Fußball-EM in Deutschland

Der Europameisterschaft wird dieses Jahr ganz schön viel abverlangt: „Verbinden“ soll sie die, die sich „unversöhnlich gegenüberstehen“; der EM-Chef Lahm proklamiert, sie würde die Zeitenwende endlich auch für die Gesellschaft einläuten; Außenministerin Baerbock hofft gar auf ein „Friedenszeichen“. „Vereint im Herzen Europas“ – so sollen sich Mannschaften, einheimische wie ausländische Fans und „wir alle“ fühlen; als bestes Vorbild erinnert sich die Öffentlichkeit an die WM 2006, als „die Welt zu Gast bei Freunden“ ein Sommermärchen glatt wahr werden ließ. Dass das alles andere als einfach wird angesichts der „politischen Zerrissenheit“ des Kontinents, die man nicht einfach wegjubeln kann, darin ist man sich einig, und gerade dieser Umstand macht die Beschwörung umso eindringlicher.

Auf die Leistung dieser sonderbaren Veranstaltung, wenn sich Staaten auf dem Fußballplatz begegnen und dafür von ihren Völkern bejubelt werden, auf die Auslebung eines Nationalismus, der endlich einmal von allen Querelen, Uneinigkeiten, Gegensätzlichkeiten des Alltags absieht und Oben wie Unten in einem schwarz-rot-goldenen Gemeinwesen zusammenschließt, wird einfach immer Wert gelegt. Entsprechend passend ist der Artikel zur WM 2006 auch heute – aller geäußerten Zweifel an der Euro2024 zum Trotz.

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Nationalflaggen an Autos und Wohnungsfenstern, in Nationalfarben bemalte, in die Flagge gehüllte Bürger, die Siege der deutschen Elf fordern und sich überglücklich geben, wenn sie eintreten; ebenso gut spielen sie die stolzen Gastgeber der Welt, die gerade bei Freunden ist. Fans und Passanten zeigen den Gästen „unser“ schönes Land oder den Weg zur nächsten U-Bahn-Haltestelle, vor allem aber sich selbst als zugleich selbstbewusst deutsch und weltläufig: Man gratuliert den Ausländern zu ihrer Nationalität ebenso wie zur Wahl ihres Reiseziels und lädt sie ein, „to join the party“!

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