Nachtrag zu „Letzte Generation“

Das Projekt „Gesellschaftsrat“: Dokument eines hartnäckigen Demokratieidealismus

Die Letzte Generation hat mit ihren diversen Störaktionen etwas erreicht, was sich hierzulande überhaupt nicht von selbst versteht: Sie hat Aufmerksamkeit erfahren, eine öffentliche Befassung mit ihr und ihrem Anliegen – bis hinein in die deutschen Leitmedien und sogar durch einige Parteifunktionäre von Rang und Namen.

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Nachtrag zu „Letzte Generation“
Das Projekt „Gesellschaftsrat“: Dokument eines hartnäckigen Demokratieidealismus

I.

Die Letzte Generation [1] hat mit ihren diversen Störaktionen etwas erreicht, was sich hierzulande überhaupt nicht von selbst versteht: Sie hat Aufmerksamkeit erfahren, eine öffentliche Befassung mit ihr und ihrem Anliegen – bis hinein in die deutschen Leitmedien und sogar durch einige Parteifunktionäre von Rang und Namen. Sehr bald hat sich unter den vielen Rezensenten ein recht weitgehender Konsens herausgeschält:

  • Was die deutsche Politik in der Klimafrage betreibt, dürfen die Aktivisten ruhig schlecht finden – dafür haben die sogar gute Gründe.
  • Ihren Ärger darüber sollen sie ruhig publik machen, die Politik lauthals anklagen und für ihre Anklage auch Werbung machen – das ist ihr gutes demokratisches Recht.
  • Die praktische Missachtung ihrer Einwände haben sie sich gefallen zu lassen – das ist ihre demokratische Pflicht.

Die Letzte Generation muss ihren Protest also praktisch so behandeln, als wäre die außerordentliche Aufmerksamkeit, die sie für ihr Anliegen erfährt, selbst schon ihr hauptsächliches Anliegen. Was ihr auf allen Kanälen mitgeteilt wird – rhetorisch in zahlreichen Talkshow-Begegnungen und Interviews, praktisch durch noch zahlreichere Ordnungsmaßnahmen bis hin zur Kriminalisierung der gesamten Organisation –, ist insofern eine erzdemokratische Tatsache: Das ausgeprägte Klimabewusstsein und die akute Angst dieser Aktivisten in allen Ehren, es steht ihnen schlicht nicht zu, über die Pflichten und Prioritäten der Politik zu entscheiden. Die zu irgendetwas zwingen zu wollen, und sei es bloß zu dem, wozu die sich irgendwann vertraglich verpflichtet hat: Dazu haben diese Leute nicht das Recht, denn dazu haben sie nicht die Macht. Die liegt bei den aktuellen Machthabern im Parlament und in der Regierung. Dort und nirgends sonst gehört sie hin; so will es das demokratische Verfahren.

So gerät die Befassung mit dem Anliegen der Letzten Generation schnell zu einer einseitigen Belehrung über einige Basics des demokratischen Gemeinwesens. Im Zentrum steht die Beteuerung, dass die Bürger in der Klimafrage doch längst zu Wort gekommen sind. Das Ergebnis sitzt schließlich im Bundestag. Das stimmt ja auch: Die Deutschen haben erst neulich ihren Standpunkt zur Klimafrage wie zu allen anderen Fragen des Gemeinwesens artikuliert – in der einzigen Sprache, in der die Politik sie versteht, die also einzig für sie vorgesehen ist: mit lauter Ja-Worten zur Regierungsmannschaft ihrer Wahl. Ihre einsilbigen Meinungen dazu, wer die Macht im Lande haben soll, wer die Pflichten und Prioritäten des Gemeinwesens für die nächste Legislaturperiode maßgeblich bestimmt, sind auch ordnungsgemäß zusammengezählt worden; aus den Zahlenverhältnissen haben die Ampelparteien eine Ampelkoalition gezimmert. Die hat nun das Wort; auf das hat das Volk zu hören – natürlich nur bis zur nächsten Wahl, bei der das Volk wieder auf die gewohnte Art mitreden darf. Noch Fragen?

Offenbar schon.

II.

„Warum brauchen wir einen Gesellschaftsrat? Es ist an der Zeit, dass unsere Demokratie demokratischer wird. Zeit, dass die Macht der 1 % hin zu den 99 % wandert. Es ist an der Zeit, dass die Bürger:innen selbst über Klimaschutz entscheiden können. Die Mehrheit der Gesellschaft will nicht an diesem tödlichen Kurs zugrunde gehen. Die Mehrheit will Klimasicherheit. Nachdem die Bundesregierung gezeigt hat, dass sie nicht bereit ist, die einfachsten Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen, wie das 9-Euro-Ticket und ein 100km/h Tempolimit, müssen wir anerkennen: Unsere demokratischen Verfahren sind für einen angemessenen, sozial verträglichen und gerechten Umgang mit der Klimakrise offenbar nicht demokratisch genug. Was wir brauchen, ist ein tiefgreifender Wandel. Unsere Demokratie muss dringend wieder handlungsfähig werden, damit wir die Klimakatastrophe noch rechtzeitig verhindern. Wir fordern die Bundesregierung deshalb dazu auf, eine geloste Notfallsitzung einzuberufen, um die Wende einzuleiten: den Gesellschaftsrat.“ (letztegeneration.de/gesellschaftsrat)

Dass die Letzte Generation das bestehende demokratische Verfahren nicht hinnehmen will, ist sehr nachvollziehbar angesichts dessen, was dabei für ihr Anliegen herauskommt. Dass sie es nicht demokratisch genug findet, ist sehr ärgerlich angesichts dessen, was es gerade in diesem Fall offensichtlich leistet und auch leisten soll: Es ist eine Methode des Machterwerbs, insofern ein Mittel derer, die ihre Macht darüber erwerben und ausüben; es setzt ihre Herrschaft frei und ins Recht; dafür wollen und benutzen sie die Zustimmung der Regierten; und dafür ist sogar die schärfste Unzufriedenheit gut und produktiv, sofern die sich ans Verfahren hält. Diesen Sinn und Zweck des demokratischen Verfahrens missverstehen die Klimaaktivisten insofern gründlich – freilich auf eine Art und Weise, die zum offiziellen Selbstverständnis der Demokratie gehört: Dass die Machtfrage im Lande durch ein Mehrheitsverfahren geregelt wird, wird damit verwechselt, dass diese Macht dann der Mehrheit zu dienen hat. Anders ausgedrückt: Dass die Macht im demokratischen Staat „vom Volk ausgeht“, wird in den Imperativ übersetzt, dass diese Macht dem Volkswillen zu gehorchen hat. In aller Regel ist diese Lebenslüge der Demokratie hauptsächlich für eine zweifelhafte politische Kultur gut; in der beschweren sich freie und selbstbewusste Menschen laufend darüber, von Machthabern betrogen worden zu sein, die sie ein ums andere Mal ins Amt wählen. Ganz so, als ob sie nicht wüssten, was sie in der Wahlkabine haben aufschreiben dürfen und was eben nicht, stimmen sie laufend die inoffizielle Hymne demokratischer Bürger an: „Das haben wir aber nicht bestellt!“

Es bei dieser Enttäuschung belassen, was „die da oben“ schon wieder untereinander gegen den Willen der eigentlichen Mehrheit ausgekungelt haben, will die Letzte Generation offenkundig nicht; von der Täuschung ablassen, die Politiker müssten in einer Demokratie eigentlich der Mehrheit praktisch zustimmen und nicht umgekehrt, will sie aber auch nicht. Sie entschließt sich also zu einer eigenartigen Form von Systemkritik: Wenn die Demokratie – schon wieder, obwohl doch klar sein müsste, dass ... – nicht hergibt, was man für das wohlverstandene Eigeninteresse der allerallergrößten Mehrheit hält, dann muss etwas am Verfahren schief sein.

Also schlägt sie ein neues, noch demokratischeres vor:

„Was ist der Gesellschaftsrat?
Die Grundidee des Gesellschaftsrates ist es, den Bürger:innen wieder mehr zuzutrauen. Wenn Menschen von Expert:innen zu einem Thema informiert werden, miteinander in den Austausch gelangen und dabei die Perspektiven des jeweiligen Gegenübers kennenlernen, dann finden diese Menschen gemeinwohlorientierte Lösungen. Dies ist der Kerngedanke unserer Forderung. Sowohl von den Maßnahmen gegen die Klimakrise als auch von den Auswirkungen werden alle früher oder später betroffen sein. Es geht um unser Überleben. Daher müssen auch möglichst alle gesellschaftlichen Gruppen mitbestimmen können, wie wir die Katastrophe noch aufhalten und eine bessere Welt gestalten. Hierfür braucht es mehr Demokratie.
Der Gesellschaftsrat baut auf dem Instrument des Bürger:innenrates auf. Dieser setzt sich zusammen aus zufällig gelosten Menschen, die die Bevölkerung Deutschlands nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund bestmöglich abbilden. Auch der Gesellschaftsrat soll ein Abbild der Bevölkerungszusammensetzung sein, quasi ein ‚Deutschland in klein‘. Die Zusammenstellung des Gesellschaftsrates sorgt für sozial gerechtere Lösungen, da Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft zusammenkommen und in den Beratungen gleichberechtigt sind, sodass alle Perspektiven berücksichtigt werden.
Die zufällig gelosten Teilnehmenden am Gesellschaftsrat (= ‚Gesellschaftsrät:innen‘) erarbeiten in einem definierten Zeitraum die nötigen Schritte unter der Fragestellung: Wie beendet Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe? Diese Schritte werden in einem Gutachten festgehalten und der Bundesregierung übergeben. Wir fordern, dass die Bundesregierung öffentlich zusagt, die Maßnahmen des Gesellschaftsrats umzusetzen. Dieses Versprechen ist das Zeichen, dass die Stimme der Bürger:innen ernst genommen wird.
Zu allen Hintergründen werden die Gesellschaftsrät:innen von verschiedenen Expert:innen mit Fakten und Perspektiven versorgt und können in ihren Beratungen auf weiter benötigte Fachexpertise zugreifen. Dies ist wichtig, da Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen im Gesellschaftsrat aufeinandertreffen und es allen ermöglicht werden soll, auf Augenhöhe an den Beratungen teilzunehmen. Alle sollen auf einen möglichst gleichen Wissensstand gebracht werden. Zudem findet die Entwicklung der konkreten Maßnahmen in professionell moderierten Kleingruppen statt. Der gesamte Prozess wird medial begleitet und das ganze Land fiebert mit, was der Rat bespricht. Am Ende werden alle Maßnahmen in einem Transformationsplan Deutschland 2030 zusammengeführt.“ (Ebd.)

Kurz: Dieses ausgeklügelte Beratungs- und Entscheidungsgremium soll aus dem wissenschaftlich verbürgten, wohlverstandenen Eigeninteresse aller Menschen am effektiven, sozial gerechten Klimaschutz als höchster Priorität des Gemeinwesens einen wahrhaft gesellschaftlichen Willen erzeugen – einen, der von einem genuin repräsentierten Deutschland bewusst und begründeterweise geteilt wird. Umgekehrt soll aus einem – eigentlich – schon vorhandenen Willen der eigentlich längst vorhandenen Mehrheit ein spruchreifer und aktionsfähiger Beschluss folgen. Damit geben diese Aktivisten die Misstrauenserklärung der Politik gegenüber den Bürgern, als die sie das bestehende demokratische Verfahren verstehen und für ungerecht befinden, gewissermaßen zurück – als eine institutionalisierte Misstrauenserklärung gegen die Elite in Wirtschaft und Politik:

„Häufig wird uns vonseiten der Regierung vorgeworfen, wir sollten lieber helfen, Mehrheiten zu organisieren. Hiermit spielen wir den Ball zurück: Die Mehrheit der Gesellschaft will nicht in diesem tödlichen Kurs zugrunde gehen. Sie will mehr Klimasicherheit. Und doch passiert in der Politik zu wenig, zu langsam, die 99 Prozent finden keine Beachtung.“ (Ebd.)

Demnach ist für die Bildung – die Aktivisten würden sagen: Abbildung – des allgemeinen gesellschaftlichen Willens ganz entscheidend, dass sie nicht durch die äußerst einseitigen Machtverhältnisse in der Ökonomie beeinflusst – sie würden sagen: verfälscht – wird: Die ökonomische Übermacht der reichen Minderheit darf keine Rolle spielen, wenn das demokratische Übergewicht der Mehrheit zum Zuge kommen soll. Dies der entscheidende Unterschied zur deutschen repräsentativen Demokratie: „Da die Teilnehmenden nicht auf ihre Wiederwahl angewiesen sind oder sonstigen Zwängen unterliegen, sind sie weniger anfällig für die Einflussnahme bestimmter Interessenvertretungen.“ (Ebd.) Und die politische Macht, also die gewählten Politiker müssen ihre eigene Handlungsunfähigkeit einsehen und ihre Macht in den Dienst von Beschlüssen stellen, zu denen sie selbst eingestandenermaßen nicht in der Lage sind. Das soll jedoch explizit nicht als „die Entmachtung der Regierung und des Parlaments“ verstanden werden, vielmehr als dessen „Ergänzung“:

„Die Forderung nach einer demokratischen Ergänzung zur repräsentativen Demokratie ist nicht antidemokratisch. Mit der Forderung nach einem Gesellschaftsrat wird die repräsentative Demokratie nicht abgeschafft, sondern so ergänzt, dass sie wieder handlungsfähig wird. Des Weiteren sind die Abgeordneten des Parlaments gewählte Volksvertreter:innen. Wenn sie sich zur Einberufung des Gesellschaftsrats entscheiden, tun sie das, weil sie davon überzeugt sind, dass das der beste Weg ist, uns aus der Krise herauszuführen.“ (Ebd.)

Es ist schon ironisch: Eine Bewegung, die Wissenschaft und Vernunft dermaßen hochhält und es partout nicht leiden kann, wenn von harten Tatsachen interessiert weggeschaut wird, bietet hier eine Art Musterbeispiel von genau dem, was sie verachtet: Die ökonomischen und politischen Machtverhältnisse, die die Letzte Generation vor sich hat und gegen sich sieht, werden von ihr nicht angetastet, sondern auf absurde Weise weggedacht:

  • Es ist eine Sache und sehr nachvollziehbar, dass die Letzte Generation sich weigert, das große Geschäft mit dem Verkauf, dem industriellen und individuellen Verbrauch von fossiler Energie und überhaupt die Macht des großen Geldes als unverzichtbare Dienstleistungen anzuerkennen, die nur diejenigen übel finden können, denen der Lebensunterhalt der Menschen egal ist. Da bekommen es die Klimaaktivisten mit der zynischen Forderung zu tun, die etablierte Abhängigkeit vom kapitalistischen Geschäft als Grund für die Parteinahme für dessen Freiheit und Gelingen einzusehen. Sie sollen die Zumutung mitmachen, ein – mit Staatsgewalt durchgesetztes und mit der geldwerten Macht des Eigentums ausgeübtes – ökonomisches Herrschaftsverhältnis als eine „nun einmal“ existierende sachliche Gegebenheit zu nehmen, der nur widersprechen kann, wer sich der Realität selbst verweigert. Es ist aber eine andere Sache und überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die Letzte Generation die ökonomische Macht der einen und die existenzielle Abhängigkeit der anderen gar nicht erst wahrhaben will, weil beides in ihr demokratisches Idealbild nicht hineinpasst. Das herrschende Interesse, mit dem die Letzte Generation es da zu tun bekommt, skandalisiert sie ausgerechnet mit einem Slogan („1 %“), der es extrem verniedlicht: als das Anliegen von bloß ganz, ganz wenigen, das eigentlich keine Beachtung verdienen würde, wenn die Gesellschaft der herrschaftsfreie Dialog wäre, als den sie sie per Gesellschaftsrat inszenieren will. Dazu gehört offenbar die alberne Vorstellung, die Macht des großen Geldes würde vor allem mit den Peanuts ausgeübt, die in die lobbymäßige Bearbeitung der Politiker fließen, und nicht mit der Bestimmungsmacht über die Produktion und Reproduktion der Gesellschaft, die die bürgerliche Staatsgewalt den kapitalistischen Unternehmern mit ihrer Eigentumsgarantie verleiht. Wenn man den Gehalt und die Reichweite dieser Macht schlicht ausklammert, dann ist es offensichtlich sehr leicht, das Hindernis für die Planetenrettung zu überwinden, das die Letzte Generation in dieser Macht sieht: Niemand muss enteignet werden, die Ohren der Entscheidungsträger müssen nur gegenüber den wenigen Geldsäcken effektiver dicht gemacht werden; mit einer entsprechenden Verfahrensänderung ist es schon getan.
  • Bei der politischen Macht der Regierung und der Parlamentarier heißt das, dass man die eigenen Ohren für die Gründe und Ziele der Politik in Sachen Klimaschutz und Energiepolitik [2] fest genug zumachen muss. Das gelingt den Aktivisten anscheinend recht gut, wenn sie in Regierung und Parlament – übrigens: mitten in einer kriegsbedingten „Zeitenwende“, in der die Regierung ihrem so prächtigen kapitalistischen Industriewunder eine beschleunigte Energiewende mit allen Konsequenzen verordnet, und mitten in einer deutsch-europäischen Offensive zur Eroberung des Weltmarkts für grüne Energien – nichts als Handlungsunfähigkeit bzw. Hörigkeit gegenüber ein paar gut betuchten Einflüsterern heraushören können.

Man kann nicht sagen, dass die Adressaten ihres Protests nicht einiges getan hätten, um der Letzten Generation deutlich zu machen, dass sie viel mehr und anderes gegen sich haben als die Unverantwortlichkeit der aktuellen Machthaber und ein nicht ganz perfektes politisches Entscheidungsverfahren. Aber genau das wollen die Klimaaktivisten eben nicht hören: Sie weigern sich, die gesellschaftliche Machtfrage anzunehmen, vor die sie gestellt werden, leisten sich stattdessen den Widerspruch, die Bestimmungsmacht über die Produktion und die Reproduktion der Gesellschaft und darüber, wer was darf und worum es gesellschaftlich überhaupt zu gehen hat, darüber umsteuern zu wollen, dass sie daneben – also ohne die dazugehörige Macht – ein allgemeines Verfahren der Willensbildung und Entscheidungsfindung institutionalisieren. Sie nehmen sich also das widersprüchliche Ideal einer garantiert nicht bloß partikularen, sondern genuin allgemeinen Lobby vor; die Macht dieser Allgemeinheit liegt schlicht in der Hoffnung, dass eine so gewissenhaft und gerecht konzipierte allgemeine Verantwortungsgemeinschaft von den wirklichen Bestimmern der wirklichen Gemeinschaft endgültig nicht ignoriert werden kann. Mit anderen Worten: Sie bringen es zu einem weiteren Dokument der Ohnmacht, zu der die demokratische Politik sie und ihre ganze wissenschaftlich untermauerte Klimavernunft verdammt: als eine zwar anerkannte, aber unverbindliche Meinung.

*

Es hilft der Letzten Generation nicht einmal, dass ihr Gesellschaftsrat ausdrücklich kein Auftakt zur Gründung einer deutschen Räterepublik sein will. Das Offensichtliche, nämlich die institutionalisierte Misstrauenserklärung an die Politiker der BRD reicht allemal aus, um ihr den Vorwurf einzubringen, sie würde den „Weg in den Willkürstaat“ (K. Kuhle, FDP, bei „Hart aber Fair“) beschreiten. „Wo ist da die Demokratie? Demokratie ist, wenn Bürger wählen und nicht das Los.“ (G. Connemann, CDU, ebd.) So ist man dann wieder am Ausgangspunkt, beim Kernanliegen der Demokratie, bei der Freiheit und Legitimität der Macht.

[1] Zum ohnmächtigen Aufbegehren der Letzten Generation gegen die weltweit wirksame klimaverändernde Konsequenz des kapitalistischen Wachstums und zu deren demokratischer Verarbeitung vgl. den Artikel Letzte Generation, Lützerath: Ein radikaler Aufstand des Gewissens trifft auf das gute Gewissen der Herrschaft in GegenStandpunkt 1-23.

[2] Siehe dazu den Artikel ‚Klimaschutzprogramm 2030‘, Klimaschutzgesetz, nationale Wasserstoffstrategie... Deutschlands Energieimperialismus wird klimaneutral in GegenStandpunkt 1-21.