Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
2x moderner Lohnkampf – Verdistreik und Metallerabschluss
Die Gewerkschaft kämpft um ihren Status als Tarifpartner – mit der Preisgabe ihrer Tarifmacht
Im „längsten Arbeitskampf seit Bestehen der Bundesrepublik“ hält Verdi dagegen. Die geforderte Verschlechterung für ihre Leute versucht sie abzuwehren, indem sie die Tarifflucht des Arbeitgeberlagers bekämpft. Sie lässt die Streikenden rund um die Uhr vor Opernhäusern und Regierungspalästen aufmarschieren – In der „Schlüsselindustrie“ des Exportweltmeisters ist die Metall-Gewerkschaft in der Optik und zum Leidwesen dieser Öffentlichkeit dagegen in einer komfortablen Lage. Dort kann eine „mächtige“ Metallergewerkschaft immer noch so richtig einen auf „Verteilungskampf“ machen, und richtige Fabriken stehen leider auch rum zum Lahmlegen, um „Druck zu entfalten“
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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
2x moderner Lohnkampf – Verdistreik
und Metallerabschluss
Die Gewerkschaft kämpft um ihren
Status als Tarifpartner – mit der Preisgabe ihrer
Tarifmacht
„Wir wollen einen Tarifvertrag“ (Verdi)
Der öffentliche Dienst muss nach Angaben des Dienstherrn
wegen „leerer Haushaltskassen“ unbedingt
„leistungsfähiger“ werden. Selbstverständlich auf Kosten
seiner Angestellten. Das heißt: Lohn runter, Arbeitszeit
rauf. Im „längsten Arbeitskampf seit Bestehen der
Bundesrepublik“ hält Verdi dagegen. Die geforderte
Verschlechterung für ihre Leute versucht die Gewerkschaft
abzuwehren, indem sie die Tarifflucht des
Arbeitgeberlagers bekämpft. Sie lässt die
Streikenden rund um die Uhr vor Opernhäusern und
Regierungspalästen aufmarschieren und skandieren:
Stoiber, gib uns einen Tarifvertrag!
Die
Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) will sie so unter das
Dach des „Tarifvertrags öffentlicher Dienst“ (TVöD), der
– bislang noch – eine bessere Arbeitszeitregelung
vorsieht, zwingen, um das Gröbste für die von ihr
Vertretenen zu verhindern.
Die Möllrings und Stoibers lehnen dankend ab. Schließlich
sind sie aus dem TVöD ausgestiegen, um den Zustand der
„Tariflosigkeit“ als Hebel zu nutzen und miesere
Standards bei ihren Beschäftigten durchzusetzen. Die
Dienstleistungsgewerkschaft kriegt schmerzlich zu spüren,
dass es sich als öffentlicher Arbeitgeber in Sachen
Lohndrückerei und unbezahlter Mehrarbeit ganz gut ohne
Verdi und Tarifbindung aushalten lässt. Wir haben
jetzt seit fast zwei Jahren einen tariflosen Zustand
(Möllring) mit dem Resultat,
dass Niedersachsen bereits ein Drittel der
Arbeitsverträge
(Möllring) auf verlängerte Arbeitszeiten
und schlechtere Bezahlung „umgestellt“ hat. Ganz
„schleichend“ und ohne großes gewerkschaftliches Trara
vollzieht sich diese „Umstellung“ und sie gerät natürlich
umso flächendeckender, je länger dieser schöne Zustand
dauert. Neu eingestellt, um die „natürliche Fluktuation“
auszugleichen, wird sowieso nur zu den schlechteren
Konditionen. Tarifhygienisch gesehen ist das alles schwer
in Ordnung, genauso wie die „Änderung von
Arbeitsverträgen“ wegen Beförderung und wechselnder
Arbeitsplatzanforderungen, mit der sich gezielt der
Bestandsschutz von Altverträgen unterlaufen lässt. Kein
Wunder, dass die öffentlichen Arbeitgeber keine große
Lust verspüren, der Dienstleistungsgewerkschaft ihre
„schleichende“, Stück für Stück ganz praktisch vollzogene
Entmachtung als tarifliche Regelungs- und Ordnungsmacht
zu ersparen, solange sie nicht einknickt: Wenn man
sich nicht einig ist, muss es eben bei diesem tariflosen
Zustand bleiben
. (Verhandlungsführer Möllring) Ganz
gelassen und selbstsicher bauen die Länderchefs darauf,
dass der Streik, je länger er dauert, die
Dienstleistungsgewerkschaft schon zermürben wird.
Diese wiederum hat – in Ermangelung von Mitgliedern, deren Streik nennenswerten Eindruck auf die öffentlichen Arbeitgeber machen könnte, – ihren Streik durch die dosierte Lahmlegung von Opernaufführungen u.ä. eher als verständnisheischende PR-Aktion, als „Gegenöffentlichkeit“ aufgezogen. Schließlich will man als zweitstärkste Einzelgewerkschaft die Staatsmacht als Tarifpartner zurückgewinnen, und es sich mit ihr ja nicht verscherzen. Es nutzt nichts. Die Länder rücken von ihrer Position nicht ab und treiben mit ihrer Unnachgiebigkeit die Unkosten des Ausstands für Verdi in die Höhe. Bsirske und Co. sehen sich in aller Härte vor die Wahl gestellt: Entweder die Gewerkschaft macht sich zum Erfüllungsgehilfen der Arbeitgeberansprüche, öffnet den Flächentarifvertrag so, dass sich kein Sanierer der öffentlichen Haushaltskassen mehr an ihm zu stören braucht, dann kriegt sie die Rolle einer mitbestimmenden Tarifverhandlungspartei weiter konzediert. Oder sie stellt sich quer. Dann soll sie schauen, mit wem sie noch Tarife und Arbeitsbedingungen aushandeln kann.Und mit der „Tarifflucht“ der Länder würde die Dienstleistungsgewerkschaft ihn kollektiven Vertragspartner verlieren, also die Grundlage ihres „Kerngeschäfts“, auf der ihre Rolle als „fortschrittliche Kraft“ der Gesellschaft und „Säule“ der Demokratie schließlich beruht. Das lässt die Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten, die sich schon länger auf das Geschäft: ‚Tausche Anerkennung als Interessensvertreter gegen Nachgiebigkeit bei der Interessensvertretung‘ versteht, natürlich nicht kalt.
Nach 10 Wochen Ausstand ist es endlich soweit.
Gewerkschaftsfeinde in Frankfurter Redaktionsstuben
können sich hämisch fragen: Streik? Welcher
Streik?
(FAZ, 25.4.) und
feiern Zwischenbilanz: Die Gewerkschaft – materiell
ausgeblutet, in ihrer Wirkung marginalisiert, und sie
gesteht ihre Ohnmacht und Niederlage auch noch selber
ein! Mit einem Organisationsgrad von 10 oder 15
Prozent kann man niemand in die Knie zwingen.
(Hoher Verdi-Funktionär laut
FAZ) Von meinungsbildenden Fanatikern, die
ansonsten überall in der Republik immer noch zu viel
Gewerkschaftsmacht entdecken, muss sich Verdi
Nachhilfeunterricht erteilen lassen, dass man doch mit
Phantomstreiks
, an denen allenfalls noch ein paar
hundert Gewerkschafter am Tag teilnehmen – nahezu unter
Ausschluss der Öffentlichkeit – keinen Druck entfalten
kann.
(ebd.) So schätzen
„wir“ den Streik. So kann man ihn in aller Ruhe totlaufen
lassen, und müssen vielbeschäftigte Journalisten nicht
immer „Öffentlichkeit“ herstellen, um gegen
Gewerkschaftsinteressen und Arbeitskampf zu hetzen.
Bleibt nur noch die spannende Frage zu wälzen, wann
endlich der Kopf dieses Gewerkschaftschefs rollt, der
geglaubt hat, sich dem unabweisbaren „Trend“ zu längeren
Arbeitszeiten und schlechterer Bezahlung entziehen zu
können und diesen Wahnsinn
eines 18
Minuten-Streiks!
angezettelt hat. Oder sollte es dem
Bsirske womöglich wieder gelingen, schmerzhafte
Zugeständnisse als Erfolge zu verkaufen?
(ebd.) Worin diese „Zugeständnisse“ zu
bestehen haben, ist der Öffentlichkeit jedenfalls klar:
Für sie kann ein „Erfolg“ Verdis nur darin bestehen, sich
die Wiederanerkennung als gewerkschaftlicher Tarifpartner
mit der Preisgabe aller gewerkschaftlichen Gegenmacht zu
erkämpfen.
*
„Jetzt kann kein Unternehmer mehr jammern, dass Tarifpolitik zu unflexibel ist“ (IG-Metall)
In der „Schlüsselindustrie“ des Exportweltmeisters ist die Gewerkschaft in der Optik und zum Leidwesen dieser Öffentlichkeit dagegen in einer komfortablen Lage. Dort kann eine „mächtige“ Metallergewerkschaft immer noch so richtig einen auf „Verteilungskampf“ machen, und richtige Fabriken stehen leider auch rum zum Lahmlegen, um „Druck zu entfalten“ für „utopische“ und „freche“ Lohnforderungen, so dass „Streikland Deutschland“ im Frühsommer nur knapp am nächsten Streik vorbeischrammt.
Was diesen rücksichtslosen Verteilungskampf angeht, der
in der Metallbranche wegen der Planungssicherheit für den
Gewinn nur noch in ganz unregelmäßigen Abständen
stattfindet und an dessen Ende die IG-Metall einfach
nur stolz und glücklich
ist, dass eine Drei vor
dem Komma steht
, so hat er sich in der „Realität“
folgendermaßen abgespielt: Unter dem Motto: „Besser
statt billiger“ probiert die IG-Metall eine
Lohnrunde mit „qualitativen Elementen“. Sie fordert 5%
mehr Lohn und einen Tarifvertrag für Innovation und
Qualifikation, weil das unsere einzigen
Wettbewerbsvorteile sind
(NRW-
Metallchef Wetzel) und es sonst um die Zukunft der
bekannten Premium-Löhne am Standort des
„Lohnkostenweltmeisters“ ganz schlecht bestellt ist, und
bietet dafür im Vorlauf gleich einmal eine
Flexibilisierung des Weihnachtsgeldes nach
Betriebsbedürfnis an. Die Interessensvertretung der
Metaller fordert in dieser Runde ganz kämpferisch eine
angemessene Beteiligung
der Beschäftigten, die
den Reichtum erarbeitet haben
(IG-Metall-Vize Huber): Sie verweist auf
die gute Ertragslage der Branche, die gewerkschaftlich
organisierten Lohnopfer aus den vergangenen Runden im
Namen und Auftrag der vielen Arbeitslosen und zwecks
Beschäftigungssicherung und auf den Umstand, dass
notleidende und solche Betriebe, die ihre Innovations-
und Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen, ein
Tarifabschluss in der Fläche nicht groß zu stören
braucht. Schließlich steht den Arbeitgebern seit dem
letzten Abschluss mit der „Öffnung“ des
Flächentarifvertrags „nach unten“ ein „flexibles“
Instrument zur Lohnabsenkung zur Verfügung, so dass die
in der „Struktur“ abgeschlossene nominelle
Lohnerhöhung real, nämlich „unten bei den
Beschäftigten“, gar nicht erst groß anzukommen braucht:
Rücksicht auf schwächelnde Betriebe beim
Tarifabschluss macht deshalb keinen Sinn
(Huber). Rücksicht auf das Gros der
ertragsstarken Unternehmen dagegen umso mehr. Für die,
die ihn noch löhnen, muss der Abschluss natürlich auch
„verkraftbar“ sein. Mit spitzer Feder und nach allen
Regeln gewerkschaftlicher Lohnformelkunst durchgerechnet,
ergibt das die „ambitionierte“ 5%-Forderung, von der die
Gewerkschaft hofft, dass eh jeder weiß, welcher „faire
Kompromiss“ damit am Ende angepeilt ist.
Mit ihrem Wunsch nach einem gleichfalls
„verhandlungsfähigen Angebot“ beißt die IG-Metall beim
Klassengegner auf Granit. Es gibt keins. Kompromisslos
beharrt Gesamtmetall darauf, dass es in dieser Tarifrunde
über sogenannte „Verteilungsspielräume“ wie
„Produktivitätszuwachs“, „Inflationsrate“ etc. nichts zu
verhandeln gibt. Stattdessen nur über Forderungen der
Arbeitgeberseite nach mehr Handhaben zum Lohnsenken:
„mehr Betriebsnähe“, „mehr Flexibilität und
Differenzierung innerhalb des Tarifvertrags“ und eine
„Ausweitung betrieblicher Abweichungen vom Flächentarif“.
Von wegen „besser statt billiger!“ „Besser
und billiger“ hat die deutsche Wertarbeit zu
werden. Sinn und Zweck der Tarifrunde kann es nur sein,
den ehrenwerten Berufsstand, dem das ganze
„Billigausland“ zur Ausbeutung offen steht, vom
„Abwanderungsdruck“ zu entlasten: Mit einer strengen
Lohndiät für die Beschäftigten. Gute Zeiten für die
Metall- und Elektroindustrie sind schlechte Zeiten für
die Metaller. Nach diesem kapitalistischen Lohngrundsatz
hat sich die Interessenvertretung der Arbeiter zu
richten. Nach 8 Wochen und 33 Verhandlungsrunden ist die
IG-Metall ratlos
über die Verhöhnung der
Belegschaften
durch die Aufkündigung des
tarifpartnerschaftlichen „Rituals“: Über nichts kann
man nicht verhandeln.
(IG-Metall
Vorsitzender Peters) Da mag die Gewerkschaft mit
massenhaften Warnstreiks und Fackelumzügen unter der
Losung: Feuer und Flamme für 5%
noch so sehr darum
bitten: Wir wollen keinen Streik. Wir wollen einen
Tarifabschluss.
(Peters)
Gesamtmetall bleibt stur. Verbandschef Kannegiesser droht
umgekehrt der Gewerkschaft ziemlich unverblümt mit den
erodierenden Folgen des Streiks für – die
Tarifmacht der IG-Metall, wenn
seinem Verband die Mitglieder davonlaufen bei einem
Abschluss, der nicht ihren differenzierten
Lohnsenkungsbedürfnissen entspricht: Ich warne die IG
Metall davor, den Bogen zu überspannen: Wenn es uns nicht
gelingen sollte, ein System fixer und variabler,
betrieblich bedingter Lohnerhöhung zu schaffen, bekommt
unser System der Lohnfindung weitere Risse … wenn ein
Unternehmen sich in der Lohnfrage überfordert sieht, wird
es Möglichkeiten finden, sich dem zu entziehen.
(Kannegiesser, BZ, 20.4.) Das
lässt die Gewerkschaft nicht unbeeindruckt. Sie bekämpft
„die Provokation“, indem sie ihre ursprüngliche Forderung
offiziell auf drei plus x herunterschraubt; am Ende ist
sie erleichtert, die Missachtung als
Tarifpartner ohne Streik noch abwenden zu
können: Die Drei steht!!!
(IG-Metall Schnellmeldung, 22.4.) Diese
Erfolgsmeldung lässt sich gleich dreimal vermarkten:
Es gibt drei Prozent, drei Tarifverträge, und
310 € für 3 Monate
.
Was die DreimalDrei für den Metallarbeiter und seinen
„Konsum“ wert ist, in dessen Namen die IG-Metall eine
Lohnrunde in einem „günstigen Umfeld“ eingeläutet hat,
braucht niemand groß nachzurechnen. Ärmer sind sie
bereits geworden. Und mit der ausgehandelten
Lohnkorrektur, die nicht einmal brutto die Teuerungsrate
ausgleicht, wird die Abwärtsspirale
gewerkschaftlicherseits abgesegnet. Aber die
Beschäftigten dürfen sich jetzt mit ihrer
Interessensvertretung darüber freuen, damit in jedem Fall
einer guten Sache zu dienen: Die Gewerkschaft bleibt im
Tarifvertragsgeschäft mit der Gegenseite. Dafür,
überhaupt noch Verträge über Arbeitszeit und Entlohnung
mit flächendeckendem Charakter und Bindungswirkung
hinzukriegen, hat sie wieder schweren Herzens einen
unisono geschätzten „Tabubruch“ hingelegt und knapp ein
Drittel der Lohnerhöhung – eben die besagten 310 €
Einmalzahlung – als Tarifvolumen ganz in die
Entscheidung der Belegschaften und ihrer Betriebe
gegeben. Das ist keine Selbstverständlichkeit
(IG-Metall-Verhandlungsführer
Wetzel). Dass er mit dem sehr innovativen
Ansatz
(ebd.) den
einzelnen Firmenchefs eine Lizenz zum
Lohnkürzen ausgestellt hat, weiß dieser
Gewerkschaftsheini nur zu gut, wenn er hofft, dass es
in der Praxis nicht nur zu Abweichungen nach unten
kommt
. Dafür, dass es sich für Gesamtmetall am Ende
doch noch versteht, die Gewerkschaft als Vertragspartner
zu respektieren, musste das Arbeitgeberlager
selbstverständlich kriegen, was es schon länger fordert:
eine „echte“ Öffnungsklausel, die von den
Gewerkschaftsherren Peters und Huber noch mitten im
Tarifkampf empört zurückgewiesen wurde, weil
Tarifverträge keine unverbindliche Preisempfehlung für
gute Arbeit sein dürfen
. Der Einstieg in die
„flexible Entlohnung“ gemäß Betriebserfolg als neues
Tarifvertragsprinzip ist mit einem billigen und weiter
sinkenden Tarifsockel und einer nicht „tabellenwirksamen“
ertragsabhängigen Lohnprämie geschafft, deren Höhe in den
einzelnen Betrieben ausgehandelt wird.
Dass sich die Gewerkschaft als Tarifpartner immer mehr auf eben die Rolle einer ‚unverbindlichen Preisempfehlungs‘instanz festlegen lässt, die sie öffentlich entschieden zurückweist, dass die Aushandlung des Lohns ein entscheidendes Stück weiter der gar nicht machtvollen ‚Kompetenz‘ der Betriebsräte überantwortet wird – auch das lässt sich selbstverständlich als gewerkschaftlicher Erfolg feiern: als „neues tarifpolitisches Instrument“ nämlich, mit dem die Arbeitervertretung ihre Kompetenz bei dem Geschäft der Festlegung von Lohn- und Leistungsverhältnissen für die Arbeiterschaft beweist, das sie selber „Gestaltung der Tariflandschaft“ nennt. So rückt die IG Metall ihre Strategie ins rechte Licht, mit der sie sich in der globalisierten Welt des Kapitals als Tarifpartner unverzichtbar machen will: Die „größte Einzelgewerkschaft der Welt“ rettet den Flächentarifvertrag und damit ihre Rolle als kollektive Tarifvertragspartei, indem sie das ehrwürdige „Bollwerk gegen Unternehmerwillkür“ so flexibel den unternehmerischen Bedürfnissen anpasst, dass kein Kapitalist sich mehr an ihrer Tarifmacht zu stören braucht. Das heißt dann „zeitgemäße Tarifpolitik“.
*
Fazit: Der Verdistreik und Metallerabschluss – zwei Dokumente, wie weit es mit dem Klassenkampf am Standort D gekommen ist. Unternehmer, allen voran die öffentliche Gewalt als Arbeitgeber, sind von Arbeitern und ihrer organisierten „Gegenmacht“ gegen die Angriffe auf Lohn und Leistung so wenig beeindruckt, dass ihnen noch nicht einmal mehr an der disziplinierenden Wirkung von Tarifverträgen, also an dem konstruktiven Wirken eines „vernünftigen“ Tarifpartners gelegen ist. Wo der Kompromiss unvereinbarer Interessen, den die Gewerkschaft in Tarifrunden durchsetzt, zum Schein verkommt, verflüchtigt sich auch die „Gewerkschaftsmacht“; und übrig bleibt nur noch der Schaden, den sie mitorganisiert.