Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

Hoch stehen sie im Kurs, die inneren und höheren Werte. Möglichst statt auf gewöhnliche Genüsse soll man scharf auf sie sein. Der schöngeistige Antimaterialismus geht nach wie vor so, dass ein Dichter beteuert: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“ – worauf ihm gleich ein anderer Denker ins Wort fällt und behauptet: „Geld macht nicht glücklich!“

Aus dem Buch
2007, 2014, 2016 | 162 Seiten | ab 10 € inkl. MwSt.
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Gliederung

Von den vielgepriesenen Leistungen des schnöden Mammons

Hoch stehen sie im Kurs, die inneren und höheren Werte. Möglichst statt auf gewöhnliche Genüsse soll man scharf auf sie sein. Der schöngeistige Antimaterialismus geht nach wie vor so, dass ein Dichter beteuert: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“ – worauf ihm gleich ein anderer Denker ins Wort fällt und behauptet: „Geld macht nicht glücklich!“

Recht haben beide nicht. Der eine nicht, weil ja niemand behauptet hat, dass er, außer sein Stück trockenes Brot, nichts braucht. Der andere nicht, weil ihm bei Armut gleich das Glück einfällt. Handelseinig sind sich die volkstümlichen Sprüchemacher in der tieferen Überzeugung, dass das Leben durch seine ideellen Erträge lebenswert wird und dass sich vor denen der „bloße“ Reichtum allemal blamiert.

In dieser radikalen Kritik an den handfesten Genüssen und an den Zeitgenossen, die ihrer ordinären Bedürfnisse wegen auf mehr niedere Dinge aus sind, steckt ein Hinweis. Die freundlichen Herren von der Lebensfürsorge raten ja offensichtlich nur deswegen zu den hochprozentigen Werten, weil sie eine Entdeckung gemacht haben: Nicht wenige ihrer lieben Mitmenschen sind schon mit der Dutzendware nicht ordentlich versorgt und setzen daher unzufriedene Mienen auf. Das missfällt ihnen, weil es so unliebsame Überlegungen nahe legt wie die, was denn da auf dem gut gefüllten Markt mit seinen brauchbaren Reichtümern alles schief läuft, wenn immerzu Knappheit herauskommt. So etwas finden sie ziemlich anstrengend, die Sinnstifter der abendländischen Kultur. Und so verweisen sie das Publikum auf den Markt der höheren Werte, die noch nicht einmal etwas kosten.

Da nach allen gesammelten Erfahrungen der Marktwirtschaft das billigste Zeug nichts taugt, soll von der großzügigen Offerte hier einmal kein Gebrauch gemacht werden. Wir halten fest, dass vom Brot allein niemand glücklich wird, vergessen aber auch nicht, dass viele nicht vom Geld leben können, die von ihm leben müssen. Das kann unmöglich daran liegen, dass sie den Nährwert der höheren Werte vernachlässigen. Es hat wohl eher mit dem Wert des Geldes zu tun, an den man auch nicht zu glauben braucht, weil man sich nach ihm richten muss.

Das Maß der Werte

Es ist jedermann bestens vertraut: Außer jenen teuren Dingen, die „mit Geld nicht zu bezahlen“ sind, hat alles seinen Preis. Bei den Waren, die zum Verkauf anstehen, sieht man auf dem Preisschild, wie viel Geld sie kosten. Aber auch Gegenstände, an deren Veräußerung niemand denkt, werden mit der größten Selbstverständlichkeit andauernd in Geld gemessen. Die Eigenschaften eines Hauses, die es für seine Bewohner brauchbar machen, die Dienste einer Maschine für ihren Benutzer, die Vorzüge einer Stereo-Anlage – all das wird ziemlich gleichgültig, wenn es um die heiße Frage geht: Was tragen diese Dinge zum Reichtum einer Person bei? Ihre jeweilige Brauchbarkeit interessiert dann nur noch als Voraussetzung dafür, dass sie eine gewisse Summe Geldes wert sind. In dieser Eigenschaft addieren sie sich locker zum Geld hinzu, das der Betreffende womöglich auch noch hat. Das Ganze ergibt sein Vermögen, welches in der freien Marktwirtschaft entscheidet, was einer vermag. Es bestimmt den Grad der Freiheit, die man sich in der Welt des Marktes herausnehmen kann.

Einerseits scheint ein eigenartiger Idealismus am Werk zu sein, wenn alles irgendwie brauchbare Zeug einen Geldnamen verpasst kriegt. Der materielle Reichtum wird einem Geldquantum gleichgesetzt und gilt dabei als „Stellvertreter“ des Stoffs, der getrennt von den vielfältigen Gebrauchswerten den „eigentlichen“ Reichtum darstellt. In dieser Operation, die jedem geläufig ist, den es in die freie Marktwirtschaft verschlagen hat, braucht der abstrakte Reichtum noch nicht einmal greifbar zu sein, wenn er als Maß aller Dinge gewürdigt wird. Solange man nur wissen will, was eine Sache wert ist, tut es ein vorgestellter Geldbetrag auch. Sobald es jedoch darum geht, etwas zu kriegen, sich den Gebrauchswert einer Sache zu sichern, braucht man das Geld, das sie kostet.

Andererseits ist also überhaupt kein Idealismus vorhanden, wo alles in Geld geschätzt wird. Groß und Klein sehen sich da mit dem Materialismus des Privateigentums konfrontiert. Was immer jemand genießen und zu seiner Verfügung haben will – er muss es mit Geld bezahlen, weil es jemand anderem gehört. Und auch wenn auf den neuesten Scheinchen nicht mehr der Hinweis vermerkt ist: „Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte in Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft“, verfällt doch keiner auf die Idee, er dürfte sich die ihm als Geld vertrauten Zettel nach Bedarf zurechtkleben. So viel weiß der moderne Mensch schon als Kind über seine Heimat, in der die Gültigkeit des Geldes durch die staatliche Gewalt gesichert wird, so dass es sein Werk als Maß des Reichtums ordentlich verrichten kann: Von allem Nützlichen und Angenehmen, das er zu Gesicht kriegt und gebrauchen will, steht jedem das zur Verfügung, was er in sein Privateigentum verwandelt. Das Geld stellt die eine Privatperson mit allen anderen gleich – und in einen gesellschaftlichen Zwangszusammenhang. Dieser abstrakte Reichtum ist der Schlüssel zur Teilhabe an den Sorten des konkreten Reichtums, des vielfältigen Zeugs, das an allen Ecken der freien Marktwirtschaft arbeitsteilig produziert wird, um verkauft zu werden. Der Zwang zum Tausch macht sich als „Bedürfnis“ nach Geld bemerkbar. Obgleich selbst ungenießbar, will es jeder haben, da dieses Maß der Werte mit seiner unmittelbaren Austauschbarkeit seinen Besitzer zum Herrn über die Warenwelt macht. Vorausgesetzt, er hat genug davon.

Das Zirkulationsmittel

Ist die Sache mit dem Privateigentum geregelt und Gott und die Welt hinter dem Geld her, damit sie auf dem Markt etwas ausrichten, dann zirkulieren nicht nur Waren, sondern auch Gemeinsprüche der begriffslosesten Sorte. „Das Geld ermöglicht den Tausch,“ heißt es da in den VWL-Büchern wie im kleinen Brockhaus und im großen Meyer. Und um einen guten Eindruck zu machen und den wissenschaftlichen Schein zu wahren, zu dem ein Quäntchen Notwendigkeit gehört, wird der Hinweis auf die Arbeitsteilung bemüht, welche im „Tauschmittel Geld“ die Verteilung der weit und breit verstreuten Güter glücklich herbeiführe.

An solchen Weisheiten, die freudig vermelden, dass das Geld „Zugang zu“ und „Verteilung von Gütern“ ermögliche, muss eine kleine Korrektur angebracht werden. Das Geld, das Maß des Reichtums, stellt den Zugang zu nützlichen Produkten und deren Verteilung auch ein wenig in Frage. Es verunmöglicht das, was es „möglich macht“, auch: Schließlich trennt das gewaltsam in Kraft gesetzte Eigentum erst einmal sämtliche Bedürfnisse von den ihnen entsprechenden Gegenständen. Es lässt sie nur unter der Bedingung zum Zug kommen, dass der geforderte Preis an den entrichtet wird, dem die Dinge gehören. Wenn ein Staat mit seiner Gewalt das Geld als Mittel der Bedürfnisse vorschreibt, dann erhebt er also ganz bestimmt nicht die Bedürfnisse zum Zweck des Wirtschaftslebens. Er unterwirft vielmehr ihre Befriedigung der Zahlungsfähigkeit derer, die sie verspüren. Vom Quantum des öffentlich-rechtlich beaufsichtigten Stoffes, das einer besitzt, hängt seine Betätigung in der Welt der Genüsse ab. Anders ausgedrückt: Die Güter finden den Weg zu ihren Liebhabern nur, wenn diese zahlen. Als Waren bevölkern sie dann den Markt, sie sind Geschäftsartikel, und ihre Eigentümer stellen sie äußerst ungern zur Verfügung, wenn sie sich nicht versilbern.

Dass durch das Geld eine Verteilung stattfindet, soll damit gar nicht bestritten werden. In Frage steht jedoch, ob es sich beim Geld um eine glückliche Erfindung aus fernen Tagen handelt, durch die ein mit der „Arbeitsteilung“ auf die Welt gekommenes Problem einvernehmlich gelöst wurde: Güter von dem Ort, wo sie nicht gebraucht werden, dorthin zu verfrachten, wo sie jemand haben will. Dagegen spricht schon jeder Werbespot mit seiner Botschaft von der „preiswerten Ware“. Die zeugt nämlich von nichts anderem als dem Bemühen um eine beschränkte Zahlungsfähigkeit; und an den Mann gebracht werden soll die eine Ware statt der anderen, was auch gleich die Behauptung widerlegt, das Geld sei, wenn schon keine Lösung des Verteilungsproblems, dann dessen Not-Lösung, angesichts der „Knappheit von Gütern“ – auch dies eine Deutung, die einen Hinweis auf die unübersehbaren Gegensätze des Marktes enthält, auf dem Waren und Geld die Hände wechseln.

Anders gesagt: Zunächst einmal vermittelt das Geld tatsächlich den Austausch von Waren beliebiger Herkunft untereinander. Zeitliche und örtliche Schranken der Produktion, wie sie neben den Zufällen individueller Bedürfnisse immer als Manko des „Naturaltausches“ ausgemalt werden („Der eine hat das (nicht), was sein gerade hereingeschneiter Tauschpartner (nicht) braucht...“), sind mit dem Geld beseitigt – ob das glücklich gelöste Problem außerhalb einer Geldwirtschaft, aus der man sich das Geld weggedacht hat, überhaupt eine Rolle spielen würde, mag dahingestellt bleiben. Deswegen ist das Geld aber noch lange keine „Recheneinheit“ und kein „Steuerungsinstrument“, das garantiert, dass Güter ihren Benützer finden. Immerhin macht es sich selbst zur Bedingung dafür, dass die Waren in Bewegung geraten und von ihrem ursprünglichen Besitzer zu ihrem Benützer gelangen. Vor dem allseits beliebten Resultat, dem gelungenen Austausch von Waren hier gegen Waren dort und anderswo, hat immerhin noch jede Ware ihre Verkäuflichkeit zu beweisen. Und das heißt: Sie muss sich nicht nur am Interesse an ihrem Gebrauchswert bewähren, sondern an der Zahlungsfähigkeit der Interessenten. Insofern verrichtet das Geld die ihm so hoch angerechnete Wohltat, den Gütern und Menschen als Verteilungsinstrument zu dienen, nur sehr bedingt. Unerfüllte Bedürfnisse zeugen ebenso deutlich wie unverkäufliche Waren davon, dass die Trennung von Kauf und Verkauf – jene „Technik“, die die Möglichkeit des Austauschs jeder beliebigen Ware gegen jede andere eröffnet – einen handfesten Gegensatz stiftet: Unterwegs kommt es offenbar so sehr aufs Geld an, dass Ware gar nicht erst zu Ware findet...

Wenig Trost bietet da auch die angesichts der Störungen des Marktes erhobene Klage, das Geld würde mengenmäßig verkehrt gehandhabt und Störungen deshalb hervorrufen. Den Idealismus, „das“ Geld der Marktwirtschaft, in der es auf die ausschließliche Verfügung von Privateigentümern über Geld und Ware ankommt, zu einer Gesamtmenge zu addieren, mit der, wenn richtig bemessen, der „Markt geräumt“ und jedes Bedürfnis befriedigt würde, treibt ja doch keiner der einschlägigen Experten bis zu dem Vorschlag, für den guten Zweck der Warenverteilung und Menschenversorgung einfach mehr Geld unter die Leute zu bringen, damit ein fröhlich Kaufen und Verkaufen anhebt: Das geht auf keinen Fall, weil die Kaufkraft, die so geschaffen würde, durch höhere Preise ausgenützt und nur dazu führen würde, dass das Geld nichts mehr taugt... Auf die Anzahl der Geldeinheiten kommt es demzufolge also an: nicht im Hinblick auf den Dienst als Zirkulationsmittel, den das Geld angeblich so zweckmäßig versieht und bisweilen dann doch versagt, sondern weil es auf die Einheit ankommt, von deren Inhalt kein marktwirtschaftlicher Kopf etwas wissen will. Immerhin geben insofern selbst die Freunde der „quantitätstheoretischen“ Deutung der Inflation (deren Geheimnisse im übrigen im Kredit und nicht in den Güterbergen und Geldmengen liegen!) noch zu, dass der Markt für den Nutzen des Geldes geradezustehen hat und nicht umgekehrt.

Dass die Beschaffung von Geld, jener Privatmacht über den gesellschaftlichen Reichtum in „schlagfertiger Form“, den Zweck des Marktes ausmacht, lässt sich freilich leichter bemerken als über falsche Theorien, die sich dann am Interesse ihrer Urheber blamieren. Darauf sind vor allen Marxisten schon ganz andere Leute gekommen.

Das Geld bringt’s

Dass man nicht viel zu bestellen hat, wenn man in der Marktwirtschaft, einmal in den Besitz einiger Kreuzer gelangt, sein Geld ausgibt und die erstandene Ware verbraucht, ist schon dem Geizkragen eingefallen, der als Charakter die schöne Literatur bevölkert. Der Schatzbildner zieht jene Form des Sparens vor, die im Verkaufen und im Behalten des Geldes besteht. Dass er auf die in der Warenwelt gebotenen Genüsse verzichtet, weil er mit dem Geld die Macht über sämtliche Bedürfnisse an Land zieht, macht ihn komisch. Freilich belacht niemand das verständliche Ansinnen, Geld anzuhäufen: Wegen der Entsagung wird sein Bedürfnis nach dem universellen Kaufmittel schiere Habgier, der arme Reiche eine lächerliche Figur.

Vernünftiger sieht der Hang zum Geld schon aus, wenn geborgt wird. Wo es um die Versilberung von Waren geht, wird oft geliefert, ohne dass gezahlt werden kann. Momentane Zahlungsunfähigkeit darf kein Hindernis sein für Kauf und Verkauf, lautet der Beschluss. Und wenn es sich nicht gerade um einen Akt des Pumpens handelt, in dem arme Leute ein gegenwärtiges Bedürfnis befriedigen, um es mit künftigem Verzicht zu bezahlen, ist jedem klar, dass Kredit eine seriöse und unerlässliche Geschäftstechnik darstellt. Er beruht nämlich darauf, dass „der Markt“ Überschüsse hergibt. Wer Zahlungsaufschub gewährt, gesteht ja ein, dass für die Fortführung seiner Marktbeteiligung genug Geld da ist; für die fällige Begleichung der Schuld nach vereinbarter Frist steht der Staat, als Wächter über alle Verträge, zur Verfügung. Wo Schuldenkonten zur Regel werden und die Geldforderungen wie Geld behandelt werden und funktionieren, hat die Akkumulation von abstraktem Reichtum eben schon ihre Fortschritte gemacht – irgendwie hat der Tausch da zur Anhäufung von Geld geführt...

Dasselbe gilt für den Staat, der über sein Bankwesen den Austausch seines lokal begrenzten Marktes bzw. seiner Geschäftsbürger mit dem Ausland saldiert – und Geldguthaben genauso schätzt wie einen Schatz aus Gold. Den Weltmarkt sehen Staaten von vornherein als Mittel für die gute Ausgestaltung ihrer Bilanzen an, und das „Hungerproblem“ erübrigt jeden Verdacht, dass es beim internationalen Austausch um die allseitige Versorgung mit Gütern ginge. Der Markt ist da von vornherein ein Mittel zur Gewinnung von ökonomischer Macht, und die beziffert sich in Geld, der Form universellen Reichtums...

Kapital – die Kunst der Geldvermehrung

Das Geld ist nicht der Knecht der Güter und schon gar kein Hilfsmittel für ihre termingerechte Verteilung. Mit Geld macht man sich den Markt dienstbar, wenn man es versteht, es so auszugeben, dass man es behält und immer mehr übrig hat. Die alten Techniken, aus dem Kaufen und Verkaufen einen Beruf zu machen oder das Geld zu verleihen, gegen einen Preis natürlich, haben sich da als wegweisend erwiesen. Diese frühen Erfindungen, welche sich bis heute gehalten haben, beruhen auf dem Prinzip, dass andere für die Erhaltung und Vermehrung des eigenen Vermögens mit aufkommen. Und sie haben – im Verein mit staatlichen Verpflichtungen aller Art – den Blick für die Notlage freigemacht, welche das Dasein der gewöhnlichen Statisten des Marktes bestimmt. Diese Menschen müssen beständig darauf sinnen, an Geld zu kommen, um sich auf dem Markt wieder einzudecken. Da sie zwar bereit sind, ihrerseits etwas Verkäufliches herzustellen, aber die dafür notwendigen Mittel nicht finanzieren können, lag es für potente Geldgeber nahe, ihnen die Gelegenheit zur Arbeit zu verschaffen. So wäscht eine Hand die andere, ein Zug von Humanität streift die kalte Welt des berechnenden Tausches, und der Nachschub an Waren für den Markt ist auch sichergestellt.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist mit andern Worten der einzig senkrechte Umgang mit Geld. Oder andersherum: Das Geld diktiert ein ganzes Produktionsverhältnis. Allen, die über so wenig Mittel verfügen, dass sie das Geld einfach für ihren Lebensunterhalt ausgeben und nach dem Verzehr der erstandenen Sachen wieder an Geld kommen müssen, wird mit der segensreichen Einrichtung einer „abhängigen Beschäftigung“ die Möglichkeit eröffnet, mit den Tücken des Zirkulationsmittels zurechtzukommen. Vorausgesetzt, ihre Arbeit ist rentabel für das Eigentum, das die kostspieligen Arbeitsplätze bereitstellt und die Produkte preiswert an den Mann bringt, kriegen sie ein Entgelt, das sie sich einteilen können. Dabei hilft ihnen der Staat, dessen Gewalt die Scheidung der Arbeit vom Eigentum bewerkstelligt und überwacht, mit seiner Abteilung „Soziales“. Zwangssparen für Notfälle ist u.a. schon deshalb angezeigt, weil aufgrund der Kalkulation mit den Arbeitsplätzen der Lebensunterhalt von Lohnabhängigen bisweilen gar nicht lohnend ist und neben der gewöhnlichen Armut derer, die sich als Mittel der Vermehrung fremden Eigentums bewähren dürfen und da mit dauernden Veränderungen von Lohn und Leistung konfrontiert sind, immer auch einiges an Verelendung fällig ist. Entscheidend in all diesen Fragen bleibt das Wachstumwessen: das ist keine Frage –, ohne das gleich alle aufgeschmissen sind, weil alles und alle von ihm abhängen.

Insofern ist das Geld, von dem niemand genau sagen kann, wer es erfunden hat, eine sehr fortschrittliche Sache. Es bildet gewissermaßen das einigende Band zwischen denen, die es haben und als ihr Mittel verwenden, und denen, die ihm dienen, wenn sie die Produktionsmittel anderer bedienen: Beide Seiten verdienen Geld mit Arbeit. Die einen so viel Geld, wie sie rentabel arbeiten lassen. Die andern können – zumindest wenn es ihnen gelingt, sich auf dem Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu kaufen – frei und gleich die kleine Zirkulation in Schwung halten: Arbeitskraft verkaufen, Arbeit abliefern, das Verdiente auf den Markt werfen. Ihre Behandlung als Kostenfaktor, noch so ein Sachzwang des Geldes, garantiert, dass sie nicht übermütig werden – und öfter mal arbeitslos dazu.

Konkordanz

Aus: MSZ – Gegen die Kosten der Freiheit, Marxistische Streit- und Zeitschrift, 9-84.