Die Idee vom "europäischen Haus" - und ihre imperialistische Wirklichkeit

Vor ein paar Jahren hat der damals noch neue Kreml ­ Chef Gorbatschow die Welt mit seinem "neuen Denken" überraschen wollen. Er hat zum Ausdruck gebracht, was ihm am internationalen Leben alles mißfällt. Aber auch Visionen darüber, wie schön alles sein könnte. Für den Teil der Landkarte, in dem seit Herbst 1989 eine Auto­marke namens "Trabant" den grenzüberschreitenden Verkehr dominiert, ist ihm die Idee gekommen, ein "eu­ropäisches Haus" einzurichten . Das Bild steht für ganz viel Gemeinsamkeit, für ein organisiertes Miteinander der in Europa seßhaften Völker und der Staaten, denen sie unterstehen. Und selten hat ein sprachliches Kunstwerk so viel Anklang gefunden wie diese Schöpfung eines kom­munistischen Generalsekretärs. Seitdem tragen Politiker aller Länder ihre Einwände gegen fremde Nationen durchgängig mit dem Hinweis vor, daß das, was die anderen machen, doch wohl kein Beitrag zum Bau des "gemeinsamen europäischen Hau­ses" sei.

Aus dem Buch
1989, 2024 | 264 Seiten | 12 €  Zum Warenkorb
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