Bemerkungen zur Tarifrunde 95
Ein Kampf um die Tarifpartnerschaft

Die Tarifrunde 95 ist die letzte jährliche Verhandlungsrunde, die Gewerkschaft hat dem Kapitalisteninteresse an möglichst langen Laufzeiten nachgegeben. Die Arbeitgeber hatten sich geweigert, überhaupt über den Lohn zu verhandeln, die Gewerkschaft daraufhin erstmals wirklich für die „Tarifautonomie“ gestreikt. Ergebnis ist ein zweijähriger Tarifvertrag, der den Arbeitnehmern zwar nicht mehr Lohn bringt, den die Gewerkschaft aber als Erfolg feiert, weil der Streik jede Menge Mitglieder mobilisiert hat.

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Bemerkungen zur Tarifrunde 95
Ein Kampf um die Tarifpartnerschaft

Die Tarifrunde des Jahres 95 ist für längere Zeit die letzte Veranstaltung von der Art gewesen, an die man sich in den Jahrzehnten des sozialen Friedens in der BRD hat gewöhnen können: Nach Absprachen unter den autonomen DGB-Gewerkschaften geht eine von ihnen – meistens die IG Metall als stärkste Einzelgewerkschaft – mit der Kündigung des Lohntarifvertrags und einer Prozentforderung deutlich oberhalb der von den Wirtschaftspolitikern und ihren Experten längst als passend vorgegebenen Zahl in die Offensive; um in Verhandlungsrunden, deren Anzahl sich nach dem Bedürfnis der Tarifpartner richtet, ihre Unnachgiebigkeit zu demonstrieren, wird das deutlich unter der inoffiziellen staatlichen Lohnleitlinie liegende Unternehmerangebot auf die vorgegebene Zahl angehoben; die Gewerkschaft beweist mit allerlei Rechenkünsten die Höhe ihres Verhandlungserfolgs; die anderen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände folgen dem erreichten Abschluß im Großen und Ganzen; nach Abschluß der nationalen „Runde“ kehrt für den Rest des Jahres Ruhe ein… bis nach ca. einem Jahr, meist im Frühjahr, die nächste Runde startet, mit der Teile des eingetretenen oder erwarteten Reallohnverlustes wieder ausgeglichen und andere konjunkturgemäße Absprachen über die Lohnhöhe getroffen werden. Die Tarifrunde dieses Jahres hat zwar nach ungefähr diesem Muster zu einem nominellen tariflichen Lohn-Plus von rund 3% geführt, allerdings erst nach einem Streik; anschließend haben sich die Tarifpartner der verschiedenen Branchen auf ganz unterschiedliche Zeiten vertagt, IG Metall und Gesamtmetall gleich auf zwei Jahre, so daß in diesem wichtigsten Zweig die Lohntarifrunde 96 ganz entfällt und auch sonst eine nationale „Runde“ im kommenden Jahr nicht ansteht.

Für die Betroffenen der jährlichen Tarifrunden, die von dem dabei ausgehandelten Lohn abhängen, mag das kein Verlust sein; denn deren bevollmächtigte Vertretung, die Gewerkschaft, strebt ohnehin keine Korrektur der eingerichteten Lohnverhältnisse zugunsten der „Arbeitnehmer“ an, unterschreibt stattdessen den Unternehmern äußerst geschäftsfreundliche Tarife und außerdem viel „Gestaltungsfreiheit“ auf Firmenseite. Doch daß die Tarifrunde demnächst überhaupt erst einmal entfällt, hat die Gewerkschaftsbasis ohnehin genausowenig in Auftrag gegeben wie die bislang jährliche Veranstaltung solcher Vertragsabschlüsse. Für die Gewerkschaft ist der Verzicht auf die herkömmliche jährliche nationale Tarifrunde offenbar auch kein großer Verlust; zwar betätigt sie sich nur da als wirklicher Kontrahent „der Wirtschaft“ und insoweit als national praktisch mitentscheidende ökonomische Macht, hält von dieser Betätigung aber, jedenfalls nach eindeutigen Aussagen vieler ihrer führenden Funktionäre, nicht viel, betrachtet sie sogar eher als Last und Beschränkung ihrer wirtschaftspolitischen Beratungs- und „Gestaltungs“-Tätigkeit. Doch auch von ihr ist die Suspendierung der Gewohnheit periodischer nationaler Tarifrunden nicht ausgegangen; sie ist einfach dem Arbeitgeber-Interesse an möglichst langen Laufzeiten der getroffenen Vereinbarungen entgegengekommen.

Dieses Interesse zumindest ist handfest und verständlich; nicht – allein – wegen der „Kalkulationssicherheit“ für die Unternehmen, wie die Arbeitgeberverbandssprecher anmerken, sondern weil die Sicherheit besteht, mit auf niedrigem Niveau stagnierenden Tarifen kalkulieren zu können. Daß darüber aber, wie es aussieht, das „Institut“ jährlicher Tarifverhandlungen mit nationaler Reichweite ein Stück weit aufgelöst wird, ist für die Unternehmerseite noch ein ganz anderer Gewinn, nämlich gewissermaßen lohnpolitischer Art. Und um den ist es ihren Verhandlungsführern in der diesjährigen Auseinandersetzung mit der Metall-Gewerkschaft ganz wesentlich gegangen – wenn auch um einen noch weitergehenden als denjenigen, den sie mit den vereinbarten Laufzeiten erreicht haben. Denn angelegt war die Strategie von Gesamtmetall geradezu auf eine offensive Kündigung der Gepflogenheit, sich periodisch mit Arbeitervertretern über verbindliche Lohntarife einig zu werden.

Die Klarstellung des Unternehmerverbands Gesamtmetall: Arbeitgeber mögen keine Arbeiterrechte

„Kein Angebot, das Arbeitsplätze vernichtet“, also überhaupt kein Lohnangebot, so lautete die unternehmerische Leitlinie für die Tarifverhandlungen 1995. Das hatte es noch nicht gegeben. Schließlich gehört es zur üblichen Verfahrensweise von Tarifrunden, der Forderung der Gewerkschaft ein Angebot, die Nennung einer Lohnzahl, entgegenzusetzen, über das in einigen „schwierigen Verhandlungsrunden“ solange gerungen wird, bis ein „Kompromiß“ herauskommt. Dieses Vorgehen, das die Anerkennung der Gewerkschaft als tarifpolitischen Kontrahenten unterstellt, mit dem man sich zu einigen hat – was manchmal Druck und Gegendruck in Form von Streik und Aussperrung notwendig macht –, das alles kam diesmal als überholtes „Ritual“ ins Gerede und für die Unternehmer als Urheber dieser Tarifkritik einfach nicht in Frage. Sie setzten sich zwar an den Verhandlungstisch, verhandeln aber wollten sie nicht: Das war ja auch ohne die Nennung einer Lohnzahl gar nicht möglich. Mit diesem Bruch mit den herkömmlichen Gepflogenheiten wollte Gesamtmetall demonstrativ klargestellt wissen: Wir verweigern uns dem Aushandeln des Lohns!

Öffentlichkeit und Gewerkschaft kamen ins Rätseln. Was bloß hat die Unternehmer zu diesem Vorstoß bewogen? War es nicht so, daß sie mit den Tarifrunden immer gut gefahren sind? Über all die Jahre haben sie die ihren Konjunkturen gemäßen Lohnziffern gekriegt. Sie bekamen, etwas prinzipieller, die ihren Standorterfordernissen gemäßen Flexibilisierungsregeln für die Arbeitszeit, „Härteklauseln“ für untertarifliche Bezahlung und einiges andere mehr tariflich zugestanden. Und – das Novum des letzten Jahres – mit der von ihrer Seite vollzogenen Kündigung von Tarifverträgen schafften sie den Einstieg in noch weitergehende Formen der Aushöhlung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen.

So lief es zwar, doch bei aller Vorteilhaftigkeit von Tarifregelungen, bei aller Ausnutzbarkeit gewerkschaftlichen Entgegenkommens: Ein Unternehmerinteresse war es noch nie, sich mit einer Gewerkschaft über die Lohnzahlung ins Benehmen setzen zu müssen. Das mag über all die Jahre der traditionellen Methoden des „Ringens“ um den Tariflohn in Vergessenheit geraten sein, die Unternehmer haben es überhaupt nicht „vergessen“: Das Verhandeln über den Lohn, der doch ihr Mittel zum Steigern des Gewinns ist, ist ihnen rechts- und sozialstaatlich aufgenötigt worden. Der Staat, nicht sie, hat so seine Gründe, dem freien Verfügungsinteresse von Unternehmern bezüglich der Bezahlung und der Vernutzung von Arbeitskräften die Rücksichtnahme auf gewisse Reproduktionsnotwendigkeiten dieser Arbeitskräfte abzuverlangen. Wo nämlich die Freiheit und das Recht des Privateigentümers an Produktionsmitteln darin bestehen, beim Kauf von Lohnarbeitern sparsam und bei ihrem Gebrauch großzügig vorzugehen, da ist unvermeidlich mit einer Gegenwehr der Betroffenen zu rechnen – jedenfalls hat sich eine Arbeiterbewegung dagegen einmal zur Wehr gesetzt und Rücksichtnahme eingefordert; und um solchen Streit nicht ausufern zu lassen, hat der Staat in seiner sozialen Art Regelungen dafür erlassen, so daß es statt zu Klassenkämpfen zu wirtschaftspolitischen tariflichen Festlegungen gekommen ist. Normallöhne und Normalarbeitstage sind dafür gut, dem Kapital das zu sichern, worauf es selber von seinem Konkurrenzinteresse her einfach keinen Wert legt: eine dauerhaft verfügbare Ressource in Form einer nationalen Arbeiterklasse als Grundlage des Geschäfts. Deswegen gibt es die Tarifautonomie und Arbeiterrechte – und die Gewerkschaft als staatlich geschützte Institution zu deren Handhabung. Gepaßt hat das den Unternehmern vor 130 Jahren genauso wenig wie heutzutage. Schließlich agieren sie auf einem so praktischen Ding wie dem Arbeitsmarkt, der für sie als Eigentümer der Arbeitsbedingungen entschieden einseitig bestimmt ist:

„Das Kapital agiert auf beiden Seiten zugleich. Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andererseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung“, während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht. Die Bewegungen des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals… Sobald die Arbeiter entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade’s Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen“ Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine“ Spiel jenes Gesetzes.“ (Marx, MEW 23, S.670/71)

Gezetert haben die Unternehmer in dieser Tarifrunde reichlich[1]: „Kein Angebot, das Arbeitsplätze vernichtet“, „Eine Runde für den Arbeitsplatz“, „Gegen die gewerkschaftlichen Arbeitsplatzvernichter“. So taten sie kund, was sie mit ihrer demonstrativen Verhandlungsverweigerung bezweckten. Sie erteilten der ganzen tarifautonomen Verrechtlichung der Arbeitswelt eine Absage. Wenn es schon ein millionenfaches Heer von Arbeitslosen gibt, eine industrielle Reservearmee, die einerseits das Resultat ihrer Rationalisierungsmaßnahmen ist, andererseits als Hebel für die Lohndrückerei der Beschäftigten taugt, dann sehen sie einfach nicht mehr ein, daß sie sich ihr „heiliges“ Recht aufs alleinige Diktieren der Lohnzahlung beschneiden lassen sollen. Dann erklären sie ihre Kalkulation ganz offiziell für im Grunde nicht verhandlungsfähig. Und dann sehen sie es als Zumutung an, sich überhaupt noch ihre Ansprüche an die Niedrigkeit des Lohns von einem Verhandlungspartner billigen und damit für die vereinbarte Laufzeit festlegen lassen zu müssen.

Da mag das Tarifvertragsrecht die alljährliche Festlegung einer Gebührenordnung für die Löhne durch die vorgeschriebene sozialstaatliche Verhandlungsmethodik, die den Beteiligten eine volkswirtschaftlich vernünftige und sozialfriedliche Einigung abverlangt, immerfort in unternehmensverträgliche Bahnen gelenkt haben. Da mag sich die Gewerkschaft noch so sehr tarifvertraglich dem Gesichtspunkt standortverträglicher Lohnsenkung verschrieben haben und sich auch in „guter Konjunkturlage“ nicht ungebührlich bemerkbar machen wollen. Der Unternehmerverband wollte in dieser Tarifrunde gerade nicht an solchen pragmatisch-nützlichen Erwägungen entlang denken und verhandeln. Sein Angriff galt dem „Tarifritual“ in einem ganz fundamentalen Sinne, nämlich dem Stellenwert von Tarifrunden und den damit verknüpften Verfahrensweisen der „Lohnfindung“. Er erklärte die bloße Existenz einer Gebührenordnung zu seinem Ärgernis, auch wenn er sie noch so gut handhaben kann.[2] Und er richtete sich polemisch gegen den Prozeß der Lohnfindung als ob es für die Unternehmer, die zahlen, da eine Gemeinsamkeit gäbe mit einem Interessenvertreter, der ihnen von einem gegensätzlichen Ausgangspunkt her entgegenkommen will.

So entlarvten die Vertreter von Gesamtmetall einen gewerkschaftlichen Grundirrtum: Wo der Arbeitnehmerverein meint, er könnte durch sein Entgegenkommen gegenüber den unternehmerischen Anträgen auf Aushöhlung der Allgemeinverbindlichkeit von Flächentarifverträgen seinen Stammplatz als Tarifpartner sichern, da bekommt er eine Quittung der genau entgegengesetzten Art verpaßt. Gerade wegen des jahrelang erfolgreich durchgesetzten Tests der Unternehmerverbände auf das „Verantwortungsbewußtsein“ des Tarifpartners ist ja von den grandiosen Tarifwerken nicht viel mehr übriggeblieben als die bloße Form allgemeinverbindlicher Regelungen. Wozu dann aber noch auf die Gewerkschaft Rücksicht nehmen, wenn sie zusehends auf gar keinen festen Lohnzahlen, festen Arbeitszeiten und feststehender Gültigkeit der Verträge für alle Betriebe bestehen will![3]

Welchen Stellenwert die Gewerkschaft für die Unternehmer in Lohnfragen allenfalls noch haben kann, das wurde mit den Bedingungen klargestellt, unter denen der Arbeitgeberverband Gesamtmetall seine Bereitschaft in Aussicht stellte, verhandlungsbereit zu sein: „Wir sind zur Nennung einer Lohnzahl bereit, allerdings Zug um Zug,“ nämlich im Gegenzug zu gewerkschaftlichen Lohnsenkungsangeboten, durch die eine etwaige Lohnerhöhung – mindestens – zu kompensieren wäre. Zur Anregung folgte eine Liste von Vorschlägen: Aufschub der letzten Stufe der Einführung der 35-Stunden-Woche[4], Abweichung vom Tarifvertrag für „notleidende Firmen“, tarifliche Abstriche bei Sonderzahlungen und Überstunden usw.

Die IG Metall sollte sich den Kopf der Unternehmer zerbrechen, wie mit nominellen Lohnerhöhungen kostenmindernd fertig zu werden wäre – was die Gewerkschaft, die ja kein Geschäft schädigen will, tatsächlich schon immer tut. Sie sollte es aber eben nicht mehr in der Form tun, daß sie den Unternehmern nach getätigtem Tarifabschluß freie Hand für alle Techniken der „Schadloshaltung“ und Arbeitskostensenkung läßt, sondern ausdrücklich dieses Unternehmensbedürfnis als verbindliche Leitlinie für ihre Tarifforderungen anerkennen. Verlangt war das Bekenntnis der Gewerkschaft dazu, nichts anderes mehr sein zu wollen als Erfüllungsgehilfe der Unternehmer: ein Verlangen, das sich auf die tatsächlichen Leistungen der Gewerkschaft stützen kann und mit diesem strategischen Vorteil den Schein in Frage stellt, von dem die Gewerkschaft in ihrer Rolle als die andere Tarifpartei, als Kontrahent der Unternehmerverbände, überhaupt bloß lebt und von dem sie als Mitgliederverein zehrt. Entweder keine Tarifrunde oder eine, die die Gewerkschaft als autonomen Widerpart in Tarifverhandlungen ausdrücklich aushebelt: Das war die Alternative, die Gesamtmetall der IG Metall mit ihrem „Zug-um-Zug“ – Vorschlag eröffnete.

Mit dieser Alternative hat der Arbeitgeberverband die Gewerkschaft ganze 34 Verhandlungsrunden lang in den diversen Tarifbezirken vorgeführt. So hat er die Demontage der Gewerkschaft in die Tarifrunde eingebracht und zu deren Inhalt gemacht.[5]

Die Antwort der Gewerkschaft: Streik – erstmals wirklich um die „Tarifautonomie“

Die Gewerkschaft war ehrlich überrascht von der unternehmerischen Intransigenz. In ihrer ganzen Entrüstung über die „Unnötigkeit“ solch gegnerischen Verhaltens gab sie offenherzig zu erkennen, wie es um sie steht und was sie noch so vorhat. Sie verwies auf ihre fortschrittliche Position, dem Ansinnen der Gegenseite nach Fortschritten beim Kostensenken Rechnung getragen zu haben und dies doch auch weiterhin zu wollen. Sie beteuerte ihren unverbrüchlichen Respekt vor der Abhängigkeit ihrer Mitglieder von den Kalkulationen der Unternehmer sowie von den nationalen Standortansprüchen und ihren diesbezüglichen Willen, die Tarifverträge an die jeweiligen Wünsche der zuständigen Instanzen „anzupassen“. Aber das alles doch bitte nach den gewohnten Regeln der Tarifautonomie, die eine Gewerkschaft als formellen Kontrahenten der „Unternehmerwillkür“ und verhandlungswillige Arbeitgeber braucht! Ungläubig setzte sich die Gewerkschaft in den bereits erwähnten 34 „Verhandlungs“runden über die herzlichste Nichtanerkennung seitens des gegnerischen Klassenverbandes hinweg. Sie hoffte, die Sache „aussitzen“ zu können und doch noch die Rückkehr zu einer „normalen“ Tarifrunde hinzukriegen.

Als daraus einfach nichts wurde, sah sich die Gewerkschaft schließlich zu einem Streik gezwungen. Und der hatte, der Eigenart dieser Nicht-Runde gemäß, einen ganz neuartigen Gegenstand: Er sollte die Unternehmer dazu bringen, doch noch Tarifverhandlungen zu führen. Was schon immer zur moralischen Rechtfertigung dazugehört hat – die Arbeitnehmer müßten die Arbeitgeber nicht etwa zu einem finanzierbaren Entgegenkommen erpressen, sondern zur Tugend der Verhandlungsbereitschaft erziehen –, das wurde auf einmal wahr: Die IG Metall mußte streiken, damit die Herren von Gesamtmetall überhaupt an den Verhandlungstisch gingen, an dem sie zwar gesessen, aber eben nur geplaudert, nicht verhandelt hatten. Die Besonderheit dieses Streiks für eine Tarifrunde, also dafür, daß die Gewerkschaft überhaupt noch die Lizenz zum Verhandeln wahrnehmen kann und insofern noch für voll genommen wird, hat dann auch Streikausmaß und -verlauf bestimmt. Für die erste Phase des Streiks suchte die IG Metall in Bayern 21 kleinere und mittlere Betriebe mit 11000 Gewerkschaftsmitgliedern aus und verfolgte damit erklärtermaßen zwei Absichten: Sie nahm bei der Auswahl der Streikbetriebe zunächst die großen Betriebe aus, um über das Bestreiken der handverlesenen Klein- und Mittelbetriebe einen Keil in den Verband zu treiben, weil sie aus entsprechenden Klagen aus diesen Kreisen über die „unheilvolle Dominanz der Großbetriebe“ eine Unterstützung ihrer Position herauslas. Zum anderen wollte sie – mit Blick auf den § 116 AFG, der bekanntlich Arbeitsamtszahlungen an kalt Ausgesperrte ausschließt – nicht den Zorn derer auf sich laden, denen sie aus ihrer Streikkasse auch nichts zahlen will.

Tatsächlich kam die Gewerkschaft mit ihrer Taktik ans Ziel: Es gab Streit im Arbeitgeberlager. Ein kleiner Querschnitt: „Der Verband betreibt destruktive Tarifpolitik, er soll endlich ein konkretes Angebot vorlegen“; „Komplett gescheiterte Verhandlungsstrategie“; „Die zahlenfixierten Tarifschuster haben versagt“; „Durch ihre beherrschende Stellung sind die Großunternehmen für eine falsche Tarifpolitik in der Vergangenheit verantwortlich“.

In ihrer Abrechnung nahmen die unternehmerischen Kritiker auffallend abschätzig die Eigenart dieser Tarifrunde aufs Korn, daß ihre Verbandsoberen in der Tarifrunde mit Dutzenden von Treffen gegen jeden Verhandlungsinhalt auftraten. Was wäre aus ihrer Sicht nicht alles jetzt schon auf Betriebsebene möglich, mit ihren „kooperativen“ Betriebsräten und ihren „motivierten“ Belegschaften! Und überhaupt kämen sie mit der Gewerkschaft vor Ort doch gut aus, und darauf sei doch auch weiterhin Verlaß! Und ausgerechnet jetzt, wo sie geschäftsmäßig „bestens ausgelastet“ wären, müßten sie zu ihrem Verdruß unter einer unnützen Prinzipienreiterei ihres Verbandes leiden! Konfrontiert mit dem lästigen Arbeitskampf, schienen die Verbandskritiker gar nicht mehr wissen zu wollen, was sie eigentlich noch für Vorteile von ihrem konsequent gemeinsamen, eben verbandsmäßigen Vorgehen gegen die Gewerkschaft und ihrer eigens dafür eingerichteten Unterstützungskasse haben könnten.[6] Betroffene Betriebsführer diktierten den Reportern ins Notizbuch, „daß dieser Kelch an uns vorübergehen möge“. Gegen den bekundeten Willen des Verbandes, den tarifpolitischen Kontrahenten auch noch per Aussperrung zu demontieren, es also auf den Positionskampf ankommen zu lassen, führten sie jetzt den Nutzen des betrieblichen Friedens, das durch ihn verbürgte geräuschlose Funktionieren ihres Ladens, ins Feld. So wandten sie sich gegen den Radikalismus ihrer Vertreter, der ihnen durch die arbeitskampfmäßige Zuspitzung ihr Geschäft zu beeinträchtigen drohte.[7]

Ausgegangen ist der Zwist im Unternehmerlager bekanntlich mit einem glorreichen Sieg der Gewerkschaft. Quasi über Nacht hat der Unternehmerverband Gesamtmetall seinen Vorstoß selber abgebremst und einen Abschluß herbeigeführt. Letztendlich entscheidend für diesen schnellen Ausgang der Affaire waren verbandsinterne Überlegungen der „höheren“ Art. Bis hinauf in die obersten Etagen der Politik erging – mit zunehmender, weil von Gesamtmetall gewollter „Verhärtung“ der Fronten auch immer dringlicher – der Bescheid, daß „wir uns“, also Deutschland sich „in dieser Lage“ keinen Arbeitskampf leisten könnten. Politiker aller Couleur malten das Schreckgespenst von ausgefallenen Arbeitsstunden und vom gefährdeten sozialen Frieden an die Wand. Was sie mit der heiklen „Lage“ meinten, blieb kein Geheimnis: Der Dollar-Fall, die Abwertungen der europäischen „Partnerwährungen“ und die DM als „sicherer Hafen“ für das weltweit operierende Finanzkapital – das alles zusammen schafft offenbar eine heikle Situation, in der es sehr darauf ankommt, daß das Kapital sein spekulatives Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland nicht verliert. Wo heutzutage alles Mögliche ein „Datum“ für die Gewerbetreibenden in Sachen Kapitalanlage und Wechselkurse ist, da ist ein – sich womöglich noch ausdehnender – Streik ausgerechnet in Deutschland ein nach maßgeblicher Auskunft garantiert falsches Signal. Also wurde der Arbeitskampf kurz vor seiner Eskalation von den Unternehmern abgeblasen, der Angriff auf den Tarifverhandlungszwang zurückgenommen – auf das, was sich mit der um ihr Weiß-warum kämpfenden Gewerkschaft vereinbaren ließ: ein fürs Geschäft bequemes Prozent-Ergebnis – und die Vertagung der nächsten branchenspezifischen Verhandlungsrunde auf 97, was deren Stellenwert ja immerhin auch schon ganz ordentlich verringert.

Der gewerkschaftliche Triumph: Jede Menge bewegte Mitglieder!

Die Gewerkschaft ist mit dem Ergebnis hochzufrieden. Vor allem mit dem Ergebnis, daß ihre bayerische Streikmannschaft von dem schnellen und billigen Erfolg ihres Einsatzes schlichtweg begeistert war. Denn damit war über alle Erwartungen hinaus die Berechnung aufgegangen, die der IGM-Vorsitzende Zwickel als verbandsinterne Parole für die diesjährige Tarifrunde aufgestellt hatte: „Tarifbewegung ist Mitgliederbewegung“.

Das Gegenteil ist der Fall: Mit ihrer Tarifpolitik betört die Gewerkschaft ihre Mitglieder schon längst nicht mehr. Und das weiß niemand besser als die Gewerkschaftsführung selbst. Eben deswegen hat ihr Vorsitzender ja die Leitlinie ausgegeben, man müßte endlich mal wieder etwas Tarifliches unternehmen, was die Mitglieder bewegt. Und nach dieser methodischen Vorgabe hat die IG-Metall sich ihre diesjährige Forderung zurechtgelegt. Entscheidend waren darum nicht die runden 6 Prozent – eher schon die Tatsache, daß die Zahl so schön rund war, außerdem hoch genug, um alle Welt aufhorchen zu lassen, dabei nicht so hoch, daß ihre Unglaubwürdigkeit von Anfang an feststand. Entscheidend war vor allem die demonstrative Geradlinigkeit, mit der es „diesmal ums Geld“ und um sonst gar nichts gehen sollte: Endlich einmal wieder eine „reine Lohnrunde“, von der die Mitglieder sich – „nach Jahren des Lohnverzichts…“ – spürbar mehr Lohn versprechen könnten. Selbstkritik ist wahrhaftig nicht die Stärke der deutschen Gewerkschaften – aber daß immer noch die pure Geldsumme das beste und letztlich einzige Mittel ist, mit dem eine Gewerkschaft Lohnarbeiter für sich gewinnen kann, wohingegen komplizierte „Arbeitszeitmodelle“ und „Strategien gegen die Arbeitslosigkeit“ eher anödend wirken, das hat der unter rasantem Mitgliederschwund leidende Arbeiterverein schon als die Problematik seiner langjährigen „Tarifbewegung“ diagnostiziert. Und so hat er sich zum direktesten Weg der Anbiederung bei seinen Mitgliedern entschlossen: Wenn der Prolet immer noch am meisten auf Geld abfährt, dann soll er eine reine Geldforderung haben!

Natürlich ist die Forderung noch keine Lohnerhöhung; und ob die Metaller tatsächlich „mehr Geld in der Tasche“ vorfinden, wenn die 3,5% für Anfang 95 mit allen zusätzlichen Abzügen verrechnet sind oder wenn Ende des Jahres die zweite Stufe der Tariferhöhung für 96 gezündet hat, ist extrem unwahrscheinlich. Falschen Erwartungen in dieser Richtung hat die Gewerkschaft denn auch mit der Klarstellung vorgebaut, Lohnabzüge von Staats wegen würden sich wohl nicht kompensieren lassen. Um so bemerkenswerter ist das Triumphgefühl – „Der Arbeitskampf hat ein neues Wir-Gefühl geschaffen!“ –, in dem Führung und Basis der Gewerkschaft sich nach denkbar minimalem Streikaufwand und raschem Tarifabschluß zusammengefunden haben. Am Lohn als solchem kann die Begeisterung über einen gewerkschaftlichen Erfolg nicht liegen – woran stattdessen, das liegt nur gar zu deutlich auf der Hand: Man hat sich durchgesetzt; man hat gegen einen intransigenten Unternehmerverband das Recht auf eine tarifliche Lohnerhöhung durchgesetzt, also Recht behalten. Die Verhandlungsunwilligkeit von Gesamtmetall, zuzüglich der öffentlichen Verständnislosigkeit dieser Strategie gegenüber, hat die Berechnung der Gewerkschaft aufgehen und die „Tarifbewegung“ zu ein bißchen „Mitgliederbewegung“ werden lassen – gewitzte Kommentatoren waren sogar schon mit der Vermutung bei der Hand, Unternehmerverbandskreise könnten die Sache überhaupt so arrangiert haben, um den Gewerkschaften im Kampf gegen den Mitgliederschwund beizustehen. Zum Gewerkschaftserfolg ist die Tarifrunde jedenfalls ausgerechnet dadurch geworden, daß sie nicht für „spürbar“ mehr Geld durchgekämpft worden ist – dann wäre ihr klägliches Scheitern gar nicht zu übersehen –, sondern unter der Parole „Endlich eine reine Lohnrunde!“ gegen einen Unternehmerverband, der sich mit einem „Rückzieher“ selber ins Abseits gestellt hat, für das Recht der IG Metall, eine Faschingswoche lang einmal so richtig demonstrativ aufzutrumpfen.

Das war’s dann auch. Die „Tarifbewegung“ hat jetzt erst einmal zwei Jahre lang Ruh’, insofern sind die Unternehmer schon mal ein Stück weiter. Die demokratische Öffentlichkeit, die der Strategie der Unternehmer mit so viel Unverständnis begegnet war, ist einmal mehr und sehr entschieden der Meinung, daß tarifautonome Auseinandersetzungen definitiv nicht in die wirtschafts- und sozialpolitische Landschaft passen:

„Begrabt die alten Rituale“ (Bild); „So lehrt der Rückblick auf diese reichlich verfahrene Metalltarifrunde fürs erste, daß der Streik als Konfliktmedium zwischen Kapital und Arbeit zunehmend unpraktisch geworden ist“ (SZ); „Zwei Jahre haben die Tarifparteien Zeit, eine Reform des Flächentarifs in Angriff zu nehmen. Dringend regelungsbedürftig, weil kaum noch nachvollziehbar, ist vor allem das Ritual von Tarifverhandlungen“ (FR); „Wichtig ist es, jene Leute ernst zu nehmen, die in den vergangenen Tagen aus beiden Lagern den Kopf geschüttelt haben über die Archaik der deutschen Lohnfindung“ (FAZ)

auch insofern also ein gewisser Teilerfolg der Unternehmer in ihrem Kampf um die Rückgewinnung ihrer unbehinderten Lohn-Hoheit. Die Gewerkschaftsführung ist sich darüber im Klaren, daß sie in ihrem Abwehrkampf um sich als autonomen Tarifpartner eine Schlacht, aber sonst gar nichts gewonnen hat, und sucht nach Möglichkeiten, über eine „Reform des Flächentarifvertrags“ zu einem neuen Konsens mit der Arbeitgeberseite zu gelangen, die den Gewerkschaften die „Tarifkrise“ überhaupt beschert hat.[8]

Und die „Mitgliederbewegung“ ist bereits nach wenigen Wochen in die heldenhafte Kampftradition der deutschen Arbeiterbewegung eingegangen…

[1] Was Marx allerdings nicht voraussehen konnte: Wie sehr es heutzutage anerkannt ist, daß die Besitzer der Arbeitsplätze im Namen derer reden, die von diesen Plätzen abhängen!

[2] Schon im August 1993 ließ Arbeitgeberpräsident Murmann wissen, daß „das gesamte System flächendeckender Branchen-Tarifverträge auf dem Prüfstand steht. Er nannte es sein Ziel, bis zum Jahr 2000 die Tarifverträge wieder als Mindestvereinbarungen zu definieren. Öffnungsklauseln bezeichnete er als die schlechtere Variante. Sie würden bedeuten, daß Tarifverträge von Teilen der Branche nicht eingehalten werden können. In diesem Fall sei aber der Tarifvertrag falsch: Dann können wir eben keine flächendeckenden Tarifverträge haben“. So weiß man, was mit „Mindestvereinbarungen“ – ein altehrwürdiger Begriff aus der Tarifwelt – neuerdings gemeint ist: Eine Regelung, die nichts regelt außer der vollständigen Freiheit der Betriebe, Löhne nach ihrem Gusto zu bezahlen. So ganz im Sinne des jüngst veröffentlichten Vorschlags der Metallhandwerk-Arbeitgeber, einen „angebotsabhängigen Ecklohn“ einzuführen: „Ist der Betrieb in der Lage, ein Angebot einzuholen, indem er deutlich niedrigere Preise veranschlagt, zahlt er im gleichen Maße niedrigere Löhne an seine Beschäftigten“.

[3] Siehe hierzu GegenStandpunkt 3-94, S.86, Der Beitrag der Gewerkschaft zum nationalen Fortschritt: Wie die Lohnarbeit von der sozialen Frage befreit wird. – Die Gewerkschaft verteidigt das „Tarifritual“ mit folgendem Argument: „Wenn man so will, ist die ganze Demokratie ein Ritual. Denn wo immer Entscheidungen fallen, geschieht es im Rahmen fester Regeln und Abläufe“. Das sitzt. Aber nur, wenn man die demokratische Verrechtlichung des Lohnstreits für eine prinzipiell gewerkschaftsfreundliche Einrichtung zu halten pflegt. Das sieht die Gegenseite ein wenig anders.

[4] Es ist bezeichnend, daß dieses „Jahrhundertwerk“ der Gewerkschaft, das die Tarifrunden seit 1984 bestimmt, immer wieder und jetzt mit neuer Heftigkeit ins Visier der Arbeitgeber kommt. Es gilt ihnen als der Sündenfall schlechthin für die rechtliche „Knebelung“ ihrer unternehmerischen Freiheit – auch hier wieder ganz jenseits der ihrem Interesse durchaus dienlichen Handhabung der „35“ als Berechnungsgrundlage für flexibilisierte Arbeitszeiten.

[5] Daß die Arbeitgeber der Metallbranche den von ihnen angezettelten Grundsatzstreit über die Überflüssigkeit von Gewerkschaften konsequent durchziehen wollten, hatte Auswirkungen auf die Verhandlungen in anderen Branchen. Ein Abschluß in der Chemieindustrie kam zunächst deswegen nicht zustande, weil die Chemie-Arbeitgeber ihren Klassenbrüdern nicht in den Rücken fallen wollten. Daraufhin jammerte der IG Chemie-Vorsitzende Rappe, daß „die Arbeitgeber mit Rücksicht auf den Metall-Tarifkonflikt die greifbar nahe Einigung verzögert haben“. Ein paar Tage zuvor hatte er noch getönt: „Solche Tarifverhandlungen (wie bei Metall) habe ich noch nie erlebt. In der chemischen Industrie wäre ein solcher Stil undenkbar“. So mußte der Mann erfahren, daß auch Chemie-Kapitalisten nicht mit der Gewerkschaft verheiratet sind…

[6] Von einer etwas kleineren Branche, der Holzindustrie, wußte die Presse zu berichten, wie sich der zuständige Unternehmerverband dort der lästigen Gewerkschaftsmacht entledigte. Er hat sich nach Ausrufung eines Streiks von seiten der Gewerkschaft Holz und Kunststoff – aufgelöst!

[7] Die Verbandsspitze von Gesamtmetall hat im übrigen zurückgeholzt: Was haben wir nicht alles für schöne Tarifverträge für unsere Mitgliedsfirmen abgeschlossen, mit einer Unzahl von Flexibilisierungsregelungen „à la carte“ – aber die nutzen sie, unflexibel wie sie sind, nicht aus. Usw.

[8] Eine eher defensive Möglichkeit hat der Hamburger ÖTV-Vorsitzende Rolf Fritsch anvisiert: Wir brauchen eine Radikalkur gegen die Tarifkrise. Während die Arbeitgeber völlig frei entscheiden, ob und wie sie Tarifverträge anwenden, veranstalten wir ritualisierte Tarifauseinandersetzungen um Bruchteile von Prozent, bei denen am Schluß Verträge herauskommen, die kaum noch jemand ernst nimmt. Die Tarifverhandlungen müssen regionalisiert werden – bis hinunter auf die Betriebsebene Als betriebsnaher Erfüllungsgehilfe der Unternehmerinteressen könnte die Gewerkschaft also vielleicht die ernsthafte Bedeutung zurückgewinnen, die sie mit dem Standpunkt des großflächigen Kontrahenten der Arbeitgeber längst verspielt hat. Die IG Metall hat in der Sache kaum etwas anderes im Sinn, wenn sie, mit ihrem Erfolgserlebnis im Rücken, gegen ihren Tarifpartner auftrumpft: Für die IGM ist es wichtig, daß sich Gesamtmetall ‚runderneuert‘ und wieder ein verläßlicher Verhandlungspartner wird. Statt mit an den Flächentarifverträgen zu sägen, sollte der Verband seine Kraft daran setzen, zusammen mit der IG Metall die veralteten Rahmentarifverträge den heutigen Bedingungen anzupassen.