IMF, GATT oder die "Weltwirtschaftsordnung"

Wenn sich noch während des Weltkriegs die Repräsentanten diverser Staaten in einem amerikanischen Nest treffen, um gemeinsam mit Wirtschaftsfachleuten über die künftigen Sitten im Welthandel zu beraten, so wissen sie nicht nur, daß der Krieg entschieden ist und was für diese Entscheidung noch auf militärischem Gebiet getan werden muß. Diese weitblickenden Menschen sind sich auch einig darüber, daß mit dem Ende des Krieges ein Arrangement fällig ist bezüglich der Konditionen, unter denen die mehr oder minder lädierten Nationen ihren Aufbau zu betreiben haben. Daß dem Sieg des antifaschistischen Bündnisses eine Periode folgen würde, in der sich Politiker wieder der friedlichen Nutzung ihres Volkes (bzw. dessen Restbestandes) zuwenden, war den Akteuren von Bretton Woods und ähnlicher Veranstaltungen klar; ebenso gewiß war ihnen, daß der Krieg, der einen etwas anderen Ausgang nahm als den von seinen deutschen Initiatoren geplanten, doch einiges geklärt hatte, was es nun zu beschließen galt: Nach einem derartigen Waffengang bestimmt sich eben der Verlauf der nationalen Geschäfte erst einmal strikt nach internationalem Diktat.

Aus dem Buch
1979, 2024 | 104 Seiten | 10 €  Zum Warenkorb
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Länder und Abkommen
Gliederung

IMF, GATT oder die "Weltwirtschaftsordnung"

I

Wenn sich noch während des Weltkriegs die Repräsentanten diverser Staaten in einem amerikanischen Nest treffen, um gemeinsam mit Wirtschaftsfachleuten über die künftigen Sitten im Welthandel zu beraten, so wissen sie nicht nur, daß der Krieg entschieden ist und was für diese Entscheidung noch auf militärischem Gebiet getan werden muß. Diese weitblickenden Menschen sind sich auch einig darüber, daß mit dem Ende des Krieges ein Arrangement fällig ist bezüglich der Konditionen, unter denen die mehr oder minder lädierten Nationen ihren Aufbau zu betreiben haben. Daß dem Sieg des antifaschistischen Bündnisses eine Periode folgen würde, in der sich Politiker wieder der friedlichen Nutzung ihres Volkes (bzw. dessen Restbestandes) zuwenden, war den Akteuren von Bretton Woods und ähnlicher Veranstaltungen klar; ebenso gewiß war ihnen, daß der Krieg, der einen etwas anderen Ausgang nahm als den von seinen deutschen Initiatoren geplanten, doch einiges geklärt hatte, was es nun zu beschließen galt: Nach einem derartigen Waffengang bestimmt sich eben der Verlauf der nationalen Geschäfte erst einmal strikt nach internationalem Diktat.

Insofern nämlich der Krieg die ökonomischen Grundlagen der beteiligten Nationen in recht unterschiedlicher Weise in Mitleidenschaft gezogen hatte, stand eine gründliche Reorganisation der Konkurrenz an, die vorzunehmen sich die USA nicht nehmen ließen. Schließlich hatten sie aller Welt bewiesen, daß sie als einzige Macht einen Krieg ohne Kriegswirtschaft verkraften konnte, während andere, mit reicher weltherrschaftlicher Tradition gesegnete Mächte ihre Produktion ziemlich umstellen und noch dazu ein enormes Maß an Zerstörung hinnehmen mußten. Die USA sind aus dem Krieg als einzig akkumulierende Nation hervorgegangen und haben deshalb ihre Stärke um die ,,Verantwortung" ergänzt — für die Wirtschaft ihrer Verbündeten, die zu einer Konkurrenz wie noch vor dem Krieg nun nicht mehr in der Lage waren. Die Kriegsverluste hatten — verstärkt durch die sich abzeichnende Auflösung der Kolonialreiche, an der die USA nicht wenig Interesse zeigten — aus England und Frankreich Nationen zweiter Klasse gemacht, so daß mit der Not der ehemaligen europäischen Großmächte die amerikanische Tugend der Konkurrenz Gelegenheit bekam, sich zu bewähren. Aber nicht in der Konkurrenz, sondern in ihrer Ordnung'. Diese Tugend sollte sich wenig später auch dem freiheitlich besetzten Teil des besiegten Deutschland zuwenden, was auch nicht ganz der Logik entbehrte— einer imperialistischen Nation, die soeben aller ernstzunehmenden Konkurrenz auf dem Weltmarkt ledig geworden ist, sich aber auch mit der Sowjetunion einem Feind der freien Wirtschaft gegenübersieht, ist es natürlich nicht gleichgültig, was aus einer Gegend des Erdballs wird, in welcher das kapitalistische Produktionsverhältnis schon gedeihlich etabliert war und nun aufgrund militärischer Umstände alle Voraussetzungen für Kapitalhilfe vorliegen; wie in Europa sonst ein Rest kapitalisierbarer Reichtum, Mangel an Kapital und eine arbeitswillige Bevölkerung, die im Krieg Schlimmeres als Ausbeutung erlebt hatte und sich daselbst an Loyalität gegenüber dem Staat gewöhnen konnte. So winkte im Fall Westdeutschland die lohnende Aufgabe, einem neuen Staat die Dankbarkeit des Volkes durch Einrichtung eines funktionierenden Wirtschaftslebens zu sichern — eine Aufgabe, die auch keinen allzu langen Aufschub duldete, von wegen Ost-West.

Natürlich ging es nicht nur um West-Europa, sondern auch um den Rest der freien Welt. Der war ja bei seinen »Aufbauproblemen" ziemlich abhängig von seiner Beziehung zu den europäischen Kolonialmächten bzw. gleich ganz direkt von den USA. Aus allen Staaten sollten wieder nützliche Glieder der Völkergemeinschaft werden, so daß ihr Reichtum unbedingt durch einen effektiven Welthandel in die neu zu schaffende "Weltwirtschaftsordnung" einzubeziehen war. Sogar die Provisorien des späteren Ostblocks samt der sie ordnenden Siegermacht zeigten sich im Bewußtsein von den Vorteilen internationaler "Zusammenarbeit" zunächst bemüßigt, an den Verhandlungen der vierziger Jahre teilzunehmen, die — einmal mit einer geringen Zahl relativ potenter Staaten begonnen — schließlich so gut wie alle auf der Anwesenheitsliste präsentierten. So hatten die USA als die Nation, von deren Reichtum und Willen die Welt nun abhängig geworden war, alle Hände voll zu tun — und zugleich bei der Auswahl der Alternativen, die da in Form von "Plänen für eine Weltwirtschaftsordnung" vorlagen, leichtes Spiel, die passenden Kriterien zur Anwendung zu bringen.

II

So war für die maßgeblichen Leute nicht schwer zu entdecken, daß es die USA nun überhaupt nicht mehr nötig haben, sich über den Preisvergleich exportierter Waren mit der Produktivität anderer Nationen zu messen. Was ihnen in ihrer ruhmreichen Geschichte, die eine ihrer Expansion war, erspart geblieben ist — die Entwicklung ihres Reichtums durch erfolgreiche Konkurrenz im Welthandel (Imperialismus I §2) zu bewerkstelligen —, braucht sie nach dem direkten Kräftemessen erst recht nicht zu interessieren; der ökonomische Vergleich ist entschieden, die USA verfügen über die höchste Produktivität, und ihre technischen Spitzenleistungen muß die Welt schon deswegen kaufen, weil sie nirgends sonst zustande kommen. Wenn der Weltmarkt den Amerikanern Sorgen macht, dann zunächst einmal deswegen, weil auf ihm nichts läuft, da außerhalb ihres Herrschaftsbereichs keine Akkumulation stattfindet und somit auch kein zahlungsfähiges Bedürfnis entsteht. Für die Wiederbelebung des Geschäfts bei anderen Nationen sind die USA freilich aus anderen Gründen noch viel mehr zu haben: es soll produziert und gehandelt werden, damit der amerikanische Reichtum Gelegenheit zu weiterer Expansion findet. Nicht vom Standpunkt der Handelskonkurrenz wird der Weltmarkt betrachtet und behandelt, sondern aus der Sicht der in allen Belangen überlegen gewordenen Nation, die sich der auswärtigen Akkumulationsbedürfnisse annimmt, um sich ihrer zu bedienen. Und zu diesem Zweck, von dem die fachmännischen Schriften mit ihren Zahlen über Einzahlungsquoten und Überziehungsraten nichts bemerken, weil sie den Weltwährungsfonds stets nach seiner gleichgewichtsstiftenden Funktion oder auch nach seinen Vor- und Nachteilen für die beteiligten Nationen besichtigen, ordneten die USA zunächst einmal das durcheinandergeratene internationale Geldwesen.

Dabei konnten sie sich den kleinen Unterschied zu normalen Zeiten zunutze machen, in denen die nationale Währung eines kapitalistischen Landes ein Mittel der Konkurrenz darstellt, der Wechselkurs also Gegenstand lebhaften Schachers ebenso ist wie nationaler Manipulation. Für die "Partner" der USA gab es damals nämlich nicht allzu viel zu streiten; der Weltkrieg hat sie nicht nur ihren Goldschatz gekostet, sondern auch zu gewaltiger Verschuldung gegenüber dem Verbündeten jenseits des großen Teiches geführt, so daß es mit dem alten Glanz von Pfund und Franc aus war. Die Zonen, in denen diese Währungen gültig waren, hatte also aufgrund des Verfalls ihres nationalen Kreditgeldes allerlei Probleme mit einem gesicherten Zahlungsverkehr. Eine deutsche Währung gab es überhaupt nicht mehr, weshalb der Schwarzmarkt mit der "Währung" Lucky Strike für Ökonomen an deutschen Universitäten seitdem dasselbe für die Deduktion der Notwendigkeit des Geldes für den Menschen leistet wie der allseits beliebte Naturaltausch. Demgegenüber fiel das nationale Kreditgeld der USA angenehm auf: nicht nur als Mittel einer funktionierenden Akkumulation war der Dollar stabil, durch den Goldzufluß aus Europa waren die USA zugleich die einzige Nation, die über einen anständigen Goldschatz verfügten, ja sogar den Goldschatz besaßen. Sie konnten also mit Fug und Recht der Welt die Gleichung Dollar = Gold = Geld aufmachen und mit dieser Gleichung als Garanten einer funktionierenden internationalen Zirkulation auftreten. Die restliche Welt ließen sie wissen, daß außer ihren grünen Zetteln kein sicherer Maßstab der Preise für den 'Weltmarkt zur Verfügung steht, daß also auch das Interesse der mit ihrem ,,Aufbau" befaßten Länder am internationalen Handel nur mit Hilfe des Dollars zu realisieren war. Diese Nationen mußten sich daher ihre Währung durch die Relation zum Dollar definieren lassen — das für ihre innere Zirkulation nötige Geld erhielt seine Gültigkeit als Maßstab der Preise durch seinen Bezug auf den Dollar, wurde damit eine konvertible Währung — und die Nationen durften sich auf der Grundlage der ,,vereinbarten" Paritäten an der Konkurrenz auf dem Weltmarkt beteiligen. So hatten alle, was sie brauchten: die USA ihre Dollar-Gold-Konvertibilität, eine Leitwährung, die fortan als allgemeines Kauf- und Zahlungsmittel und als Reservefonds anderer Nationen fungierte; die Handelsnationen eine Währung, mit der sie ins Devisengeschäft und damit in die Handelskonkurrenz einsteigen konnten, sowie das Mittel ihres inneren Marktes, ohne das eine Akkumulation von Kapital nicht zu machen ist. Für Marxisten, die mit dem Geld und schon gleich mit dem Weltgeld ihre liebe theoretische Not haben, sei der Witz der "Weltwirtschaftsordnung" noch einmal am Beispiel unserer schönen Republik erläutert, bevor wir die "Widersprüche" analysieren, die der IMF und die Weltbank so souverän handhaben konnten: Die Entscheidung der USA, aus der BRD eine kapitalistische Industrienation zu machen, war gleichbedeutend mit dem Entschluß, dem neuen Deutschland ein nationales Kreditgeld zu garantieren — aus deutscher Staatsgründersicht: die Währungsreform sorgt für das Funktionieren des Privateigentums, insofern als wieder eine Mark vorhanden war, mit der man sich alles kaufen konnte und ohne die man von allem gegenständlichen Reichtum ausgeschlossen war. Kapitalisten und Männer der internationalen Wirtschaftspolitik exekutieren, ohne etwas davon wissen zu müssen, die von Marx erklärte Tatsache, daß das Geld logische und historische Voraussetzung für das Kapital ist: ihnen genügt für diese Maßnahme das Bedürfnis nach einem gültigen Maßstab der Preise, der, einmal praktisch verbürgt, dem Geld die Erfüllung sämtlicher Funktionen gestattet. Dabei ist im übrigen die zahlenmäßige Relation Dollar-Mark gleichgültig, sie hätte auch 1:9 oder 1:112 lauten können; der Vorteil der USA stellt sich ganz anders her als über eine Zahl auf den Papierzetteln und Münzen. Die BRD kann nämlich das von ihrer Nationalbank in Umlauf gesetzte Geld nicht vermehren, ohne entweder in der Akkumulation von Kapital vorangekommen zu sein oder einen Verfall des Wechselkurses ihrer Währung hervorzurufen. Und diese Tatsache zeigt den Witz an der amerikanischen "Hilfe" auf: die Bundesrepublik erhielt den Auftrag, eine nationale Akkumulation zu organisieren, ohne daß das Privateigentum über das dafür notwendige Geldkapital verfügte, so daß der westdeutsche Staat einerseits die Armut der Lohnarbeiter organisierte, andererseits die USA bzw. ihre Kapitalisten mit den grünen Zetteln das westdeutsche Kapital kreditierten. So war das Wachstum des Wirtschaftswunderlandes in jedem Schritt, in dem sich das westdeutsche Kapital vermehrte, zugleich Mittel der Weltmacht Nr. l: die diktierte Konvertibilität der Währungen, in der die Dollar-Macht so großzügig ganze Nationen kreditierte, sollte andere Länder zum Handel und Wachstum befähigen, um dem Reichtum der USA seine Expansion zu sichern. Dasselbe Prinzip liegt im übrigen dem Milliarden-Kredit der Amis für England zugrunde; nur daß es hier um die Beseitigung eines den Engländern vorbehaltenen Handelsraumes ging, den diese Nation aufgrund der Kriegsverluste nicht mehr zu sichern in der Lage war. Der amerikanische Imperativ: "Macht eure Währung konvertibel" — dem sich England notgedrungen fügte, nachdem es 1947 noch einmal die Konvertibilität aufheben durfte, um seinen allzu schnellen Ruin als Empire abzuwenden — zeigt im Falle Englands und Frankreichs ebenso klar wie im Zusammenhang mit der BRD den Zweck, den der große Bruder verfolgte: hier sind nicht Nationen übereingekommen, Freihandel zu treiben und ihre Konkurrenz über die Konvertibilität ihrer Währungen abzuwickeln; umgekehrt benützten die USA die Abhängigkeit der anderen Nationen von ihrem Reichtum dazu, ihnen die Unterstützung in Sachen Handels fähigkeit nur unter der Bedingung zu gewähren, daß diese Nationen auch tatsächlich keinen einseitigen Gebrauch von dieser Großzügigkeit machten und nach ihren Bedürfnissen die Konvertibilität auch wieder beschränkten. Sie sollten sich der Handelskonkurrenz stellen, und dem daraus mit Sicherheit entstehenden Bedürfnis nach Kredit wollten die USA dergestalt nachkommen, daß sie ihre Leitwährung auswärts in Kapital verwandelten. Freilich erforderte die Durchsetzung dieses Gebots auch Regelungen über die aus dem Leistungsvergleich entstehenden "Ungleichgewichte", weshalb die "Spielregeln" des IMF und der Weltbank gleich noch die wechselseitige Kreditierung für den Ernstfall vorsahen: Zahlungsbilanzüberschüsse dürfen vom Standpunkt der Nutznießung aller Geschäfte auf dem Weltmarkt eben nicht zur Untauglichkeit eines Partners führen, die mit der direkten Ruinierung seiner Währung anstünde. Alle von den USA geförderten Länder sollten ihre Wirtschaft voranbringen können, Krisen vermeiden — also mußten auch alle auf "übertriebene" Kursänderungen, Auf- und Abwertungen verzichten, die andere zu bezahlen hätten.

An den Sonderziehungsrechten und anderen Details des IMF und der Weltbank — die wir nicht besprechen, da sie jedermann in den bürgerlichen Handbüchern zusammensuchen kann: die "Deutung" sollte man allerdings nicht von einem deutschen Nationalökonomen vornehmen lassen, dem "Europa" oder die Hoffnung auf eine "Weltwährungskrise" die Feder führt — läßt sich studieren, wie lächerlich die Kritik (von rechts wie von links) vom Standpunkt des Ideals einer "Weltwährungsordnung" ist. Hier wird sehr gekonnt mit dem Widerspruch einer konzessionierten Konkurrenz umgegangen: die maßgeblichen Nationen, die eine bedeutende Quote eingezahlt haben, dürfen nicht einfach zur Zahlungsunfähigkeit verurteilt werden, wenn ihre Bilanz nicht stimmt; die Schädigung ihrer ökonomischen Potenz über ihre Währung ist den Konkurrenten nur in sehr engen Grenzen gestattet; sie sind über ihren Pool verpflichtet, der geschädigten Nation einen Kredit im Verhältnis zu ihrer eingezahlten Quote einzuräumen — und der sonderziehungsberechtigte Staat erhält seinen Kredit letztlich in der Leitwährung, mit deren Benutzung für das eigene Wirtschaftswachstum er dann seine Stellung in der Konkurrenz verbessern kann. Deshalb verwechselt auch niemand diese Sorte Kredit mit den Standby- und Weltbankkrediten für Entwicklungsländer, die gegeben werden, um den Abtransport von Reichtum sicherzustellen: die USA wollen an jedem Wachstum partizipieren, das sie ins Leben gerufen haben, weswegen sie einerseits die OEEC in Europa installierten, damit sich die dortigen Zöglinge des Dollars um den Abbau aller möglichen Geschäftshindernisse kümmerten, andererseits eine EZU einrichteten, damit sich die mit dem Liberalismus in der Außenwirtschaft vertraut gemachten Staaten nicht über Zahlungsprobleme hinderlich werden: die Saldierung der innereuropäischen Bilanzen soll für die USA kein Nachteil gewesen sein. So funktionierte die Zirkulation in ihrer Anlagesphäre!

Auch bei der Beurteilung des GATT sollte man den Fachleuten aus der Wirtschaftswissenschaft keinen Glauben schenken, weil auch hier der Wunsch zum Vater des Gedankens wird. Stets wird die Leistung dieses Abkommens nach den nationalen Vor- und Nachteilen begutachtet — wobei Haberler, Predöhl, Altvater e tutti quanti ihren Maßstab stets in die positive oder negative Sorge um das Funktionieren des Ganzen verwandeln.

Diese Nachkriegsinstitution setzt das Werk der Währungsfachleute gekonnt fort: wozu wäre auch die Schaffung konvertibler Währungen nützlich gewesen, wenn den einzelnen Nationen handelshemmende bzw -fördernde Maßnahmen zur selektiven Handhabung überlassen worden wären? Der Abbau von Kontingentierungen und Zöllen erst gebietet den von den USA kreditierten Nationen, durch Steigerung ihrer Produktivität in der Handelskonkurrenz zurechtzukommen. Mit dem Meistbegünstigungsgrundsatz wird aus jeder bilateralen Konzession, die im Zuge von Handelsbeziehungen zustande kommt, weil sich die beteiligten Länder etwas davon versprechen, zugleich eine neue Bedingung der Konkurrenz mit Dritten. Die handelspolitischen Reservate wurden auf diese Weise angegriffen — und die USA partizipierten mit ihren kapitalisierten Krediten an sämtlichen Vorteilen aller am Welthandel beteiligten Nationen und verpflichteten sie darauf, sich dem Vergleich mit ihrer Stärke zu stellen, wann immer sie es wünschten. Die Ausnahmen in Sachen Agrarmarkt oder gegenüber England sind Zugeständnisse an lebenswichtige Notwendigkeiten nationaler Akkumulation — und bestätigen die Regel. Die generelle Losung ,,Es sei Freihandel!" kann sich eine Handelsnation nämlich nicht auf ihre Fahnen schreiben; dazu gehört schon die Gewißheit bleibender Überlegenheit, also der Unabhängigkeit vom Zwang, sich im Handel bewähren zu müssen. Die Mitgliedschart im GATT erschließt nicht nur günstige Möglichkeiten, in der Konkurrenz auf dem Weltmarkt zu gewinnen — sie verbaut dem einzelnen Land zugleich protektionistische Mittel der Durchsetzung. Ist ersteres der Grund für immer mehr Nationen gewesen, sich dieser "pax americana" anzuschließen, so verweisen die im und gegen das GATT erstrittenen "regionalen Bündnisse" mit gemeinsamen Außenzöllen und dergleichen auf die Tatsache, daß die nationalen Bedürfnisse zugleich domestiziert werden. Die Geschichte des GATT ist die eines einzigen Streits der ökonomisch potenten Nationen um die Vorteile des Abkommens bei gleichzeitiger Vermeidung der Konkurrenzrerbote. Und die fassen sich in einem einzigen Verbot zusammen, welches die amerikanische Finanzierung des Weltmarkts nach dem Krieg ergänzt: alle Nationen sollen sich des Dollars bedienen, um ganz autonom ihre Wirtschaft voranzubringen; Maßnahmen gegen die USA jedoch haben sie zu unterlassen!

III

Man kann den USA nicht vorwerfen, daß sie sich nicht um den Fortschritt der Weltwirtschaft bemüht haben. Nicht einmal die Sorge darum, daß sich die Weltwirtschaftskrise nicht wiederholen möge, läßt sich ernsthaft in Zweifel ziehen und als berechnend vorgetragene Ideologie abtun. IMF und GATT haben sich als vorzügliche Instrumente zur Schaffung eines veritablen Welthandels erwiesen, wie es ihn zuvor in der Geschichte des Kapitalismus noch nicht gegeben hatte. Und sowohl die Beschlüsse über die Kreditierung nationaler Währungen als auch die Gewährung von protektionistischen Ausnahmen im GATT waren geeignet, eine Ruinierung von Handelspartnern im Gefolge rücksichtsloser Konjunkturbewältigung in anderen Nationen zu verhindern. Dennoch konnte Kritik an der neuen "Ordnung" nicht ausbleiben: zunächst liefen die Einwände unter dem Titel "Dollarlücke", weil die Industrienationen, die von den USA gefördert wurden, für ihre Akkumulation und die Abwicklung gar nicht genug Kredit kriegen konnten. Später unter dem Titel "Dollarschwemme", weil sich die Wohltat der Nachkriegsjahre nun von ihrer schlechten Seite bemerkbar machte. Mit dem Gelingen des nationalen Aufbaus war für die Juniorpartner nicht mehr zu übersehen, in welcher Weise sie mit ihrer unabhängigen Wirtschaftspolitik abhängig waren vom Dollar, der ihnen in mehr als großzügiger Manier zur Verfügung gestellt worden war. Die Kreditierung anderer Währungen und die Verwandlung von Dollar in Kapital an jedem Punkt der Erde, wo es sich rentierte, führten zu einem chronischen Zahlungsbilanzdefizit der USA, das freilich nicht ihnen, sondern den anderen Staaten Kummer macht. Der Kursverfall der Leitwährung entwertet unmittelbar den Reichtum, der in Form von Dollars bei europäischen Banken (aber auch bei den Ölstaaten etc.) herumliegt. Das ,,Erstarken" europäischer Währungen, insbesondere der DM, erschwert den Export, für die BRD immerhin ein bedeutsames Mittel, mit der Grenze des zahlungsfähigen Bedürfnisses im Innern fertigzuwerden. Den USA ist es also nicht nur gelungen, ihren Kapitalüberschuß nach außen zu dirigieren, wo er an der nationalen Überakkumulation kräftig mitwirkt und zugleich — aufgrund seiner Größe und Streuung auf verschiedene Nationen — im Kampf um die Verteilung der Verluste bei Krisen gut abschneidet; sie lassen die Entwertung ihres Geldes, die ihnen die periodische Entwertung von fiktivem Kapital erspart, auch noch von ihren Partnern finanzieren. Verständlich, daß der Ruf Europas nach amerikanischen Maßnahmen zur Stabilisierung der Leitwährung ungehört verhallt und seine Fortsetzung in Stützungskäufen findet: auch eine Art, eine Schuld zu tilgen, die sich vom gewöhnlichen Kreditgeschäft einigermaßen unterscheidet. Denn die Versorgung der Welt mit Dollars war keine Leihgabe, die mit Zins und Zinseszins zurückbezahlt werden muß, sondern die Kreditierung des nationalen Kapitals, um an jedem seiner Konkurrenzerfolge teilnehmen zu können. Nicht um der manierlichen Abwicklung des internationalen Austausches willen beschert eine Nation der Welt eine Leitwährung — sie will am Produktivitätsvergleich der Handelsnationen partizipieren, indem sie ihn zur Quelle ihres Profits und allen anderen jedes Handelsproblem zu einem Problem mit dem Dollar macht. Die "Versorgung" der Welt, deren die USA wegen ihrer Überlegenheit in Sachen rentabler Ausbeutung fähig waren — deswegen war ihr nationales Kreditgeld so gut wie Weltgeld — ist nie eine mit "Liquidität" gewesen, weshalb heutzutage auch niemand so recht froh ist über die Unmengen an Euro-Dollars, die den Kapitalmarkt bevölkern: die Betrachtungsweise von einst, die dem Interesse an der Beseitigung von wachstumshemmenden Handelsbeschränkungen entsprang, blamiert sich vor der vollzogenen Erfüllung ihrer Wünsche. Mit der Goldkonvertibilität des Dollars ist der Welthandel zwar in Schwung gebracht worden, aber keineswegs zu dem Zweck, daß sich in den Wechselkursen der Handelsnationen "die nationale Kaufkraft widerspiegelt" und ihren wirtschaftspolitischen Absichten Gerechtigkeit widerfährt. Wenn der Export und Import von Waren, die Konkurrenz per Produktivitätsvergleich (Imperialismus I §2) der Witz am Weltmarkt wäre, könnten sich die Herren Europäer freilich am Kursverfall des Dollars ergötzen — da dies aber nicht der Fall ist, haben sie Sorgen: damit, daß ihnen der Euro-Kredit-Markt ihre konjunkturpolitischen Programme versaut, weil ihre Diskontsatzerhöhungen nichts fruchten; damit, daß sie sich mit dem Verfall der Reserve- und Interventionswährung ständig an der amerikanischen Inflation beteiligen dürfen; damit, daß sie die Härte ihrer Währung eben nicht wie die USA dahingehend ausnutzen können, überall "ohne Diskriminierung" ihr Kapital anlegen zu können, denn das unterstellt die Öffnung des Kapitalmarkts anderer Nationen aufgrund eines Mangels an Kapital. Auch wenn es inzwischen Anfänge eines europäischen Kapitalmarkts gibt und deutsche oder französische Firmen in den USA heimisch geworden sind; auch wenn das "Brasilien-Geschäft", aus dem ewig nichts Rechtes werden will, ein Sieg der BRD im Vergleich mit dem "Anleger USA" gewesen sein soll — das "Loskommen" vom Dollar, von dem die großgezogenen Konkurrenten der Weltmacht Nr. l träumen, findet nicht statt. Fröhlich expandiert der Euro-Dollar in Richtung l Billion, weil die USA ihre Zettel wie in den Tagen der Gold-Konvertibilität weiter exportieren. Ihre Inflation lassen sie, wie jedes kapitalistische Land, ihre Bevölkerung bezahlen, die ihrer Regierung mit vorbehaltsloser moralischer und sonstiger Unterstützung dankt, wann immer ein Ausland die amerikanischen Geschäfte stört, und von den anderen dazu.

IV.

So sehr hat sich nicht nur die geschäftstüchtige Menschheit, sondern auch die studierende an den abstrakten Reichtum gewöhnt, daß sich alle Wahrheiten über das Geld unglaubwürdig machen. Einer, der mit Marx darauf hinweist, daß mit den verrückten Gestalten, die die von allem wirklichen, stofflichen Reichtum getrennte, verselbständigte Form des Reichtums überhaupt annimmt, eine Produktionsweise praktisch definiert sei, wird auf einiges Unverständnis bei seinen gebildeteren Zeitgenossen stoßen — auch wenn er auf durchaus Bekanntes verweisen kann: daß das Geld insofern "die Welt regiert", als ohne dies wundersame Ding der Genuß aller Annehmlichkeiten, auch der noch so geringen, eine schwer zu erwirkende Sache ist; daß man, vom Geld ausgeschlossen, überhaupt auch von den nützlichen und schönen Dingen des Lebens ausgeschlossen bleibt, die es gibt und zwar zur Verfügung anderer; daß deswegen alle Welt darum bemüht ist, an möglichst viel Geld heranzukommen, und daß Kauf und Verkauf irgendeiner Habe die Vermehrung dieser sonderbaren Sorte Reichtum nie zustande bringen; daß vielmehr produziert werden muß, was wiederum nur die in die Wege leiten können, die viel Geld haben, während andere für wenig Geld sich arbeitend an der Produktion beteiligen, wodurch das Geld der einen mehr wird; daß Geld also seine beste Verwendung findet, wenn "es arbeitet", "sich vermehrt" und im Schutz des Privateigentums, der ein gewaltsamer ist, so richtig die Bedingung seines Wachstums erhält; daß überhaupt die Vorstellung, man habe es beim Geld mit einem nützlichen Instrument der Gesellschaftsglieder zu tun, durch das sie sich an allerlei Genüsse heranmachen, sehr wacklig wird, zieht man die Quantität an Barem auch noch in Betracht, die einer besitzt; ja daß es in manchen seiner Gestalten — wer darf denn durch seine Unterschrift eine Banknote zum gültigen Tauschmittel erklären? — unmittelbar auf Gewalt beruht und insofern die Regentschaft der Welt doch nicht seine Sache ist, wenngleich es, zu Kapital gemacht, als Grundlage aller modernen politischen Herrschaft kenntlich ist usw. usw.

Wenn das Geld gar in den verrückten Formen besichtigt wird, die ihm der Imperialismus verschafft, ziehen sich selbst Marxisten höflich auf die wenigen Nützlichkeitserwägungen bürgerlicher "Fachleute" zurück (wenn sie nicht gleich "passen"!), die zumindest beliebte und verabscheute Wirkungen von Dollar und Franc, ihrer Wechselkursbewegung, der Spekulation usw. katalogisieren, um dann ungeliebte Tendenzen warnend zu vermerken. Auf diesem Felde ist es auch bei Leuten, die schon einmal eine Kapitallektüre hinter sich gebracht und dem "dialektischen Meisterwerk" der Warenanalyse gehuldigt haben, gang und gäbe, Krisen und Widersprüche zu entdecken, die keine sind; die Hilflosigkeiten von Staaten zu beschwätzen, wo sie sich rücksichtslos gebärden; kurz: die Formbestimmungen imperialistischer Konkurrenz nicht so genau zu nehmen, dafür aber allerlei geschichtsträchtige Perspektiven auszumachen.

So wenig sich die vorstehenden Argumente zur "Weltwirtschaftsordnung", also zur Organisation imperialistischer Konkurrenz zugutehalten können, alle Details heutigen Schachers zwischen Nationen und ihren anlagefähigen Lieblingsbürgern geklärt zu haben, so falsch wäre der Eindruck, diese Details verdankten sich einem anderen als dem dargestellten Zweck und brächten anderes, "Komplexeres" zur Anschauung als dessen Verlaufsformen. In Anbetracht der Tatsache, daß auch die wenigen neuen Mitteilungen über das ökonomische Hin und Her, das die Staaten auf dem Globus bewerkstelligen, vom praktischen Zeitungsleserverstand der Unglaubwürdigkeit, wenn nicht gar der Unverständlichkeit geziehen werden, versuchen wir ausnahmsweise eine methodische Rekapitulation all dessen, was wir für vermerkenswert halten.

l. Was die Natur des Geldes anlangt, so kann schon ein erster Blick auf dessen Rolle im internationalen Geschäft zu recht annehmbaren Ergebnissen verhelfen. Daß ül Devisenhandel, im Goldgeschäft oder in den Verhandlungen der Weltbank der Eindruck entstehen kann, daß dem einzelnen Haushalt oder dem Individuum mit dem Geld die von den Nöten des Naturaltausches befreiende Erfindung zur Verfügung gestellt ward, ist zu bezweifeln. Daß hier das internationale Tauschmittel bzw. seine nationalen Stellvertreter zwar zum Handel taugt, also tatsächlich das Mittel des Warentausches ist, gilt von vorneherein als Grundlage für Geschäfte ganz besonderer Art, mit denen sich in Stunden mehr Gewinn machen läßt, als im Leben eines arbeitenden Haushaltsvorstandes an Geld durch dessen Hände geht. Der internationale Handel mit Waren und Geld ist Kapitalanlage, jede Null vor dem Komma verzehnfacht die Anweisung auf künftigen Reichtum, für die ein Finanzier seinen Besitz eben hat. Niemand verwechselt daher auch die Subjekte des internationalen Handels mit einer Marketenderin, in deren Preisen sich die Angebots- und Nachfragekurven nach Gutem schneiden sollen. Weiterhin läßt sich der Zusammenhang von Geld und Gewalt nur schwerlich übersehen. Die Nationen betreten die Bühne der Konkurrenz a priori mit staatlich gültig gemachten Kreditzeichen und streiten um die Bedingungen des Handels mit ihnen sowie mit Waren unter Zuhilfenahme der hoheitlichen Zettel: ob der Handel lohnend zu machen geht, ist ihr Kriterium — und bisweilen mögen sie unter Anwendung dieses Kriteriums den Tausch von allerlei nützlichen Sachen lieber lassen als begeistert abwickeln. Drittens schließlich ist das Maß, mit dem eine nationale Währung anderen Dukaten gleichgilt, mit der gewaltsamen Beteuererung ihrer Gültigkeit keineswegs eine sichere Sache — um dieses Maß geht es ja gerade in der Konkurrenz von Export/Import und in den diese Konkurrenz ausgestaltenden Rahmenverhandlungen. Und abgesehen davon, daß da immerzu Geschäfte für brauchbar erachtet werden, die dem einen oder anderen Verbraucher kleine Einbußen in Sachen Kaufkraft bescheren, ihm also beweisen, daß das Geld für die Konsumtion nicht geschaffen worden ist, läßt sich unschwer entdecken, daß dem Gold als Weltgeld nichts von seiner Bedeutung gestohlen worden ist: Fort Knox gehört trotz aller falschen Aussagen über die "Ablösung" des Weltgelds vom Gold zur Weltbank dazu, und so manche Rechnung auch der USA wurde schon mit Gold bezahlt.

2. Direkt aufklärerisch kann das internationale Kreditwesen wirken, weil es allen beliebten Mißverständnissen über verborgte Beträge, die man dann aber auch fristgemäß zurück haben will, ins Gesicht schlägt. Klar, daß Schulden ein Mittel des Geschäfts sind, wenn man eines hat, und mit einer 10 DM-Anleihe unter Zechbrüdern kaum etwas gemeinsam haben, könnte ein interessierter Beobachter auch aus dem Gebaren der Städtischen Sparkasse oder aus dem betriebswirtschaftlichen Balanceakt zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung entnehmen. Was ihm allerdings darüber hinaus am internationalen Schuldengeschäft auffallen muß, ist die geringe Bedeutung, die der Tilgung von Schulden und der Bezahlung von Zinsen zukommt: Banken pflegen hier zwar entsprechend den üblichen Regeln ihre Konten, doch so oft Staaten und Bundesbanken die Urheber oder Nutznießer von Krediten sind, entfällt ohne prätendierte Großzügigkeit die kleinliche Rechnerei um Soll und Haben. Hier geht es nicht (mehr) um Einforderung von gewährten Krediten und um die Ruinierung des insolventen Partners — der Kredit bleibt einer und dient der Benützung auswärtiger Produktivkräfte, und nicht selten folgt der Zahlungsunfähigkeit eines "Partners" erneute Hilfe, insbesondere im Währungsfalle. Schulden sind hier eben ein Wechsel auf die Benutzung fremder Macht, auch für die Gläubiger.

3. Daß die USA durch die Verwendung ihrer Währung als Weltgeld Zahlungsbilanzdefizite zu verzeichnen haben, ist also keine Schwäche, sondern der eindrucksvolle Nachweis dessen, daß es darauf ankommt, sich unbegrenzten Kredit leisten zu können, indem man der Welt seine Kreditzettel anhängt. Die Welt ist so sehr auf ihr Geld angewiesen, daß auch die Hinfälligkeit der Gleichung Gold = Dollar, der Verfall der amerikanischen Währung nur fade Spekulationen über ein anderes, von den hauptsächlich beteiligten Ländern vereinbartes Welt-(Kredit)-Geld zuläßt, ansonsten zur handfesten Spekulation mit den Dollars führt. Da heißt es sich einrichten auf die Konditionen, die mit dem Kursverfall des Weltgeldes, das man braucht, gesetzt sind. Das Interesse an Stabilität muß sich ein Staat etwas kosten lassen, nachdem die USA die Bedingung der Stabilität zur Angelegenheit der Haftung aller am Welthandel interessierten Nationen haben werden lassen — es gilt, das Beste daraus zu machen, also aus den ärgerlichen Dollars ein neues Geschäft.

4. Damit werden auch ein paar Illusionen bitterer Ernst. Vor allem die, den USA sei es von Anfang an nur um die Verhinderung von Neuauflagen der Weltwirtschaftskrise gegangen. Mag sein, daß sich die Konkurrenz zwischen imperialistischen Nationen nicht mehr in der Weise abspielt wie 1929 — dann aber nicht deswegen, weil sich die Völker diesem hohen Gut der Stabilität auf dem Weltmarkt verschrieben hätten, sondern weil sie gar nicht anders können. Solange das amerikanische Weltgeld die Bedingung gedeihlichen Handels ist, werden vor allem die europäischen Mächte dies zur Grundlage ihres Wachstums erklären und in der EG die Emanzipation zur freien Kapitalanlage, zur Konkurrenz mit den USA probieren. Eine Alternative dazu gibt es bei souveränen Staaten dieses Kalibers natürlich schon — bloß ist die mit einer Aufkündigung der Freundschaft gegenüber den Amis verbunden: wer dem Dollar als Weltgeld kündigt, muß sich auch anderweitig von den USA emanzipieren, muß sich unabhängig von ihnen machen und in gewisser Beziehung auch gegen sie wehren können. Insofern ist sogar die NATO ein Bollwerk gegen Weltwirtschaftskrisen. Oder: in der konzessionierten Konkurrenz kostet die Konzession einiges — dafür verhindert sie den rücksichtslosen Einsatz aller Mittel im Wettbewerb zwischen Staaten, außer für einen.