Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Die Selbstbehauptung eines verfemten Staatsmannes:
Ahmadinedschad attackiert die moralische Hegemonie des Westens
Seit Dezember des vergangenen Jahres macht Ahmadinedschad mit einer Infragestellung bzw. Leugnung des nationalsozialistischen Genozids an den Juden von sich reden. Zu diesem verwegenen Befund beflügelt ihn freilich nicht die Liebe zur historischen Wahrheit. Sein Erkenntnis leitendes Interesse ist das, wofür das ‚schlimmste Verbrechen des 20. Jahrhunderts‘, für das sich die Bezeichnung ‚Holocaust‘ eingebürgert hat, heute bei seinen Gegnern steht.
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Systematischer Katalog
Die Selbstbehauptung eines verfemten
Staatsmannes:
Ahmadinedschad attackiert die
moralische Hegemonie des Westens
Mahmud Ahmadinedschad hat’s auch nicht leicht. Was immer der gottesfürchtige Mann sagt, was immer er tut, alles wird verteufelt. Der politische Repräsentant eines ‚Schurkenstaates‘ ist eben in all seinen Äußerungen und Vorhaben von vornherein im Unrecht. Mit der permanenten Demütigung seiner Nation will sich der iranische Präsident jedoch nicht abfinden. Er startet eine Art ideologische Gegenoffensive: Immer lauter meldet sich der streitbare Präsident mit einer Kritik der imperialistischen Ideologie zu Wort, die das Feindbild gegenüber seinem Land so hermetisch macht.
Mit der ‚Auschwitzlüge‘ gegen die Legitimität Israels
Seit Dezember des vergangenen Jahres macht Ahmadinedschad mit einer Infragestellung bzw. Leugnung des nationalsozialistischen Genozids an den Juden von sich reden. Zu diesem verwegenen Befund beflügelt ihn freilich nicht die Liebe zur historischen Wahrheit. Sein Erkenntnis leitendes Interesse ist das, wofür das ‚schlimmste Verbrechen des 20. Jahrhunderts‘, für das sich die Bezeichnung ‚Holocaust‘ eingebürgert hat, heute bei seinen Gegnern steht: Für das absolut unbestreitbare Recht des israelischen Staates auf einen Platz in Palästina, für eine Blankovollmacht für Israel, sich mit dem ständigen Einsatz auch staatsterroristischer Mittel zu verteidigen und territorial auszuweiten, sowie für die Pflicht aller zivilisierten Nationen, Israel in all seinem gewalttätigen Tun anzuerkennen und zu unterstützen. Nach offizieller Lesart rechtfertigt sich alles, was sich der bis zur Atomkriegsfähigkeit gerüstete Juniorpartner des amerikanischen Antiterrorkriegs an Gewalt gegen die Palästinenser und gegen die benachbarten Staaten leistet, als legitime Selbstverteidigung eines permanent vom Genozid bedrohen Volkes. Das will Ahmadinedschad nicht unwidersprochen lassen. Er akzeptiert nicht, dass seine palästinensischen Glaubensbrüder und der gesamte Nahe Osten mit der größten Selbstverständlichkeit ‚die historische Rechnung‘ für etwas bezahlen sollen, mit dem sie ganz offensichtlich nichts zu tun haben. Noch weniger nimmt er hin, dass der Völkermord der deutschen Faschisten den ‚jüdischen Pfahl im Fleisch der arabischen Nation‘ legitimieren soll, der sich noch dazu als größter antiiranischer Hetzer hervortut und den iranischen Ambitionen, zur regionalen Ordnungsmacht aufzusteigen, im Wege steht. Also macht er sich daran, die historischen Rechtstitel zu bestreiten, die dem Vorposten des Westens im Nahen Osten allerhöchste Legitimität bescheinigen. So ist ihm zufolge für die historische Legitimität des Judenstaates im Nahen Osten die Frage der Existenz eines Holocaust vollkommen gleichgültig, weil so oder so andere Konsequenzen viel näher lägen:
„Wenn der Holocaust passiert ist, dann muss Europa die Konsequenzen ziehen und nicht Palästina den Preis dafür zahlen. Wenn er nicht passiert ist, dann müssen die Juden dahin zurückkehren, wo sie hergekommen sind.“ (Spiegel, Nr. 22/06) Denn: „Wenn die Europäer mit der Behauptung die Wahrheit sagen, sie hätten sechs Millionen Juden im Zweiten Weltkrieg getötet, warum sollten die Palästinenser für dieses Verbrechen bezahlen. Warum sind die Juden ins Herz der islamischen Welt gekommen und begehen Verbrechen gegen die lieben Palästinenser mit ihren Bomben, Raketen und Sanktionen …Wenn ihr die Verbrechen begangen habt, dann gebt den Israelis ein Stück eures Landes irgendwo in Europa oder Amerika und Kanada oder Alaska, damit sie dort ihren eigenen Staat aufbauen können.“ (Ahmadinedschad, 14.12.05)
Die Idee, dass diejenigen die territorialen Kosten der
Wiedergutmachung – an anderer Stelle schlägt er mit hohem
historischen Gerechtigkeitssinn ein Gebiet zwischen
Deutschland und Österreich
vor – übernehmen sollen,
die die einschlägigen Schandtaten begangen haben und nun
das Bedürfnis nach tätiger Reue verspüren, mag für
gewisse Staatsmänner ja schockierend
(Außenminister Steinmeier) sein, von der Sache her so
irrsinnig
, wie allenthalben diagnostiziert wird,
ist sie wohl nicht. Mit keiner Silbe verlässt
Ahmadinedschads Argumentation nämlich die Logik der
Konstruktion historisch-moralisch begründeter
Rechtstitel, mit denen Staaten ihre Ansprüche als
legitime, von allen anderen bedingungslos anzuerkennende
Anliegen anmelden. Er teilt grundsätzlich den Standpunkt,
dass aus der Geschichte Rechte resultieren,
dass also auch die Juden aus dem Holocaust – so
es ihn gab – Rechtstitel ableiten können. Weil er jedoch
seinem Erzfeind überhaupt keine Rechte zubilligen will,
empfindet er das Bedürfnis, die Faktizität der
historischen Grundlage der israelischen Rechtstitel, den
Holocaust, zu negieren. Hinter der Verwendung
des Völkermords als kategorische Legitimation des
Judenstaates sowie als Totschlagargument gegen jede
Kritik an Israel entdeckt er das Interesse
Israels bzw. der westlichen Israelunterstützer an diesem
Legitimationsgrund – und schließt von da aus auf die
verschwörerische Tat, seine historische Grundlage
schlichtweg erfunden zu haben: Der Mythos vom Massaker
an den Juden ist von den westlichen Staaten erfunden
worden, um mitten in der islamischen Welt einen jüdischen
Staat zu errichten.
(Ahmadinedschad, Dezember 05) In
der beliebten Technik, ‚die Geschichte‘ als
Rechtfertigungsinstanz des Interesses zu bemühen, das man
heute verfolgt, kennt der Mann sich aus – so gut, dass er
sie auch andersherum beherrscht: Wem eine historische
Generallegitimation für sein Interesse nützt,
muss die Fakten, mit denen er operiert, erfunden
haben. Zumindest ist ein entsprechender Verdacht
angezeigt, und zur propagandistischen Präsentation dieses
Fundamentalangriffs auf die israelische Staatsideologie
lädt er einige notorische Exemplare brauner
Holocaustleugner als Kronzeugen zu einem
‚Holocaust-Kongress‘ nach Teheran ein. Deren als
‚Auschwitzlüge‘ bekannt gewordener Wahn, auf keinen Fall
ein historisches ‚Verbrechen‘ zuzugeben, das Deutschland
irgendeine ‚Schuld‘ aufbürden könnte, wertet er damit zur
wissenschaftlichen Hypothese auf, als Beitrag zur
Wahrheitsfindung im Rahmen der universitären
Faschismusforschung, erklärt so das Faktum des Holocaust
zur offenen Frage und sich selbst zum Anwalt ihrer
Lösung. Von der erwartet er sich eine ganze Menge.
„Die Wurzeln des Palästina-Konflikts sind in der Geschichte zu suchen. Der Holocaust und Palästina stehen in direkter Verbindung zueinander. … Die Klärung dieser Frage trägt zur Lösung von Weltproblemen bei. Unter dem Vorwand des Holocausts fand weltweit eine sehr starke Polarisierung und Frontenbildung statt. Deshalb wäre es sehr gut, wenn eine internationale und unparteiische Gruppe der Sache nachginge, um ein für alle Mal Klarheit zu schaffen.“ (Spiegel, Nr. 22/06)
Wo andere unter dem „Vorwand des Holocausts“ die Welt
polarisieren, möchte er sie mit einer Forschergruppe
befrieden. Die schafft „Klarheit“, indem sie den Vorwand
als solchen entlarvt – dann hat sich zusammen mit dem
jüdischen Rechtstitel auf einen Platz in Palästina auch
der israelische Staat selbst von der Landkarte aus dem
Verkehr zu ziehen und es herrscht endlich Frieden in der
Region. Die Reaktionen des Westens auf diese abweichende
Vorstellung von einem nah-östlichen Friedensprozess sind
kongenial: Der Grund des Übels im Nahen Osten ist nicht
Israel, sondern seine Nichtanerkennung durch seine
islamische Nachbarschaft, deren böseste Variante die
Holocaust-Leugnung ist. Mit diesem moralischen Konter
geben westliche Politiker und ihre medialen Sprachrohre
den Schwarzen Peter zurück, ohne sich dabei groß auf
Ahmadinedschads Ausführungen einzulassen. Dessen
Zurückweisung der westlich-israelischen Rechtstitel
subsumiert man schlicht unter die Kategorie ‚Leugnung des
Holocaust‘, und weil die längst als eines der größten
Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert und
mancherorts sogar kriminalisiert ist, ist damit das
vernichtende Urteil über die antiisraelische Wortmeldung
und über ihren Autor auch schon perfekt – der Mann begeht
geistigen Genozid! Ein amerikanischer Regierungssprecher:
Himmelschreiend!
Bundeskanzlerin Merkel:
Unfassbar!
Die frisch gewählte Präsidentin des
Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch,
will gar keinen Unterschied zwischen Täter und
Interpreten mehr gelten lassen: Ein zweiter
Hitler!
In Israel sieht man das genauso.
Regierungssprecher Raanan Gissin unter unüberhörbarem
Verweis auf die stets gefechtsbereite israelische
Militärmaschinerie: Es wird keine zweite ‚Endlösung
der Judenfrage‘ geben!
Und Friedensnobelpreisträger
Schimon Peres sekundiert unter ebenso unüberhörbarer
Anspielung auf die gut 200 israelischen Atomsprengköpfe
mit der Drohung, dass auch der Iran von der Landkarte
gelöscht werden kann
. Selbst der Wissenschaft –
eiligst zum Spiegel-Interview gebeten – erscheint die
Sache begrifflich ‚unfassbar‘. Sie gibt sich mit ebenso
harschen wie leeren Verdammungsurteilen zufrieden.
Holocaust-Spezialist Götz Aly: Iran erhebt den Irrsinn
zum Staatsprogramm!
Und: Gegen obsessive
Geschichtskonstrukte lässt sich mit Argumenten und
einfachster Logik nicht ankommen.
Und wo der Gedanke
machtlos bleibt, bleibt als Antwort nur Gewalt: Da
gibt es die üblichen politischen und militärischen
Mittel.
(Spiegel, Nr. 4/06) Mit diesen exemplarischen
Gedankenschritten hat der Mann des Geistes eingeholt, was
der praktische Verstand des Imperialisten eh schon weiß:
Ahmadinedschads Attacken gegen die Rechtstitel des
Imperialismus sind ein weiterer Beweis für seine schon
längst feststehende hochgefährliche Boshaftigkeit und
belegen ein weiteres Mal die Notwendigkeit, den
‚Verrückten aus Teheran‘ gehörig unter Kuratel zu halten.
Ahmadinedschad liest dem ‚Leibhaftigen‘ die Leviten
Auch die zweite Initiative Ahmadinedschads zur
moralischen Rehabilitierung des Iran stellt einen
diplomatischen Paukenschlag
(Spiegel, Nr. 19/06)
dar. Der größte ‚Schurke‘ der ‚Achse des Bösen‘ schreibt
seinem amerikanischen Amtskollegen – der ansonsten in
Teheran eher als ‚der Leibhaftige‘ in Form von
Strohpuppen erhängt und verheizt wird – nach 27-jähriger
Funkstille einen offenen Brief. Dabei demonstriert der
ungehobelte Fundamentalist, wie gut er sich auf
diplomatische Heucheleien versteht: Im vereinnahmenden
Gestus eines gemeinsamen Strebens nach Frieden und
Ordnung auf der Welt sowie eines gemeinsamen Glaubens an
einen Allmächtigen wendet er sich an Bush, um
Widersprüche und offene Fragen
, die er auf der
internationalen Ebene
ausgemacht hat, zur
Diskussion zu stellen, damit die Möglichkeit eröffnet
wird, für Abhilfe zu sorgen
. Im Klartext will er
freilich nichts anderes, als den mit großem
propagandistischen Aufwand etablierten politmoralischen
Status der USA, demzufolge die amerikanische Politik
immer ein zutiefst berechtigtes und von allen Nationen
guten Willens anzuerkennendes und zu unterstützendes
Anliegen darstellt, torpedieren. Zu diesem Zweck nimmt er
die Selbstdarstellung der amerikanischen Politik beim
Wort, um ihre Moral an ihren eigenen Maßstäben zu
blamieren. Ein Beispiel:
„Kann jemand Anhänger Jesu Christi (Friede sei mit ihm) sein, des großen Gesandten Gottes, sich der Achtung der Menschenrechte verpflichtet fühlen, den Liberalismus als Zivilisationsmodell präsentieren, seine Opposition zur Verbreitung von Atomwaffen und Massenvernichtungswaffen verkünden, sich den ‚Krieg gegen Terror‘ auf seine Fahnen schreiben und schließlich an der Errichtung einer vereinten internationalen Gemeinschaft arbeiten, einer Gemeinschaft, welche Christus und die Rechtschaffenen auf Erden eines Tages regieren werden, aber gleichzeitig Länder überfallen, Leben, Ansehen und Besitz von Menschen zerstören und mit der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit, dass sich einige wenige Kriminelle in einem Dorf, einer Stadt oder beispielsweise einem Konvoi befinden, das Dorf, die Stadt oder den Konvoi in Brand schießen? Oder kann es wirklich sein, dass nur aufgrund der reinen Möglichkeit der Existenz von Massenvernichtungswaffen in einem Land dieses jetzt besetzt ist, rund 100.000 Menschen ermordet, seine Wasserressourcen, Landwirtschaft und Industrie vernichtet, an die 180.000 Mann ausländischer Truppen stationiert wurden, die Unverletzlichkeit der Privatwohnungen seiner Bürger missachtet und das Land möglicherweise fünfzig Jahre in seiner Entwicklung zurückgeworfen wurde? … Diese große Tragödie brach unter dem Vorwand der Existenz von Massenvernichtungswaffen über beide Völker herein, das des besetzten Landes und das des Landes der Besatzer. Später wurde aufgedeckt, dass gar keine Massenvernichtungswaffen existierten. … Wenn es erlaubt ist, dass die Wahrheit auf der Strecke bleibt, wie passt das zu den oben genannten Werten? Glaubt denn jemand, dass auch dem Allmächtigen die Wahrheit abhanden kommen kann?“
Widersprüche, nichts als Widersprüche. Natürlich ist es die leichteste Übung von der Welt, die wenig idealen Taten des Imperialismus an den hohen Idealen, in deren Namen sie vollbracht werden, zu blamieren – auf die versteht sich noch jeder Moralist. Ahmadinedschad meldet sich jedoch nicht einfach als solcher zu Wort: Hier geht es um einen Schlagabtausch unter Staatsmoralisten. Was Bush zur Legitimation seiner Weltordnungspolitik dient, kreidet ihm Ahmadinedschad als Brüskierung aller Werte an, die der amerikanische Präsident dauernd im Mund führt, stellt ihn damit ins moralische Abseits und sich selbst als den wahren Hort aller Werte hin, die der zivilisierten Staatengemeinschaft heilig sind. So dreht er den Spieß um: Während die von Ahmadinedschad affirmativ zitierten Ideale & Werte der westlichen Welt dazu dienen, den Iran und seine ‚fundamentalistische‘ Führung der ‚Achse des Bösen‘ zuzuordnen, führt er sie zum Nachweis ins Feld, dass das Böse seinen Sitz in Washington hat. So billig ist es zu haben, die eigene Staatsräson mit edlen Idealen und historisch verbrieften Rechten auszustaffieren und im selben Zug eine missliebige Staatsräson abgrundtief zu ächten, das gehört eben zum Handwerkszeug jedes Machthabers. Was sie allerdings unterscheidet, ist die Fähigkeit, der eigenen Sicht der Dinge Respekt zu verschaffen. Und das ist nicht billig zu haben: Hier zählt ganz prosaisch die schiere Macht, die eigene Position gültig zu machen.
Die Reaktionen in den Führungsnationen des übermächtigen
Westens auf die persische Post lassen denn auch ein hohes
Maß an Souveränität gegenüber Ahmadinedschads
leidenschaftlichen Anklagen erkennen: Sie ignorieren sie
einfach. Während sich der Präsident des Gottesstaates
etwas wolkig
(FAZ,
10.5.) in die höchsten Höhen des Allgemeinen
aufschwingt, stellt US-Außenministerin Condoleezza Rice
trocken fest, dass er ‚nichts Konkretes‘ zu bieten hat.
Schließlich hat man bei ihm keine moralischen Anklagen,
sondern ein Schuldbekenntnis in Sachen ‚unerlaubtes
Streben nach Massenvernichtungswaffen‘ sowie ‚sofortiger
Stopp der Uran-Anreicherung‘ bestellt: Die Probleme,
mit denen wir zu tun haben, werden darin nicht konkret
angesprochen. Darin steht nichts, was darauf hindeutet,
dass wir uns auf einem anderen Kurs befinden als vor dem
Erhalt des Briefes.
Der Mann tut einfach nicht, was
die USA von ihm erwarten, und will obendrein andere
Mitglieder der Völkerfamilie – noch dazu Verbündete der
USA! – in seinem Sinn beeinflussen – eine heimtückische
Machenschaft: Ziel Ahmadinedschads ist es vermutlich,
die internationale Gemeinschaft kurz vor dem
Außenministertreffen in New York durcheinander zu
bringen.
(Condoleezza Rice) Ich habe den Brief
gelesen und sehe darin den Versuch, den Außenministern
Sand in die Augen zu streuen.
(US-UNO-Botschafter
John Bolton). Während der Iran mit dem Brief neue
diplomatische Wege
(Chef-Unterhändler Ali
Laridschani) eröffnen will, hält man es in Washington
schon für einen Skandal, dass sich der Iran überhaupt mit
eigenen Positionen zu Wort meldet und ihnen Gehör
verschaffen will. Der Brief ist ein taktischer
Versuch, die Diskussion im Sicherheitsrat über das
weitere Vorgehen gegen Iran gezielt zu beeinflussen.
(US-Geheimdienstchef John Negroponte) Summa
summarum ein einziger Anschlag auf den Westen: Ein
Versuch, den Westen zu spalten.
(Financial Times
Deutschland, 12.6.) Da hat man’s wieder: Der Mann bewährt
sich als Terrorist, selbst wenn er Briefe schreibt. Und
so einer stellt sich mit der puren Tatsache, dass er mit
Bush über Moralfragen der Weltpolitik korrespondieren
will, auch noch auf die gleiche Stufe mit dem obersten
Weltordnungspolitiker: Ahmadinedschad beansprucht
sozusagen auf gleicher Augenhöhe mit dem amerikanischen
Präsidenten zu kommunizieren.
(ebd.) Mit all seinen
kunstvollen Höflichkeitsfloskeln
(FAZ, 10.5.) also
eine einzige Unverschämtheit. Von daher ist die
aufschlussreichste Reaktion keine Reaktion: Der
amerikanische Präsident denkt gar nicht daran, sich mit
dem obersten Schurken eines Schurkenstaates von Gleich zu
Gleich über Recht und Unrecht in der Weltpolitik
auszutauschen. Und das womöglich noch mit Argumenten.
Allein dieses beredte Schweigen stellt aller Welt klar
vor Augen, wer der oberste Mufti in Sachen politischer
Moralität ist.