Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Ein neuer amerikanischer Aufbruch ins All – Grundsatzrede von George W. Bush vor der NASA:
„Wir entscheiden uns dafür, den Weltraum zu erkunden, weil dies unser Leben verbessert und unsere nationale Moral hebt. So let us continue the journey. May God bless.“
Amerika will zum Mars mit einer bemannten Mission. Dies Programm steht für die Entschlossenheit der USA, die militärische und wirtschaftliche Nutzung des Weltraums für sich souverän zu beherrschen und damit als Konkurrenzmittel gegen andere Nationen einzusetzen. Diese werden zur Mitarbeit aufgefordert – sie sollen ihre eigenen Ambitionen auf die Beherrschung des Alls einstellen. Amerika will mit „High-Tech“ einen technologischen Vorsprung vor allen anderen Nationen gewinnen, den diese nie mehr aufholen können, und diesen nutzbar machen, um die USA politisch und ökonomisch unangreifbar zu machen.
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Länder & Abkommen
Gliederung
- 1. In den vergangenen 30 Jahren hat kein Mensch eine andere Welt betreten oder sich weiter als 386 Meilen ins All gewagt. Es ist für Amerika an der Zeit, die nächsten Schritte zu unternehmen.
- 2. Diese Vision ist eine Reise und kein Wettrennen. Ich rufe die anderen Nationen dazu auf, uns auf dieser Reise zu begleiten, im Geist der Kooperation und der Freundschaft.
- 3. Auf dieser Reise werden wir viele technologische Durchbrüche erzielen. Wir wissen noch nicht welche, aber wir sind sicher, dass sie kommen und unsere Anstrengungen vielfach belohnen werden.
- 5. Wir entscheiden uns dafür, den Weltraum zu erkunden, weil dies unser Leben verbessert und unsere nationale Moral hebt. So let us continue the journey. May God bless.
Ein neuer amerikanischer Aufbruch ins
All – Grundsatzrede von George W. Bush vor
der NASA:
Wir entscheiden uns dafür, den Weltraum zu
erkunden, weil dies unser Leben verbessert und unsere
nationale Moral hebt. So let us continue the journey. May
God bless.
Anfang des Jahres kündigt Bush eine radikale Wende in
der Raumfahrtpolitik
an (SZ,
15.1.04). Schon in elf Jahren sollen wieder
amerikanische Astronauten auf dem Mond landen, und von
2020 an sollen von einem dauernd besetzten Stützpunkt auf
dem Mond zunächst Flüge zum Mars und später auch zu
den Welten darüber hinaus
(Bush) unternommen werden. Über den Sinn
dieses Aufbruchsprogramm zu fernen Welten wird öffentlich
gerätselt: Während die einen von der Steckdose
Mond
schwärmen, durch die sich der Energiehunger
der gesamten Menschheit für 1000 Jahre decken lässt
(Ulf Merbold, unser Mann im
Weltall) – der Erdtrabant besitzt große Mengen
Helium 3, das sich als Brennstoff für eine kontrollierte
Kernfusion eignet –, sehen die anderen dunkle
Machenschaften am Werk (In Wirklichkeit geht es um die
Kontrolle der Bodenschätze des Mondes
, Wirtschaftswoche, 29.1.) und befürchten
eine Militarisierung via Mars
(Neues Deutschland, 16.1.). Je weniger
ein bestimmter Nutzen des angekündigten Weltraumprogramms
ersichtlich ist, umso freier kann man spekulieren und die
Grenze zwischen science und fiction
verwischen. Oder gleich von Mythos und Magie
des
roten Planeten
schwadronieren und sich von der
amerikanischen Mars-Mission Auskunft auf die uralte
Frage
versprechen: Gibt es Leben auf fremden
Planeten? Sind wir allein im Universum?
Der oberste Ami selbst sieht Sinn und Zweck des Unternehmens so:
1. In den vergangenen 30 Jahren hat kein Mensch eine andere Welt betreten oder sich weiter als 386 Meilen ins All gewagt. Es ist für Amerika an der Zeit, die nächsten Schritte zu unternehmen.
Was, nicht mehr als 386 Meilen, also nicht mehr als in
etwa die Entfernung zwischen Washington und Boston
?
Das hält der Mensch – soviel ist ja wohl klar! – einfach
nicht noch weitere 30 Jahre aus. Schließlich ist die
Menschheit im Allgemeinen und die prächtige Subspezies
des Amerikaners im Besonderen für den Kosmos
bestimmt
; die Leidenschaft, neue Grenzen
aufzustoßen und nach neuen Entdeckungen zu suchen
,
ist Teil des amerikanischen Nationalcharakters
und
Fundament der amerikanischen Geschichte
. Die Rede
von den Herausforderungen
, die nie groß genug sein
können, ist hier nicht nur die übliche verlogene Tour,
jede Auskunft über das Was und Wie der amerikanischen
Politik in einem Meer aus Pathos, Pioniergeist und
Patriotismus zu ersäufen; bei den Vorstößen zu immer
ferneren Welten gilt tatsächlich die Devise: Der Weg ist
das Ziel. Eine bemannte Raumfahrt zum Mars gilt als
schwierig, sehr schwierig
, was bei diesem
Unternehmen kein Einwand, sondern gerade, bildlich
gesprochen, der Antrieb ist. Und dieser Antrieb wird kein
bisschen dadurch geschwächt, dass Wissenschaftler es als
die wichtigste Aufgabe des ersten Mars-Fahrers
betrachten, die computer- und robotergestützte
Forschung möglichst wenig zu beeinträchtigen, die
amerikanische Flagge zu hissen – und sich bald auf den
strapaziösen Heimweg zu machen.
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
11.01). Auch wenn es für den ersten Menschen auf
dem Mars nichts weiter zu tun gibt, als mal eben kurz da
zu sein und einen Fußabdruck auf dem roten Planeten zu
hinterlassen – der Umstand, dass dieser Mensch ein
Amerikaner ist und Amerika es schafft, ihn dorthin zu
schießen (und ihn anschließend wieder heil zur Erde
zurückbringen kann!), ist den USA einigen Aufwand wert.
Soviel Pioniergeist entfaltet Amerika, weil es den
Weltraum für einen Bereich hält, der für die Konkurrenz
der Nationen von grundsätzlicher Bedeutung ist: Allein
wegen der Möglichkeiten in Sachen Erdaufklärung und
Datenübertragung ist die Benutzung des Weltraums
militärisch unverzichtbar und wirtschaftlich mehr als nur
lohnend; in einem globalisierten Kapitalismus spielen
Satelliten für den Bereich der Information und
Kommunikation eine ähnlich zentrale Rolle wie Öl für die
Produktion. Eine solche Sphäre gilt es vom Standpunkt der
amerikanischen Weltmacht aus nicht nur zu
benutzen, sondern frei und souverän zu
beherrschen; und George W. Bush teilt dies der
amerikanischen Öffentlichkeit und der Welt auf seine
eigene Weise mit. Er vergleicht den geplanten Aufbruch
ins All mit der Erkundung und Besiedlung des Wilden
Westens – und bringt damit bei allen Ausflügen in das
Nebelreich nationaler Mythen und Legenden den
amerikanischen Standpunkt auf den Begriff: Amerika
beansprucht den Weltraum als seine Domäne, als
sein ureigenstes Territorium, und so, wie einst der Strom
der Siedler das weite, neue Land
erschlossen und
sein Potential
der amerikanischen Nation nutz- und
verwertbar gemacht hat, so zielen auch die
visionären
Pläne zur Eroberung des Weltraums
darauf ab, getrennt von allen Fragen der
bestimmten Nutzung des Weltalls die prinzipielle
Verfügbarkeit des luftleeren Raumes für
beliebige Zielsetzungen der amerikanischen Nation
herzustellen.
Dieses Interesse sieht sich zunächst mit einer Reihe technischer Schwierigkeiten konfrontiert. Es gilt Antriebssysteme zu entwickeln, die die enormen Entfernungen in überschaubarer Zeit überwinden, sowie Materialien und Technologien, die den physikalischen Anforderungen trotzen und zugleich so preiswert sind, dass sie einen routinemäßigen Flugbetrieb erlauben usw. Dazu gehört auch der Ausbau der Fähigkeit zur bemannten Raumfahrt, weil diese nicht nur ein schnelles freies Reagieren auf wechselnde Situationen erlaubt – ohne die Grenzen, die durch den Stand der Automatisierungstechnik gesetzt sind –, sondern ein erhöhtes Maß an Zuverlässigkeit des gesamten technischen Apparates auch erzwingt.
Der Anspruch auf freie Verfügbarkeit des Weltraums bricht
sich nicht nur an physikalischen Gegebenheiten. Nach
Spuren von fremden Leben im All
muss nicht lange
gefahndet werden; sie sind seit einem knappen halben
Jahrhundert bei klaren Nächten mit bloßem Auge sichtbar:
Auch andere Nationen wollen den Orbit nutzen und stören
damit Amerika empfindlich, gerade weil sie Vergleichbares
beabsichtigen. So sieht sich Amerika gezwungen, seine
Freiheit im All durch den Ausbau seiner technologischen
Überlegenheit immer wieder neu zu verteidigen;
für dieses Problem sehen Bushs Weltraumpläne eine
radikale Lösung vor:
2. Diese Vision ist eine Reise und kein Wettrennen. Ich rufe die anderen Nationen dazu auf, uns auf dieser Reise zu begleiten, im Geist der Kooperation und der Freundschaft.
Natürlich verhält es sich in der Sache genau umgekehrt:
Diese Vision
ist ein Wettrennen und keine
Reise. Russen und Europäer – letztere mit dem klingenden
Namen Aurora – haben schon eigenständige Pläne
für eine bemannte Mars-Mission; und nicht zufällig hält
George W. Bush seine Rede gerade zu dem Zeitpunkt, als
sich die amerikanischen Mars-Roboter Spirit und
Opportunity mit dem europäischen Herausforderer
Beagle einen weltweit übertragenen Wettstreit um
die schönsten Bilder bzw. um das Überleben auf dem roten
Planten liefern. Der Kampf um die Beherrschung des
Weltalls ist längst entfacht, und keine Nation, die
unabhängig von und womöglich sogar gegen Amerika
imperialistische Macht entfalten will, kann es sich
leisten, hier beiseite zu stehen. Selbst China hat schon
eigenständig einen Mann ins All geschickt und arbeitet
derzeit – sehr zum Verdruss der Amerikaner, die ein
Pearl Harbour im Weltall
fürchten – an der
Entwicklung von Anti-Satelliten-Systemen.
Die amerikanische Initiative zielt darauf, diesen Kampf
um die Oberhoheit im Weltall nicht nur zu gewinnen,
sondern aus der Position einer fraglosen Überlegenheit
heraus ein für allemal zu entscheiden. Die anderen
Nationen
sollen durch den konkreten Zeitplan der
amerikanischen Initiative sowie durch deren radikale
Perspektive (Bush verspricht die Ausbreitung der
Menschheit über das gesamte Sonnensystem
!)
davon abgeschreckt werden, an einem Wettrennen
teilzunehmen, das sie doch nicht gewinnen können. Statt
ihre nationalen Ressourcen für ein aussichtsloses
Unterfangen zu verschleudern, sollen sie sich dem
amerikanischen Aufbruch ins All anschließen und gemäß dem
bereits bei der internationalen Raumstation ISS bewährten
Motto Ihr zahlt – wir schaffen an.
den Griff der
amerikanischen Weltmacht nach den Sternen finanzieren. Im
Gegenzug dürfen sie dann darauf hoffen, nach Amerikas
Ermessen – also jedenfalls mit gebührendem Abstand; auch
in dieser Hinsicht hat man bei der ISS schon eindeutige
Erfahrungen gemacht – an der Nutzung technologischer
Durchbrüche
beteiligt zu werden:
3. Auf dieser Reise werden wir viele technologische Durchbrüche erzielen. Wir wissen noch nicht welche, aber wir sind sicher, dass sie kommen und unsere Anstrengungen vielfach belohnen werden.
Bush wirbt für seine Pläne mit dem Argument, sie würden den Fortschritt nicht nur auf dem Gebiet der Weltraumtechnologie, sondern auch in allen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens beflügeln:
„Die Erforschung des Weltalls hat unser Leben in mannigfaltiger Hinsicht verbessert und zu Fortschritten auf dem Gebiet der Wettervorhersage, der Kommunikations-, Computer- und Rettungstechnologie, der Medizin, der Elektronik …(usw. usf.) geführt“.
Ist ja rührend: Um seinen Landsleuten den Alltag zu
erleichtern – The benefits of space technology are far
reaching and affect the life of every American
–, ist
dem amerikanischen Präsident kein Stern zu hoch und kein
Weg zu weit. Und kein Einfall zu blöd: Um einen
Fortschritt auf dem Gebiet der Medizin oder der
Rettungstechnologie zu erzielen, kümmert man sich weder
um das eine, noch um das andere, sondern forscht über die
speziellen Probleme, die eine bemannte Raumfahrt quer
durch das Sonnensystem so mit sich bringt. Andererseits
ist der Zusammenhang von Raumfahrt und technischem
Fortschritt
im Allgemeinen und den
High-Tech
-Sparten im Besonderen nicht so absurd,
als dass der Kapitalismus ihn nicht doch ein bisschen
wahr machen würde; auf die Eigenart des technischen
Fortschritts
wirft das allerdings ein bezeichnendes
Licht. In der vernünftigsten aller Welten besteht der
maßgebliche Nutzen dieses Fortschritts nicht darin, durch
die Erfindung nützlicher Gebrauchswerte unser Leben zu
erleichtern
, sondern den Bedürfnissen einer
konkurrierenden Geschäftswelt Material zu bieten, an dem
sich diese dann ganz frei nach ihren
wechselnden Erfordernissen bedienen kann. Für diese
Anwendung ist nicht das Wissen nützlich, sondern der
Wissensvorsprung, nicht die Technologie, sondern
die überlegene Technologie; in der
Marktwirtschaft wird das Wissen überhaupt erst dadurch
interessant und brauchbar, dass andere davon
ausgeschlossen sind. Das Prädikat
High-Tech
haben sich dann solche
Technologiesparten verdient, die unter dem strategischen
Blick von Staat und Kapital dafür geeignet erscheinen,
einen solchen Wissens- und Technologievorsprung dauerhaft
zu monopolisieren und zur Waffe in der militärischen
Konkurrenz der Mächte sowie im weltweiten Kampf um
Marktanteile und womöglich exklusiv zu besetzende
Geschäftssparten zu machen. Mit den geplanten Vorstößen
ins All hat Bush seiner Weltraumbehörde eine verbindliche
Vorgabe gemacht, die ohne eine Reihe technologischer
Durchbrüche
nicht einzulösen ist – und das in einer
Sphäre, die nicht nur eine von vielen
High-Tech-Abteilungen ist, sondern deren Fortschritt von
der Bio-Technologie bis hin zur Materialkunde den
Fortschritt aller anderen High-Tech-Abteilungen in sich
einschließen soll.
Zur Grundausstattung von demokratischen Politikern, die
ihrer Nation einen Vorteil verschaffen wollen, gehört
eben die Überzeugung, in der Konkurrenz um exklusives
Wissen ein Feld gefunden zu haben, an dem sich die
Zukunft der Nation entscheidet. George W. Bush teilt
diese Überzeugung mit seinem Kollegen Schröder, der –
wenngleich mit bescheideneren Mitteln – mit der Idee der
Eliteuniversität
Gleiches bezweckt: Mit dem
Zugriff auf einen monopolisierten Wissens- und
Technologievorsprung sollen im Konkurrenzkampf an einer
strategischen Stelle die Weichen gestellt
werden; mit dem Sondervorteil der Ressource Wissen
soll der Wettstreit der Nationen bereits entschieden
sein, noch bevor die eigentliche Konkurrenz um neue
Märkte und Exportbilanzen überhaupt beginnt. Das
Bestreben, die Konkurrenz dadurch zu bestehen, dass man
sie durch den Besitz einer Sonderbedingung im Vorfeld
dieser Konkurrenz beherrscht, steht gerade heute
besonders hoch im Kurs. In diesem Sinne soll die
amerikanische Weltrauminitiative nicht nur die
militärische und politische Sonderstellung der USA
unangreifbar machen, sondern sich zugleich auch
ökonomisch lohnen – und damit die glorreiche
Tradition der amerikanischen Geschichte fortführen, in
der sich schon zu Zeiten des Wilden Westens die
Anforderungen von Gewalt und Geschäft in
außergewöhnlich harmonischer Weise ergänzt haben.
George W. Bush schreitet sogleich zur Tat:
4. Ich werde vor dem Kongress beantragen, das NASA-Budget um ungefähr eine Milliarde Dollar, verteilt auf fünf Jahre, zu erhöhen. Dies ist nur ein Anfang. Spätere Entscheidungen zur Finanzierung des Projekts werden im Zeichen der erzielten Fortschritte stehen.
Einigen ist das zuwenig. Allen voran der NASA selbst, die das Projekt einer bemannten Mars-Mission am liebsten gleich nach der Mond-Landung in Angriff genommen hätte. Aber die NASA hat jetzt immerhin eine Milliarde mehr, einen Auftrag und wieder eine Perspektive – sowie die Pflicht, dafür durch interne Umschichtung weitere 10 Milliarden aufzutreiben.
Anderen ist das schon zu viel. Die Öffentlichkeit im
alten Europa, neidisch auf soviel Machtentfaltung in der
neuen Welt, und die Opposition in Amerika, neidisch
darauf, dass sie diese Macht nicht selbst entfalten darf,
halten das Projekt für einen Wahlkampf-Gag
. Einer
demokratischen Öffentlichkeit ist der Umstand, dass das
zentrale Wahlkampf-Argument in der Inszenierung
nationaler Größe besteht, so vertraut und so
selbstverständlich, dass sie sich glatt vorstellen kann,
der amerikanische Aufbruch ins All wäre für den Wahlkampf
bloß inszeniert; diesen Verdacht versucht sie zu
erhärten, indem sie den Realismus des Projekts bezweifelt
und darauf verweist, dass wegen der hohen Kosten bereits
Bush senior mit vergleichbaren Plänen am Veto des
Kongresses gescheitert sei.
Von solchen Zweifeln ist Bush junior nicht angekränkelt.
Den Nörglern von der Opposition hält sein NASA-Chef
entgegen, dass das Vorhaben – zunächst! – den
durchschnittlichen Steuerzahler nicht mehr als die
Gebühren für das Kabelfernsehen kostet
; spätere
finanzielle Entscheidungen stehen dann nicht nur im
Zeichen erster Fortschritte
, sondern werden auch
angesichts der vollendeten Tatsachen gefällt, die der
Umbau und die Ausrichtung der NASA auf das neue Konzept
geschaffen haben. So kommt das Projekt in die Gänge
und bietet George W. Bush die Gelegenheit, seine
Führerschaft in Amerika und Amerikas Führerschaft in der
Welt ins strahlende Licht eines epochalen Fortschritts zu
setzen, den die USA stellvertretend für die gesamte
Menschheit erzielen. Allein die Ankündigung des
US-Weltraumprogramms vor dem Hintergrund der gestochen
scharfen Nahaufnahmen
, die die aktuelle amerikanische
Mars-Mission, im Gegensatz zur europäischen Konkurrenz
(Beagle meldet sich nicht!
), pünktlich liefert,
projiziert ein Bild unbeschränkter amerikanischer Kraft
und Herrlichkeit an den Sternenhimmel, das konkurrierende
Nationen, die Geschäfts- und Finanzwelt und nicht zuletzt
das eigene Volk beeindrucken soll. Auch wenn der
amerikanische Präsident kein ausgewiesener Fachmann für
Weltraumtechnik ist – bei der Handhabung des
politischen spin-off der Raumfahrt
kennt er sich aus.
5. Wir entscheiden uns dafür, den Weltraum zu erkunden, weil dies unser Leben verbessert und unsere nationale Moral hebt. So let us continue the journey. May God bless.
Das humanistische Pathos, mit dem George W. Bush die
amerikanischen Weltraumpläne versieht, hat gute Menschen
zu der Nachfrage veranlasst: Und was ist mit dem
nationalen Gesundheitswesen, mit dem weltweiten Kampf
gegen Armut und Malaria? Gibt es auf Erden nicht
dringendere Probleme?
(Die Zeit,
16.1.). Die Verwechslung einer amerikanischen
Marslandung mit einem Dienst an der Völkergemeinschaft
und der gesamten Menschheit ist zwar durchaus von
offizieller Seite beabsichtigt – aber im Sinne einer
eindeutigen Klarstellung: Die protzig inszenierte
amerikanische Größe ist der Dienst, den Amerika der
Menschheit im Allgemeinen und seinen Bürgern im
Besonderen schuldig ist; dies ist der Beitrag
zur Verbesserung seines Lebens, den ein patriotisch
gesonnener Amerikaner sich von seiner Regierung erwarten
kann. Die Arroganz der Macht und die auftrumpfende
Dummheit ihres leitenden Angestellten ist eben das
schönste Werbeargument für die Sache der Nation.