Trumps Update für Amerikas Imperialismus
Weltpolitik per Erpressung mit Dollars und dem weltweit gewaltigsten Waffenarsenal

Trump bleibt auch im Jahr 4 seiner Amtszeit dabei: Fairness beim Handel ist der einseitige Nutzen Amerikas, Partnerschaft ist Unterwerfung unter seine Ansagen, und Frieden gibt es nur als bedingungslose Kapitulation vor seiner Stärke. Dass Trumps Update für Amerikas Imperialismus so gut funktioniert, dass er von den betroffenen Konkurrenten inzwischen öfter auch so genannt wird, beweist, dass er über alle Waffen verfügt, die es dafür braucht: Geld und Gewaltmittel made in USA.

Aus der Zeitschrift
Systematischer Katalog
Länder & Abkommen

Trumps Update für Amerikas Imperialismus
Weltpolitik per Erpressung mit Dollars und dem weltweit gewaltigsten Waffenarsenal

1.

Unter Präsident Trump betreibt Amerika Weltpolitik mit all der Härte, die vorherige Regierungen in Kriegsaktionen unter dem Motto „Shock & Awe“ bewiesen haben, als unbeschönigte Erpressung des jeweiligen Kontrahenten mit ökonomischen Mitteln; das ist es, was der Chef „Deal“ nennt. Als wirksames und am leichtesten anwendbares Mittel schätzt er die Verhängung von Zöllen; er bekennt offenherzig, ein Freund dieser zivilen Waffe zu sein. Was er damit ausnutzt, das ist die Abhängigkeit vieler, insbesondere großer ausländischer Firmen und ganzer Volkswirtschaften vom amerikanischen Markt, die Unentbehrlichkeit amerikanischer Kaufkraft für Geschäft und Wachstum in der Welt. Soweit Zölle nicht hergeben, was die Regierung sich davon verspricht, erlässt sie auch direkte Verbote, die den Außenhandel anderer Länder beschränken; nicht bloß den mit den USA, sondern vermittels der Androhung des Ausschlusses vom US-Markt auch anderswo abgewickelte Geschäfte. Die schärfste Waffe im Arsenal des friedlichen Dealmakers ist der – angedrohte oder auch schon wahrgemachte – Ausschluss von Unternehmen oder gleich ganzer Länder vom amerikanischen Finanzmarkt sowie, auf höchster Stufe, vom internationalen Geldmarkt, der sich für Transaktionen aller Art hauptsächlich des Dollar bedient und dessen Akteure sich die Lahmlegung ihrer Dollar-Geschäfte auf keinen Fall leisten können. Hier nutzt der Staat die Macht seines Kredits, ohne den die Refinanzierung des globalen Kapitalismus praktisch nicht auskommt, sowie die fest etablierte Geltung seines Kreditgelds als Währung der Welt.

2.

Mit ihrer Weltpolitik der erpresserischen Deals verfolgt die Trump-Regierung zunächst das ökonomische Ziel, die weltweiten Handelsströme vermehrt so auf Amerika zu zu lenken, dass die Industrie des Landes davon profitiert. Als Grund gibt sie an, bislang wäre Amerika insgesamt und insbesondere durch ihre wichtigsten Außenhandelspartner heillos übervorteilt worden. Zieht man den patriotischen Furor ab, der aus den einschlägigen Beschwerden des Präsidenten spricht, dann wird in der kritischen Bestandsaufnahme der Regierung am prekären Zustand der Weltwirtschaft immerhin so viel kenntlich: In etlichen wichtigen Branchen hat das Industriekapital weltweit Überkapazitäten geschaffen; die Aufrechterhaltung dieser Überakkumulation gelingt einerseits durch den maßlos vermehrten, dabei absolut unangefochtenen, weltweit angewandten Kredit der USA, der sie zum großen Teil auch geschaffen hat; die trotzdem fällige Entwertung, auch in Form der Vernichtung von Kapazitäten, findet in größerem Umfang in den USA statt, während andere Nationen, insbesondere die notorischen „Exportweltmeister“ BRD und VR China, relativ und sogar absolut profitieren.

Für die Kaufleute und Investoren auch aus den USA ist dieser Gebrauch amerikanischen Kredits eine Sache ihrer Profitrechnung und völlig in Ordnung. Dass er schon seit längerem tendenziell auf Kosten des Industriestandorts USA geht – zumindest einiger seiner Branchen –, ist im Land lange weniger beachtet worden als der Aufbau und das Wachstum neuer Gewerbe, die mit großem Erfolg die Kapitalzirkulation auf dem ganzen Globus zu ihrem Aktionsfeld gemacht haben. Die Trump-Regierung erklärt umgekehrt die für Amerika negative Konsequenz kapitalistischer Überakkumulation zu einer Schicksalsfrage der Nation und betreibt mit entsprechendem Nachdruck die Revision der eingerissenen internationalen Konkurrenzverhältnisse: Sie bemüht sich um die Abwälzung des Schadens, eben der Entwertung industriellen Kapitals, auf auswärtige Konkurrenten und speziell auf die großen, die dabei sind, zu Rivalen des US-Kapitalismus aufzuwachsen.

Denen gegenüber verfolgt Amerika unter Trump, gleichfalls erklärtermaßen, das über Krisenbewältigung weit hinausreichende Ziel, die ökonomische Überlegenheit der Nation in all den Belangen, in denen die Regierung sie angegriffen oder auch nur möglicherweise gefährdet sieht, ganz grundsätzlich, unanfechtbar und für alle Zukunft sicherzustellen. Dabei wird an den geplanten oder schon eingeleiteten diskriminierenden Maßnahmen deutlich – exemplarisch etwa an dem destruktiven Vorgehen gegen das chinesische Technologieentwicklungsprogramm –, dass Amerika nicht bloß Vorsorge für eine absehbare oder noch gar nicht absehbare Zukunft trifft, sondern davon ausgeht – dies der Grund für die Schärfe der regierungsamtlichen Krisendiagnose –, dass die großen Rivalen in ihren Konkurrenzanstrengungen schon viel zu weit vorangekommen sind und zurückgestuft werden müssen.

3.

Das Mittel der ökonomischen Erpressung, das die Trump-Regierung so offensiv einsetzt, dient dem überlegenen Kapitalwachstum in den USA und steht zugleich für einen ganz hohen weltpolitischen Anspruch: Amerika konfrontiert alle Kapitalisten, die die Welt als ihren Markt betrachten oder auch nur indirekt benutzen, wie auch die souveränen Gewalten, die ihren nationalen Kapitalismus betreuen und zu Erfolgen führen wollen, mit der Nötigung, sich einseitig erlassenen Maßregeln zu beugen.

  • Kapitalistische Unternehmen in aller Welt müssen damit rechnen, dass die US-Regierung ihnen aus schlecht bis gar nicht kalkulierbaren politischen Erwägungen heraus ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise kaputtmacht. Aufgekündigt ist auf jeden Fall die bisher – nicht in jedem Fall, aber generell – gültige Prämisse, dass Kapital aus aller Welt sich in aller Welt nach den Regeln des kapitalistischen Wachstums betätigen kann, darf, sogar soll, und dass ihm dafür der Zugang zum Weltmarkt und zum Geld der Welt, die freie Verwendung des US-Dollar, offensteht. Das alles ist nicht verboten, aber unter amerikanischen Vorbehalt gestellt. Prämisse aller Geschäftstätigkeit ist die vorauseilende Anpassung an einseitige ad-hoc-Entscheidungen der US-Regierung, von denen vorweg nur so viel feststeht, dass sie einseitig amerikanischen Interessen, seien die politischer oder finanzieller, technologischer oder sonstiger Art, nutzen sollen.
  • Die regierenden Standortverwalter in aller Welt müssen zur Kenntnis nehmen und irgendwie damit umgehen, dass sie ihren Unternehmern den gewohnten, auf Basis eines verlässlichen Regelwerks planbaren Zugriff auf die Reichtumsquellen und Geschäftsmittel der Welt nicht mehr garantieren können; dass sogar die in ihren nationalen Rechtsordnungen enthaltenen Sicherheiten im Konfliktfall nichts wert sind. Praktisch aufgekündigt ist das von den USA selbst gestiftete und aufrechterhaltene globale Ordnungsregime, das den Souveränen der Welt nationalen Eigennutz konzediert unter der einen entscheidenden Bedingung, dass sie einer kapitalistischen Staatsräson folgen und Land und Leute durch auswärtiges Kapital – gemeint, aber keineswegs exklusiv: durch amerikanisches – vorbehaltlos benutzen lassen. Amerika beendet den bemerkenswert haltbaren fundamentalen Widerspruch dieser Geschäftsordnung, von den USA für das eigene Interesse an einer funktionierenden Weltwirtschaft eingerichtet zu sein, zugleich aber als quasi supranationales Regelwerk auch die USA selber an eine allgemeine Geschäftsordnung des Konkurrierens, einschließlich der Inkaufnahme fremder Erfolge, zu binden. Das Mitmachen unter dieser Prämisse ist abgelöst durch die Nötigung der Staatenwelt, sich mit ihrer Erpressbarkeit durch die USA auseinanderzusetzen – und letztlich abzufinden.

4.

Mit seiner Weltpolitik der erpresserischen Deals geht Amerika unter Trump gegen fremde Interessen vor, die der Präsident für antiamerikanisch befindet; und dabei geht es ausdrücklich und absichtsvoll dagegen vor, dass souveräne Staaten sich in dem, was sie zu ihren „inneren Angelegenheiten“ erklären, nicht fremdbestimmen lassen, weil sie damit ihre Souveränität aufgeben. Von den regierenden Herrschaften der Staatenwelt verlangt die Trump-Regierung Unterwerfung. Und das mit zivilen Mitteln; im Ernstfall mit einer Politik des „maximalen Drucks“, aber auch das unter erklärtem Verzicht auf Krieg. Und das ist schon ganz aufschlussreich, ebenso wie die begleitende nachdrückliche Warnung an die Adresse jedes potentiellen Gegners, dass er gegen die US-Streitkräfte mit ihrer phantastischen Rüstung von vornherein nicht die geringste Überlebenschance hat. Daraus geht nämlich hervor, auf welchem gar nicht zivilen Kräfteverhältnis die Zumutung beruht, vor Trumps ökonomischen Erpressungen zu kapitulieren. Sie lebt davon und operiert eben auch mit dem überdeutlichen Hinweis darauf, dass die Weltmacht auch anders könnte: Sie hat alle nötigen Mittel und im Prinzip auch keine Skrupel, Feinde zu vernichten. Der erklärte Verzicht auf diese Option – mit der bemerkenswerten Begründung, dass keiner der derzeit in Frage kommenden Fälle den Aufwand wert ist! – schließt ein, dass Amerika sich die kriegerische Auslöschung fremder Souveräne vorbehält. Deshalb gehört zum Ersatz von Krieg durch ökonomische Erpressung eben auch eine ebenso nachdrücklich publik gemachte Rüstungspolitik, die auf universelle und jederzeitige absolute Überlegenheit zielt und mit der Amerika Maßstäbe setzt, die alle potentiellen strategischen Rivalen nicht bloß technisch, sondern auch ökonomisch überfordern sollen.

Weder der Unterwerfungsanspruch noch die darin vorausgesetzte Vernichtungsdrohung sind etwas Neues in Amerikas Weltpolitik. Neu ist der entschiedene Unilateralismus, mit dem die USA ihre militärische Überlegenheit ins Spiel bringen, um genauso unilateral, allein aus eigener Berechnung, von der darin enthaltenen Kriegsdrohung Abstand zu nehmen. Aufgekündigt ist damit die über Jahrzehnte praktizierte Politik der Frontbildung, die die Staaten, insbesondere die wichtigen imperialistischen Demokratien, zur Mitwirkung an einem System quasi supranationaler Regelungen, einer quasi rechtsförmigen Weltordnung genötigt und berechtigt hat, sowie der begrenzten, mit „willigen“ Partnern abgesprochenen Kriegseinsätze zur Bekräftigung der Alternativlosigkeit dieses Systems; sie ist abgesagt, weil Amerika sich so nur für fremde Interessen hätte ausnutzen lassen. An ihre Stelle tritt eine imperialistische Friedenspolitik in dem anspruchsvollen Sinn, dass jeder einzelne Staat sich seine Koexistenz mit Amerika durch die ihm angetragenen Deals zu verdienen hat.

An der neuen Prämisse arbeiten die Betroffenen – Alliierte, Gegner, Opfer ... – sich ab; jeder Staat auf seine Weise.