Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Tunesien
Unser Strandhotel im Visier des Terrors
Terror erschüttert das Urlaubsland Tunesien
, meldet
die Süddeutschen Zeitung Mitte März, und mit der Schlagzeile
über dem Bericht vom Anschlag einer islamischen Gruppe auf
das Bardo-Museum in Tunis steht schon fest, wie deutsche
Journalisten auf Tunesien blicken. Die Rede vom
Urlaubsland
geht ganz unbefangen von einer
feststehenden, diesem Staat samt seinem beweglichen
und unbeweglichen Inventar zugewiesenen Rolle aus.
Benannt wird mit diesem Namen die Funktion, der
Tunesien in der eingerichteten politökonomischen Hierarchie
der Staatenwelt praktisch unterworfen ist, und zusammen mit
der auch der Blickwinkel, unter dem es die hiesige
Öffentlichkeit über das Land und seine Probleme aufzuklären
gilt: Was da vom Terror erschüttert
wird, ist eine mit
billigem Dienstpersonal ausgestattete, klimatisch und
territorial begünstigte Anlagesphäre für die nationale und
internationale Hotelindustrie.
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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Tunesien
Unser Strandhotel im Visier des Terrors
Terror erschüttert das Urlaubsland Tunesien
,
meldet die Süddeutschen Zeitung Mitte März, und mit der
Schlagzeile über dem Bericht vom Anschlag einer
islamischen Gruppe auf das Bardo-Museum in Tunis steht
schon fest, wie deutsche Journalisten auf Tunesien
blicken. Die Rede vom Urlaubsland
geht ganz
unbefangen von einer feststehenden, diesem Staat
samt seinem beweglichen und unbeweglichen Inventar
zugewiesenen Rolle aus. Benannt wird mit diesem
Namen die Funktion, der Tunesien in der
eingerichteten politökonomischen Hierarchie der
Staatenwelt praktisch unterworfen ist, und zusammen mit
der auch der Blickwinkel, unter dem es die
hiesige Öffentlichkeit über das Land und seine Probleme
aufzuklären gilt: Was da vom Terror erschüttert
wird, ist eine mit billigem Dienstpersonal ausgestattete,
klimatisch und territorial begünstigte Anlagesphäre für
die nationale und internationale Hotelindustrie.
In der Rede vom Urlaubsland Tunesien steckt darüber
hinaus eine klare Besitzanzeige: Denn das Land ist
abhängig vom Geld der Kapitalbesitzer, die dort
unten investieren, sowie von denen, die in den
Heimatländern des Kapitals einen Lohn beziehen und sich
deshalb Urlaubsreisen dorthin leisten können. Also ist
Tunesien unser Urlaubsland – und aus der
Perspektive dieses Fürworts kommt die Betroffenheit, die
aus den Zeilen der SZ spricht, wenn sie vom Ausmaß des
Schreckens berichtet, den militante Gruppen mit ihrem
Angriff auf diese Idylle verbreiten, und man erfahren
darf, was genau da kaputtgeht und wer da inwiefern
bedroht ist: Ein Attentat auf Urlauber in einem Land,
das vom Tourismus lebt … ist eine unbeschreibliche
Katastrophe... und zwar für ganz Tunesien
(SZ 20.3.15). Wenn das Land
unsere Sicherheit nicht mehr zu garantieren vermag,
können wir auch nicht mehr nach Tunesien kommen, was
zeigt, dass man dem Land nichts Schlimmeres antun kann,
als ihm die Subsumtion unter seine Funktion für den
Weltmarkt zu rauben. Ohne uns als zahlende Kundschaft ist
es vorbei mit der Schönheit, ein Urlaubsland zu sein:
Der Terror hinterlässt ein Land, das den Absturz
fürchtet
(SZ 20.3.).
Noch schlimmer freilich ist, dass es sich in Wahrheit genau so verhält, wie es sich dem bornierten Blick der Journalisten darstellt: Tunesien ist entweder Urlaubsland oder gar nichts.