehen werden, doch Regierungen müssten diese ‚neuen digitalen Formen von Geld‘ unter Wahrung von ‚Stabilität, Effizienz, Gleichheit und Nachhaltigkeit‘ einsetzen. (ORF.at, 7.8.21)

[4] „Wir werden nie wieder zu dem System zurückkehren, das uns zwei Jahrhunderte lang Kriminalität, Korruption, Ungleichheit und Armut gebracht hat. Nie wieder. Machen wir uns keine Illusionen. Solange Gott mir Kraft gibt, werde ich das nicht zulassen... Es geht darum, eine echte Demokratie zu konstruieren.“ (amerika21.de, 4.6.21)

[5] In der Region steht El Salvador mit diesem Schicksal nicht alleine: Als erster Staat verband Ecuador seinen Staatsbankrott mit der Einführung des Dollar als nationales Geld. Siehe dazu in GegenStandpunkt 1-2000: Aufruhr in Ecuador: Ein Staatsbankrott neuen Typs und ein schnell entschiedener Machtkampf in Amerikas Hinterhof.

[6] Seit 1992 ist der salvadorianische Colón ein Fels in der Brandung von Abwertungen. Trotz erheblich höherer Inflation in El Salvador als in den USA bleibt der Wechselkurs konstant. Vor allem bei Importgütern und internationalen Unternehmen hat sich bereits eine Quasi-Dollarisierung eingebürgert. (Lateinamerika Nachrichten Nr. 319, 2001)

 In der Wechselkursgarantie El Salvadors sahen auch ein paar Carry-Trader der internationalen Finanzwelt eine Geschäftsgelegenheit, kauften mit niedriger verzinsten Dollar-Krediten Colón, mit denen sie hoch verzinste Colón-Papiere erwarben, um deren Zinsen zum festen Wechselkurs wieder in Dollar zurückzutauschen – oder das Geschäft gleich wieder von vorn zu machen. Unter anderem auch für salvadorianische Banken ein lukratives Geschäft.

[7] „Viele der 2,5 Millionen Salvadorianer in der Diaspora schicken Geld an Freunde und Verwandte, die noch in El Salvador leben. Im vergangenen Jahr überwiesen sie zusammen fast 6 Milliarden Dollar, was etwa 23 % des Bruttoinlandsprodukts des Landes entspricht... Etwa 70 % der Bevölkerung erhalten sie. Die durchschnittliche monatliche Überweisung beträgt 195 USD, und für die Haushalte, die Überweisungen erhalten, machen sie 50 % ihres Gesamteinkommens aus. Der Geldtransfer aus dem Ausland zurück nach El Salvador ist also für die meisten Menschen im Land überlebenswichtig.“ (CNBC.com, 17.9.21)

[8] Wie das in einem weiteren Sinn die Freiheiten einer dem eigenen Land verpflichteten Politik beeinträchtigen kann, weil man in dieser Region, als „Hinterhof der USA“, von diesen als Staat mit nur sehr bedingter Souveränität behandelt wird, zeigen zuletzt die Drohungen Donald Trumps an den Nachbarn Guatemala. Diesem kündigte er an, Überweisungen von in die USA Geflüchteten in ihre Heimat zu sanktionieren, sollte sich deren Regierung nicht bereitfinden zu der von ihm verlangten wirksameren Kooperation bei dem Programm, die anschwellenden Flüchtlingsströme in Richtung Norden wieder nach Zentralamerika umzuleiten.

[9] Die politisch Verantwortlichen El Salvadors berufen sich ausdrücklich auf die Freiheit, die der Bitcoin ihnen eröffnen soll: „Kritiker wenden ein, die wenig transparente Kryptowährung ... könnte zu einem Verlust an monetärer Souveränität führen – was Vizepräsident Ulloa zurückweist: ‚Das Gegenteil ist der Fall. Bitcoin ist eine Befreiung. Man verliert seine Autonomie, wenn man eine Fremdwährung wie den US-Dollar einführt... Wenn man sich aber auf den Markt der Kryptowährungen begibt, dann gibt es keine Abhängigkeiten von anderen Staaten. Das ist der Vorteil.“ (Interview mit Vizepräsident Felix Ulloa, euronews, 25.10.21)

[10] Damit wird ein schon in diesem Land in El Zonte seit 2019 existierendes Sozialprojekt namens Bitcoin Beach aufs ganze Land ausgedehnt: „Das Projekt unterstützt bedürftige Familien seit 2019 mit Zahlungen in Bitcoin. Dafür liess der Gründer Mike Peterson, ein kalifornischer Surfer, der seit 2004 hier lebt, von der Bitcoin-Plattform GaloyMoney eigens die Bitcoin-Beach-Wallet kreieren. ‚Anfangs war uns nicht bewusst, dass der Bitcoin das Mindset der Jugendlichen derart verändert: Sie denken über Geld und ihre Zukunft nach und beginnen zu sparen, um mit Bitcoins zu spekulieren.‘ Dollars hingegen hätten sie stets achtlos ausgegeben.

 ‚Bitcoin Beach‘ war das Vorbild für die von Präsident Nayib Bukele im September gestartete Einführung des Bitcoin als zweiter Landeswährung, neben dem bereits 2001 eingeführten amerikanischen Dollar. Er habe den Regierungsbeamten zuvor die Vorteile von Bitcoin ans Herz gelegt, erzählt Peterson. Man erreiche damit Menschen im unteren Bereich der Gesellschaft, wie Jugendliche, die ohne Zukunftsperspektive in kriminelle Banden einträten. Und generell arme Familien, die kein Bankkonto hätten. Das sind etwa 70 % der 7 Millionen im Land lebenden Salvadorianer.“ (NZZ, 22.11.21)

[11] Siehe dazu in GegenStandpunkt 3-21: Bitcoin – ‚freies Geld‘ für freie Bürger.

[12] Bitcoin ist eine virtuelle Währung, die ein elektronisches Tauschmittel darstellt, und kann wie jede andere Währung, wie Devisen zum Kauf von Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Er besteht aus einer alphanumerischen Sequenz, die von Menschen mit einer virtuellen Brieftasche, die Zahlungen abbucht und entgegennimmt, gelesen werden kann. Für den Austausch von Bitcoin wird ein System verwendet, bei dem jeder Benutzer einen kryptografischen Schlüssel besitzt. Dieses als ‚Peer-to-Peer‘ bezeichnete System ermöglicht es, dass der Bitcoin-Preis von dem Bitcoin-Betrag des Käufers abgezogen wird und den Bitcoin-Betrag auf dem Konto des Verkäufers erhöht. Es handelt sich also um eine Überweisung im eigentlichen Sinne... Derzeit umfasst der Bitcoin-Markt rund 680 Milliarden Dollar, was es El Salvador ermöglicht, das erste Land der Welt zu sein, in dem diese Währung gesetzliches Zahlungsmittel sein wird, und damit eine Vorreiterrolle bei der Nutzung von Technologien und wirtschaftlichem Wachstum einzunehmen. So der offizielle Begründungstext im Ley Bitcoin.

[13] Von Beginn an ist die staatliche Einführung dieser App begleitet von Kritik an ihrem technischen Funktionieren und von Zweifeln am Willen und der Fähigkeit der Regierung, wie behauptet einen reibungslosen Austausch von Dollar in Bitcoin und vor allem umgekehrt zu gewährleisten: Oft komme der Transfer von einer Chivo-Wallet zur nächsten nicht zustande, manchmal dauere er tagelang, wobei Beträge ohne ersichtlichen Grund einbehalten und manchmal erst nach zwei Wochen zurückerstattet würden, berichten die Jugendlichen. In anderen Fällen komme es zu grossen Differenzen zwischen dem abgebuchten und dem tatsächlich überwiesenen Betrag. Bei der Umwandlung der Bitcoins in Dollar bekomme man an den Chivo-Geldautomaten oft weniger ausbezahlt, ohne Begründung. Doch am seltsamsten sei, dass Chivo Transaktionen mit anderen Wallets blocke. Eine Auszahlung der Bitcoins in Dollar an Geldautomaten, die nicht zum staatlichen Chivo-Netzwerk gehörten, funktioniere auch nicht. (NZZ, 22.11.21)

 Für die Bitcoin-Fangemeinde ist das alles umgekehrt der Beweis, dass hier das zukunftsweisende Programm ‚Bitcoin‘ – trotz ein paar selbstverständlicher ‚Kinderkrankheiten‘ – ordentlich vorankommt.

[14] Der Gesetzesentwurf besagt, dass der Wechselkurs zwischen Bitcoin und Dollar vom freien Markt festgelegt wird, jeder Preis in der Kryptowährung ausgedrückt und sie sogar zur Steuerzahlung verwendet werden kann. Händler könnten weiterhin darüber entscheiden, ob sie Beträge während der Transaktionen in Bitcoin oder in Dollar auf ihre Konten erhalten möchten... Die Regierung will einen Treuhandfonds von 150 Millionen Dollar bei der Entwicklungsbank El Salvadors einrichten, um den Bitcoin sofort konvertieren lassen zu können und somit Händlern das Risiko der Nutzung der Kryptowährung abzunehmen. (amerika21.de, 12.6.21)

[15] Nicht zuletzt darauf richten sich umgekehrt berechtigte Zweifel, ob der Staat sein Versprechen auch ordentlich erfüllt: Bukele hat erklärt, dass 3 Millionen Bürger die Chivo-Wallet heruntergeladen und ihre 30 $ erhalten hätten. ‚Doch statt der dafür nötigen 90 Mio. $ in Bitcoin hatte die Regierung zu jenem Zeitpunkt erst für 30 Mio. $ Bitcoins gekauft‘, sagt Castaneda [ein Ökonom des Instituto Centroamericano de Estudios Fiscales]. Wer garantiert also, dass es wirklich Bitcoin sind, die da zirkulieren? Es könnte genauso irgendein Typ von Digital-Token sein. Die Schwierigkeiten bei Transaktionen von Chivo zu anderen Wallets sowie die Tatsache, dass sich die 30 $ in Bitcoin, die man vom Staat erhält, nicht in Dollar auszahlen lassen, würden diese Zweifel erhärten. (NZZ, 22.11.21)

[16] Als Vorteil des Bitcoins als Zahlungsmittel gilt, dass Arbeitende in der informellen Wirtschaft dadurch die Möglichkeit erhielten, finanziell integriert zu werden. Derzeit haben etwa 70 Prozent der Einwohner El Salvadors kein Bankkonto und können somit keine Finanzdienstleistungen wie Sparmöglichkeiten, Kredite und sichere Transaktionen nutzen. (amerika21.de, 12.6.21)

[17] Der Bitcoin habe immense Vorteile für El Salvador, so Bukele. Allein die Geldtransfers aus den USA nach El Salvador würden jedes Jahr Millionen US-Dollar an Gebühren verschlingen. Rund 6 Milliarden US-Dollar überwiesen El Salvadorianer*innen im Ausland 2020 laut offiziellen Statistiken an ihre Familien im Heimatland. Etwa 10 Prozent davon sind Gebühren von Dienstleistern wie Money Gram oder Western Union. Dieses Geld könnte durch die Verwendung von Bitcoin gespart werden, so Bukele. (taz, 10.6.21)

[18] Bedenkt man außerdem, dass Kryptowährungen auch zum Transfer von Drogengeldern in großem Stil dienen können, werden die US-Behörden dem nicht lange zuschauen. Und letztlich müssen die Bitcoins irgendwann in Dollar oder Euro getauscht werden, wenn man damit in den USA oder Europa etwas kaufen möchte. (Capital, 22.6.21)

[19] Für 2021 wird [weltweit] mit einem Stromverbrauch wie dem der gesamten Niederlande zur Herstellung des Bitcoins gerechnet. Um dies zu minimieren, schlug Bukele vor, die notwendige Energie über aktive Vulkane zu beziehen und beauftragte am Donnerstag den geothermischen Stromkonzern LaGeo damit, einen Plan auszuarbeiten. (amerika21.de, 12.6.21) Weil dieses Geschäft mit national subventionierten Strompreisen gerade in China verboten wurde, kann El Salvador auch darin seine Chance als Alternative sehen.

[20] Ein wichtiger Punkt ist die Steuerbefreiung von Gewinnen in Bitcoin. Steigt der Bitcoin vergleichsweise zum Euro oder Dollar, müssen auf realisierte Gewinne in Deutschland und den USA Steuern abgeführt werden. In El Salvador ist das ab sofort nicht mehr der Fall. (f5krypto – Marktanalyse, 8.6.21)

[21] Ausländische Investoren, die Bitcoins in Startups und Real Estate investieren wollten, stünden jedenfalls bei den Behörden Schlange, so Serrano [Head of Operations der Banking-Plattform BlockBank in El Salvador]. Langfristig werde El Salvador dank Bitcoin zu einem Technologiepionier in Zentralamerika; statt Migranten in die USA zu exportieren, werde man Arbeitskräfte aus aller Welt hierher locken. Dazu passt, dass Bukele am Samstag die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone am Fusse des Vulkans Conchagua bekanntgab. In ‚Bitcoin City‘ sollen sich ausländische Investoren ansiedeln, nahezu steuerfrei. (NZZ, 22.11.21)

[22] Die Präsidentin der Finanzkommission, Daniela Gonzalez, sagte, dass El Salvador dadurch mehr Investitionen in das Land bringe. Die Aussage bezieht sich vermutlich auf die Kalkulation des Präsidenten, nach der bereits eine Investition von einem Prozent der Marktkapitalisierung des Bitcoins (zu diesem Zeitpunkt 680 Milliarden Dollar) das Bruttoinlandsprodukt des mittelamerikanischen Landes um 25 Prozent wachsen ließe. Außerdem sollen durch zehn Millionen neue Bitcoin-Nutzer jährlich zusätzliche Umsätze von sechs Milliarden US-Dollar generiert werden, was einer Million Familien wirtschaftlich helfen werde. (amerika21.de, 12.6.21)

[23] El Salvador möchte Bitcoin-Land werden – das ist das erklärte Ziel. Das südamerikanische Land macht dabei auch Ernst und gibt dafür eine Anleihe aus. Mit ihr soll eine sogenannte ‚Bitcoin City‘ entstehen, die Bitcoin-Anleihe – und folgende, die bereits angekündigt sind – soll sie finanzieren. Die Daten klingen dabei relativ nüchtern: Sie hat einen Umfang von einer Milliarde Dollar bei einem Coupon von 6,5 Prozent. Sie soll zehn Jahre laufen, und die Zinsausschüttungen sollen jährlich im Januar stattfinden. Der Mindestanlagebetrag beträgt dabei 100 Dollar. (FAZ, 2.12.21)

[24] Die angesprochenen professionellen Anleger betrachten das ganze Unternehmen so vorurteilslos kritisch wie jedes andere: Und El Salvador? Das Bruttoinlandsprodukt beträgt nur 24 Milliarden Dollar, die Anleihe hat also eine große Bedeutung. Ob das Ganze erfolgreich wird, hängt davon ab, wie erfolgreich der Präsident Bukele mit seiner Taktik sein wird. Mit einem Mix aus Standortmarketing, günstigem Strom, einer laxen Regulierung und niedrigen Steuersätzen möchte El Salvador so etwas wie das Bitcoin-Paradies werden. Für Anleger bilden die 6,5 Prozent Zinsen aber nicht das Risiko ab, das sich in der Taktik widerspiegelt. Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist sehr hoch. Wer in Digitalwährungen investieren möchte, sollte das direkt machen. Und zu 6,5 Prozent Zinsen gibt es bessere Anleihen als die Bitcoin-Anleihe von El Salvador. (FAZ, 2.12.21)

[25] Dass das Vorhaben riskant ist, muss sicherlich nicht noch extra betont werden: Die bestehenden Anleihen notieren alle auf Ramschniveau mit Zinsen jenseits der 10 Prozent. Diese sollen durch die Bitcoin-Staatsanleihen ersetzt werden. (FAZ, 2.12.21)

[26] Das bestimmt nicht nur das Verhältnis des IWF zu El Salvador –

El Salvador hat einen Kredit in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar vom IWF beantragt. Doch die USA haben kürzlich erst einige enge Verbündete von Bukele auf die schwarze Liste der Korruption gesetzt, obwohl dieser versprochen hatte, mit der Kultur der Bestechung aufzuräumen. Aus der Kommission zur Korruptionsbekämpfung der Organisation amerikanischer Staaten hat sich El Salvador im Juni zurückgezogen. (FAZ.net, 8.9.21) –,

sondern die Stellung der USA zu diesem Hinterhofquertreiber überhaupt:

„Die Beziehungen zur US-Regierung verschlechtern sich bereits seit 2019, ganz besonders jedoch seit Beginn der neuen Legislaturperiode am 1. Mai 2021. Schon in der ersten Sitzung des neuen Parlaments setzten die Abgeordneten in einer beispiellosen Vorgehensweise die gewählten Mitglieder des Obersten Gerichtshofs und den Generalstaatsanwalt ab und ersetzten sie mit Personen, die der Politik der Regierung Bukele nahestehen.

 Diese Entscheidungen lösten international auf allen Ebenen Besorgnis darüber aus, dass die Gewaltenteilung in El Salvador aufgehoben und demokratische Verfahren ausgesetzt wurden. Die USA gehörten zu den schärfsten Kritikern. Noch im Dezember soll ein Beauftragter der US-Regierung in Verhandlungen mit Bukele gefordert haben, Rodolfo Delgado als Generalstaatsanwalt nicht zu bestätigen – der doch vor zwei Wochen vom Parlament für weitere drei Jahre im Amt bestätigt wurde. Delgado stellt sich zur Zeit gegen die Auslieferung eines salvadorianischen Bandenmitgliedes an ein Gericht in Virginia, USA, und fordert die Überarbeitung des Auslieferungsabkommens.

 Im November 2021 erklärte die US-Botschafterin, sie werde das Land verlassen, und listete eine ganze Reihe von Problemen auf, denen sie sich im vergangenen Jahr in ihren Gesprächen und Verhandlungen mit der Regierung gegenübersah.

 Einer der wichtigsten Punkte für die Verschlechterung des Klimas zwischen El Salvador und den USA dürfte indes die Einführung des Bitcoin als Währung im September 2021 sein. Bukele unterminiert damit die Vorherrschaft des US-Dollars als Zahlungsmittel und setzt eine hochspekulative Währung ein, die sich der Kontrolle der USA und der Kontrolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) entzieht.

 Bukele schwebt vor, El Salvador eine führende Rolle in der Finanzwelt zu geben. Obwohl es seit Dezember Klagen über die Erschwindelung von Bitcoin-Wallets mit gefälschten Identitäten und neuerdings Klagen über verschwundene Bitcoins aus privaten Wallets gibt, plant die Regierung in 2022 eine großangelegte Ausgabe von Bitcoin-Anleihen und gesetzliche Regelungen, um Transaktionen mit Bitcoin einen verbindlichen Rahmen zu geben.

 Gerüchten darüber, dass der IWF die Gespräche mit El Salvador abgebrochen habe, trat Finanzminister Alejandro Zelaya entschieden entgegen.“ (amerika21.de, 8.1.22)

 Aus gutem Grund!

[27] Dazu diese Meldung aus einer Finanzanlage-Zeitung: Die Risiken im Zusammenhang mit der Einführung von Bitcoin, die Ungewissheit über eine Einigung mit dem IWF und andere politische Maßnahmen trieben die von Geldmanagern geforderte zusätzliche Rendite für El Salvadors Staatsschulden gegenüber US-Schatzpapieren im September auf einen Höchststand von 1.115 Basispunkten und damit über die Schwelle, die als notleidend gilt. (Fortune, 19.10.21)