Die AfD
Auch Deutschland hat jetzt eine Partei, die antritt, um Staat und Volk zu retten
Für Presse und ‚etablierte‘ Parteien ist die AfD ein irrationaler, unseriöser Verein rückständiger ‚Wutbürger‘, der mit seinen viel zu ‚einfachen‘ Antworten das Volk denen abspenstig macht, denen dessen Stimmen gehören. Die überaus differenzierte Antwort der demokratischen Kräfte besteht im erbitterten Bemühen, die AfD als Partei aus dem Umkreis anständiger nationaler Machtanwärter auszugrenzen und gleichzeitig für die nationalistischen Beschwerden ihrer Anhänger ein mehr oder weniger weit reichendes Verständnis zu zeigen. Spiegelbildlich dazu stellt sich die AfD gegen die gesamte politische Klasse als alternative Führung auf, die Deutschland braucht, weil die „Altparteien“ insgesamt ein nationales Unglück sind: Mehr oder minder systematisch sind sie dabei, Staatsgewalt und Volk zu ruinieren...
Der GegenStandpunkt analysiert das alternative Programm eines unzufriedenen Nationalismus – und wie er zu dieser Republik gehört.
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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Die AfD
Auch Deutschland hat jetzt eine
Partei, die antritt, um Staat und Volk zu retten
Den regierenden Parteien und der gesamten Presse gilt die
AfD als irrationaler, unseriöser Verein von Wutbürgern.
Man entlarvt sie als Ewiggestrige, die aus der
Vergangenheit nichts gelernt haben. Man wirft ihnen vor,
dass sie außer einem chaotischen Parteileben politisch
nichts hinkriegen, lastet ihnen an, dass sie beim
Einfangen von Wählerstimmen, die eigentlich den
Etablierten gehören, viel zu erfolgreich sind und damit
zum Risiko für die politische Stabilität der Republik
werden. Diese politische Auseinandersetzung
zielt
darauf, die AfD aus der Elite auszuschließen, die für die
Führung der Nation in Frage kommt. Spiegelbildlich dazu
stellt sich die AfD gegen die gesamte politische Klasse
als alternative Führung auf, die Deutschland braucht,
weil die „Altparteien“ nicht etwa diesen oder jenen
Fehler machen, sondern insgesamt ein nationales Unglück
sind: Mehr oder minder systematisch sind sie dabei,
Staatsgewalt und Volk zu ruinieren. In ihren Vorwürfen an
die „abgehobenen“ Berliner „Systemparteien“ macht die AfD
deutlich, dass es ihr nicht um einen Austausch des
Regierungspersonals geht, das eine zwischen den
Konkurrenten um die Ämter unstrittige Staatsräson
exekutiert, sondern um eine Neudefinition dessen, was die
Nation ist und zu tun hat.
Die Regierung zerstört die staatliche Handlungsfreiheit, von der das Volk lebt ...
1. ... durch Merkels Flüchtlingspolitik ...
„Nach der Eurokrise und der Energiekrise muss es jetzt zur Staatskrise kommen. Eine Regierung, die nicht in der Lage ist, die Landesgrenzen zu sichern, hat jegliche Autorität verloren. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist die erste Pflicht eines Staates. Die Bundesregierung steht nicht nur hilflos der Masseninvasion von Menschen aus vieler Herren Länder gegenüber. Sie begrüßt den Zustrom, lädt weltweit dazu ein und fördert ihn aktiv, obwohl dies gegen Recht und Gesetz verstößt und nach § 96 Aufenthaltsgesetz bei jedem Schlepper zur Strafbarkeit führt... Der Import von Kriminalität, Terrorismus und Glaubenskrieg wird zu einer ernstzunehmenden gesellschaftlichen und staatlichen Krise führen, während die politische Elite in Dienstwagen und mit Personenschutz sich noch in Sicherheit wiegt.“ (Albert Glaser, stellv. Bundessprecher der AfD und Vorsitzender der Programmkommission, Rede, 1.10.15)
Der Bericht der AfD über die Lage der Nation besteht aus einer Liste von Unterlassungsanzeigen gegen die Regierung. Die „Landesgrenzen zu sichern“, hätte geheißen, die Menschenmassen „aus vieler Herren Länder“ fernzuhalten, d.h. sie spätestens an der deutschen Grenze zu stoppen. Dieser Gewaltakt wird als „erste Pflicht eines Staates“ gefordert. Der gewaltsame Ausschluss der Flüchtlinge wäre die „Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ gewesen: Dass die allgemeine Ordnung nichts anderes als das flächendeckende und praktisch unanfechtbare Regiment des staatlichen Gewaltmonopols sein kann, dass es ein anderes Zusammenleben und Zusammenwirken gar nicht geben kann als ein umfassend erzwungenes, ist den Rechten selbstverständlich. Sie fordern diese Gewalt ein als den ersten Dienst, den die Regierung ihren Bürgern schuldet, und wenn sie bei der Ausübung der Gewalt Nachlässigkeit diagnostizieren, dann hat die Regierung für sie „jegliche Autorität verloren“. Sie gehen einfach davon aus, dass der Staat die Gemeinschaft fortwährend gegen Gefahren nach innen und nach außen sichern muss, dass diese Gemeinschaft sich also in einem permanenten Kampf um Selbstbehauptung gegen eine feindliche Umwelt und menschliche Schädlinge befindet. Das finden sie auch gut so, solange die staatliche Gewalt diesen Kampf konsequent führt. Dass die amtierende Regierung im Fall der Flüchtlinge die von der AfD geforderte Militanz nicht für nötig hält, beweist Glaser erstens, dass sie zu schwach ist, um ihre Pflicht zu erfüllen, und zweitens, dass sie auf andere Völkerschaften mehr Wert legt als auf ihr eigenes Volk: Die Fremden nicht gewaltsam zurückzuweisen, ist für den AfDler dasselbe wie eine Einladung – recht eigentlich zum Verbrechen. Weil er davon ausgeht, dass die innere Ordnung vor allem das Produkt des gewaltsamen Fernhaltens derer ist, die nicht dazugehören, beweist ihm der Zustrom von Fremden, wie wenig die Regierung für die Sicherheit und Ordnung ihrer Bürger übrig hat: Sie lockt geradezu die Strolche und Terroristen aller Länder nach Deutschland.
Dass die politische Elite die Pflichten einer anständigen Staatsmacht gegenüber ihrem Volk missachtet, kann die AfD an vielen ziemlich beliebigen Beispielen bebildern. Sie lädt jegliche Unzufriedenheit ein, sich als Beispiel dafür zitieren zu lassen, dass alles derzeitige Regieren irgendwo zwischen dem Versagen vor den Pflichten einer Regierung und dem Verrat an ihnen einzuordnen ist.
„Wir geben viel Geld anderen und haben kein Geld für unsere eigenen Renten, für unsere eigenen Kinder, für genügend Kindergartenplätze, das alles kann nicht bezahlt werden ... aber Flüchtlinge dürfen es sein so viel wie möglich.“ (AfD-Vize Gauland in Elsterwerda, 5.6.16)
Unzufriedene Rentner, Eltern, Arbeitslose, Lohnempfänger, Krankenversicherte etc., alle sozialen Beschwerden, aber auch die Drangsale des Mittelstands werden aufgegriffen und als Beispiel dafür angeführt, wie schlecht die Deutschen von ihrer Regierung behandelt werden: Sie hat Geld für Flüchtlinge übrig; das reicht schon als Beweis, dass sie es ihren Deutschen vorenthält. Die Umkehrung gilt ebenso: Wenn Deutschen nach ihrem Gerechtigkeitsempfinden etwas vorenthalten wird, dann nur, weil man an Fremde verschenkt. Alles, was unzufriedenen Leuten das Leben schwer macht, ist dem rechten Politiker Indiz dafür, dass der Staat es an der entscheidenden Dienstleistung für die Seinen fehlen lässt, nämlich an Ausschluss der und Härte gegen die Fremden. Angeklagt wird ein Defizit an Gewalt, damit eine Einbuße an deutschen Möglichkeiten, mithin ein Schaden für den Gemeinsinn und inneren Zusammenhalt der Deutschen.
„Die Soziale Frage der Gegenwart ist nicht primär die Verteilung des Volksvermögens von oben nach unten, unten nach oben, jung nach alt oder alt nach jung. Die neue deutsche Soziale Frage des 21. Jahrhunderts ist die Frage nach der Verteilung des Volksvermögens von innen nach außen.“ (Björn Höcke auf Facebook)
Dass das deutsche Volk aus lauter gegensätzlichen
Kollektiven wie oben
und unten
besteht, ist
den Rechten natürlich klar, kann aber unter der
Perspektive der Nation nicht zählen. Höcke erinnert nur
an die Soziale Frage
– die Kämpfe der
Arbeiterklasse um die Anerkennung ihrer
Überlebensnotwendigkeiten – , um der gegenwärtigen
Republik zu sagen, wo heute die unbefriedigten
Bedürfnisse der Volksmassen liegen: in der Beendigung der
Verschwendung von Volksvermögen
an Ausländer.
Vermögenslose Volksgenossen hetzt Höcke gegen ihre
Enteignung auf, die erst, aber genau dann eintreten soll,
wenn Flüchtlinge Sozialhilfe beziehen. Und er verspricht
ihnen das Lebensmittel, das ihnen als Volksgenossen
zusteht: Mehr Gewalt, die Ausländer draußen hält.
2. ... durch Euro und EU ...
Der Euro ist für die AfD von Anfang an nichts als
Eurowahnsinn
. Schon im Februar 2013 war der erste
AfD-Gründer, VWL-Professor Bernd Lucke, davon überzeugt,
dass die Übertragung der nationalen Geldhoheit an eine
supranationale Institution der Nation nur zum Schaden
gereichen könne. Diesen Teil ihrer Gründungscharta hat
die AfD mit ihrer Neukonstitution gegen Lucke nicht um-,
sondern fortgeschrieben.
„Niemand kennt die Kosten der Euro-Rettung, doch sie werden bezahlt werden müssen! Schlimmer noch, der im Gefolge von Eurorettungsmaßnahmen um sich greifende Zentralismus, die damit unausweichlich gewordene Gleichmacherei („Harmonisierung“) und die Sozialisierung europäischer Staats- und Bankschulden gehen zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit aller Länder in der Eurozone. Diese aber stehen im globalen Wettbewerb. Langfristig werden sich die Länder der EU, die sich dem Euro nicht angeschlossen haben – und viele andere Wettbewerber – auf dem Weltmarkt besser entwickeln können und die Eurozone hinter sich lassen.
Allein die Beispiele Schweden, Dänemark, Tschechien und die Schweiz zeigen, dass ein zentralistischer, gleichgeschalteter und unbeweglicher Koloss mit einer Einheitswährung sich niemals im weltweiten Wettbewerb um die besten Ideen so behaupten wird, wie dezentral organisierte, auf Eigenverantwortung beruhende und untereinander im Wettbewerb stehende Nationen.“ (AfD-Website, Fragen und Antworten zur Euro- und Währungspolitik)
Dass der Euro zu gar nichts anderem führen kann als zur
Zerstörung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands,
demonstriert die AfD an den Maßnahmen zu seiner Rettung.
Zentralismus
, das Abhängigmachen nationaler
Entscheidungsbefugnis von der Einwilligung der anderen
Eurostaaten, sowie ihre Überantwortung an eine
supranationale Institution, versteht sie als einen durch
nichts zu rechtfertigenden Machtverzicht. Das Machtmittel
Geld ist für sie nur dann ein taugliches Mittel der
Nation, wenn es in ihrer ausschließlichen Verfügung
liegt; daher erscheint ihr die – wie auch immer
begründete – Bereitschaft, diese Verfügung zu teilen, als
Selbstaufgabe. Mit der entlarvenden Übersetzung von
Harmonisierung
in Gleichmacherei
behauptet
sie, dass die supranationale Vereinheitlichung von
gesetzlichen Regelungen dasselbe ist wie der Verzicht auf
das Recht, erworbene Vorteile gegen andere auszunützen,
und kritisiert sie als Herabstufung aller auf die Ebene
der Unterlegenen. Mit dem Vorwurf, die Eurorettung laufe
auf die Sozialisierung europäischer Staats- und
Bankschulden
hinaus, inkriminiert sie eine angebliche
Lastenteilung, die auf die Schwachen Rücksicht nimmt und
daher auf eine systematische Entrechtung des Siegers
hinausläuft. Mehr noch, in Gleichmacherei
zwischen
den Siegern und Verlierern der innereuropäischen
Staatenkonkurrenz und der Sozialisierung
ihrer
Schulden erkennt die AfD einen unnatürlichen
Konkurrenzverzicht zwischen Nationen, der den
unterlegenen Völkern Kampf und Selbstbehauptung erspart
und den siegreichen den Sinn ihrer Anstrengungen raubt:
Das kann im Urteil von Leuten, denen nichts
selbstverständlicher ist, als dass Nationen einen
permanenten Selbstbehauptungskampf gegeneinander führen,
nur im allgemeinen Niedergang enden. Völker, die es sich
zu leicht machen, sich nur ein wenig „internationalen
Wettbewerb“ ersparen, werden träge, verweichlichen im
wirtschaftlichen Lebenskampf und müssen langfristig
untergehen. Nur das Beharren auf dem Prinzip
unbeschränkter Handlungsfähigkeit der Nation, der
ausschließliche und gegen andere einsetzbare Besitz des
ökonomischen Machtmittels Geld und die stete
Bereitschaft, das Volk dezentral
und
eigenverantwortlich
gegen andere antreten zu
lassen, kann dem Volk im weltweiten Wettbewerb auf Dauer
ein Überleben sichern. Uneingeschränkte Souveränität des
Staates über alle nationalen Mittel ist die erste
Lebensbedingung des Volks.
3. ... durch das unnatürliche Wegwerfen nationaler Ressourcen ...
„Unter dem Schlagwort ‚Klimaneutrales Deutschland 2050‘ durch ‚Dekarbonisierung‘ missbraucht die deutsche Regierung die steigende CO2-Konzentration zur ‚Großen Transformation‘ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird. Die hierzu geplante zwangsweise Senkung der CO2-Emissionen um mehr als 85 Prozent würde den Wirtschaftsstandort schwächen und den Lebensstandard senken. Auf dem Weg dorthin wird auch unsere bisher sichere Stromversorgung destabilisiert und weiter verteuert... Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.“ (Grundsatzprogramm der AfD, S. 60)
Die Energiewende weist die AfD als einen Missbrauch der
Staatsgewalt zurück: Die Senkung der Emissionen erfolgt
zwangsweise
und stellt einen unerlaubten Eingriff
in den Lebensprozess des Volkes dar, zu dem seine Kohle-
und Kernkraftwerke einfach dazugehören. Für die AfD ist
die materielle Potenz des Kapitalstandorts
Deutschland, die nicht zuletzt in der sicheren
Stromversorgung
durch prächtig verdienende
Energiekonzerne besteht, dasselbe wie ein natürliches
Lebensmittel des Volks; die politisch verfügte
Umstellung der Energieversorgung daher dessen Enteignung:
Aus einer Stärke Deutschlands macht der Staat eine
Schwäche. Den Grund für die politische Förderung der
‚erneuerbaren‘ Energien entdeckt die AfD nicht im
politökonomischen Zweck, den die Regierung keineswegs
verheimlicht, sondern in einer unpatriotischen grünen
Ideologie, die eine Verantwortung für die
Lebensbedingungen auf dem Globus wichtiger nimmt als die
Stärke der nationalen Wirtschaft. Eine solche Verkehrung
der Prioritäten kann keine Gründe für sich haben: Für die
AfD ist der Klimawandel eine linke Erfindung und schon
gleich seine Ursache: Kohlendioxid schadet doch nicht,
sondern gehört zum Leben. Umweltschützer und grüne
Gutmenschen, die das anders sehen, zielen bewusst auf die
Schwächung des Vaterlands.
4. ... durch Weltpolitik in selbstverschuldeter Abhängigkeit ...
Für die außenpolitische Missachtung der Rechte des
deutschen Volks durch die amtierende Regierung liefert
der AfD das EU-Türkei-Abkommen ein Musterbeispiel: Statt
die Grenzen aus eigener Hoheit dichtzumachen, überlässt
Merkel das einem orientalischen Potentaten und macht die
deutsche Nation zu dessen Spielball.[1] Für den bayerischen
AfD-Vorsitzenden Petr Bystron ist das Abkommen
Menschenhandel und Schutzgelderpressung auf höchster
Ebene
(Website der AfD
Bayern). Das Aussperren der Flüchtlinge und deren
zwangsweise Internierung in der Weltgegend, aus der sie
fliehen,[2] mit
eigener souveräner Gewalt wäre ehrenhaft für Deutschland
und Europa, während ein Vertrag, der diese Gewalt an die
Türken delegiert und ihnen dafür auch noch Geld
überweist, den Tatbestand der kriminellen Machenschaft
erfüllt.
Das Generalurteil über die deutsche Außenpolitik lautet:
Die Bundesrepublik verfolgt eine orientierungslose
Anpassungspolitik.
(Grundsatzprogramm der AfD, S. 19)
Orientierungslos
ist diese Politik, weil sie sich
nach Einschätzung der AfD an den USA orientiert statt an
deutschen Interessen. Die Rechten erklären die deutsche
Politik der Vereinnahmung der Ukraine gegen den Einspruch
Russlands, die Sanktionen gegen Russland und die
Nicht-Anerkennung der Krim-Annexion aus einer eigentlich
unnötigen, inzwischen aber faktisch hergestellten
Ohnmacht Deutschlands. Indem die Regierung sich gegen
deutsche Interessen für US-Interessen einspannen lässt,
handelt sie sich eine Flüchtlingskrise [3] sowie die Feindschaft
Russlands ein, so dass Deutschland die NATO, die seine
Handlungsfreiheit beschränkt, mittlerweile tatsächlich
braucht, und aus Ohnmacht gegen die Russen in Stellung
gehen muss. Und das, obwohl die deutschen Interessen seit
jeher bei den Russen besser aufgehoben sind:
„Deutschland und Europa haben kein Interesse an einer weiteren Schwächung Russlands und damit auch des gesamten euroasiatischen Raumes. Das Verhältnis zu Russland sollte uns immer eine sorgfältige Pflege wert sein. Wir Deutschen vergessen manchmal, dass Russland an entscheidenden Wegmarken der deutschen Geschichte positiv Pate gestanden und Preußen vor dem Untergang bewahrt hat. Das gilt für 1763, 1806/07, 1813, die Bismarcksche Reichseinigung von 1866/70 und die deutsche Wiedervereinigung von 1990/91.“ (Gauland in: Die Welt, 10.9.13)
Die tatsächliche Rolle Deutschlands als Vorreiter westlicher Politik auch gegen Russland, die die Regierung in Berlin als Bündnispartner und Konkurrent der USA spielt, kommt der AfD als sinnlose Gefährdung deutscher Interessen und deutscher Macht vor. Der Regierung wirft sie vor, durch die Wahl falscher Freunde das Recht des Volks auf ungehinderte Entfaltung der Staatsgewalt nach außen zu verkürzen. Ein vorgestelltes Maximum an Machtentfaltung dient ihr beim Vergleich verschiedener außenpolitischer Abhängigkeiten als Leitfaden für die Bestimmung, welche Völkerfreundschaften zu den Deutschen passen. Da spricht offenbar manches für die Russen und vieles gegen die transatlantische Supermacht.
5. ... durch die Trennung von Volk und staatlicher Gewalt, wo sie zusammengehören: beim Militär
Das entscheidende Mittel, die eigene Souveränität gegen die anderen Staaten geltend und Bündnisse fruchtbar zu machen, ist die militärische Gewalt, die ein Staat aufbieten kann. Niemand bekennt sich entschiedener zu diesem Prinzip als die AfD. Das deutsche Volk hat das Glück, dass das entscheidende Material für die nationale Machtentfaltung schon in der ausschließlichen Verfügung des eigenen Staates steht: Es ist das Volk selber. Es hat aber das Pech, dass die Regierenden die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft haben.
„Die Landesverteidigung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Sie betrifft den Kern staatlicher Existenz und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Daher ist der Auftrag der Bundeswehr Verpflichtung für jeden Staatsbürger... Durch die Rückkehr zur Allgemeinen Wehrpflicht schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass sich die Bevölkerung mit ‚ihren Soldaten‘ und ‚ihrer Bundeswehr‘ identifiziert, mit Streitkräften, die in der Bevölkerung fest verankert sind, dass sich das Bewusstsein für die wehrhafte Demokratie wiederbelebt, dass nachhaltig Nachwuchs aus allen Gesellschaftsschichten gewonnen wird und damit eine intelligentere Armee möglich wird, dass ein breites Potential an Reservedienstleistenden entsteht...“ (Grundsatzprogramm, S. 22 f)
Dass Deutschland das Kriegführen an Profis delegiert,
kommt der AfD wie ein Verzicht auf Masse und Qualität des
Menschenmaterials und damit wie eine Entwaffnung
gegenüber potenziellen Kriegsgegnern vor. Das ist aber
nur die technische Seite der Angelegenheit. Im
Wesentlichen kritisieren die Rechten an der Armee der
Berufskrieger, dass diese die Einheit von staatlicher
Gewalt und Volk auflöst, die sie als sittlichen
Naturzustand der Nation schätzen. Für sie ist die Gewalt,
mit der die Nation ihre Ansprüche nach außen zur Geltung
bringt, eine Gemeinschaftsangelegenheit, die das ganze
Volk betrifft und die jeder Staatsbürger
als
persönliche Pflicht annehmen muss. Im Vorhaben der AfD,
die allgemeine Wehrpflicht wieder einzuführen, fällt die
staatliche Anspruchshaltung, dass die Bürger für die
souveräne Machtentfaltung Deutschlands gegebenenfalls zu
bluten haben, aufs Schönste zusammen mit der moralischen
Aufrüstung eines allzu kriegsentwöhnten Volkes. Die
Herrichtung des Nachwuchses für den Kriegseinsatz bringt
ihm den Kern staatlicher Existenz
nahe, indem die
Jungen lernen, mit ihrer Existenz für die Nation
einzustehen. Es gibt keine bessere Schule der Nation als
die Armee, keine bessere Vorbereitung auf den rechten
Gebrauch der Freiheit als die Gewöhnung an militärischen
Befehl und Gehorsam.
Die Regierung zerstört das Volk ...
Die AfD sorgt sich nicht nur um die Handlungsfreiheit der
staatlichen Gewalt, die das Volk als sein Lebensmittel
braucht. Ihrer heroischen Devise Mut zur Wahrheit
folgend, kann die Partei nicht übersehen, dass die
Untergrabung und Zersetzung der staatlichen Souveränität
durch die herrschende Elite auf die Infragestellung der
Identität des deutschen Volkes hinausläuft. Der
massenhaften Zulassung von Flüchtlingen entnimmt sie,
dass die jetzige politische Herrschaft bewusst den Zweck
verfolgt, die deutsche Volksidentität zu zerstören.
„Es ist, liebe Freunde, eine Politik der menschlichen Überflutung. Ich weiß, das hören manche nicht gern, halten es für unmenschlich. Nein! Es ist die Wahrheit. Es ist der Versuch, das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommene Bevölkerung.“ (Gauland in Elsterwerda, 5.6.16) [4]
Dieselbe Absicht entdecken die Rechten nicht nur in der Flüchtlingspolitik, sondern in mannigfachen Umtrieben, deutsche Gesinnung, Gesittung und deutsches Selbstbewusstsein zu untergraben. Dagegen setzt die AfD einen Kulturkampf zur Erhaltung dieser Identität, dessen vornehmstes Mittel ganz sachgerecht wieder die Gewalt des Staates ist.
1. ... durch verordnete Toleranz ...
„Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.“ [5]
Mit dieser Parole weisen die Rechten die Forderung der bundesrepublikanischen Obrigkeit zurück, dass deutsche Bürger solche Leute, die der Staat auf sein Territorium gelassen hat, dort gefälligst ebenso zu dulden haben, wie er sie duldet. Zu diesem Gehorsam sind die Rechten nicht bereit, und erst recht polemisieren sie gegen die Überhöhung der leidigen, gesetzestreuen Duldung zur Tugend des Kosmopolitismus. Die Identität des Volkes, die Gemeinschaft der Deutschen mit ihresgleichen, verträgt sich nicht damit, dass Leute mit anderer Herkunft und anderen Sitten auf demselben Fleck Erde leben. Toleranz an dieser Stelle ist identitärer Selbstmord.[6]
„Es ist mir egal, ob einer dunkel- oder hellhäutig ist. Es ist mir nicht egal, wie er mit unseren Traditionen, mit unserer Kultur und mit unserer Sprache umgeht. Wenn er sich einfügt in dieses Land, wenn er die Traditionen lebt, wenn er das macht, was sogar manchmal Deutschen schwerfällt: unsere Sprache zu beherrschen, unsere Literatur zu lesen, ist er als Deutscher willkommen. Aber, bitteschön: Ich darf Zweifel bei Menschen haben, die nun mal die Kaaba umrunden.“ (Gauland in Elsterwerda, 5.6.16)
Wenn AfD-Politiker anzugeben versuchen, was die deutsche
Identität ausmacht, die sie zu retten haben, zeigt sich,
dass die nicht so leicht zu bestimmen ist. Schon bei der
Frage der Hautfarbe denken viele in Gaulands Kreisen
anders als der hier redet; damit hat er selbst bei seiner
Skandalbemerkung über Boateng kokettiert. Und dem
Kriterium Sprachbeherrschung und unsere Literatur zu
lesen
werden eingestandenermaßen viele Eingeborene
nicht gerecht. Was die Deutschen letztlich und wirklich
geistig verbindet, darf ewig Gegenstand der Suche und
umstritten bleiben, aber, bitteschön:
Wer
nicht dazugehört, ist leicht festzulegen: Wer
etwas macht, was sich hier nicht gehört – zum Beispiel
als deutscher Nationalfußballer nach Mekka fahren –
entlarvt sich klar als jemand, der hier nicht hergehört.
Nationale Identität ist nicht nur ohne Ausgrenzung nicht
zu haben, sie besteht überhaupt nur darin: Außer der
Scheidung zwischen denen, die – letztlich aufgrund
gesetzlicher Richtlinien – dazugehören, und den anderen,
hat sie keinen Inhalt; einen Inhalt bekommt sie erst
durch die Bebilderung der per staatliche Gewalt
vollzogenen Absonderung; und praktisch durchgesetzt wird
sie ohnehin mit nichts als Gewalt. Das Statement: Der
Islam gehört nicht zu Deutschland
(Grundsatzprogramm, S. 34) ist keine
theoretisch diskutierbare Aussage, sondern der Auftakt zu
lauter Gewaltfantasien: Wovon und wie weit sind Muslime
auszuschließen, damit die Deutschen wieder mit sich
identisch sein können? Zumindest aus der Öffentlichkeit;
aber das Sich-Verstecken der Moslems in
Parallelgesellschaften
kann erst recht nicht
geduldet werden. Unter dem Verbot der Verschleierung mit
der Konsequenz des Ausschlusses muslimischer Frauen aus
dem öffentlichen und dem Erwerbsleben geht nichts, dem
Verbot des muslimischen Religionsunterrichts folgt das
Verbot von Minaretten, vielleicht das von Moscheen...
Womöglich sind erst nach der Entfernung aller Muslime die
Deutschen wieder ganz bei sich. Alle denkbaren
Steigerungen liegen in der Logik dieses Anliegens.
2. ... durch Multikulturalismus statt deutscher Leitkultur ...
‚Weg mit...‘ ist die Devise zur Herstellung der
Volkseinheit. Insofern ist die Forderung:
Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus
(Grundsatzprogramm, S. 32)
schon die erste und wichtigste Maßnahme zur
Herstellung dieser Leitkultur: Sie erteilt den Deutschen
die Befugnis und den Auftrag, das gesamte Leben jenseits
der beruflichen und rechtlichen Pflichten durchzumustern,
um Deutsches von Undeutschem abzugrenzen und letzteres
als zumindest hierzulande wertlos
rauszuschmeißen.[7] Dass die praktische
Einordnung der Leute in das Getriebe der Nation mit ihrer
rechtlichen und ökonomischen Inpflichtnahme schon den
größten Teil des Lebens erfasst, reicht den Rechten nicht
aus. Ihre Anforderungen an die Loyalität der Bevölkerung
erstrecken sich auch auf die ganze Sphäre der geistigen
Freiheit: Dass sie den Einwanderern und den geschichts-
und vaterlandsvergessenen Multikultis unter den
Einheimischen alles Undeutsche verbieten wollen, bieten
sie den guten Einheimischen als ultimative Bestätigung
für den Standpunkt an, dass sie mit ihren noch so
lächerlichen Gewohnheiten im Recht und sittlich
maßstabsetzend sind. Sie müssen sich mit nichts mehr
konfrontieren lassen, was ihnen warum auch immer fremd
vorkommt: Die deutsche Sprache
wird wieder zum
Zentrum unserer Identität
aufgewertet, wenn „wir
Deutschen“ keinen fremden Laut mehr „bei uns“ wahrnehmen
müssen. Das Aussondern von allem, was als Klang, Gedanke
oder Habitus vom Gewohnten abweicht, verschafft den
Deutschen eine eigene Geschichte und einheitliche Kultur,
gerade weil es ein nie abzuschließendes Zensurprogramm
ist. Das beginnt in den Schulen – das ‚Her mit‘ der
großen deutschen Literatur, die wieder die Lehrpläne
dominieren soll, ist das ‚Weg mit‘ von anderem, was jetzt
dort steht, aber nicht hingehört –, setzt sich in
der programmatisch angekündigten Säuberung der Unis von
Genderforschern und anderen national nicht konstruktiven
Forschungsrichtungen fort und ist mit der Befreiung des
öffentlichen Sprachgebrauchs von der derzeitigen
politischen Korrektheit noch lange nicht fertig. Die
Entscheidung, welcher Kulturgenuss dem Deutschen ziemt,
kann in einer Leitkultur weder den Kulturschaffenden noch
den Genießern überlassen werden. Der Parteivorsitzenden
Frauke Petry zufolge ist die Kultur als Klammer des
Politikverständnisses
zu verstehen und darf daher
nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen
werden.
[8]
Wenn es um den deutschen Wert eines Kulturguts geht,
sprich: um seine Identität stiftende Bedeutung, dann muss
es verbindlich sein, und für Verbindlichkeit kann niemand
sorgen als die Staatsgewalt.
3. ... durch die Aufweichung der Familie
„Die Wertschätzung für die traditionelle Familie geht in Deutschland zunehmend verloren. Die Familie aus Vater, Mutter und Kindern als Keimzelle der Gesellschaft zu verstehen und den Bedürfnissen der Kinder und Eltern gerecht zu werden, muss wieder Mittelpunkt der Familienpolitik werden.“ (Parteiprogramm, S. 27)
Es lebe die „Keimzelle“, in der individuelle Zuneigung
und paarweise geteilte Bereitschaft zum Eingehen einer
sittlichen Pflichtgemeinschaft sich zur biologischen
Fortpflanzung der Nation vereinigen! Ehe und Familie sind
bei den Rechten so beliebt, weil sie darin ein
schlagendes Beispiel für das Zusammenfallen von drei
Dingen erblicken, von deren natürlicher Identität sie
ohnehin überzeugt sind: Naturtrieb, sittliche
Verpflichtung und Dienst an der Nation. Dass die
politische Wertschätzung von Vater, Mutter und
Kindern
(letztere im
Plural) in der heutigen Republik nicht mehr so
einseitig und damit eindeutig ausfällt wie in der BRD vor
50 Jahren, fasst die AfD als Beschädigung der
Keimzelle
auf. Um sie zu heilen, verlangt die
Alternative eine veränderte Kombination von gesetzlichem
Zwang und öffentlicher Moral. Unter dem schönen Titel
Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene
(Parteiprogramm S. 31)
fordert sie eine Verschärfung des Abtreibungsrechts,
sodann die Zurücknahme von Maßnahmen zur Gleichstellung
der Frauen im Berufsleben und die Verlagerung der
staatlichen Mittel für Kinderbetreuung von der
öffentlichen zur familiären. Der damit akkumulierte Druck
auf Frauen, sich auf Kinder und Küche hin zu orientieren,
ist die materielle Wahrheit der Wertschätzung für die
traditionelle Familie
, die das Volk braucht und nur
der Staat mit seiner Gesetzesmacht spendieren kann. Deren
entschlossener Einsatz, dessen sind die Rechten sich
sicher, erzeugt Familiensinn, und zwar echten, politisch
strapazierbaren. Parallel zur Aufwertung der Familie
erfolgt die Aufhäufung von Belastungen für sie. Zum
Beispiel dadurch, dass weniger Kinder in staatlichen
Krippen und Horten betreut werden sollen, und dadurch,
dass die Familie sich auch in der Kranken- und
Altenpflege bei der Umwandlung von staatlich finanzierten
Sozialleistungen in familiäre Leistungen bewährt.[9]
Komplementär zur Aufwertung der Familie schuldet der Staat dem Volk die Abwertung der „Lebensentwürfe“ von Schwulen und Lesben, deren beim Staat angemeldete Zellenbildung rechtlich wieder hinter die eigentliche Keimzelle zurückgesetzt werden muss. Dass Leute ihre praktische Daseinsbewältigung mit einem ureigenen „Lebensentwurf“ überhöhen, für den sie ihre gesamte freie Zeit aufwenden, das wollen die Rechten nicht unterbinden – schließlich soll auch die Familie auf einer freien Wahl von Liebespartner und gemeinsamem Leben beruhen. Aber da für die AfD alle Gesinnung unmittelbar Moral der nationalen Gemeinschaft ist, ist das Private nicht privat, und deshalb gilt das Prinzip, dass die Gemeinschaft untergräbt, wer auf einem privaten Abstand zur Gemeinschaftsmoral beharrt.
„Die AfD möchte eine gesellschaftliche Wertediskussion zur Stärkung der Elternrolle und gegen die vom Gender Mainstreaming propagierte Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen anstoßen.“ (Grundsatzprogramm, S. 28)
Das beste Argument auch in dieser Frage der Volksmoral
ist die eindeutige Stellungnahme der Staatsgewalt: Durch
die rechtliche Schlechterstellung aller anderen ‚Rollen‘
sichert sie den traditionellen Geschlechterrollen
ihren hohen Wert. Den Respekt vor ihm vermisst die AfD
bei den individualistischen
Selbstverwirklichungsvorstellungen, die es zu
öffentlicher Duldung, wenn nicht Anerkennung gebracht
haben, wie dem Feminismus, dessen Verallgemeinerung im
Gender-Mainstreaming und in manchem anderen, das sie
unter dem negativen Etikett die Achtundsechziger
zusammenfasst: Gemeint ist ein undeutscher, wenn nicht
antideutscher, familienfeindlicher Individualismus, der
nicht nur die Kulturszene, sondern in Gestalt der Grünen
auch Ministerposten erobert hat. Die
Achtundsechziger
sind der Inbegriff aller
Bestrebungen, denen die AfD die innere Zersetzung der
Volkseinheit als Wirkung oder gleich als Absicht
zuschreibt. Mit diesem Titel wird alles markiert, was die
Rechten unterbinden müssen, wenn die Volksgemeinschaft
ihre Identität bewahren soll.
Zwischen nationaler Aufbruchsbewegung und Wahlpartei
Die AfD formuliert eine Kritik an der politischen Elite, die auf den Vorwurf hinausläuft, diese habe es auf den Ruin von Staatsgewalt und Volksidentität angelegt. Daher kommt es der AfD auf die Klarstellung an, dass sie mit den Etablierten nicht um das Gleiche konkurriert, vielmehr mit dem Konsens der „Altparteien“ radikal bricht und sich eher als Volksbefreiungsbewegung gegen eine volksferne unterdrückerische Staatsmacht [10] versteht denn als noch ein Wahlverein, der sich um die Verwaltung öffentlicher Ämter bewirbt. Für diesen Umbruch will sie sich wählen, d.h. vom Wähler mit der Verwaltung der Staatsaufgaben beauftragen lassen. Dem doppelten Angebot entsprechend – Sammlungsbewegung für aktionsbereite, enttäuschte Nationalisten und Wahlalternative für Bürger, die konservativer regiert werden wollen –, präsentiert sie sich doppelt.
Als ernstzunehmende Alternative will sie keine
„Ein-Punkt-“ oder „Protestpartei“ sein und beweist ihre
Kompetenz zur Staatsverwaltung durch ein komplettes
Parteiprogramm, das alle Politikfelder abdeckt. Parallel
dazu provozieren AfD-Politiker aller Ränge die
Öffentlichkeit mit Akten demonstrativer Missachtung der
Political Correctness, sprich: der herrschenden
politischen Moral. Frauke Petry verkündet, dass sie den
Schusswaffengebrauch gegen illegal die Grenze
überschreitende Flüchtlinge legitim findet, Gauland
behauptet, dass die meisten Deutschen aus der
Nachbarschaft eines dunkelhäutigen Nationalspielers
wegziehen würden etc. Wenn Berliner Politiker, der DFB,
die Kirchen und die Medien sich darüber aufregen, stellen
die AfDler sich als die einzigen Ehrlichen hin, die den
Mut haben, zu sagen, was wirklich Rechtslage (Petry) oder
Gemütslage (Gauland) der Nation ist und ständig
unterdrückt wird. Ihre heroische Absage an den Mainstream
inszenieren sie, indem sie sich etwa zum Reizwort
„Volksgemeinschaft“ bekennen, das sie sich bloß wegen
seines Gebrauchs durch die Nazis nicht madig machen
lassen.[11]
Mitglieder der Nachwuchsorganisation lehnen es in einer
öffentlichen Diskussionsveranstaltung mit der
Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay ab, diese als
Deutsche anzuerkennen, auch wenn sie in Deutschland
geboren und aufgewachsen ist, die deutsche
Staatsangehörigkeit hat, die deutsche Sprache perfekt
beherrscht und in der Öffentlichkeit eine prominente
Funktion ausübt – mit dem rassistischen Argument, sie sei
eben keine Bio-Deutsche
. So profiliert man sich
nach außen gegen die Altparteien
und führt
zugleich intern die Auseinandersetzung um die Inhalte,
die zum verbindlichen Parteiwillen werden sollen: Wenn
die Partei die Einheit des deutschen Volks
wiederherstellen will, muss sie eben auch festlegen, wie
das Ausschlusskriterium für das nationale Wir aussehen
soll. Den unumgänglichen Streit wiederum reflektiert die
Partei im Hinblick darauf, wie er nach außen wirkt und ob
die erzielte Wirkung der Wählbarkeit zuträglich ist oder
nicht. So kommt der Konstanzer AfD-Vorsitzende und
baden-württembergische Landtagsabgeordnete Wolfgang
Gedeon in die Situation, dass er sich vom Parteivorstand
Antisemitismus vorwerfen lassen muss. Die ehrenwerte
Parlamentsfraktion will niemanden haben, der mit
NPD-Positionen verwechselbar ist. Dieser Opportunismus
ruft dann wieder die Prinzipienreiter des Nationalen auf
den Plan...
Die Streitigkeiten, die sich der Spekulation auf Wirkung
bei beiderlei Adressaten verdanken, werden in der Partei
dadurch entschieden, dass ambitionierte Führungsfiguren
die kontroversen Positionen zu ihrer Sache machen, mit
ihnen um ihre parteiinterne Bestimmungsmacht kämpfen und
Widersacher demontieren. In der Transformation
politischer Streitfragen in öffentlich furchtbar
interessante Machtkämpfe der Führerpersönlichkeiten
unterscheidet sich die AfD nicht von den feineren
Demokraten. Ihr Gegensatz zu den verhassten
Altparteien
liegt eben nicht in der Methode der
innerparteilichen Willensbildung, sondern in der
Korrektur, die sie dem Land und seinem ganzen Kurs
verpassen will.
Zweifel an der europäischen Räson der deutschen Vormacht
Mit ihrem Standpunkt und Programm steht die AfD nicht
allein. Erstens trifft sie überall in Europa – und
darüber hinaus, siehe Trump in den USA – auf
Gleichgesinnte, die teils an die Macht drängen, teils an
der Macht sind, und mit denen sie sich zu einer
Internationale der Nationalisten zusammenschließt, die
allesamt ihre Völker aus den supranationalen Gefängnissen
befreien wollen, in denen sie die sehen. Zweitens sind
die bekennenden Nationalisten auch nicht so aus der Welt
der Realpolitik
, wie deren amtierende Vertreter
tun. Sie radikalisieren Zweifel, die auch regierende
Demokraten an den internationalen Beziehungen und der
Einbindung ihrer Staaten in internationale Institutionen
derzeit hegen. In der EU und weltweit ringen die
Regierungen im Rahmen dieser Beziehungen und
Institutionen um Korrekturen.
Ausgangspunkt der Unzufriedenheit aller Teile der politischen Klasse ist die nicht endende Wirtschaftskrise, in der die Staaten – in unterschiedlicher Weise und Heftigkeit und mit sehr verschiedenem Anspruchsniveau – an der Aufgabe scheitern, den nationalen Kapitalismus zu dem Wachstum zu bringen, das sie für ihr Land bzw. ihre darüber hinaus reichenden Ambitionen brauchen. Wenn im globalen Maßstab Wachstum ausbleibt, konkurrieren die Nationen nicht mehr um ihren Anteil am allgemein zunehmenden kapitalistischen Reichtum, sondern um die Abwehr von Rezession und Kapitalentwertung bei sich und ums Abwälzen der Krisenfolgen auf andere Länder. In dieser Konkurrenz erweisen sich die Partnerstaaten in der EU und in der Weltwirtschaft als beinharte Gegner, die dem eigenen Nationalerfolg im Weg stehen, bzw. als ruinierte Nachbarn und Clubmitglieder, die nur Kosten und Lasten verursachen, anstatt als Mittel zu taugen. Und das ändert einiges.
Zum einen – weil die Nation nun einmal vom kapitalistischen Wachstum lebt – gilt Wirtschaft unter dem Druck der Krise nicht mehr als irgendwie abgrenzbarer Teil des nationalen Lebens und der Politik, die dieses organisiert, sondern als das alles entscheidende Lebensmittel, um dessen Tauglichkeit die Nation einen Kampf zu führen hat. Und zwar – zweitens – einen Kampf, der an die Bedingungen rührt, unter denen die Nation sich in der Welt zu behaupten sucht. Das ganze System von Verträgen, Regeln, Institutionen etc., in denen die kapitalistischen Nationen sich – notgedrungen oder freiwillig, mehr als Betroffene oder mehr als Aktivisten – betätigt, eingerichtet, ihre Ziele definiert und um deren Verwirklichung konkurriert haben, zeigt jetzt seine ganze Härte: Wo die eingegangenen Abhängigkeiten nicht mehr produktiv wirken, erweisen sie sich als Fesseln. Mit denen finden Politiker sich nicht ab – umso weniger, je aktiver und erfolgreicher sie in besseren Zeiten die Bindung aller Konkurrenten an übergeordnete Regeln für den Erfolg ihrer Nation ausgenutzt haben. Kritische Bedenken gegen dieses Regelwerk selbst, gegen die Methoden des von ihnen verantworteten Selbstbehauptungskampfes ihrer Nation, gegen den Erfolgsweg des Landes unter den Bedingungen der herrschenden Weltordnung und gegen diese selbst bleiben da nicht aus. Auch dann, wenn sie als „alternativlos“ bekräftigt wird, ist nichts Geringeres als die Staatsräson Gegenstand kritischer Überprüfung: nicht das Ziel, der unbedingte Durchsetzungserfolg der Nation, wohl aber alles, was dafür als Bedingung veranschlagt und insoweit respektiert worden ist, insbesondere die im geltenden Rahmen nicht ganz zu vernachlässigende Rücksichtnahme auf den Eigennutz nützlicher Partner. Die Macher selbst finden es nötig, ihren Kosmopolitismus. d.h. ihren Imperialismus unter dem Schein menschenfreundlicher Weltoffenheit, nicht nur zu rechtfertigen, sondern ein bisschen neu, offensiver und erkennbar unversöhnlicher, zu definieren.
Darüber gehen die Rechten hinaus. Sie verwerfen die Internationalisierung des Geschäfts und seine supra-staatlichen Regelungen überhaupt als Verlust der nationalen Souveränität und rufen die Freiheit des Vaterlands zum entscheidenden Staatsauftrag und eigentlichen Lebensmittel des Volkes aus. Freiheit hat da klar die Bedeutung: Freiheit gegen andere Nationen, die mit ihren Interessen als feindliche, das Wohl der eigenen beeinträchtigende Kollektive aufgefasst werden.
Dieses Programm, das sich ganz um die Selbstbezogenheit der Nation dreht und darum die Souveränität des Staates als einzigen Punkt verfolgt, drücken die Rechten – wie jeder demokratische Politiker – als Dienst am Volk und seiner Selbstbezogenheit aus. Dem versprechen sie, dass sie ihm mit der Wiedergewinnung wirklicher Souveränität der staatlichen Herrschaft seine verlorene Identität wieder verschaffen. Das Kollektiv derer, die demselben Nationalstaat gehorchen, kann – ausgerechnet – Herr seines Schicksals nur sein, wenn ihm seine ausschließende Selbstbezogenheit wieder gesichert wird. Die Gleichung kriegen die Rechten locker hin über die menschliche Begleiterscheinung der Internationalisierung der Existenzbedingungen heutiger Staaten, das Rein und Raus von Menschen vieler Herkunftsländer. Mit der doppelten Gemeinheit, die Härten der bürgerlichen Konkurrenz mit den Konkurrenten zu erklären – was noch jedem im Konkurrieren befangenen falschen Bewusstsein einleuchtet – und unter den Konkurrenten, die ihresgleichen das Leben schwermachen, die neu Zugereisten als Hauptfeind namhaft zu machen – was unter dem Gesichtspunkt, dass man sich mit dem Da-Sein der schon immer Anwesenden wohl wird abfinden müssen, dem Bürgersinn auch wie von selbst einleuchtet –, erklären sie die Anwesenheit von Landesfremden zum Schadensfall fürs Volk: für jeden einzelnen in seiner Eigenschaft als da-seinsberechtigtes Stück Staat, fürs Volk insgesamt hinsichtlich der Einheitlichkeit und Eigenart, die es für sich selbst erkennbar macht und als Subjekt seines natürlichen Egoismus konstituiert. Dieser grässliche Schaden lässt, um das Mindeste zu sagen, auf Pflichtvergessenheit der fürs Ausgrenzen und Fernhalten zuständigen staatlichen Ordnungsgewalt schließen: Die Fremdbestimmung durch eine volksferne Weltordnung und die Politiker, die sich so fremdbestimmen lassen oder das sogar betreiben, untergraben diese nationale Identität und damit den Lebensinstinkt des Volkes. Das selbst erscheint den Rechten in weiten Teilen internationalisiert, vermischt, sich selbst entfremdet und unfähig zu der notwendigen Selbstbehauptung in einer feindlichen Umwelt.
Am Ende figuriert dann der Flüchtling, mit dem man/frau womöglich die Straße teilt, diese objektiv – und oft genug auch subjektiv – armseligste Leidensgestalt des modernen Imperialismus, als negativer Kronzeuge für den Generalvorwurf der Rechten, eine internationalistisch verdorbene „regierende Klasse“ wäre dabei, die Kontrolle der Zusammensetzung der Bevölkerung, also die staatliche Souveränität mitsamt der heiligen Identität des Volkes zu opfern – viel Ehre für die soziale Fußnote des Imperialismus.
[1] In der
diplomatischen Ausdrucksweise des Parteitags: Die
AfD lehnt es ab, der Türkei, die unter ihrer
gegenwärtigen Regierung eine zunehmende Islamisierung
erfährt, eine Torwächterrolle für Europa zuzubilligen
und sich so in Abhängigkeit von einer aktuell
offensichtlich unberechenbaren Größe zu bringen.
(Resolution des AfD-Parteitags vom
29.11.15 zur Außenpolitik)
[2] Wäre es nicht
besser die EU-Milliarden, die nun in die Türkei
fließen, stattdessen lieber in einen besseren Schutz
der EU-Außengrenzen zu investieren, diese endlich zu
sichern und den Menschen in heimatnahen
Flüchtlingslagern intensiv zu helfen?
(Georg Pazderski, Mitglied im Bundesvorstand
der AfD, Website der Bayern-AfD)
[3] Wir gehen von der
Erkenntnis aus, dass die Politik der USA in der letzten
Dekade wesentlich zur instabilen Lage in Osteuropa, im
Nahen und Mittleren Osten und in Nordafrika beigetragen
hat. Als Folge erleben wir einen beispiellosen
Flüchtlingsstrom in das Herz Europas, sowie eine stetig
ansteigende Terrorgefahr und damit einhergehend eine
Bedrohung des internationalen und inneren Friedens. Die
Entstehung und Ausbreitung des ‚Islamischen Staates‘
(ISIS) ist die Folge dieser falschen strategischen
Entscheidungen in der Vergangenheit. Wir sehen Russland
als legitimen Mitspieler im Konzert der Mächte und als
einen wichtigen Partner im gemeinsamen Kampf gegen den
islamistischen Terror. Alle gegen Russland gerichteten
Akte haben daher eine Schwächung der
Antiterrorkoalition zur Folge. Deshalb fordert die AfD
die Aufhebung aller gegen Russland gerichteten
Sanktionen und die Wiederherstellung normaler
Beziehungen zwischen der NATO, der EU und Russland. Der
Streit über die völkerrechtliche Bewertung der
Angliederung der Krim darf die Beziehungen zu Russland
nicht weiter belasten.
(Resolution des AfD-Parteitags vom 29.11.15
zur Außenpolitik)
[4] Andere Parteien
wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem
großen europäischen Brei aufgehen.
(Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen,
Mitglied des AfD-Bundesvorstandes, auf dem
Europaparteitag der AfD, März 2014)
[5] Gauland in
Elsterwerda bzw. Höcke, beide zitieren aus dem Lied
Tolerant und Geisteskrank
der Gruppe „Gigi & Die
Braunen Stadtmusikanten“ (vgl. FAS, 5.6.16).
[6] Der Thüringer
AfD-Vorsitzende Björn Höcke bezeichnete die AfD als
‚letzte evolutionäre Chance des Vaterlands‘. Die
Deutschen seien gegenüber fremden Kulturen ‚schlaff und
wehrlos‘ geworden, sagte Höcke.
(mdr.de/nachrichten, Bericht vom 4.6.16 vom 2.
Kyffhäuser-Treffen des „Flügels“ in der AfD)
[7] Die Ideologie des
Multikulturalismus, die importierte kulturelle
Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen
Kultur gleichstellt und deren Werte damit zutiefst
relativiert, betrachtet die AfD als ernste Bedrohung
für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der
Nation als kulturelle Einheit. Ihr gegenüber müssen der
Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle
Identität als Leitkultur selbstbewusst verteidigen.
(Grundsatzprogramm S. 32)
[8] Auf dem Programmparteitag im März 2016 stellt Frauke Petry einen Zusatz zum Programmentwurf des Vorstands über die deutsche Orchesterkultur zur Abstimmung und erhält dafür eine Mehrheit. Diesem Zusatz ist das Zitat entnommen.
[9] Die AfD will
Familienarbeit in der Pflege als Beitrag für das
Gemeinwohl gesellschaftlich anerkennen. Die
individuelle häusliche Pflege muss zu einem
Hauptbestandteil der sozialen Sicherungssysteme
werden.
(Grundsatzprogramm, S.
26)
[10] Unser Land
verändert sich gegen unseren Willen. Ich will den Satz
gern aufnehmen: Es ist eine Kanzler-Diktatorin. Ludwig
der Vierzehnte, der Sonnenkönig, hätte sich nicht
getraut, was sie sich traut. Dass sie ein Volk völlig
umkrempelt und viele fremde Menschen uns aufpfropft und
uns zwingt, die als Eigenes anzuerkennen. Das geht
nicht.
(Gauland in
Elsterwerda, 5.6.16)
[11] Die AfD
Sachsen-Anhalt spricht eine klare, unideologische
Sprache und verwehrt sich gegen das ideologische
Überzeichnen und einseitige Zuordnen sprachlicher
Begriffe, die in ihrem Ursprung und ihrer
grundsätzlichen Bedeutung ein positiver Ausdruck und
Bestandteil der deutschen Sprache sind.
‚Volksgemeinschaft‘ ist ein solcher Begriff. Die
enthaltenen Worte Volk und Gemeinschaft sind in keiner
Weise negativ zu sehen, so wie der Begriff
Volksgemeinschaft insgesamt.
(André Poggenburg, AfD-Vorsitzender in
Sachsen-Anhalt, auf Facebook)