Das nächste Kapitel der Krise und der Krisenpolitik Europas
Zypern – Definition und Abwicklung eines für die Union untragbaren Geschäftsmodells
Mit Zypern gerät das nächste Mitglied der Währungsunion an den Rand des Bankrotts. Das soll man sich mit Eigentümlichkeiten des Geschäftswesens auf der Insel verständlich machen – Russen! Schwarzgeld! – lauter Abweichungen von den gesunden geschäftlichen Sitten, die in Europas erfolgreichen Vorbildstaaten herrschen. Ein „Sonderfall“ ist es also, der mit Zypern in die Krise geraten ist. Alle Maßnahmen zu seiner Rettung auf den Weg gebracht werden, soll man als Rückkehr zum Pfad der wirtschaftspolitischen Vernunft verstehen, den dieser Staat verlassen habe. Zu schön, um wahr zu sein! Mit Zypern wird ein ganzer Euro-Finanzplatz abgewickelt – und an Zypern ein Modell für einen neuen Umgang mit dem Euro-Finanzkapital ausprobiert, an dessen Überakkumulation die Staaten leiden und um dessen Leistungen sie konkurrieren.
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Systematischer Katalog
Das nächste Kapitel der Krise und der Krisenpolitik Europas
Zypern – Definition und Abwicklung eines für die Union untragbaren Geschäftsmodells
Mit Zypern gerät das nächste Mitglied der Währungsunion an den Rand des Bankrotts, und wie schon in den Fällen zuvor bewährt sich auch da die Kunst des Vergleichens verbreitet als Ersatz für die Frage nach dem Grund der Krise des Landes. Die soll man sich unter Anleitung des politischen wie öffentlichen Sachverstands mit Eigentümlichkeiten des Geschäftswesens verständlich machen, die sich auf der Insel an der südlichen Peripherie des Euro-Raums breitgemacht haben. Über die wird man ausgiebig in Kenntnis gesetzt – Russen! Schwarzgeld! –, bis die moralische Botschaft sitzt: Von den gesunden geschäftlichen Sitten, die in Europas erfolgreichen Vorbildstaaten herrschen, weichen sie merklich ab. Ein Sonderfall
ist es also, der mit Zypern in die Krise geraten ist, noch so ein Staat, dem die Krise die nur gerechte Quittung erteilt für allzu viel Freiheiten, die sich seine politischen Führer herausgenommen haben. Daher verstehen sich auch alle Maßnahmen, die zu seiner Rettung auf den Weg gebracht werden, ziemlich von selbst: Sie leiten die Rückkehr zum Pfad der wirtschaftspolitischen Vernunft ein, den dieser Staat offensichtlich verlassen hat. So lässt sich auch Zypern und seine Rettung in die Indizienkette einreihen, die auf ein Ende der Finanzkrise
hoffen lässt...
Das ist dann doch zu schön, um wahr zu sein.
I.
Am Fall Zypern ist der Zirkel zu studieren, in dem sich die Krise Europas, seiner Banken, Staaten und seines Geldes, seit Jahren dreht. Die ganze Besonderheit des Landes besteht in dem Pech, von dem finanzpolitischen Gesamtkunstwerk betroffen zu werden, mit dem Europas führende Nationen schon seit einiger Zeit ungeschehen zu machen versuchen, dass nach dem Kredit ihrer Banken nun auch ihr eigener hinsichtlich seiner kapitalistischen Tauglichkeit in Frage steht.
Das Interesse an einem weiteren Fortbestand der Finanzbranche, an einer Versorgung ihrer Wirtschaften mit Kredit und an ihrer eigenen Freiheit zur Verschuldung bewegt Europas Führungsnationen zu einem kühnen Schritt. Als die mit Schulden wirtschaftende Bankenwelt das Vertrauen in einen weiter erfolgreichen Geschäftsgang nachhaltig aufzukündigen und damit die Entwertung des in ihrem verschachtelten System von Forderungen und Verbindlichkeiten aufgehäuften Kapitalvermögens zu vollstrecken droht, schlüpfen die Staaten in die Rolle von dessen Garanten: Der Kredit, den sie als Gewaltsubjekte schöpfen, die einen kapitalistischen Standort regieren, hat zu leisten, was das finanzkapitalistische Geschäftsleben gerade verweigert, nämlich für die Kapitalqualität und damit für den Wert der Schuldpapiere einzustehen, den die Finanzwelt praktisch in Zweifel zieht.
Diesen Widerspruch, mit mehr Kredit den Umstand ungeschehen machen zu wollen, dass für ihre geschäftstaugliche Verwertung schon zu viel Schulden in der Welt sind, bekommen seine Emittenten zu spüren. Die über den Aufkauf ihrer notleidenden Kredite und mittels anderer Methoden der Versorgung mit ‚Liquidität‘ am Funktionieren gehaltene Branche bleibt ihren Geschäftsprinzipien treu – und prüft die Kreditwürdigkeit der Instanz, von der sie so großzügig am Leben erhalten wird: Die Staaten, die mit ihren Schulden für die Geschäftstauglichkeit der Schulden der Finanzwelt einstehen, werden ihrerseits der Prüfung unterzogen, ob sie das Kapitalvermögen zu verbürgen imstande sind, das sie in die Welt setzen.
Diese Prüfung verläuft selektiv. Die Schulden des einen EU-Mitglieds stellen für die Branche ein höheres Risiko dar als die eines anderen, erleichtern in letzterem Fall, verteuern bis verunmöglichen in ersterem die Geldbeschaffung „auf den Märkten“, und darüber wird Griechenland zum ersten großen Problemfall: Mit ihren Forderungen nach Zins und Tilgung strapaziert die Finanzwelt dieses Land so lange, bis es bei ihr endgültig keinen Kredit mehr hat. Zur Rettung dieses Staates vor dem Bankrott sehen sich Europas potente Staaten unbedingt verpflichtet und eskalieren dabei den Widerspruch, in dem sie sich bewegen: Sie wollen mit noch mehr Staatskredit derselben Art wie der, dessen Geschäftstauglichkeit „von den Märkten“ bezweifelt und sehr unterschiedlich bewertet wird, die Zahlungsunfähigkeit dieses EU-Mitglieds und damit das Zerbrechen ihrer Union und den Ruin des Geldes, mit dem sie wirtschaftet, verhindern. In dem „Rettungspaket“, das Griechenland auf längere Sicht die Ableistung seines Schuldendienstes, die Sanierung seines Haushalts und die Wiedererlangung seiner Kreditwürdigkeit ermöglichen soll, ist freilich auch die definitive Entwertung seiner schon abgewerteten Anleihen mit im Programm: Griechenlands Schuldenlast wird darüber reduziert, dass man den Gläubigern dieser Schulden, also Europas Bankenwelt, eine teilweise Abschreibung ihrer Forderungen zumutet.
Diese Zumutung entfaltet ihre Wirkung nach einem denkbar einfachen Muster: Welche Bank hat wie viel dieser entwerteten Forderungen in ihren Büchern stehen, in welchem Verhältnis stehen diese zu anderen und besseren – wie also schlägt der erlittene Vermögensverlust auf die Solvenz der Bank durch und reduziert ihr kreditschöpferisches Engagement auf allen anderen ihrer Geschäftsfelder? Erst hier, als Folgeproblem eines finanzpolitischen Großmanövers zur Rettung Griechenlands und des Euro-Raums überhaupt, kommt Zypern ins Spiel. Die beiden großen Banken des Landes haben getan, was Banken tun, nämlich Risiko gegen Rendite abgewogen und sich auf griechische Anleihen verlegt, um an ihnen zu verdienen, sie als „Sicherheiten“ ihrer übrigen Kreditgeschäfte zu verwenden und was man als Bank mit Anleihen sonst so macht. Von diesem Vermögen haben sie nach der Rettung Griechenlands gut zwei Drittel weniger in ihren Büchern stehen, und das reicht für ihren Ruin und den Bankrott des Staates gleich mit. Der sieht sich zur Bestandserhaltung des Finanzplatzes Zypern
herausgefordert, davon aber mangels eigener Geldmittel von Anfang an tendenziell überfordert und dazu nach dem Wegfall seiner Kreditwürdigkeit bei auswärtigen Geldgebern vollends außerstande. Also braucht auch er Hilfe.
II.
Dem Hilfsantrag Zyperns wird von Europas Führungsnationen stattgegeben, freilich anders, als vom Antragsteller gewünscht. Zur Rettung von Banken ist der Kredit der Gemeinschaft nicht vorgesehen, geholfen wird dem Staat bei ihrer Abwicklung. Rückblickend hat man nämlich herausgefunden, dass es sich bei dem EU-Standort Zypern um ein grundverkehrtes Geschäftsmodell handelt.
Aus dem Umstand, von einer die ganze europäische Gemeinschaft umfassenden Krise und dem gleichfalls gemeinschaftlichen Werk der Rettung eines Mitglieds betroffen zu sein, leitet die Regierung Zyperns ihr gutes Recht auf eine Gemeinschaftsaktion auch zur Rettung ihrer Banken ab. Man sucht um Hilfsgelder aus dem ESM-Rettungsfonds nach, will aber um jeden Preis das Griechenland aufgenötigte Begleitprogramm eines Auflagen- und Aufsichtswesens vermeiden, das auf die Preisgabe der eigenen souveränen Haushaltsführung hinausläuft. Was man von Europa bekommt, sind zum einen Notkredite („Emergency Liquidity Assistance – ELA“), mit denen die EZB das zyprische Finanzwesen vor dem schlagartigen Kollaps bewahrt, zum anderen eine komplette Absage an das Hilfeersuchen. Mit der stellen Europas führende Finanzminister klar, wie für sie die gesamteuropäische Solidarität beschaffen ist, zu der sie sich selbstverständlich auch in diesem Fall bekennen.
Als erstes ergeht an die Adresse Zyperns die Erinnerung, dass das Land Mitglied in einer Gemeinschaft ist, in der Staaten mit dem, was sie haben, gegeneinander konkurrieren; dass deswegen auch die Niederlagen, die sie in dieser Konkurrenz zu verzeichnen haben, ihre Sache sind, mit der sie fertig zu werden haben. Mit Zyperns kaputten Banken mögen Euro-Vermögen auf dem Spiel stehen, auch der Fortbestand eines Finanzplatzes, der zu den guten Geschäften mit dieser Währung durchaus beigetragen hat, mag da gefährdet sein: Probleme, die Staaten mit der Solvenz ihrer Banken haben, sind ihre eigenen; als Gesamtgarant für die wertlosen Schulden, die sich in der Finanzwelt aufgetürmt haben, steht die Gemeinschaft auch im Fall Zypern nicht zur Verfügung; um die Sanierung seiner Geschäftsgrundlage hat sich der Staat dort selbst zu kümmern.
Zu dessen Rettung sieht Europa sich durchaus verpflichtet und auch imstande, und dazu, was das im einzelnen beinhaltet, ergeht die nächste interessante Klarstellung. Anders als bei den schon mit vergemeinschaftetem Kredit betreuten Krisenstaaten handelt es sich nach Auffassung der maßgeblichen europäischen Finanzminister bei Zypern nicht um einen Fall, bei dem ausweislich des eingetretenen Misserfolgs in der Konkurrenz bloß auf Fehler zu schließen wäre, die von der verantwortlichen politischen Führung gemacht worden sind. Hier ist nicht einem eigentlich brauchbaren Kapitalstandort durch verkehrte Wirtschafts- und Fiskalpolitik die Wettbewerbsfähigkeit
abhandengekommen, hier gibt es nichts zu sanieren
, auf dass dann nach ausgiebiger Gesundschrumpfung
bei den Kosten des Staates wie denen seines Volkes wieder Wachstum
einzieht und für Schuldentragfähigkeit
sorgt: In Zypern beweist die Krise der Banken, dass das Land so, wie es verfasst ist, selbst ein einziger Fehler und ihm daher mit Hilfe auch zu nichts zu verhelfen ist – Zyperns Geschäftsmodell ist unhaltbar
(Schäuble), weil ein Geschäftsmodell Größenwahn
und in seiner Krise ein einziges mahnendes Beispiel dafür, wohin es führen kann, wenn eine Volkswirtschaft ihren Finanzsektor zu stark aufbläht
(SZ, 21.3.13).
Bei dem, was der deutsche Finanzminister in der ihm eigenen Kaltschnäuzigkeit für unhaltbar
erklärt und sein Sekundant von der ‚Süddeutschen Zeitung‘ für Größenwahn
und für eine Volkswirtschaft zu stark aufgebläht
hält, handelt es sich freilich um die einzig nennenswerte Geschäftsgrundlage, über die dieses Mitglied der Union verfügt: Der Staat Zypern lebt von der Attraktivität, die er – dank vorbildlich liberaler Gesetzgebung im Banken- und Steuerwesen – bei Geldbesitzern und sonstigen Geschäftemachern aus Europa, Russland und dem Rest der Welt genießt. Genau dies wird für Zypern rückblickend als absolut verkehrte Methode eines Wirtschaftens in der EU befunden, für die Zukunft als Ding der Unmöglichkeit erklärt, und dafür wird praktisch gesorgt: Der Staat soll sich schon noch am Leben erhalten können, zu dem Zweck erhält er Kredit; zu den Auflagen des Hilfsprogramms gehört, neben den üblichen Streichungen bei Löhnen und Gehältern, Renten und Sozialleistungen, in seinem speziellen Fall aber auch die unabdingbare Verpflichtung, seinen Finanzsektor durchgreifend zu restrukturieren und zu verkleinern
, um damit dessen Solidität wiederherzustellen.
(‘Memorandum of Understanding‘, im Zusammenhang der Verhandlungen; lt. Financial Times, 12.4.13) Die Abwicklung der einen Großbank im Wege der Streichung privater Guthaben über 100 000 Euro, bis die Bankbilanz wieder in Ordnung ist, die Schuldenstreichung über die Umwandlung von Forderungen in wertloses Aktienkapital bei der anderen Bank: Das sind die Maßnahmen, die Zyperns Regierung nach einigem Hin und Her auf den Weg bringt, um ihrem Finanzplatz durch die Annullierung seiner Vermögensbestände wieder Solidität
zu verschaffen.
Zyperns Regierung mag während der Verhandlungen mit der EU darauf gesetzt haben, dass der – im Vergleich zu sonstigen Rettungsmaßnahmen
– sehr überschaubare Aufwand zur Sanierung der heimischen Banken die Finanzminister und Kommissare der EU doch zur Befürwortung ihres Antrags bewegen könnte. Womöglich hat sie auch darauf spekuliert, dass die politisch dekretierte Abschreibung eines kompletten Finanzplatzes wegen der bedenklichen Signalwirkung auf die Märkte
von den Verantwortlichen letztlich als zu großes Risiko bewertet würde. In beiden Fällen wird sie damit vertraut gemacht, dass und wie es Europas Führungsnationen am Fall Zypern ums Prinzip geht, sie ein ‚Modell‘ aus dem Verkehr ziehen wollen, das sie mit der kapitalistischen Bewirtschaftung ihrer Union ab sofort für unvereinbar halten. Der Ruin Zyperns, die komplette Schließung dieser kleinen Euro-Filiale kommt für sie nicht in Frage: Die soll weiter in Betrieb bleiben. Die Regierung des Landes kann mit einem Kredit in Höhe von 10 Mrd. wirtschaften, dessen Auflagen bis ins kleinste Detail die Verarmung der Bevölkerung regeln und die Eintrocknung des ohnehin nicht üppigen Geschäftslebens besorgen – ein Rezept für den Wiederaufbau nach dem verfügten Abbruch der ökonomischen Geschäftsgrundlagen hat man in Europa nicht im Angebot. Zur gesunden Konkurrenz in der Union, für die ein Schäuble sich stark macht, gehört eben, dass ein Staat aus dem, was er hat, das Beste macht, auch wenn es bloß noch Schulden sind. Strände sind ab sofort der Standortvorteil Zyperns, den es zur nationalen Verdienstquelle herzurichten gilt, ein Casino ist auch schon ein erster Schritt in die richtige Richtung.
III.
Das Exempel eines für Europa untragbaren ‚Geschäftsmodells‘ wird zwar an Zypern statuiert. In Anschlag gebracht wird in diesem negativen Urteil aber ein allgemeines Prüfkriterium, das anhand der Größenverhältnisse zwischen Bankbilanzen und staatlicher Finanzkraft so etwas wie die Gesundheit einer Volkswirtschaft ermittelt haben will. Auf den Prüfstand gestellt werden daher alle kapitalistischen Standorte Europas und müssen sich von den führenden Nationen die Nachfrage gefallen lassen, ob nicht auch bei ihnen ihr Finanzsektor „zu groß“ geraten ist. Insofern handelt es sich auch um eine neue Direktive für den Finanzkapitalismus in der Eurozone.
Dass der Sonderfall Zypern
, i.e. die Diagnose dieses Falls als in Europa nicht zu duldendes Geschäftsmodell und seine Therapie in Form der Abwicklung seiner Finanzwelt, gar keinen Sonderfall betrifft, ist kein großes Geheimnis. Die Zypern-Rettung ist Vorbild für ähnliche Krisen
(finanzen.net, 22.4.13), gibt Schäuble bekannt, und Fachleute von FAZ, SZ und Handelsblatt denken schon mal konstruktiv weiter. Sie ermitteln an Zypern zwischen den aggregierten Bankbilanzen und dem BIP ein Größenverhältnis von 1:8, bei Deutschland 1:3, bei anderen Staaten irgendwo dazwischen, und mit ihren Maßzahlen verteilen sie an die Standorte Plus- und Minuspunkte: In Form der aggregierten Bankschulden stellen sie das, was ihnen in einer Volkswirtschaft als Risiko gilt, der zusammengezählten Wirtschaftsleistung der Nation gegenüber, die für gesichertes Geschäft steht, und dem jeweils ermittelten Zahlenverhältnis entnehmen sie dann, wie es bei den Staaten um die Solidität
ihres Wirtschaftens bestellt ist. Was sie dabei umtreibt, bringt der niederländische Finanzminister in seiner Eigenschaft als Sprecher der Eurozone zur Sprache. Nach der am Fall Zypern erteilten Klarstellung, dass diesem Staat eine aussichtsreiche Zukunft in Europa – wie immer die dann aussehen mag – überhaupt nur nach der Abwicklung seines Finanzsektors in Aussicht steht, gibt der auf die Frage: Was heißt das für andere Eurozonenländer, die sehr aufgeblähte Bankensektoren haben, Luxemburg oder sogar Malta?
, folgende Antwort:
„Regelt das, bevor ihr in Schwierigkeiten kommt. Stärkt eure Banken und deren Bilanzen, und macht euch klar, dass wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät, die Antwort nicht automatisch sein wird: wir kommen und nehmen euch eure Probleme ab. Vielmehr werden wir sie abweisen. Das ist die erste Antwort, die wir brauchen. Weist sie ab. Sie sollen ihr Problem selbst lösen“ – und dies derart nachhaltig, „dass wir nie wieder eine direkte Rekapitalisierung (der Banken durch den Staat) auch nur zu erwägen brauchen.“ (Financial Times, 26.3.13)
Die Abwicklung des zyprischen Finanzplatzes ist für Dijsselbloem offenbar so etwas wie ein Menetekel, das auf den Rest der europäischen Nationen Eindruck machen soll. Die Kapitalqualität der Schulden von Banken zu garantieren, ist Sache der Staaten, in denen sie sich aufgetürmt haben, und wenn sie das bei ihren in Not geratenen Instituten nicht können, ist das ihr Pech. Vor Bankenpleiten und der anschließenden Abwicklung der Pleitiers im Wege der Streichung ihrer Schulden schrecken die finanzpolitischen Chefs der Eurozone jedenfalls nicht mehr zurück. Dem sollen Europas Staaten als positive Lehre für die Zukunft entnehmen, möglichst gar nicht erst in die Verlegenheit zu geraten, um gesamteuropäische Hilfe bitten zu müssen, die garantiert nicht kommt, und wie sie diese Peinlichkeit vermeiden könnten, weiß der Minister auch: Sie sollen in ihrem jeweiligen nationalen Geschäftsmodell dafür Sorge tragen, dass ihre Banken erst gar nicht so groß werden, dass sie im Fall ihrer Pleite die Finanzkraft ihres Staates überfordern!
Was an Bankkapital kaputt zu gehen droht und vom Staat nicht gerettet werden kann, war von vornherein zuviel, ist also überflüssig und zu entsorgen, weswegen Banken hinsichtlich ihrer Größe weise Selbstbeschränkung anzuraten ist: In sachlicher Hinsicht ist das nach dieser rein negativen Logik gestrickte Rezept Dijsselbloems absurd. Erstens, weil diese Empfehlung an ein Gewerbe ergeht, das mit seiner Größe seine Geschäfte macht: In ihm wird umso besser am Wirtschaften mit fremdem Geld verdient, je mehr von dem man schon verdient und es zu einer respektablen Größe gebracht hat; die kann man dann – in Gestalt von eigenen Sicherheiten, schon gelaufenen und noch laufenden Kreditgeschäften, vielfältigen und variantenreich besicherten Angeboten für Investments weltweit usw. – den Gläubigern als Garantie fürs geschenkte Vertrauen wie fürs überlassene Geld herzeigen. Zweitens ist es schon sehr verwegen, wenn diese politische Fachkraft aus der Abteilung Wirtschaft den garantierten Nicht-Eintritt von Bankpleiten für dasselbe hält wie ein garantiert solides Wachstumsglück in der Eurozone und das Wachstum selbst für eine sichere Sache, wenn die Banken mit ihren Geschäften an der Eventualität ihres Scheiterns gemessen im rechten Verhältnis zur Finanzmacht des Staates stehen: Nur bis zum Dreifachen des BIP für die Schulden der Banken einzustehen, das wäre in etwa noch machbar und daher ‚gesund‘? Erst beim Vierfachen geht allmählich das Geld aus und beginnen die Probleme?
Doch es geht Dijsselbloem gar nicht darum, irgendetwas zu messen. Sein negativer Zirkel, wonach Banken nie soviel Schulden machen dürften, dass sie von ihren Staaten aus denen nicht mehr herausgekauft werden können, zielt auf ein positives Ideal: auf die Sicherstellung der Funktionalität des Kreditgewerbes, auf die Gewährleistung der für das Wachstum im Standort und die erfolgreiche Wahrnehmung der staatlichen Finanzierungsfreiheit nützlichen Dienste, die es mit seiner Bewirtschaftung des Kredits zu besorgen hat. Mit der Nötigung, ab sofort selbst für die Schulden haften zu müssen, die ihre Banken machen, wird den Staaten der Sachzwang präsentiert, sich um so etwas wie eine funktionelle Selbstreduzierung ihres Bankensektors zu kümmern. In ihrem ureigenen Interesse an dessen Leistungen sollen sie dafür Sorge tragen, dass er auch solide wirtschaftet – und sich dazu gegebenenfalls auf neue Bedingungen einstellt, die dies zu garantieren versprechen. Das entsprechende Projekt ist in Europa ja auch schon unterwegs.
IV.
Der Prävention gegen das Risiko, das die Pleite größerer Geldinstitute für ihre Staaten begründet, nehmen sich die Mitglieder der EU an: Gemeinschaftlich, wie es sich für Staaten gehört, die mit gemeinsamem Geld einen gemeinsamen Binnenmarkt bewirtschaften, und in Konkurrenz gegeneinander, wie es nicht anders sein kann in einem Verein, in dem jedes Mitglied für sich rechnet. Mit der EU-Bankenaufsicht und Bankenunion ist ein supranationales Aufsichts- und Kontrollwesen auf dem Weg, das sich nicht nur auf das Management des Krisenfalls bezieht, sondern die Konkurrenzbedingungen des Finanzsektors insgesamt neu regelt.
Das Ideal von Dijsselbloem und anderen, jeder Euro-Staat solle für die Schulden seiner Banken selbst einstehen können, kann auf Dauer nicht das letzte Wort sein. Zuallererst aus dem negativen Grund nicht, weil eine Scheidung zwischen dem Kredit europäischer Banken und einer Haftung, die sich nach nationalen Zuständigkeitsbereichen sortiert, nach den Statuten, die in der Eurozone gelten und nach denen gewirtschaftet wird, gar nicht mehr zu haben ist. Die direkte Inanspruchnahme der eigenen Notenbank zur Sicherung der Solvenz einheimischer Banken ist den EU-Staaten verwehrt: Des Rechts eines Souveräns, sich im Notfall allein mit seinem politischen Machtwort Kredit zu verschaffen, haben sie sich mit der Übertragung ihrer Geldhoheit an die EZB begeben; und soweit die aus ihren eigenen Berechnungen die Finanzierung einzelner Staaten sichert, handelt sie auf Rechnung aller Eurostaaten. Die Freiheit zur autonomen Kreditbeschaffung auf den Finanzmärkten haben sie zwar schon noch. Doch in den Fällen, in denen sie von ihr zu dem Zweck Gebrauch machen, mit eigenen Schulden für die der Banken einzustehen, bringen erst sie sich selbst um ihren Kredit und im nächsten Zug ihre Partner in dieselbe Verlegenheit: Die wirtschaften ja mit demselben Geschäftsmittel, dessen Tauglichkeit bei ihnen in Frage gestellt wird. In den Fällen, in denen Staaten sich von vorneherein nicht dazu imstande sehen, für die Schulden ihrer Banken zu haften, droht ihnen mit dem Zusammenbruch ihres Finanzsektors auch der eigene Bankrott, alternativ der Ausschluss aus der Eurozone oder beides zusammen – mit Folgen für den Kredit aller Partner, die die auf gar keinen Fall riskieren wollen.
Die Mitglieder der Union haben sich denn auch der Einsicht, dass jedes für sich mit der Absicherung seiner Bankenwelt hoffnungslos überfordert ist, und der weiteren Konsequenz, dass es gegen die Schieflagen
in diesem Sektor so etwas wie die Haftung aller für alle braucht, nicht verschlossen: Mit dem ESM stehen zur Rettung des notleidenden Kredits von Staaten und Banken eindrucksvolle Garantiesummen bereit, sie sollen, wie es so schön heißt, den Anker
bilden für ein als gesamteuropäische Bankenaufsicht und Bankenunion neu zu errichtendes Kontrollwesen. Damit ist die Streitfrage eröffnet, wofür dieser Mechanismus
, der im Euroraum für Stabilität sorgen soll, eigentlich zu haften hat: nur für die Staaten selbst, damit die dann ihrer Einstandspflicht gegenüber ihren Banken nachkommen? Oder übernimmt er unmittelbar deren Haftung für die Banken? Dem vorläufig erzielten Kompromiss zufolge soll der ESM jedenfalls erst ganz zum Schluss als Garant einsteigen – nach dem am Fall Zypern durchexerzierten Muster haben zuerst die Eigentümer, dann die Besitzer von Anleihen und dann die Großeinleger mit ihrem Vermögen die Banken von ihren Schulden solange zu entlasten, bis ihre Bilanzen wieder stimmen. Wo dann und in welchem Umfang in der weiteren Haftungskette die Staaten selbst mit ihrem Bankenaufsichtswesen und ihren Sicherungssystemen im Sanierungs- oder Abwicklungsfall eines Instituts einspringen sollen, ist dann freilich wieder heftig umstritten. Misstrauisch beäugen sich die europäischen Partner daraufhin, ob sich da nicht einer aus seiner Verantwortung herausstiehlt, sich Vorteile verschafft, die auf Kosten der anderen gehen. Die Maxime, nach der da um ein Aufsichts- und Haftungswesen für Banken gerungen wird, das nationale Vorteilsrechnungen sicher ausschließt, gibt die Führungsmacht vor: Dass Deutschland via ESM für fremdländische Bankschulden haften soll, schließt die Bundesregierung kategorisch aus. Solches könne man dem deutschen Steuerzahler
nicht zumuten – als ob der im Haftungsfall mit einer Überweisung aufs Konto spanischer Pleitebanken gefragt wäre; und solches käme auch deswegen nicht in Frage, weil im Fall einer unmittelbaren Haftung des ESM eine Änderung der EU-Verträge zwar nötig wäre, absehbarerweise aber nicht zustande käme.
So parkt das Großprojekt einer europäischen Bankenunion einstweilen auf dem Nebengleis, unbedingt vorankommen aber will man mit einem neuen Aufsichtswesen über die Banken Europas. Denn für das hat man in Europa neben dem genannten negativen auch gewichtige positive Gründe.
*
Banken sind ja wirklich nicht bloß und nicht in erster Linie ein Problemfall in Bezug auf die Haftung für ihre vielen Schulden. Auch wenn sie aktuell vorwiegend unter dem Gesichtspunkt ihres Testaments gewürdigt werden, eines vorauseilenden Abwicklungsplans, den sie für den Fall einer künftigen Pleite abfassen sollen: Es kommt bei ihnen schon entscheidend darauf an, dass sie leben. Denn die in Rede stehenden Schulden sind das Geschäftsmittel eines Erwerbszweigs, in welchem der ganze Sinn und Zweck, für den Staaten ihren Kapitalismus einrichten und unterhalten – aus Geld mehr Geld zu machen –, als Gegenstand einer eigenen Geschäftstätigkeit fungiert. Dass den Vermögenszuwächsen, die dieses Gewerbe in den vielfältigen Formen vom Leihgeschäft bis zum Derivat in beeindruckender Größenordnung generiert, lediglich rechtsverbindliche, insoweit also spekulative Zusagen zugrunde liegen, tut dem Umstand keinen Abbruch, dass es Vermögen, in Geld bezifferte private Zugriffsmacht ist, was da wächst. Mit dieser Art Wachstum sollen sich die Banken nach dem Willen der europäischen Standorthüter auch über die innereuropäischen Landesgrenzen hinweg betätigen und dabei möglichst erfolgreich sein: Das vereint die Staaten in dem Konsens, dass diesbezüglich die rechtlichen Grundlagen fürs europaweite Bankgeschäft zu renovieren und in dem Zuge auch zu vereinheitlichen sind. Freilich betreiben die in diesem Gewerbe engagierten Akteure ihren Geschäftserfolg in Konkurrenz gegeneinander, und da bewähren sich die nationalen Rechtsunterschiede bei der Regelung ihrer Schuldenwirtschaft unmittelbar als Mittel ihrer Konkurrenz. Was so ein Institut da an Sicherheiten für seine Kreditgeschäfte selbst vorweisen muss, was es zu seiner Refinanzierung in Papierform hinterlegen und mit welchen Investments es seine Geschäfte machen darf, welche Geschäftsbereiche ihm grundsätzlich verschlossen bleiben: Rechtsregeln dieser Art fallen für eine Bank in eins mit der Gewährung oder Verweigerung von Geschäftsmöglichkeiten und -mitteln, sind für sie also unmittelbar identisch mit ihrer Stärkung resp. Schwächung in der Konkurrenz gegen andere. Mit der neuen gesamteuropäischen Rechtsgrundlage, die fürs Bankgeschäft gelten soll, werden den Instituten neue Konkurrenzbedingungen serviert, aus denen die einen Vorteile ziehen, von denen andere Nachteile zu befürchten haben – die sich im einen Fall also als Hebel der Geldvermehrung am Standort, im anderen als Reduktion derselben auszuwirken versprechen. Mit der Neuregelung der Bankenaufsicht stehen also Fragen der zwischenstaatlichen Zuteilung und Aneignung beträchtlicher Geldvermögen auf der Tagesordnung.
Das Geschäft der Banken ist für die Staaten nicht nur hinsichtlich seines Umfangs von Bedeutung. Ihnen soll ja auch die elementare Aufgabe
obliegen, Unternehmen mit Kredit zu versorgen
– eine Auflösung des Bankgeschäfts in eine nützliche Dienstleistung, die den ökonomischen Sachverhalt auf den Kopf stellt: Banken zentralisieren das Geldvermögen der Gesellschaft bei sich, um damit ihr Geschäft zu machen. Befristet und gegen Gebühr überlassen sie die Potenz des Geldes, sich zu vermehren, anderen, die damit über ein weiteres Mittel ihrer Geldvermehrung verfügen. Insofern lebt das Kreditgeschäft der Banken davon, sich den Geldbedarf aller übrigen – „realwirtschaftlichen“ – Geschäftszweige einer nationalen Marktwirtschaft zunutze zu machen, indem sie diese mit den Geldmitteln ausstattet, die sie brauchen. Mit diesem feinen Service geht allerdings eine nicht unbedeutende Umkehrung des Dienstverhältnisses einher: Die erfolgreiche Bedienung des Interesses der Banken, sich am Geschäft mit Kredit zu bereichern, ist die Voraussetzung dafür, dass die Akteure aus der Welt von Produktion und Handel zu Kredit, dem Hebel ihres Wachstums und Mittel ihrer Konkurrenz, Zugang erhalten. Am Urteil der Banken, welches Kreditgeschäft sich für sie zu lohnen verspricht, entscheidet sich, was in einem Standort überhaupt an kapitalistischer Geschäftstätigkeit geht. Was die Bilanzen der Geldhäuser, die in der Krise vornehmlich als Risiko
in den Blick geraten, also der Sache nach repräsentieren, ist das, was ein kompletter kapitalistischer Standort an Potenz des Geldes zur Selbstvermehrung hergibt – als Leistung der Banken ausgedrückt; und das ist keine Anmaßung dieser Institute, sondern eine praktische Wahrheit des Systems: Das Geldgewerbe ist die Branche, an deren Erfolgen der Geschäftserfolg aller anderen hängt, weshalb es folgerichtig den geschaffenen Geldreichtum gleich wieder als Mittel seines weiteren Wirtschaftens in Beschlag nimmt, als Stoff seiner Finanzierung und Refinanzierung und damit als Vehikel der Ausweitung seiner Geschäftstätigkeit.
Eine weitere „Dienstleistung“ macht die Macht, mit der der Bankensektor am kapitalistischen Standort Regie führt, endgültig komplett: Mit Kredit, dem Lebensmittel des Wachstums, versorgen die Institute ja nicht nur die Akteure des Geschäftslebens, sondern auch die aufsichtsführenden politischen Instanzen. Geld, Stoff der privaten Bereicherung, ist auch das Herrschaftsmittel der öffentlichen Gewalt, das die sich zu beträchtlichen Teilen im Wege der Verschuldung verschafft: Über die Emission von Wertpapieren besorgt der Staat sich Finanzmittel und stellt im selben Zug den Banken ein ausgezeichnetes Geschäftsmittel ihrer privaten Bereicherung zur Verfügung. Auch diese schöne Symbiose steht bei der neu zu vereinbarenden Kontrolle der Banken zur Diskussion, so dass bei der Neudefinition ihrer Konkurrenzbedingungen alle wesentlichen Momente berührt sind, die die kapitalistische Potenz der Wirtschaftsstandorte und die Finanzmacht ihrer politischen Hüter ausmacht. Entsprechend engagiert streiten die Staaten über die Einzelheiten dieses Aufsichtsregimes als Angelegenheiten ihrer Konkurrenz. Mit dem EU-Aufsichtsregime liegt für alle Partner die Frage auf dem Tisch, welcher Bankensektor welchen Mitglieds Regie über die nationalen Euro-Ökonomien führen und damit seinen Nutzen aus dem Regime ziehen soll; und an den einschlägigen Sachfragen
tragen die Partner den Kampf um Vorteile für ihren Standort aus und wehren sich gegen Nachteile, die dem aus dem supranationalen Aufsichtswesen erwachsen könnten.
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Weil die Euro-Staaten in all ihrem supranationalistischen Engagement mithin so verantwortungslos nicht sind, ihre nationalen Vorteilsrechnungen zu vergessen, geraten in dem Zusammenhang der Fragen von Aufsicht und Kontrolle über den Bankensektor auch noch ganz spezielle Leistungen desselben auf die politische Tagesordnung. Europas Führungsmacht bringt den Gesichtspunkt ins Spiel, wem eigentlich die Erträge gehören, die die Banken mit dem Vermögen ihrer Einleger erwirtschaften. Die diesbezüglichen Regelungsfragen betreffen die Reichweite der nationalen Steuerhoheiten, die Freiheiten, die die Staaten bei der Vermögensverwaltung ihren Geldeliten gewähren und einigen von ihnen den harten Vorwurf eintragen, als Steueroasen
rechtschaffene Bürger zum Betrug zu verleiten. Deren Vorteilsrechnungen sollen aus dem Verkehr gezogen werden, und auch die hier einschlägigen Fragen landen wieder bei dem Streitpunkt, um den sich auch alle anderen drehen: Welches dieser Mitglieder des Euro-Clubs zieht aus welchen allgemeinverbindlichen Vereinbarungen, die sie im Namen der Solidität
des Bankgeschäfts im Grundsatz einhellig befürworten, seinen Vorteil? Damit bringt die gemeinschaftliche Behandlung all dieser strittigen „Sachfragen“ unweigerlich die übergeordnete Sachfrage aller Sachfragen aufs Tapet: Wer da verbindlich für alle anderen vorschreibt, wie demnächst gesamteuropäisch Regie über die Banken geführt wird.
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So wird das von den Mitgliedern der Euro-Zone allseits anerkannte Gemeinschaftsanliegen einer neugefassten rechtsförmigen Kontrolle des Bankenwesens zum Schauplatz ihrer Konkurrenz auf höchster Ebene. Die Staaten bringen sich, ihr Gewicht als europäische Finanz- und Wirtschaftsmächte als Argument für die Richtlinienkompetenz ins Spiel, die ihnen auch bei der Definition der Verfahrensregeln gebührt, nach denen zukünftig mit dem Finanzkapital umgegangen werden soll. Selbstverständlich hat in diesem edlen Wettstreit die Nation die besten Karten, die Europas unbestrittene Führungs-, weil größte Wirtschafts- und Finanzmacht ist. Gegen den Willen Deutschlands gibt es jedenfalls kein gesamteuropäisches Aufsichtswesen über das Finanzkapital – das ist noch so eine Art von gesamteuropäischem Konsens, nämlich die praktische Vorgabe, an der sich Deutschlands Konkurrenten abzuarbeiten haben.