Der Weisheit letzter Schluß:
Ausgerechnet "freie Wahlen"!
Ohne freie Wahlen jedenfalls soll sie auf gar keinen Fall gehen können, die "Erneuerung" der DDR. Das stand nun einerseits schon immer fest – für die in der BRD beheimateten Spezialisten für "Umkehr", "Wende" und Gesamtrenovierung der DDR. Die haben damit auf ihre Tour zu verstehen gegeben, daß sie aus rein menschlichen Gründen den zweiten Staat auf deutschem Boden für ein in jeder Hinsicht unannehmbares Gebilde halten. Das hieß "Völkergefängnis", "Unrechts staat", "Totalitarismus". Andererseits steht mittlerweise auch für fast jeden in der DDR selbst fest, daß es dort ganz dringend freie Wahlen bräuchte. Das hört man von der Partei, die bislang über ihre "Führungsrolle" nichts kommen ließ und mit ihrem "Machtmonopol" bestimmte, was im Staate DDR gelten soll. Dasselbe hört man aber auch von der Opposition, die sich gegen diese Partei organisiert hat; und haargenau dasselbe halten auch alle Bürger, die sich aus ihren Gründen gegen ihre SED-Staatsführung aufbauen, für eine unabdingbare Voraussetzung einer gelungenen Wende ihres Staates, wenn nicht sogar für die Wende selbst. Das ist die erste Merkwürdigkeit an diesen "freien Wahlen": Ganz unterschiedliche und offenbar ja auch ziemlich gegensätzliche Interessen haben zu einem einheitlichen politischen Konsens zusammengefunden, in dem nun wirklich nichts mehr von den kollidierenden Interessen zu vermerken ist. Schon vor ihrem Stattfinden haben offenbar die freien Wahlen das erste dialektische Wunder der Aufhebung aller Gegensätze zustandegebracht, nämlich insofern, als sich schon gar keiner mehr fragt, wie freie Wahlen eigentlich eine Vermittlung aller gesellschaftlichen und politischen Widersprüche bewerkstelligen. Damit einher geht die zweite Merkwürdigkeit: Es mag ja schon sein, daß die vorgestellte "Erneuerung" des DDR-Staates mit freien Wahlen auf den Weg gebracht wird. Komisch ist nur, daß gar keiner so recht weiß und sagen kann, welcher politische Inhalt den sachlichen Stoff dieser "Erneuerung" ausmacht, die alle für sofurchtbar dringlich halten. Was also sind sie wirklich - die freien Wahlen in der DDR?