‚American leadership‘ im Fall Iran:
Die Erledigung einer Hauptgefahr für die US-Weltordnung

Mit der Politik des Iran stehen die Durchsetzungsfähigkeit der Weltmacht und damit die weltordnerische Wirksamkeit ihrer militärischen und ökonomischen Macht in mehrfacher Hinsicht vor einer Bewährungsprobe:

Die Islamische Republik Iran entzieht sich seit 1979 amerikanischem Einfluss und setzt ihre eigene Staatsräson dagegen. Der Erfolg der Revolution, die mit dem Sturz des Schah und seiner Günstlinge der „Fremdherrschaft über die Wirtschaft des Landes“ und der Verwestlichung der Sitten des Landes ein Ende setzen wollte, ist in Gestalt eines Gottesstaats gesichert worden. Der lebt zwar nach wie vor von Öleinnahmen, besteht aber darauf, seine Macht nicht wie der Vorgänger den USA, sondern einem anderen höheren Wesen zu verdanken. Dementsprechend hat er sich die Befreiung aus den Fängen der Weltmacht und Eigenständigkeit ihr gegenüber in allen Belangen zum Programm gemacht. Den staatlichen Nutzen verfolgt er nach seiner Räson: Mit dem Öl soll eine eigene Ökonomie und ein Staatswesen neuer Art aufgebaut werden, das nicht westlichem Vorbild folgt, sondern die religiöse Versittlichung der Gesellschaft in Angriff nimmt. Damit ist den USA das Recht auf Einmischung auf allerhöchster Ebene, deren Werten die Allgemeingültigkeit bestritten. Von diesem Sendungsbewusstsein getragen, wendet sich der Staat nach außen, sagt Amerika und seinen Verbündeten den Kampf an und sucht sich für sein Anliegen Bündnispartner. Er versucht, in der Region Einfluss zu gewinnen: indem er prowestliche arabische Machthaber zu willfährigen US-Lakaien erklärt, in deren Ländern Unruhe stiftet – ein Beispiel: die Besetzung der Großen Moschee von Mekka 1979 – bzw. damit droht und unterdrückte schiitische Minderheiten unterstützt; indem er die US-Hinterlassenschaften in Irak und Afghanistan nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern nach Kräften betreut; und vor allem: indem er gegen den „Zionismus“ agitiert und verschiedene palästinensische Gruppierungen unterstützt. Sein Präsident nimmt es sich heraus, in der UNO die Staatenwelt gegen Israel und zu mehr Anti-Amerikanismus aufzuhetzen. Und schließlich nimmt Iran auch noch Einfluss auf die Preisgestaltung und die Förderpolitik der OPEC.

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‚American leadership‘ im Fall Iran:
Die Erledigung einer Hauptgefahr für die US-Weltordnung

1. Die iranische Herausforderung

Mit der Politik des Iran stehen die Durchsetzungsfähigkeit der Weltmacht und damit die weltordnerische Wirksamkeit ihrer militärischen und ökonomischen Macht in mehrfacher Hinsicht vor einer Bewährungsprobe:

a) Die Islamische Republik Iran entzieht sich seit 1979 amerikanischem Einfluss und setzt ihre eigene Staatsräson dagegen. Der Erfolg der Revolution, die mit dem Sturz des Schah und seiner Günstlinge der „Fremdherrschaft über die Wirtschaft des Landes“ und der Verwestlichung der Sitten des Landes ein Ende setzen wollte, ist in Gestalt eines Gottesstaats gesichert worden. Der lebt zwar nach wie vor von Öleinnahmen, besteht aber darauf, seine Macht nicht wie der Vorgänger den USA, sondern einem anderen höheren Wesen zu verdanken. Dementsprechend hat er sich die Befreiung aus den Fängen der Weltmacht und Eigenständigkeit ihr gegenüber in allen Belangen zum Programm gemacht. Den staatlichen Nutzen verfolgt er nach seiner Räson: Mit dem Öl soll eine eigene Ökonomie und ein Staatswesen neuer Art aufgebaut werden, das nicht westlichem Vorbild folgt, sondern die religiöse Versittlichung der Gesellschaft in Angriff nimmt. Damit ist den USA das Recht auf Einmischung auf allerhöchster Ebene, deren Werten die Allgemeingültigkeit bestritten. Von diesem Sendungsbewusstsein getragen, wendet sich der Staat nach außen, sagt Amerika und seinen Verbündeten den Kampf an und sucht sich für sein Anliegen Bündnispartner. Er versucht, in der Region Einfluss zu gewinnen: indem er prowestliche arabische Machthaber zu willfährigen US-Lakaien erklärt, in deren Ländern Unruhe stiftet – ein Beispiel: die Besetzung der Großen Moschee von Mekka 1979 – bzw. damit droht und unterdrückte schiitische Minderheiten unterstützt; indem er die US-Hinterlassenschaften in Irak und Afghanistan nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern nach Kräften betreut; und vor allem: indem er gegen den „Zionismus“ agitiert und verschiedene palästinensische Gruppierungen unterstützt. Sein Präsident nimmt es sich heraus, in der UNO die Staatenwelt gegen Israel und zu mehr Anti-Amerikanismus aufzuhetzen.[1] Und schließlich nimmt Iran auch noch Einfluss auf die Preisgestaltung und die Förderpolitik der OPEC.

Insofern durchbricht der Iran Amerikas Anspruch auf allgemeine Kooperationswilligkeit. Er nutzt die Chancen, die der global etablierte Kapitalismus einer Staatsgewalt bietet, die ein ziemlich produktiv gemachtes kopfstarkes Volk sowie als Devisenquelle eine Menge Erdöl und Erdgas unter ihrer Kontrolle hat. Er schafft das ziemlich erfolgreich ohne gepflegte Geschäftsbeziehungen zum amerikanischen Mutterland der Weltwirtschaft. Er behauptet sich als souveränes und potentes Staatsgebilde trotz aller Widerstände, die die Weltmacht seit der islamischen Revolution seiner Teilnahme am globalen Geschäftsleben und seinen Bemühungen um gute Außenbeziehungen entgegensetzt und im Innern des Landes gegen die etablierte Herrschaft stiftet oder fördert. Bis zu einem gewissen Grad bringt Iran es sogar hin, mit seinem Anti-Amerikanismus und Anti-Zionismus und wegen der Feindschaft, die er sich damit einhandelt, unter US-geschädigten Machthabern und politischen Kräften Anerkennung, sogar Gefolgschaft zu finden. Das Atomprogramm, das er so entschieden und so weltöffentlich betreibt, dient nicht bloß der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes; mit ihm will die Regierung demonstrieren, wie weit das fromme Gemeinwesen technologisch und ökonomisch trotz und mit seiner nachdrücklich erwiderten Amerika-Feindschaft kommt, und zur Nachahmung ermuntern.

Mit seinen relativen Erfolgen und erst recht mit dieser zuletzt genannten Ambition wird Iran für die USA vom ärgerlichen Ausnahmefall zur schwer erträglichen Provokation. Zwar bleibt es allemal noch Sache der US-Regierung, die iranische Herausforderung hoch oder niedrig zu hängen, das Niveau der Feindschaft zu bestimmen, die sie dem Abweichler ansagt, und die Felder der Auseinandersetzung sowie die Waffen festzulegen, mit denen dem „Mullah-Regime“ seine Selbstbehauptung bestritten wird. Die Gefahr, dass der Staat, wenn schon nicht mit seiner theokratischen Verfassung, dann doch mit seinem antiamerikanischen Erfolgsweg Schule macht, ist aber längst ernst genug, um mit Vorrang bekämpft zu werden. Und mit dem möglichen zivil-militärischen „dual use“ des iranischen Atomprogramms ist auch für die Obama-Administration definitiv klar: Das Regime in Teheran muss „gestoppt“ werden.

b) Dass dem Iran die Entwicklung von „Atomwaffenfähigkeit“ – einer nuclear weapons capability, wie es in amtlichen Verlautbarungen heißt – unbedingt verwehrt werden muss, steht für die USA fest. Das ist erklärter Wille der Regierung; und darin wird sie vom Kongress in hart formulierten Resolutionen nicht bloß unterstützt, sondern nachdrücklich bestärkt. Die Begründung liefert ein Feindbild, das der Hetze der alten Bush-Mannschaft gegen unerträgliche „Schurkenstaaten“ in nichts nachsteht: Menschenrechtsverletzungen, altertümliche Strafgesetze, ein antiisraelischer Vernichtungswille [2], gefälschte Wahlen, eine unterdrückte Opposition, ein wahnsinniger Präsident, nicht zu vergessen: Unterstützung des Terrorismus – so rechtfertigen westliche Demokraten den dringlichen Aufruf an die westliche Militärmacht, dem „Mullah-Staat“ beim „Griff nach der Atombombe“ mit aller Gewalt in den Arm zu fallen.

Amerikas wirklicher strategischer Grund, notfalls militärisch gegen Irans Atomprogramm einzuschreiten, wenn der Staat sich damit die Option auf die Herstellung nuklearer Waffen erwirbt, liegt ganz einfach in der strategischen Qualität dieser Waffen – bzw. genauer: in der strategischen Bedeutung, die die US-Regierung ihrem Besitz beimisst. Angedeutet ist das in der wiederholt geäußerten Sorge um ein ‚atomares Wettrüsten‘ in der Region, die das nun gar nicht brauchen könnte; näheren Aufschluss gibt die ständige Beschwörung der unabweisbaren Notwendigkeit, das „Fenster der Gelegenheit“ auszunutzen, bevor es „sich schließt“, und dem Iran die Fähigkeit zur Herstellung von Atomwaffen wegzunehmen, bevor er womöglich welche hat. Interessant daran ist die Unterstellung, dass dann, gegen einen nuklear bewaffneten Iran, nicht mehr geht, was vorher, gegen denselben Iran ohne Atomwaffe, noch geht, und dass man dem Staat deswegen seine mögliche nukleare Option rechtzeitig kaputthauen muss. Denn sonst, so wird da offenbar kalkuliert, wäre Teheran nicht mehr daran zu hindern, im Fall eines Angriffs auf seine „Nuklearwaffenfähigkeit“ mit der ‚Massenvernichtungswaffe‘, die es dann ja hätte, ein nicht hinnehmbares Unheil anzurichten; Iran wäre in der Lage, auf den Entwaffnungsschlag, den man jetzt noch ganz gut führen könnte, mit untragbarer Zerstörung – wo und von wem auch immer – zu reagieren. Wenn sie zu spät handelt, kommt der Weltmacht die Option abhanden, die sie einstweilen noch hat und die sie sich auf keinen Fall wegnehmen lassen will: den Feind zu vertretbaren Kosten, nämlich mit überschaubaren Schäden auf der eigenen Seite, kriegerisch fertigzumachen.[3] Die Erhaltung dieser Option ist einen Krieg allemal wert. Die einstweilen noch gültige halbe Entwarnung der regierenden Strategen – noch hätte man Zeit genug; nach allen geheimdienstlichen Informationen sei Iran von der technologischen Fähigkeit und industriellen Kapazität zu nuklearer Rüstung noch um Jahre entfernt – bestätigt das Prinzip: Natürlich muss es machbar bleiben, gegen den Iran vorzugehen, ohne dass der sich mit der nicht mehr gut einzukalkulierenden Zerstörungskraft einer Atombombe dagegen zur Wehr setzen kann; und natürlich muss dafür, wenn es anders nicht geht, auch ein ‚Militärschlag‘ geführt werden – dass er mit der entsprechenden Warnung keineswegs blufft, versichert Obama ja bei jeder Gelegenheit. Kriegsgrund und Kriegszweck stehen damit fest – und gelten im Prinzip für Irans Nachbarn, die keinen Vorwand für einen „Rüstungswettlauf“ bekommen dürfen, ebenso: Krieg muss sein, wenn Amerika einen Staat sonst nicht mehr ohne „atomares Risiko“ fertigmachen kann; Krieg muss geführt werden, um zu verhindern, dass ein Krieg andernfalls nur noch zu kaum zumutbaren Kosten geführt werden kann.

Ob die USA sich durch ein bisschen iranische nuclear weapons capability und die eine oder andere Bombe tatsächlich an einem Überfall mit dem Ziel ihrer Zerstörung hindern ließen, mag dahingestellt bleiben; es ist eher unwahrscheinlich. An dem Kriegsgrund, der in der Frage nach dem letztmöglichen Zeitpunkt für einen Entwaffnungsschlag enthalten ist, ändert das aber nichts. Um was es Amerika geht, das macht der Präsident auf seine Weise nochmal anders in der Warnung deutlich, die er wiederholt an die Adresse der Teheraner Machthaber richtet:

„Die Führung Irans sollte wissen, dass ich keine Politik der Eindämmung verfolge, sondern dass meine Politik darin besteht, Iran daran zu hindern, in den Besitz von Kernwaffen zu gelangen.“ (Obama-Rede vor der AIPAC, 4.3.12)[4]

Würde die US-Regierung eine iranische Atombombe zulassen, dann sähe sie sich zurückgeworfen auf eine Politik des containment, die ja durchaus auch alles andere wäre als ein Dokument von Ohnmacht: Angesagt wäre damit immerhin die Beschränkung der Handlungsfreiheit des gegnerischen Souveräns auf seinen eigenen Herrschaftsbereich, die Störung bis hin zur Zerstörung seiner Außenbeziehungen, die Neutralisierung seines Drohpotentials durch übermächtige Abschreckung. Eine Alternative zur notfalls gewaltsamen Entwaffnung Irans wollen Obama und sein Kongress darin aber partout nicht sehen: Wenn nichts anderes bliebe als eine Politik der „Eindämmung“, dann wäre dem Iran damit quasi seine Unangreifbarkeit zugesichert und die Supermacht in einer strategischen Verlegenheit, die manchen Scharfmacher schon an die unseligen Zeiten des ‚atomaren Patt‘ zwischen USA und Sowjetunion erinnert.[5] Im Umgang mit den etablierten und nolens volens anerkannten nicht-verbündeten Atommächten Russland und China kommt die Supermacht um eine solche zweitbeste Lösung nicht herum; im Fall des Iran scheidet sie definitiv aus. Denn dann wäre den USA schon wieder, und zwar gegenüber einem kaum mittelgroßen Feind, die Sicherheit abhanden gekommen, die sie unbedingt beanspruchen: die Sicherheit, die Gewaltmittel eines solchen Gegners nach eigenem Ermessen zu einem vertretbaren Preis zerschlagen zu können, also frei über die „ultima ratio“ des Krieges bis zur Kapitulation des Feindes zu verfügen. Die Freiheit meinen die USA im Fall Iran präventiv verteidigen zu müssen.

c) Zu präventivem Vorgehen sehen die USA sich durch den Iran doppelt herausgefordert: durch Iran als feindlichen Staat und durch Iran als Präzedenzfall.

Wegen und im Lichte ihrer Feindschaft zu dem Land passt den USA das iranische Atomprogramm erstens ganz generell und zweitens speziell deswegen nicht, weil sie ihm mit dem Verdacht begegnen, der Staat wäre, obwohl Mitglied des „Atomwaffensperrvertrags“ (Non-Proliferation Treaty: NPT) – mit den Rechten und Pflichten eines Nicht-Atomwaffenstaats –, darauf aus und insgeheim schon dabei, verbotenerweise Atomwaffen zu entwickeln.[6] Dieser Verdacht ist zum einen ihr Leitfaden für die Verschärfung des ‚Nonproliferation‘-Regimes, die Obama ganz generell für nötig hält, um die Staatenwelt – außer den paar anerkannten Atommächten – am Erwerb von ‚Nuklearwaffenfähigkeit‘ zu hindern, also im Status letztendlicher strategischer Wehrlosigkeit zu halten. Dafür betreibt die US-Regierung die Ergänzung der in dem Vertragswerk enthaltenen Verbote und Verpflichtungen um Klauseln, die vieles von dem, was der NPT in seiner bislang gültigen Fassung noch erlaubt und was Irans Atomwirtschaft schon leistet, untersagen oder nur unter strengen Kontrollen gestatten, weil solche Aktivitäten schon allzu weit in die Grauzone des zivil-militärischen „dual use“ hinüberreichen. Und dafür dient ihr der Iran als Präzedenzfall: als Beispiel dafür, was nicht sein darf und nicht mehr erlaubt sein soll. Zugleich macht sie ihn zum Exempel für ihre unbedingte Entschlossenheit, die neuen weiterreichenden Restriktionen zur allgemein verbindlichen, anerkannten Regel zu machen und auf jeden Fall, notfalls vor einem und ohne einen allgemeinen Konsens und auch mit Gewalt, praktisch durchzusetzen. Am Iran will die Obama-Regierung exemplarisch klären und exemplarisch abschreckend durchfechten, was weltweit verpflichtend werden soll: Kein Staat darf in der Lage sein und sich überhaupt vornehmen, sich unter dem Dach des NPT unkontrolliert an den Status einer nuklearwaffenfähigen Macht heranzuwirtschaften, die sich im Ernstfall nicht mehr ohne das Risiko atomarer Zerstörung kriegerisch erledigen lässt.

Zusatz

Schon in seiner berühmten programmatischen ‚Prager Rede‘ vom April 2009 hat der frisch ins Amt gekommene US-Präsident die konsequente Durchsetzung des ‚Nonproliferation‘-Regimes, die effektive Verhinderung des Zugangs weiterer Staaten zu Atomwaffen, zu einer der Hauptaufgaben seiner Regierung erklärt.[7] Und schon da hat Obama neben Nordkorea den Iran als den prominentesten Fall benannt, der die Schaffung eines neuen Atomregimes dringlich macht. Unter Verweis auf die weltbedrohlichen Fortschritte in Sachen atomarer Bewaffnung, die der Iran sich unter der völlig unzureichenden, mangelhaften Kontrolle des Atomwaffensperrvertrags (NPT) erarbeiten konnte, wird daher die Verschärfung der geltenden Regelungen in Angriff genommen. Ergänzungen des Vertrags sollen die zivile Nutzung der Kernkraft, die bisher jedem Nicht-Atomwaffenstaat nicht nur zugestanden ist – quasi als Entschädigung für die Anerkennung des Monopols der Atomwaffenstaaten und die hierarchische Teilung der Welt in Haves und Havenots –, sondern die Atommächte zum Austausch dieser zivilisatorischen Errungenschaft verpflichtet, unter Kautelen stellen, die die Möglichkeit des Übergangs zur Waffenproduktion von vornherein verhindern. So sollen problematische Stoffe, die im Zuge des nuklearen Brennstoffkreislaufs oder bei anderweitiger ziviler Verwendung anfallen – höher angereichertes Uran und Plutonium –, an legitime Atomwaffenstaaten abgegeben werden; eine internationale Brennstoffbank soll die Zuteilung von Kernbrennstäben übernehmen. Begründet wird das mit dem technischen Fortschritt, der es immer leichter mache, aus Komponenten der zivilen Nuklearindustrie militärisch brauchbare Bauteile herzustellen. Die Vertragsstaaten des NPT sollen ein Zusatzprotokoll unterschreiben, das den Kontrolleuren der IAEO unangemeldet ungehinderten Zutritt zu allen, nicht nur den als zivil deklarierten nukleartechnologischen Anlagen garantiert. Daneben installieren die USA über die UNO Kontrollvorschriften samt Überwachungsorgan, die verhindern sollen, dass Terrorgruppen an radioaktives Material gelangen können; damit schaffen sie neue, immer weitergehende Überwachungstatbestände – alles für den guten Zweck, dass die Zahl der Atomwaffenmächte auf das halbe Dutzend neben der Supermacht eingefroren bleibt und keine neuen Problemfälle entstehen, die im Kriegsfall, den natürlich niemand will, ihrer Niederlage die Drohung mit einem Stück nuklearer Verwüstung entgegensetzen könnten.
Am Iran exerziert die US-Regierung als Instanz, die für dieses Regime verantwortlich zeichnet, speziell das Verbot autonomer Urananreicherung durch – eines der wichtigsten und schwierigsten Zwischenschritte, um aus dem Schwermetall eine Energiequelle, für welchen Bedarf auch immer, zu machen. Was Iran da tut, wird im Sinne der neuen Restriktionen unter Anklage gestellt:
„Ein Teil des Vorschlags Irans (sc. im Rahmen der ‚5+1-Verhandlungen‘) konzentrierte sich auf die Forderung, dass die Weltmächte sein Recht zur Anreicherung anerkennen sollten, was aber nie schriftlich niedergelegt worden ist und ‚was wir offensichtlich nicht anerkennen werden‘, wie ein höherer Regierungsbeamter nach den Gesprächen sagte. ‚Das ist unser Recht, und das ist offensichtlich unabweisbar‘, sagte Dschalili (sc. der iranische Unterhändler). Wenn die sechs Mächte solch ein Recht anerkennen, sagte er, ‚werden wir natürlich Kooperationsangebote begrüßen.‘ Die sechs entgegnen, dass der NPT kein ausdrückliches ‚Recht zur Anreicherung‘ vorsieht, nur das Recht auf ein ziviles Atomprogramm unter strenger Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde, und dass der Iran die Vertragsbestimmungen nicht eingehalten hat.“ (NYT, 24.5.12)
Von einem Recht auf Anreicherung ist in dem alten Vertrag nichts zu lesen, also kann der Iran sich auch nicht auf ihn berufen. Dieser Schritt in der Brennstoffversorgung steht ihm nicht mehr zu, weil die USA den alten Vertrag im Sinne seiner Erneuerungsbedürftigkeit auslegen und „Verstöße“ des Iran gegen die Bestimmungen ausmachen, die sie in den NPT implantieren möchten. Die Unzulässigkeit seines Atomprogramms zeigt sich schlagend, wenn Iran an den Maßstäben des von den USA zu schaffenden neuen Regimes gemessen wird, und mit seiner Widerspenstigkeit gegenüber weitergehenden Kontrollen bestätigt er die „unfriedliche Dimension“ des von ihm „geheimgehaltenen“ Atomprogramms – nur Staaten mit illegitimen Absichten haben was zu verbergen und deswegen schon gar kein Recht, auf „überholten“ Rechten zu bestehen. Mit Verweis darauf, dass der Iran den NPT unterschrieben hat, ihm also unterworfen ist, bestehen die USA darauf, die neuen Vertragsbestimmungen rückwirkend an ihm zu vollstrecken: Die Unterschrift unter das Zusatzprotokoll ist fällig, dito die Offenlegung all seiner Anlagen, Urananreicherung ist als Regelverstoß zu ahnden und das Material herauszugeben. Das Beharren der iranischen Unterhändler auf der Rechtmäßigkeit ihres atomaren Treibens nach dem bislang – ihrer unmaßgeblichen Rechtsposition nach immer noch – gültigen Nichtweiterverbreitungsvertrag zeugt von nichts als Unverfrorenheit; iranische Zugeständnisse sind nichts als der untaugliche Versuch, von der Hauptsache abzulenken und verbotenes Tun zu schützen.

***

Eine Herausforderung ist Iran für die USA jedoch nicht nur als Verdachtsfall für staatliches Bemühen, auf einem Schleichweg in den Status der ‚Nuklearwaffenfähigkeit‘ zu gelangen. Mit seinem unerschütterten, trotz jahrzehntelanger Anfeindung nicht klein zu kriegenden, sogar recht erfolgreich praktizierten Antiamerikanismus ist er per se eine Provokation; und deswegen wiegt der Verdacht, das Regime wolle sich nun auch noch als Atommacht letztinstanzlich unerpressbar machen, nicht nur besonders schwer. Amerikas Vorwürfe und Forderungen sind so beschaffen, dass es gar nicht in der Macht der iranischen Regierung liegt, die einen auszuräumen und den anderen zu entsprechen. Gefordert ist eine Garantie für ausschließlich friedliche Absichten, die dadurch zu erbringen wäre, dass Iran alles aufgibt, was ihn in die Nähe einer ‚Nuklearwaffenfähigkeit‘ bringt, und das in einer die Außenwelt überzeugenden Weise: Was unter diesem Kriterium von der Atomwirtschaft des Landes überhaupt übrig bleiben dürfte, bleibt ebenso Ermessenssache der US-Regierung wie die Entscheidung über die Glaubwürdigkeit iranischer Verzichtsleistungen. Ausgeräumt werden soll überdies ein Verdacht auf verbotene Absichten, für den auch weit zurückliegende Aktivitäten als Beleg gelten: Sind die nicht mehr zu überprüfen oder verweigert Teheran die Spurensuche in der Vergangenheit, dann gilt das als Beweis oder zumindest Indiz für den ein für allemal unzulässigen, strafwürdigen Willen, sich Zugriff auf Atomwaffen zu verschaffen. Amerikas Anforderungen an einen hieb- und stichfesten Nachweis absoluter Harmlosigkeit der iranischen Atomindustrie ergeben keine Prüfliste, die die Teheraner Regierung abarbeiten könnte; wenn die so etwas verlangt, wird das mit Verweis auf womöglich noch nicht entdeckte Machenschaften verweigert. Sie sind vielmehr darauf berechnet, Iran in einen dauerhaften Anklagezustand zu versetzen und durch permanente Drangsalierung, Schädigung und politische Isolierung – also im Grunde durch ein containment der härtesten Sorte – in eine Zwangslage zu bringen, die seiner Regierung die Fortführung nicht bloß ihrer Atomenergiewirtschaft im Besonderen, sondern ihrer Industrie- und ihrer Sicherheitspolitik ganz generell unmöglich macht. Eine Kapitulation soll dadurch erzwungen werden, dass das Regime gar keine Alternative mehr hat – wobei so viel feststeht: Die Entscheidung, wann ein iranisches Nachgeben als hinreichende Kapitulation anzusehen ist, behalten die USA sich allemal vor. Und solange sie diese Entscheidung offen halten, halten sie den Iran auf jeden Fall in fortdauernder totaler Unsicherheit.

Amerikas Verbündeter Israel hält dieses Vorgehen für zu schwach; mit weniger als der Zerstörung der iranischen Macht ist der Staat nicht zufrieden. Dagegen besteht der US-Präsident darauf, dass seine Politik der „illusionslosen“, will sagen: auf eine nicht auszuräumende Verdächtigung gegründeten Erpressung Irans weit mehr leistet, als sich mit einem beschränkten militärischen Überfall oder auch mit einem Krieg nach dem Vorbild seines Vorgängers Bush erreichen ließe:

„… als Israels engster Freund und Verbündeter … muss ich darauf hinweisen, dass wir eine Sanktionsarchitektur haben, die viel effektiver ist, als irgendwer erwartet hat; dass wir eine Welt haben, die so vereint wie nur möglich hinter den Sanktionen steht… Unser Argument in diesem Zusammenhang ist, dass es für uns wichtig ist zu sehen, ob wir diese Sache dauerhaft und nicht bloß vorübergehend lösen können. Und historisch betrachtet ist die einzige Weise, wie ein Land sich ohne ständige militärische Interventionen schließlich dazu entscheidet, keine Atomwaffen zu bekommen, dass es selbst diese Option aus dem Verkehr zieht. So geschah es in Libyen, und so geschah es in Südafrika. Und wir glauben, ohne uns irgendetwas über die iranischen Absichten vorzumachen und ohne jede Leichtgläubigkeit, was die Natur dieses Regimes angeht, dass die ihren Eigennutz im Auge haben. Sie erkennen, dass sie jetzt in einer ganz ganz schlechten Lage sind. Es ist möglich, dass sie eine strategische Kalkulation anstellen, die zumindest dazu führt, dass sie ihre Fähigkeit, eine Bombe zu bauen, weit in die Zukunft hinausschieben; und das könnte sich als die beste Entscheidung für Israels Sicherheit herausstellen.“ (Obama-Interview: ‚As President of the United States, I Don’t Bluff‘, The Atlantic 2.3.12)

Und damit wahr wird, was Obama da als schon erreichten Erfolg ansagt, tun die USA allerhand.

Zusatz

In seiner ‚Prager Rede‘ formuliert Obama seine Kampfansage an Irans Atomprogramm noch als Einladung; freilich zu einer Bewährungsprobe seiner Kooperationsbereitschaft:
„Wir wollen, dass Iran seinen rechtmäßigen Platz in der internationalen Staatengemeinschaft einnimmt, politisch und wirtschaftlich. Wir werden Irans Recht auf die friedliche Nutzung von Atomenergie mit strengen Kontrollen unterstützen. Das ist ein Weg, den die Islamische Republik beschreiten kann. Oder die Regierung kann sich für zunehmende Isolierung entscheiden, internationalen Druck und ein potenzielles nukleares Wettrüsten in der Region, das für alle zu mehr Unsicherheit führt.“ (Obama, Frieden und Sicherheit in einer Welt ohne Atomwaffen, Prag 5.4.09)

In etwas anderem Zusammenhang klingt die Aufforderung an den Staat, seine antiamerikanische Räson aufzugeben und mehr dafür zu sein, nämlich für seinen vorgesehenen rechtmäßigen Platz in der amerikanischen Weltordnung, schon etwas rauer:

„Iran muss eine Entscheidung treffen. Wir hören seit dreißig Jahren, wogegen die iranische Regierung ist; die Frage ist jetzt, für welche Zukunft sie ist... Es ist an der Zeit, dass sich die iranische Regierung entscheidet, ob sie sich weiter auf die Vergangenheit konzentrieren oder ob sie nicht eine Entscheidung treffen will, die ihr die Tür zu mehr Chancen, Wohlstand und Gerechtigkeit für ihr Volk öffnet.“ (Obama anlässlich des 30. Jahrestags der Botschaftsbesetzung in Teheran 2009)

Im Jahr darauf kann sich der Präsident seines großmütigen Angebots nurmehr enttäuscht erinnern und unterzeichnet ein Gesetz zur Erweiterung der Sanktionen:

„Wir haben der iranischen Regierung eine klare Wahl geboten. Sie konnte ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen und größere Sicherheit, eine vertiefte ökonomische und politische Einordnung in die Welt und eine bessere Zukunft für alle Iraner verwirklichen. Sie konnte aber auch fortfahren, [alle Angebote] zu missachten und noch mehr Druck und Isolation in Kauf nehmen.“ (Obama, Signing of the Iran Sanctions Act, whitehouse.gov, 1.7.10)

Die Alternativen, die Obama dem Iran aufmacht, formulieren allesamt kein Angebot, das der Iran annehmen, dessen er sich überhaupt würdig erweisen könnte, sondern die alternativlose Ächtung des Staates, so wie er ist. Sie sind die diplomatische Fassung einer Kampfansage.

2. Die amerikanische Antwort

Die US-Regierung verfolgt mit ihrer Iran-Politik die zwei Ziele, einen Feind zur Aufgabe seiner Selbsterhaltungs- und Durchsetzungsstrategie zu zwingen und generell ein neues, schärferes Regime über den Gebrauch von Nuklearenergie in der Staatenwelt durchzusetzen. Sie verknüpft die beiden Ziele derart miteinander, dass sich das eine aus dem andern zwingend ergeben soll: An den als gefährlich, weil nuklearwaffenverdächtig eingestuften industriellen Aktivitäten des Iran macht sie kenntlich, welche Teile einer funktionstüchtigen Atomwirtschaft verboten bzw. unter Aufsicht gestellt werden müssen, weil sie dort, jedenfalls nach der Logik des nicht auszuräumenden amerikanischen Verdachts, den Tatbestand der „Proliferation“, des Weiterwucherns einer nicht hinnehmbaren nuclear weapons capability erfüllen. Und mit der Anwendung der deswegen nötigen Verschärfungen des „Nonproliferation“-Regimes auf Irans Atomindustriepolitik kriminalisiert die US-Regierung diesen Staat; zu den illicit nuclear activities gesellen sich dann und in dem Sinn ganz zwanglos die Anklagepunkte support for terrorism und abuse of human rights; und das erfordert die unnachsichtige Bekämpfung dieser Macht. Berechnet ist diese Politik darauf, die Staatenwelt auf Amerikas doppeltes Ziel festzulegen und in seine Strategie einzubinden; insbesondere auf die Großmächte mit Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat, die dazu gebracht werden sollen, sowohl die Verschärfung des „Nonproliferation“-Regimes mit durchzusetzen als auch das Vorgehen der USA gegen Iran zu billigen oder sogar mit zu tragen. „Leadership“ praktiziert die Obama-Regierung dabei in der Weise, dass sie einseitig Sanktionen mit dem Ziel der Ruinierung des Iran beschließt, die anderen Staaten mit erpresserischen Drohungen, z.B. deren Geschäftswelt vom Verkehr mit amerikanischen Firmen auszuschließen, zum Mitmachen nötigt und sich zugleich Beschlüsse und Entscheidungen von Gremien der „Völkergemeinschaft“ besorgt, die solche Maßnahmen rechtfertigen oder jedenfalls bei Bedarf als Rechtfertigung zitiert werden können. Daneben schafft sie Fakten im Iran und bereitet den Krieg vor, den sie gar nicht erst als legitime „Option“ extra genehmigt haben will, sondern längst „auf den Tisch gelegt“ hat und auf keinen Fall davon ’runterzunehmen gedenkt.

a) Den Auftakt dazu, die gesamte Staatenwelt dem neuen Atom-Regime zu unterwerfen und zugleich für die Isolierung und Schädigung des Iran einzuspannen, bildet Amerikas Bemühung, die Veto-Mächte in beide Vorhaben einzubinden. Obama spricht ihr Interesse an der Erneuerung des Atomwaffensperrvertrags an – auch ihnen ist am Erhalt ihrer exklusiven Stellung gelegen –, verlangt von ihnen, die prinzipielle Bedeutung des Regimes am Fall Iran zur Geltung zu bringen, und schiebt ihnen dabei den Auftrag unter, die iranischen Rechtsverstöße nach amerikanischer Rechtsauslegung zu sanktionieren. Vor allem Russland wird mit dem Angebot umworben, sich bei der Etablierung eines neuen Atomwaffen-Kontrollsystem über die ganze Welt als mit zuständige Ordnungsmacht angesprochen zu wissen. Auch winken dem Land neben der damit verbundenen politischen Anerkennung ökonomische Vorteile, die es aus der Neuregelung des NPT ziehen könne – etwa eine Brennstoffbank in Russland, Verdienstmöglichkeiten bei der Wiederaufbereitung –; Chancen, die sich insbesondere im Zuge einer Kooperation mit den USA bei der nuklearen Energiewende ergeben könnten: Joint Ventures, Forschungskooperation, Entwicklung von neuartigen Nuklearbrennstoffen etc.[8] Zu haben ist die in Aussicht gestellte politische Aufwertung freilich nur zu dem Preis, dass Russland sich auch konsequent bei der Abarbeitung der restlichen Tagesordnungspunkte engagiert, die die USA im Zusammenhang mit der Verschärfung des ‚Nonproliferation‘-Regimes auf die Agenda der Weltpolitik gesetzt haben. Es hat seinen Einfluss auf den Iran dahingehend geltend zu machen, dass der seinen Widerstand gegen den neuen Vertrag aufgibt und sich atomar entmachten lässt; nebenbei hat Russland einzusehen und hinzunehmen, dass all seine Lesarten des geltenden NPT-Vertrags genauso wie alle eigenen Vorstellungen in Bezug auf seine Modifikation absolut irrelevant sind. Kaum erteilen die russischen Führer einer Resolution ihre Zustimmung, nach der sich kein Land atomar bewaffnen darf, legen also das geltende NPT-Vertragswesen dahingehend aus, dass dem Iran der Zugang zur zivilen Nutzung der Kernenergie – durchaus gerne unter russischer Mit-Aufsicht – zu gewähren sei, erfahren sie praktisch, was sie damit eigentlich unterschrieben haben: die Ermächtigung der USA, unter Berufung auf ebendiese Resolution in ihrem Programm voranzukommen, das auf die Ruinierung aller, auch der zivilen Potenzen des Iran zielt.

Derart praktisch darüber belehrt, wozu man von der Weltmacht zur Kooperation eingeladen wird, zieht man im Kreml mittlerweile Konsequenzen. Eine bedingungslose Anerkennung des Prinzips amerikanischer Oberhoheit über die letzten Gewaltfragen kommt für Russland nicht in Frage. Man verwahrt sich dagegen, dass mit der Neuordnung des für alle Staaten gültigen NPT zugleich das Vorrecht der USA bekräftigt werden soll, zur alleingültigen Auslegung des Vertrags befugt zu sein, nach Maßgabe des eigenen politischen Interesses zu entscheiden, wessen Verstöße zu ahnden und wessen hinzunehmen sind, wem Ausnahmeregelungen zustehen und bei wem auf strenge Kontrollen zu dringen ist. Mit dem Vorwurf, dass das Regime gar nicht allgemeingültig sei, sondern amerikanischer Hegemonie diene, legt Putin Protest gegen die – wie er es nennt – Bestrafung des Iran ein, insistiert darauf, dass auf Regime-Change in diesem Land eine Sanktionierung keinesfalls hinauslaufen dürfe, und erneuert seine Auffassung, wonach auch einem Staat wie dem Iran die Nutzung der Kernenergie nach wie vor zugestanden bleiben müsse.[9] Auch dem russischen Präsidenten geht es hier ums Prinzip. Er verweigert sich daher dem amerikanischen Anspruch aufs Mitmachen bei einer risikoreichen Politik und prangert als eigentlich Schuldigen für die Weiterverbreitung von Atomwaffen die USA an, die mit ihrer Einmischungs- und Interventionspolitik Staaten wie dem Iran als einzig mögliche Form der Abwehr gegen amerikanische Übergriffe den Griff nach eigenen Atomwaffen nahelegten:

„Angesichts der Spannungen um die Atomprogramme Nordkoreas und des Iran komme ich manchmal auf den Gedanken, wie das Risiko der Atomwaffenverbreitung entsteht und wer dieses Risiko fördert. Ich habe den Eindruck, dass die zuletzt häufig gewordenen bewaffneten Einmischungen in die inneren Angelegenheiten einzelner Länder dieses oder jenes autoritären Regimes zum Atomwaffenbesitz provozieren könnten. Solche Herrscher könnten den Eindruck haben, dass sie sich nur mit einer Atombombe in Sicherheit wiegen und dass niemand es wagen würde, sie anzugreifen. Die Länder, die keine eigenen Atomwaffen haben, müssten sich aber auf ‚humanitäre‘ Interventionen gefasst machen.“ (Russland und die Welt im Wandel, Wladimir Putins Beitrag in Moskowskije Nowosti, 27.2.12)

Seit dem libyschen Abenteuer, bei dem das UN-Mandat für eine einseitige nationale Politik missbraucht wurde, verweigert sich die russische – ebenso die chinesische – Führung der Mitarbeit: Der Iran ist für sie kein Fall für eine Ermächtigung zum Krieg nach „Kapitel VII“; die IAEA hat kein Recht, die Iran-Frage vor den Sicherheitsrat zu bringen. Russland gibt seinen Unwillen zu Protokoll, sich weiter von der US-Administration instrumentalisieren zu lassen, und erklärt ausdrücklich, Sanktionen, die mehr als Verstöße gegen das Atomregime ahnden sollen, nicht mittragen zu wollen.

Auf das russische Njet hat der amerikanische Präsident nur eine Antwort übrig:

„Durch unser diplomatisches Geschick ist die Welt, die einmal uneins über das iranische Atomprogramm war, nun einig. Das Regime ist so isoliert wie niemals zuvor. Die iranische Regierung muss sich mit lähmenden Sanktionen auseinandersetzen, und solange sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, wird dieser Druck nicht nachlassen.“ (Obama, Zur Lage der Nation, Amerikadienst, 24.1.12)

Obama ignoriert die Einwände, reiht den Protest in die gewachsene Einheitsfront ein – und ist schon längst zu den nächsten Punkten der Tagesordnung übergegangen.

b) Denn davon, dass die beantragten verschärften Sanktionsbeschlüsse im UN-Sicherheitsrat nicht zustande kommen und die Gespräche über den neuen Nichtweiterverbreitungsvertrag ziemlich eingeschlafen sind, lässt sich die Weltmacht nicht beeindrucken: Obama schafft Fakten, mit denen sein Beschluss, den Fall Iran einer definitiven Entscheidung zuzuführen, umgesetzt wird. Unter Berufung darauf, dass dieser Problemfall der globalen Sicherheit stets auch eine ganz spezielle Bedrohung der Sicherheit der USA darstellt, ermächtigt sich die Weltmacht zum eigenen Vorgehen gegen den Iran – selbstverständlich nicht, ohne nach allen Regeln der diplomatischen Kunst die Weltgemeinschaft hinter sich zu bringen. Eine hierfür bahnbrechende Errungenschaft liegt bereits vor in Gestalt der von den USA den Mächten im Sicherheitsrat mit Erfolg vermittelten

„Erkenntnis, dass der Zugang zu vielfältigen, zuverlässigen Energiequellen entscheidend wichtig für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung ist,“ die freilich nicht mehr zu haben ist, ohne „gleichzeitig Kenntnis“ zu nehmen „von dem potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten“ (UN-SR-Res. 1929/9.6.10)

Für die kleine Konzession an die Adresse Russlands, dass beim Spalten von Atomen die eine Hälfte des „dual use“ – in Gestalt einer zuverlässigen Energiequelle, die für Wachstum und Entwicklung gut ist – doch ganz und gar nicht in Frage steht, hat man das Zugeständnis erlangt, dass im Fall des Iran noch ein ganz anderes Ding hinsichtlich seines „dual use“ von ausschlaggebender Bedeutung ist: Dem Geld, das dieser Staat verdient, ist schließlich nicht anzusehen, wofür er es ausgibt. Insofern er mit ihm ja auch für Wachstum und Entwicklung bei seinem Nuklearprogramm sorgen kann, ist ein potenzieller Zusammenhang zwischen dem Geld als Machtmittel der Herrschaft und den nuklearen Tätigkeiten, die ihr zur Last gelegt werden, einfach nicht zu widerlegen; diesen Staat seiner zivilen Einnahmequellen wirksam zu berauben, ist also eine ganz folgerichtige, ja unverzichtbare Methode, wirksam für ‚Nonproliferation‘ zu sorgen. Diesen Konsens entwickeln die USA weiter: Zu Sanktionen, die über die Sicherheitsratsbeschlüsse hinausgehen, sehen sich die USA durch die oben zitierte Resolution selbst autorisiert.[10] die den Blockierern im Sicherheitsrat demonstriert, wie es um die Mehrheitsverhältnisse in der internationalen Gemeinschaft steht. Und über allem steht die Berufung aufs eigene, nämlich das Notstandsrecht: Wo Amerika eigene Interessen bedroht sieht, hat es ein unveräußerliches Recht auf Gewalt![11]

In diesem Sinne wird im November letzten Jahres unter dem „Patriot Act“ ein einseitiges Sanktionsregime in Kraft gesetzt, mit dem die Obama-Regierung jeglichen Wirtschaftsverkehr mit dem Iran als Bedrohung des Heimatlandes einstuft. Der internationale Geldverkehr mit der iranischen Zentralbank sowie allen Banken Irans soll unterbunden werden, indem jedweder wirtschaftliche Verkehr mit iranischen Instituten als Akt der Geldwäsche eingestuft wird. Damit riskiert jedes Unternehmen, das mit Iran Handel treibt und gleichzeitig ein Konto bei einer amerikanischen Bank führt, dass es ohne weitere Vorwarnung in den USA eines schweren Vergehens angeklagt und mit gravierenden Folgen belegt werden kann. Die USA – und Großbritannien als enger Verbündeter, der von Anfang an diese Sanktionen unterstützt – bringen mit diesem Zug ihre globale Finanzmacht in Anschlag, um die Unterordnung des Rests der Welt unter ihr Vorgehen gegen Iran zu erzwingen und das Land so vom globalen Finanzsystem auszuschließen, also wirtschaftlich kaputtzumachen. Staaten, die sich wegen ihrer wirtschaftlichen Interessen am Iran nicht so ohne weiteres zum Mitmachen bei dessen ökonomischer Strangulierung entschließen wollen, riskieren die Schädigung ihrer Geschäftswelt und werden so unter Druck gesetzt. Die USA konzedieren zwar Ausnahmen, vor allem, wenn es um die Gefährdung der nationalen Energieversorgung verbündeter Staaten geht; diese müssen sich aber die Konzession in Washington abholen und so faktisch ihren Respekt gegenüber dem amerikanischen Vorgehen bekunden.

Und wie es aussieht, funktioniert die Sache:

„Nur zwei Monate nach der Verabschiedung des National Defense Authorization Act für 2012 machen wir Fortschritte, Irans Ölexportmärkte sind geschrumpft und seine Zentralbank ist weiter vom Weltfinanzsystem isoliert.“ (Clinton, Erklärung zur erheblichen Verringerung der iranischen Rohölverkäufe, state.gov, 20.03.12)
„Wir haben eine internationale Koalition zusammengestellt, geradezu einen Konsens gegen Iran und Nordkorea, den es vorher mit den UN-Sicherheitsratresolutionen nicht gab, eine sehr harte Umsetzung der Sanktionen.“ (Clinton-Interview in Istanbul, state.gov, 2.4.12)

c) Im Iran selbst setzen die USA ihre „zivilen“ Potenzen flankierend zu dessen Zersetzung ein. Die hauseigenen Konflikte im Staat der Mullahs werden angeheizt, der Umgang des Regimes mit der Opposition steht unter verschärfter Beobachtung. Von zurückhaltender „Nichteinmischung“ bei den Unruhen im Mai 2009 hat sich die amerikanische Außenpolitik zur offenen Aufwiegelung vorgearbeitet; nicht zuletzt mit der Einrichtung einer „Virtual Embassy“, die Oppositionellen eine direkte Anlaufstelle bieten soll und dem Iran demonstriert, dass die USA sich die direkte Zuständigkeit für sein Volk herausnehmen, also sein inneres Gewaltmonopol für nichtig erachten – für dessen Untergrabung tun sie sowieso, was sie können.

Dem Iran, der in den Wirtschaftssanktionen einen „Kriegsakt“ sieht, wird praktisch bedeutet, dass er sich keineswegs nur in dieser Hinsicht nicht täuscht. Selbstverständlich würde sich die Weltmacht nie dazu herablassen, als Krieg zu bezeichnen, was sie sich an Eingriffen vor Ort herausnimmt – Krieg gehört ja zu den Optionen, die einstweilen noch auf dem Tisch liegen, wie es in Washington so zurückhaltend heißt. Weit unterhalb der Schwelle zur offiziellen Kriegsführung haben die USA im Kampf gegen einen ihrer Feinde einiges an altem und neuartigem Gewaltpotential aufzubieten: ‚Cyber Warfare‘, dieses von der NATO beschworene Kriegsszenario der Zukunft, gegen das die freie Welt Abwehrmittel braucht und schon längst entwickelt, kommt offensiv zum Einsatz gegen das iranische Atomprogramm; Virenangriffe werden gestartet gegen die Atomanlagen und andere technologisch wie militärisch relevante Einrichtungen. Daneben werden Hafen- und Rüstungsanlagen sabotiert, Atomforscher und andere Wissenschaftler, auf deren Hirnschmalz sich die „dual use“-Logik gut erstrecken lässt, gezielt exekutiert. Genau den Staatsterrorismus, den sie in einem angeblich vom Iran – laut Fachleuten äußerst dilettantisch – geplanten Terrorakt gegen den saudischen Botschafter in den USA entdecken und in eine Linie mit Angriffen auf ihr sakrosanktes Heimatland rücken, praktizieren die USA im Iran mit ihren Geheimdiensten Hand in Hand mit dem ihres israelischen Verbündeten in Perfektion. Und jede gelungene Aktion, mit der sie ihren Feind weiter schwächen, ist zugleich eine unmissverständliche Botschaft an die Machthaber in Teheran: Ihnen wird vor Augen geführt, dass sie schon jetzt, wo Amerika noch gar nicht so richtig ernst macht, nicht in der Lage sind, Integrität und Sicherheit ihres Landes zu wahren; dass sie es schon im Vorfeld des Krieges einfach nicht vermögen, sich gegen Ein- und Übergriffe zu behaupten, die im Repertoire der Weltmacht den Status von Fingerübungen haben.

Dass die Gewalt, die die USA gegen das iranische Regime bereits jetzt für angebracht und fällig erachten, von ihrer Seite beliebig zu eskalieren ist, unterstreichen sie mit expliziten Kriegsdrohungen und -manövern. Sie verstärken ihre Präsenz im Golf, kommandieren weitere Flugzeugträger dorthin und lassen Drohnen über dem Land kreisen. Dazu kommen Provokationen aller Art wie Grenzverletzungen, die Aufstellung eines Raketen-Schirms, die auf den Kriegseinsatz hin orientierte Aufrüstung der Bündnispartner Israel und Saudi-Arabien und die massive Beihilfe zur inneren Zerlegung des iranischen Verbündeten Syrien: Die strategische Umzingelung des Iran ist mittlerweile fast nach allen Himmelsrichtungen perfekt. Iranische Gegendrohungen werden teils ignoriert, teils mit der Warnung quittiert, Iran solle sich hüten, eine der vielen von den USA gezogenen „roten Linien“ zu überschreiten. So praktiziert die Obama-Regierung unter der Devise ‚No Containment!‘ amerikanische Führerschaft und bereitet für den Fall, dass sich für den Erfolg dieser Politik ein echter Krieg letztlich doch als einfach unvermeidlich herausstellt, alles für den Sieg vor.

[1] Zum Beispiel so: Wirkliche Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Glück sind das Recht aller Nationen. Das kann nicht von der Arroganz und den Gewehrläufen der Nato unterdrückt werden… Welches Land gibt 1000 Mrd. Dollar für Rüstung aus, dominiert die Weltwirtschaft und ist für deren Krise verantwortlich? … Wer wirft Bomben, versorgt aber nicht die Hungernden in Somalia? … Kann die Blume der Demokratie aus den Raketen und Gewehren der Nato blühen? (Ahmadinedschad vor der UNO-Vollversammlung 2011)

[2] Was Präsident Ahmadinedschad mit seiner konsequent falsch übersetzten Bemerkung, der Zionismus hätte keine Zukunft, im Ernst gemeint hat und ob seine wiederholte ‚Leugnung des Holocaust‘ mehr das Faktum oder mehr die daraus abgeleitete Rechtfertigung israelischer Militanz in Frage stellen soll, spielt für die Diagnose „eliminatorischer Antisemitismus“ keine Rolle.

[3] Es ist schon auffällig: In der gesamten lebhaften Diskussion über den richtigen, den letztmöglichen, den auf keinen Fall zu verpassenden Zeitpunkt eines Angriffs auf Irans Atompotential, der als „Option“ ja unbedingt auf dem Tisch bleiben muss, kommt nie zur Sprache, wozu es im Ernstfall eigentlich zu spät wäre, was dann nicht mehr geht und warum, wenn es doch vorher eine „Option“ war. Die Zwangslage, die da beschworen wird, spricht allerdings auch für sich: Der Feind lässt sich nicht mehr entwaffnen, wenn er die nukleare Waffe hat. Mit der Fähigkeit des Feindes, das größtmögliche Zerstörungspotential freizusetzen, ist der Weltmacht die Freiheit genommen, ohne ein solches Zerstörungsrisiko vernichtend zuzuschlagen. Das ist das Dilemma, zu dem die USA es beim Iran auf keinen Fall, nicht einmal ansatzweise kommen lassen wollen.

 An der Sache vorbei gehen deswegen die Hinweise militärstrategischer Experten, einen offensiven Einsatz eventueller Atomwaffen könnte der Iran sich gar nicht leisten, deswegen sinnvollerweise auch gar nicht planen, bräuchten seine Feinde also auch nicht zu fürchten: Nicht hinnehmbar ist die Möglichkeit eines ultimativen Gegenschlags, die Fähigkeit zu einer letzten Reaktion, die der Weltmacht die „Option“ eines Entwaffnungsangriffs zu überschaubaren Kosten kaputtmachen würde.

[4] In einer Resolution, mit der der US-Kongress im Vorfeld der jüngsten 5+1-Gespräche mit Iran die Regierung auf einen harten Kurs festlegen will, heißt es in demselben Sinn: Das „Haus“ (5) unterstützt nachdrücklich die Politik der Vereinigten Staaten, die Regierung Irans davon abzuhalten, Nuklearwaffenfähigkeit zu erreichen; (6) verwirft jede Politik, die sich auf Bemühungen verlassen würde, einen nuklearwaffenfähigen Iran in die Schranken zu weisen (... to contain ...); und (7) drängt den Präsidenten, die Unannehmbarkeit eines Iran mit Nuklearwaffenfähigkeit sowie die Ablehnung jeder Politik neu zu bekräftigen, die sich auf Eindämmung (containment) als eine Option verlassen würde, der iranischen nuklearen Bedrohung zu begegnen. (docs.house.gov, 14.05.12)

[5] In seiner Rede zugunsten der genannten Resolution stellt U.S. Rep. Howard L. Berman, the top Democrat on the House Foreign Affairs Committee, diesen Zusammenhang explizit her: Diese Resolution erinnert uns daran, wie dringlich und ernsthaft die Atomfrage ist. Und daher senden wir, da das Fenster sich jetzt schließt, die klare Botschaft, dass das Haus in Übereinstimmung mit der Regierung ein Containment vollständig ablehnt – eine Politik, die uns in die Zuschauerrolle drängt, so dass wir zusehen müssten, wie der Iran die Bombe bekommt, um dann zu versuchen sie einzudämmen, wie wir die Sowjetunion eingedämmt haben. Tatsächlich haben wir keine Wahl, als Irans Atomwaffenprogramm zu stoppen, bevor es diesen Punkt erreicht.

[6] Sinn und Zweck dieses Vertragswerks nach Erledigung des ‚Ost-West-Gegensatzes‘ sind in Gegenstandpunkt 3-95 nachzulesen: Die Verlängerung des Vertrags über die Nicht-Verbreitung von Atomwaffen: Ein Beitrag zur Politik der USA für eine nukleare Weltordnung.

[7] Näheres zu dieser Rede und insbesondere zu dem Projekt, ‚mit Russland die Welt atomwaffenfrei machen‘ zu wollen, enthält der Aufsatz 'Obamas Change in der Weltpolitik' in Gegenstandpunkt 3-09.

[8] Das 123-Abkommen, das so heißt aufgrund der Vorschriften, die im Abschnitt 123 des US-Atom-Energie-Gesetzes erlassen wurden, wurde zuerst im Jahr 2008 unterzeichnet, aber von der Bush-Regierung nach Russlands Krieg mit Georgien zurückgezogen. US-Präsident Obama hat es 2010 erneut dem Kongress vorgelegt, offensichtlich als Belohnung für die russische Hilfe bei der iranischen Atomfrage. Es erlaubt beiden Ländern, Atomtechnologie auszutauschen und die Nichtverbreitungsanstrengungen zu verstärken durch den Verkauf von sicherem Brennstoff an Länder, die ihre zivilen Atomprogramme entwickeln wollen, während russische und amerikanische Forschungslabore neue Formen des Brennstoffs entwickeln können. Es öffnet auch russischen und amerikanischen Firmen den Weg zur Zusammenarbeit bei kommerziellen Atomprojekten. (www.bellona.org, Russian-US 123 agreement comes into force, bringing possible nuclear hazards for Russia, 13.1.2011)

[9] China, für das bei der Neuordnung des NPT keine Rolle vorgesehen ist außer der, nicht unangenehm aufzufallen, erhebt ähnliche Vorwürfe. Es tritt als Anwalt der von dem neuen Regime Betroffenen, der Have-Nots der Atomordnung auf, macht sich für die Universalität des Vertrags stark, bestreitet den USA die Ausnahmegenehmigungen, fordert die Einbeziehung Indiens und Israels in den NPT – und eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten.

[10] Die UN-Sicherheitsratsresolution 1929 hat die potentielle Verbindung zwischen den Einkünften, die Iran aus dem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung der Weiterverbreitung sensibler Nuklearaktivitäten erkannt. Im Hinblick auf diese Verbindung haben die Vereinigten Staaten CISADA verabschiedet, das gewisse Aktivitäten in Irans Energiesektor sanktionsfähig macht, einschließlich der Lieferung von raffinierten petrochemischen Produkten in den Iran. (Drei Firmen werden nach dem novellierten Iran-Sanktionsgesetz sanktioniert, state.gov, 12.01.12) ) Das schon bereitliegende Arsenal von Titeln, die gegen den Iran in Stellung gebracht werden, wird durch ständig von der IAEO nachgelieferte Munition angereichert, ferner durch die von der UN-Vollversammlung ausgesprochene Verurteilung der Menschenrechtsverstöße des Regimes,

Zuletzt im November 2011, in der Folter, Auspeitschungen und die dramatische Zunahme der Todesstrafe verurteilt wurden.

[11] Die Krise zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, die sich aus der Politik und Aktionen der Regierung des Iran ergibt, ist nicht gelöst. Das Handeln und die Politik der Regierung des Iran stehen im Gegensatz zu den Interessen der Vereinigten Staaten in der Region und stellen weiter eine ungewöhnliche und außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit, die Außenpolitik und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten dar. (Obamas Brief an den Kongress zur Verlängerung des Nationalen Notstands in Bezug auf den Iran, whitehouse.gov, 13.3.12)

 Die Bedrohung der nationalen Sicherheit wird durch ein angeblich vom Iran geplantes Attentat gegen den saudischen Botschafter in den USA im Oktober 2011 bekräftigt; was nach amerikanischer Lesart den Tatbestand der Planung eines terroristischen Anschlags auf amerikanischem Boden erfüllt und den Fall damit in die Nähe von 9/11 rückt.