Der Beitrag der Privatisierung zur „Zukunftssicherung des Standorts Deutschland“
Der Staat privatisiert seine Staatskonzerne (Post und Bahn) um sich von den Kosten seiner Hoheitsfunktionen zu entlasten. Um überhaupt Geschäft machen zu können werden diese mit viel Kredit und Monopolmacht nach innen ausgestattet. Das lohnt sich nur als weltweite Offensive und in dem Maße wie es den neuen Privatkonzernen gelingt, dieselben „Zukunftsmärkte“ bei und gegen die Konkurrenten zu erobern.
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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Der Beitrag der Privatisierung zur „Zukunftssicherung des Standorts Deutschland“
Im Zuge des Abschlusses der Postreform II ist man von den
Experten aus Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik mit
einer Reihe von Erklärungsangeboten bekannt gemacht
worden, die die Beweggründe der Umwandlung staatlicher
Behörden in selbständige Unternehmen betrafen und
gewöhnlich mit dem Schlagwort der Privatisierung
bezeichnet werden. Diese liefen im wesentlichen darauf
hinaus, den wirtschaftlichen Erfolgskurs der neu
eingerichteten Privatunternehmen in den Vordergrund zu
stellen, der sich unweigerlich daraus ergebe, daß nunmehr
nach rein unternehmerischen Gesichtspunkten
,
ausschließlich auf Effektivität
hin orientiert
endlich rationell
gewirtschaftet werde – und nicht
nach den Grundsätzen des schwerfälligen
,
unhandlichen
, durch und durch
unwirtschaftlichen Instrumentariums einer staatlichen
Behörde.
Von einem vollständigen Rückzug des
Staates
aus einer Monopolsphäre
war die Rede,
nach der einen Seite hin sehr zum Vorteil für die
Konsolidierung der Staatsfinanzen, da der Staat nun seine
defizitären Betriebe losgeworden
sei; nach der
anderen Seite hin zum Segen des freien Wettbewerbs
und seinen Kräften
, die den Erfolg des Tüchtigsten
sicherstellen. Und schließlich sollte man den jüngsten
Akt der Privatisierung von Staatsbetrieben als
Folgereaktion auf einen weltwirtschaftlichen
Entwicklungstrend
begreifen, der die weltweite
Öffnung
des gigantischen Zukunftsmarktes
Kommunikationstechnologie
mit sich bringe: Auch von
daher sei die Entlassung des Staatsbetriebs in die Welt
der unternehmerischen Freiheit und der Rechnungsführung
nach ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur
konsequent und trage dem Sachzwang Rechnung, daß auf
diesem Zukunftsmarkt nur besteht, wer sich mit
eigener wirtschaftlicher Kraft in ihm
durchsetzt.
Das Mindeste, was sich zu diesen angebotenen
Verständnishilfen sagen läßt, ist, daß sie mehr Fragen
aufwerfen als beantworten. Effektiv
und
rationell
zu wirtschaften – dazu sollten die
behördliche Aufsicht des Staates und entsprechende
Verordnungen nicht imstande sein? Sanierung der
Staatsfinanzen
– etwa dadurch, daß Schulden von Post
und Bahn nunmehr in Schattenhaushalten stehen?
Rückzug
des Staates und freier Wettbewerb
–
von bzw. auf Märkten, die überhaupt erst aufgrund
staatlicher Beschlußfassung zu solchen werden? Die von
ihrer Beschaffenheit her Staatsdomäne, weil für
kapitalistisches Wachstum unbrauchbar sind? Durch
Unternehmen, die in ihrem weltweitem Engagement gar nicht
nur vor sich hinwirtschaften, sondern die bekanntermaßen
dabei dem nationalen Auftrag verpflichtet sind,
den Standort Deutschland
zu sichern? Das paßt
nicht recht zueinander.
I.
Einrichtungen wie das Post- und Bahnwesen spielen in kapitalistischen Staaten eine Sonderrolle. Einerseits gehören sie in den Bereich der allgemeinen Voraussetzungen des Produzierens, müssen sie einfach vorhanden sein, sollen Land und Leute eines kapitalistischen Standorts dem Wachstum und dessen Bedürfnissen dienstbar gemacht werden. Andererseits gibt es kein wirkliches gesellschaftliches Interesse, das sich um die Herstellung dieser Voraussetzungen des kapitalistischen Wachstums kümmern würde: Dieselbe wirtschaftliche Rechnungsart, nach der die ganze kapitalistische Gesellschaft funktionell eingerichtet ist, erteilt bezüglich dieser allgemeinen Produktionsvoraussetzungen den Bescheid, daß sich deren Produktion selbst nicht lohnt, mit riesigen Kapitalvorschüssen und einer elend langen Umschlagszeit kein Profit zu erwirtschaften ist – weswegen sie mangels Rentabilität schlicht unterbleibt.
Dem Gegensatz zwischen dem allgemeinen gesellschaftlichen Bedarf nach diesen Gebrauchswerten einerseits und dem wegen der durchschlagenden kapitalistischen Grundrechnung ausbleibenden Angebot andererseits trägt der Staat dann Rechnung: Einen Teil der Mittel, die er zur Wahrnehmung seiner Hoheitsfunktionen von seiner Gesellschaft in Beschlag nimmt, reserviert er dafür, daß sie für das kapitalistische Wachstum überhaupt erst brauchbar wird und bleibt. Er ersetzt mit seinem politischen Willen das sonst herrschende ökonomische Gesetz, wonach nur produziert wird, was sich kapitalistisch lohnt, und finanziert mit den Mitteln der Allgemeinheit die Bereitstellung der erforderlichen Sach- und Dienstleistungen.
Im Standort Deutschland war die staatliche Aufgabe, z. B. einen flächendeckenden Bahn- und Postbetrieb sicherzustellen, während der letzten 50 Jahre zwei Behörden übertragen, der Deutschen Bundespost und Bundesbahn. Diese sind, rückblickend betrachtet, ihrem Auftrag ausgezeichnet nachgekommen und haben die Bedürfnisse des Standorts nach einem ordentlichen Fernmelde- und Bahnwesen bestens befriedigt – allein der Staat selbst ist mit ihnen unzufrieden. Und zwar deswegen, weil er sie jetzt ausgerechnet dem Maßstab unterzieht, den er die ganzen Jahre vorher in ihrem Fall eigens außer Kraft gesetzt hatte. Die Kosten, die die Freisetzung seiner Behörden vom Rentabilitätsprinzip verursachte und die sich in seinem Haushalt zu ansehnlichen Defiziten türmen, erscheinen ihm plötzlich nur noch als im Grunde überflüssige Last. Er faßt sie als Indiz dafür auf, daß er mit seinen überkommenen Einrichtungen nur Wachstumshindernisse am Leben erhalten und so verhindert habe, daß wirklich alle vorhandenen Reichtumsquellen der Gesellschaft ausgeschöpft werden – und entsprechend handelt er: Er sucht sich von den finanziellen Lasten zu befreien, als die ihm die von ihm wahrgenommenen Funktionen nur noch erscheinen wollen, indem er die Bereiche, in denen er bislang tätig war, weil in ihnen kein Profit zu verdienen ist, zu Sphären dekretiert, in denen ab sofort nach allen Regeln der kapitalistischen Kunst akkumuliert werden kann und soll. Im übrigen geht er davon aus, daß in sachlicher Hinsicht das Rentabilitätsprinzip schon dieselben Ergebnisse erbringen wird, auf die er bislang mit seinen planwirtschaftlichen Behörden gezielt hingewirkt hat.
Allerdings wird weder aus dem haushaltspolitischen Befreiungsschlag noch aus der fixen Idee etwas, mittels Privatisierung von Post und Bahn sei der Bereich staatlicher Funktionen der Akkumulation von Kapital zu erschließen.
II.
Behörden, die zur Wahrnehmung von Staatsaufgaben von
ihrem Dienstherrn bislang nur wie Unternehmen
geführt wurden, also Gewinn- und Verlustrechnungen zwar
durchführten, sich in ihrer Tätigkeit aber dem Kriterium
des wirtschaftlichen Erfolgs gar nicht zu unterwerfen
hatten, sind so einfach nicht in ihre wirtschaftliche
Selbständigkeit
zu entlassen. An ihnen so, wie sie
dastehen, nur für einen Moment ernsthaft den sonst
üblichen Maßstab der wirtschaftlichen Rechnungsführung
angelegt, wären sie im Augenblick ihrer
gesellschaftlichen Gründung bereits pleite, also weder
zur Erwirtschaftung irgendwelcher Überschüsse noch zur
Wahrnehmung des alten Staatsziels einer
flächendeckenden Versorgung
imstande, dem sie z.
T. nach wie vor zu dienen haben. Der erste Schritt zu
ihrer Verwandlung von Monopolen im Staatsauftrag zu
funktionsfähigen kapitalistischen
Wirtschaftsunternehmen besteht folglich darin, sie
überhaupt erst mit dem Lebensmittel auszustatten, mit dem
sie ab sofort wirtschaften und es dabei mehren sollen.
Der Staat scheidet seine Sondervermögen Deutsche Post und
Deutsche Bahn nach Soll und Haben, trennt die
Schulden vom Vermögen und entläßt letzteres als neu
entstandenes Rechtssubjekt mit dem Auftrag in die Welt,
aus diesem Vermögen mehr zu machen: Er
verwandelt sein formelles Eigentum an allen
Einrichtungen, die beispielsweise zum Bahnwesen in
Deutschland gehören, in ihm gehörende Rechtstitel auf
zukünftigen Ertrag, diese bilden das rechnerische
Vermögen einer neuen AG und die positive Grundlage ihrer
wirtschaftlichen Tätigkeit –
„Am 1. Januar 1994 wurde durch Zusammenführung der Sondervermögen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn (…) die DBAG gegründet. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 4,2 Mrd. DM. Alleingesellschafter ist der Bund.“ (Bericht des Bundesministeriums der Finanzen, 24.2.94)
Zu diesem Grundkapital kommen dann noch 7,2 Milliarden an
restlichem Eigenkapital hinzu, in denen das Sachvermögen
zur Zufriedenheit der Wirtschaftsprüfer bewertet
und zusammenaddiert wurde.
Allerdings: Es ist nicht Kapital, was die Gesellschaft da ihr eigen nennt und in ihren Büchern als solches ausweist. Was da an Vermögen unter der Rubrik „Sachanlagen“ erscheint, umfaßt die ganzen stofflichen Voraussetzungen von den Schienen bis zu den Bahnhöfen, mit denen die Bahn bislang gewirtschaftet hatte, hat also wertmäßig noch nie als Kapital mit dem Zweck fungiert, mit Zuwächsen versehen an den Eigentümer zurückzufließen. Es ist ein kunstvoll errechneter Vermögenswert, den eine Aktiengesellschaft, die Überschüsse erwirtschaften will, vorweisen muß, um hinsichtlich ihrer Kreditwürdigkeit in etwa den Ansprüchen zu genügen, die an Unternehmen ihrer Größe gestellt werden: Es ist die sehr solide anmutende Grundlage des Unternehmens, sich demnächst über Börsengänge oder sonstwie vermehrt Kredit verschaffen zu können und darüber konkurrenzfähig zu bleiben.
Mit diesem schönen Akt der Stiftung von Kapitalvermögen
einher gehen die erforderlichen Maßnahmen, die es für
einen unbelasteten Neubeginn
(Ex-Verkehrsminister Krause) braucht und
die die andere Seite der Bilanz betreffen:
„Alle Altschulden von Bundesbahn (45,4 Milliarden Mark) und Deutsche Reichsbahn (15,8 Milliarden Mark) werden in einen Schattenhaushalt gestellt. Zins und Tilgung zahlt Waigel. Das sind von 1992 bis 1996 knapp 14 Milliarden, die der Minister in seinen Haushalts-Eckdaten nicht unterbringen kann.“ (Der Spiegel, 28/92)
Damit das Unternehmen, mit der Eisenbahn Profit zu
erwirtschaften, überhaupt losgehen kann, wird die
Gesellschaft vom Staat entschuldet, und wenn es
dann losgegangen ist, zeigt sich, daß die Rede von den
„Altschulden“ gar nicht so verkehrt ist. In den
Schattenhaushalten vermehrt sich das sogenannte
Bundeseisenbahnvermögen nämlich ganz so, wie dies bei
Schulden des Staates üblich ist: Abgebaut werden soll der
Schuldenberg mit Bahn-Überschüssen und
Steuergeldern
, abgebaut wird er mit neuer
Verschuldung –
„Die für 1994 und 1995 vom Bund bewilligten Extrazahlungen in Höhe von jährlich acht Milliarden Mark für Zinsen und Tilgung der rund 70 Milliarden Mark Altschulden der Bahn reichen nicht aus, um die Mehrausgaben der Bahn durch die Bahnreform zu decken. Das Bundeseisenbahnvermögen darf deshalb 1994 und 1995 noch zusätzlich bis zu 9,5 Milliarden Mark Kredit aufnehmen.“ (DPA-Meldung, 27.3.94)
Von der negativen Geschäftsbilanz der Bahn läßt der Staat sich also nicht beeindrucken. Er sieht sich in seinem Wachstumsidealismus nicht im mindesten blamiert, sondern hält unbeirrt daran fest, daß sich der Betrieb der Bahn wirtschaftlich zu rechnen und Überschüsse zu erbringen hat – und damit seine Sicht der Dinge auch weiterhin die Maxime des Wirtschaftsunternehmens Bahn AG bleibt, ersetzt er mit seinen Mitteln bis auf weiteres ausbleibenden Geschäftserfolg.
Auch beim Sondervermögen Bundespost hat der Staat sein
formelles Eigentum nach einigen
Bewertungsschwierigkeiten
mit Erfolg in
Aktienvermögen der neuen Gesellschaften verwandelt,
demgegenüber ein Vielfaches an Schulden steht, die
gleichfalls dem alleinigen Gesellschaftseigner Staat
gehören. Nur verzichtet er im Unterschied zur Bahn AG bei
den neuen Gesellschaften im Postbereich nicht
vollständig, sondern nur zum Teil auf die Bedienung
dieser Schulden durch Zins und Tilgung durch die neue AG,
was bei der Telekom AG zu der folgenden Bilanzrechnung
für das Geschäftsjahr 1994 geführt hat, die unter der
passenden Überschrift: „Telekom weiter auf Wachstumskurs“
veröffentlicht wurde:
„Durch die Bewertungskorrekturen und den daraus resultierenden Jahresfehlbetrag ist das Eigenkapital weiter rückläufig. Mit weniger als 34 Milliarden DM erreicht es seinen Tiefstand seit der Gründung des Unternehmens. (…) Die Nettokreditaufnahme betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr nur noch 7,5 Milliarden DM und konnte somit gegenüber 1992 um mehr als die Hälfte gesenkt werden, die Verschuldung ist somit auf 107,5 Milliarden DM gestiegen. (…) Nach Steuern und Ablieferungen an den Bund in Höhe von 6,1 Milliarden DM, so Finanzvorstand Kröske, weist das Unternehmen einen Jahresfehlbetrag von 2,9 Milliarden DM auf. Nach Entnahmen aus Rücklagen ergibt sich ein Bilanzverlust von 1,6 Milliarden DM.“ (Telekom Pressemitteilung, 1.7.94)
Was da im wesentlichen akkumuliert, sind also die
Schulden, die der Alleingesellschafter
Staat als Vermögenshauptbestandteil in die AG
eingebracht hat. Sie dokumentieren, daß nach dem
Grundsatz des Rentabilitätsprinzips das Geld, das sich
mit den Dienstleistungen der Telekom der deutschen
Kundschaft – produktiv tätigen und anderen
Geschäftsleuten sowie den vielen Privaten – aus der Nase
ziehen läßt, nicht einmal den Aufwand deckt, den ihr
Betrieb und so manche „Neuinvestitionen“ verschlingen.
Sie dokumentieren aber auch, daß und wie der Staat dafür
Sorge trägt, daß dadurch weder die Wirtschaftlichkeit
noch die Kreditwürdigkeit des Unternehmens affiziert
wird: Die Schulden der Telekom sind seine
Schulden, die er nur eben unter der Buchungsüberschrift
„AG Telekom“ in seinen Büchern stehen hat, und dies
ersetzt die Frage praktisch, ob das Geschäft,
das die Telekom AG machen soll, wirklich ein
Geschäft ist. Der Staat mit seinem Kredit und seiner
unbegrenzten Fähigkeit, mit neuen Schulden
einzuspringen, wenn die erzielten wirtschaftlichen
Erträge nicht einmal zur Bedienung der alten reichen,
steht so für die Einlösung der Forderung von
Ex-Postminister Schwarz-Schilling gerade, derzufolge die
deutsche Telekom hinsichtlich ihrer Finanzverfassung
den kerngesunden Riesen in Japan und USA gleichgestellt
sein
müsse: Was diese „Riesen“ – in Japan ein Konzern
in Staatsbesitz, in den USA ein vom Staat geschmiedetes
und beaufsichtigtes Monopol – so vermögen, soll im
Standort Deutschland die kerngesunde Potenz des deutschen
Nationalkredits leisten.
III.
Die staatliche Fürsorge für die sechs selbständigen Aktiengesellschaften, die es nunmehr als Ersatz von Post und Bahn gibt, ist mit der Aktion ihrer Gründung und der Trennung von Schulden und Vermögen keineswegs beendet. Der Staat weiß, daß die Unternehmen, die er mit dem Auftrag versehen hat, aus seinen Schulden Überschüsse zu erwirtschaften, dazu so recht gar nicht imstande sind, er sie also gar nicht als die privaten Unternehmen in den Wettbewerb entlassen kann, als die er sie gegründet hat. Daher erklärt sich der Staat gleichermaßen aus eigenem Interesse an seinen Unternehmen wie in deren eigenem dazu bereit, zumindest für die nähere Zukunft für einige Modifikationen in Bezug auf die Bedingungen des Wettbewerbs zu sorgen, die auf die Kostenrechnungen und Bilanzen seiner jungen Gesellschaften positive Effekte zeitigen sollen, auf die Bilanz seiner Schulden gleichwohl die bekannten negativen Effekte haben werden.
Bei der neuen Bahn AG trägt der Staat die Kosten
von „Nachholinvestitionen“, die wesentlich darin
bestehen, die Infrastruktur der ehemaligen Reichsbahn auf
einen zukunftsträchtigen Standard zu hieven, und
finanziert wie bisher aus seinen Mitteln im gesamten
Bundesgebiet den Bau neuer und den Erhalt alter Strecken.
Damit alles seine Ordnung hat, zahlt die Bahn AG zum
Ausgleich über 40 Jahre die Abschreibungen, was gnadenlos
durchblickende Experten mutmaßen ließ, es könne sich bei
dieser Art von zinslosem Darlehen um eine versteckte
Dauersubvention
handeln. Auch die finanziellen
Erblasten aus der bisherigen öffentlich-rechtlichen
Personalorganisation trägt der Staat, finanziert
aus sogenannten „öffentlichen Mitteln“
Personalüberleitungsgesellschaften bei der Bahn, die dann
die noch verbleibenden Beamten zu günstigeren Tarifen an
ihre Aktiengesellschaften vermietet – Direktsubventionen
sind EU-rechtlich ja nicht gestattet. Beim Postwesen
summieren sich die auf ihn entfallenden entsprechenden
Ausgaben zuzüglich der Pensionslasten auf rund 60
Milliarden DM, was an verantwortlicher Stelle zu
folgendem Kommentar Anlaß bot:
„Der Haushaltsausschuß des Bundestags ist sich der finanziellen Unwägbarkeiten und Belastungen bewußt, die möglicherweise auf den Bund zukommen. Allerdings müssen die Gesellschaften auch an den Bund zahlen.“ (FAZ, Nr. 149/94)
Letzteres findet zwar im Rahmen der noch bestehenden Ablieferungspflicht der Post auch schon statt, doch auch da zeichnet sich die Notwendigkeit von gewissen „Entlastungen“ des Unternehmens ab, die der Staat zu tragen haben wird:
„Durch den Übergang von der Ablieferungspflicht der Post zur allgemeinen Steuerpflicht ergebe sich von 1996 an für den Bundeshaushalt eine Verminderung der Einnahmen. Inwieweit dieser Ausfall ausgeglichen werden könne, hänge (…) auch von den Abführungen von Dividenden und Verkaufserlösen aus Aktien an den Bund ab.“ (Ebd.)
Von Gesetzes wegen ist der Bund übrigens dazu gehalten, mit den etwaigen Erlösen aus Aktienverkauf die Pensionskassen der Unternehmen aufzufüllen, etwaige Dividendeneinnahmen ab dem Jahr 2000 sind für denselben Zweck reserviert (vgl. NZZ, Nr. 150/94).
In Bezug auf die wirtschaftlichen Leistungen seiner
Aktiengesellschaften im engeren Sinn weiß der Staat nicht
nur, womit man einer frisch gekürten unternehmerischen
Initiative zu den nötigen Anfangserfolgen verhilft,
sondern handelt mit seiner Gesetzesmacht entsprechend. Wo
er es für nötig befindet, kommt freier Wettbewerb fürs
erste gar nicht zustande, da seine Unternehmen das
politisch-rechtliche Monopol wirtschaftlich
ausnutzen, das er ihnen übertragen hat. Auf dem Gebiet
der ehemaligen Post rührt der Spitzenumsatz der Telekom
wesentlich aus dem ausgiebigen Gebrauch des
Telefon-Monopols, das sie weiterhin innehat und an dem
sie auch durch Lizenzvergabe an deutsche Multis verdient,
die den Einstieg in diese Sphäre für lukrativ befunden
haben und die nötigen Geldmittel besitzen, in Konkurrenz
zur Telekom ihre eigenen Netze aufzubauen. Der seit den
grauen Telefonhäuschen so heißenden „gelben Post“ sind –
mit inzwischen verlängerter Befristung – gleichfalls
lukrative Restbestände aus dem Spektrum ihrer
monopolisierten Dienstleistungen erhalten geblieben, an
„Massendrucksachen“ und anderen Transportgütern darf sie
vorerst noch so lange allein verdienen, bis die
personalpolitischen Schritte zur Rationalisierung
gegriffen haben und sie in etwa dem Vergleich mit
konkurrierenden Anbietern standhält, die schon loslegen
wollen, aber noch nicht dürfen:
„Eindringlich warnte Zumwinkel (Vorstandsvorsitzender Post AG, d. V.) (..) vor einer übereilten Liberalisierung. Die Infrastrukturaufgaben könnten vom Postdienst auf Dauer nur dann gewährleistet werden, wenn auch die Finanzierung über einen entsprechend „reservierten Bereich“ gesichert sei. (…) Es sei insofern auch nicht vertretbar, eine Lizenzierung privater Anbieter (…) übers Knie zu brechen und damit der künftigen Deutsche Post AG Verluste in Milliardenhöhe zu bescheren.“ (SZ, Nr. 185/94)
Bei der Bahn schließlich sorgen die Tarif-Vereinbarungen im Binnenverhältnis der drei Gesellschaften noch eine längere Zeit dafür, daß der im Prinzip freie Zugang zu den Schienen der Bahn AG maßgeblich von den Transport-Sparten derselben AG beschritten wird, weil konkurrierende europäische Anbieter einfach mit höheren Kostpreisen zu kalkulieren haben. Darüber werden die im Inland ansässigen Konkurrenten der Bahn dann sehr argwöhnisch und führen beim Staat Beschwerde:
„Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hat vom Bundestag Nachbesserungen an der Bahnreform gefordert. Der „freie Zugang zum Schienennetz“ müsse mit einer Verordnung sichergestellt werden (…). Die bisherige gesetzliche Regelung der Bahnreform sei in dieser Hinsicht unbefriedigend, weil die Deutsche Bahn AG den Fahrweg als Monopolist erhalte und gleichzeitig im Personen- und Güterverkehr dessen größter Nachfrager sei. Beide Bereiche seien durch eine gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung zu eng miteinander verbunden. Das setze die Deutsche Bahn AG dem Argwohn aus, bei der Vergabe der Trassen nicht genügend neutral zu sein.“ (DPA-Meldung, 14.6.94)
Keinerlei regulierende Eingriffe des Staates sind jedoch
für den Umgang der Unternehmen mit der Ware Arbeitskraft
vorgesehen. Die ehemaligen Beamten und Angestellten des
Bundes bekommen von ihrem neuen Dienstherrn zu hören, daß
nunmehr sie ganz allein, die Mitarbeiter der Deutschen
Bahn AG über Erfolg oder Mißerfolg des Unternehmens
entscheiden
, und im Nachsatz erklärt er ihnen dann,
wie diese große Verantwortung zu verstehen ist:
„Für die Bahn gelte ab sofort der Gewinn als alles entscheidendes Kriterium, sagte Dürr. Dazu sei ein kräftiger Innovationsschub nötig. Infolge der damit verbundenen Rationalisierung müßten weniger Mitarbeiter mehr Leistungen erbringen.“ (REUTER-Meldung, 1.1.94) Sein Kollege von der Telekom AG sieht das grundsätzlich genauso und spricht von „20 Prozent zuviel Telekom-Personal“ (Ricke, in: Capital 3/92).
Die genannten und alle anderen Maßnahmen, mit denen der
Staat bzw. seine Unternehmen selbst dafür Sorge tragen,
daß sie von dem Vergleich mit konkurrierenden Anbietern,
dem sie sich zu stellen haben, noch eine gewisse Zeit
verschont bleiben, sind allerdings kein
Widerspruch zu dem Projekt, das der Staat mit seinen
Privatisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat. Im
Gegenteil bezeugen sie das gewichtige Interesse des
politischen Souveräns an einem für ihn erfolgreichen
Ausgang des Wettbewerbs, den er mit seiner
Liberalisierung
in Gang bringt: Von Anfang an ist
das, was auf dem Gebiet der bislang von ihm
wahrgenommenen Funktionen kraft seines Willens und
Beschlusses an „Markt“ herrschen soll und herrscht, von
dem Interesse gar nicht zu trennen, das er am Ausgang der
wirtschaftlichen Konkurrenz nimmt. Es ist ihm überhaupt
nicht gleichgültig, wer in den von ihm mit der
Aufgabe seiner Monopolstellung eröffneten
Geschäftsfeldern verdient und an wem
verdient wird: Die Gesellschaften, die er mit seinem
Kredit gründet, sollen nicht einfach nur stellvertretend
für ihn seine Hoheitsfunktionen wahrnehmen, sondern sie
sollen dem Auftrag gewachsen sein, mit dem er sie in die
wirtschaftliche Selbständigkeit entläßt, und den
Sieg in einer Konkurrenz erstreiten, die er
eigens dafür einrichtet, damit sie in
ihr siegen. Und so, wie diese Konkurrenz
beschaffen ist, erfordert sein Interesse an ihr auch
gewisse marktpflegerische Maßnahmen jenseits seines
Hoheitsgebietes.
IV.
So tritt an die Stelle des bisher verbindlichen
Rechtswesens, nach dem die staatlichen Hoheitsfunktionen
wahrzunehmen waren, ein Apparat rechtlicher Regelungen,
mit denen der deutsche Staat gegenüber anderen
Staaten die neuen Märkte einhegt. In ihm sind die
Bedingungen fixiert, unter denen er sich zur Gewährung
eines diskriminierungsfreien Zugangs
bereit
erklärt, zu den Fahrwegen seiner Bahn beispielsweise, zu
Einrichtungen der Infrastruktur seines
Kommunikationswesens, zu Dienstleistungsbereichen im
Transport von Daten, Gütern usw. Dieser Zugang wird
gewährt, wenn Fairneß und Waffengleichheit
herrschen, die anderen Staaten einem selbst also
mindestens dieselben Erlaubnisse gewähren, zu deren
Konzession man sich womöglich herbeiläßt, und immer sind
die Streitfragen, um die es dabei geht,
Staatsangelegenheiten des höchsten Niveaus. Die Märkte
nämlich, die da geöffnet
werden sollen, gehören ja
nicht allein in Deutschland zum Kernbereich unmittelbar
staatlicher Hoheitsfragen, sind entweder selbst Objekt
staatlicher Aufsicht und Regie oder Angelegenheit eines
oder einer Handvoll Monopolisten, deren Bilanzen so
manchem Staatshaushalt zur Ehre gereichten und die schon
daher jede Menge Aufmerksamkeit und Schutz seitens ihrer
Nation genießen. An Märkten kommt deswegen zustande, was
Staaten sich wechselweise an Freiheiten des
wirtschaftlichen Konkurrierens gegeneinander
gewähren, worauf sie sich bei der Definition von
Erlaubtem und Untersagtem einigen können oder was sie
mangels Einigungswillen ausklammern
müssen, weil
eine der beteiligten Seiten für sich nicht hinnehmbare
Nachteile erblickt. Denn die vereinbarten Regeln für
grenzüberschreitenden Wettbewerb garantieren für sich ja
noch keineswegs, daß der ökonomische Vergleich, der auf
ihrer Grundlage stattfindet, immer im Sinne dessen
ausgeht, der auf ihn setzt, weshalb auch ein für
grundsätzlich frei
erklärter Markt eine
Daueraufgabe staatlicher Betreuung bleibt:
Nach außen gilt es, die Hindernisse
wegzuräumen, die die staatlichen Konkurrenten in
ihren Binnenmärkten errichten und so den ausländischen
Zugriff auf diese erschweren –
„Die deutsche kommunikationstechnische Industrie hat von der Bundesregierung Schritte zur Öffnung der Märkte in Japan und den USA gefordert, (…) die deutschen Telekommunikationsmärkte brauchten offene Märkte. Die Bundesregierung werde intensiv darauf hinwirken, Wettbewerbsverfälschungen innerhalb der Europäischen Union und auf Drittmärkten zu beseitigen und Chancengleichheit herzustellen.“ (Reuter, 18.3.94)
Und nach innen gilt es eben, die nötigen Hindernisse aufzubauen, die den freien Wettbewerb zu eigenen Gunsten regulieren:
„Ich bin nicht dabei, wenn die Briten in ihrer EG-Präsidentschaft das ganze Telekommunikationswesen in Europa aufbrechen wollen. Würden wir in Deutschland unser Regionalmonopol aufgeben, käme das einer Erdrosselung der Telekom gleich.“ (Schwarz-Schilling, in: Capital 11/92)
Um den bloßen Schutz seiner Telekom aber geht es
dem alten Minister und seinen Nachfolgern dabei nicht:
Der wurde – und wird weiter – für nötig erachtet, um sich
die Waffe perfekt zurechtzuschmieden, mit der
die Konkurrenz des deutschen Monopols möglichst
erdrosselt
werden soll.
V.
Letzteres mag unangemessen oder übertrieben klingen, wird
sich aber bei dem Projekt nicht vermeiden lassen, das der
deutsche Staat mit den wichtigeren seiner privatisierten
Unternehmen verfolgt. Was er mit seiner privatisierten
Lufthansa und deren Karriere vom Sanierungsfall
zum Weltmarktführer bei der Luftfracht und zum
Weltmarktzweiten bei der Personenbeförderung erfolgreich
geschafft hat – genau das ist die Vorgabe, die er mit der
Privatisierung seiner Bahn- und Postgesellschaften im
Auge hat: Erstere sollen sich die Milliarden sichern, die
im Rahmen des europäischen Unionsprojekts des Neubaus von
High-Tech-Trassen
quer durch die Nationen
veranschlagt werden, und natürlich auch auf dem
restlichen Weltmarkt Standards setzen. Und letztere
sollen auf ihrem Feld gleich noch ein bißchen mehr:
Telekom will weltweit Marktführer werden.
(DPA-Meldung, 5.6.94)
Solches wird man, indem man sich den Weltmarkt gegen
seine Konkurrenten erobert. Die Wucht des Monopols, das
man dank der staatlichen Förderung nach allen ihren
Richtungen hin genießt, gilt es so einzusetzen, daß man
sie vergrößert und im selben Zuge die der
ausländischen ganz –, halbstaatlichen oder privaten
Monopole schwächt. Globale Allianzen
sind
das Mittel für diesen Zweck: Die Kooperation mit
einem Konkurrenten – etwa die zwischen Telecom France und
Telekom AG – schafft eine Kapitalgröße, die für beide von
Vorteil ist, weil sie den Vergleich mit den „Riesen“ in
Japan oder USA nicht nur nicht zu scheuen braucht,
sondern auch die Basis dafür herstellt, erfolgreich in
den Märkten einzusteigen, die bislang deren Monopolsphäre
waren – wiederum mit Kooperation oder besser gleich mit
dem Einkauf in einen dort ansässigen Monopolisten:
„Der Telekom ist der Anschluß an den weltweiten Wachstumsmarkt der Telekommunikation geglückt. Das noch staatliche Postunternehmen und sein bisheriger Kooperationspartner (…) beteiligen sich mit insgesamt 20 Prozent an dem US-Unternehmen Sprint Corporation. (…) Sprint gilt als der drittgrößte Anbieter von Fernstrecken-Datennetzen in den USA. Ziel der Allianz zwischen den beiden größten Anbietern von Telekommunikations-Diensten in Europa und dem US-Unternehmen sei ein „führender Platz in der Weltliga der Telekommunikation“, sagte Ricke.“ (Ebd.)
Auf Sitz und Stimme in den wichtigsten
Entscheidungsgremien des amerikanischen „Partners“
reflektiert die Telekom AG natürlich auch, schließlich
soll die Fusion ja den deutschen Multi stärken –
umgekehrt trifft der deutsche Staat aus demselben Grund
die geeigneten Vorkehrungen und legt durch ein weises
Gesetz fest, daß schon er Haupt- bzw.
Mehrheitsgesellschafter auf Lebenszeit und seine AG nicht
von einem ausländischen Multi fremdbestimmt wird. Die
Zustimmung der Behörden vorausgesetzt, unter deren
Aufsicht das Fernmeldewesen in den USA steht, ist der
deutschen Telekom nicht nur der amerikanische Markt
geöffnet. Während die dort ansässige Konkurrenz sich im
Gegenzug ihrerseits in Schweden, in der Schweiz, den
Niederlanden und in England einkauft, reifen schon die
nächsten strategischen Schritte
der deutschen
Telekom auf ihrem Weg zum global player
heran und
wird ihre Erweiterung um Partner aus Asien
geplant:
„Parallel zu unseren Produkt- und Technik-Offensiven verfolgen wir die strategische Positionierung auf dem Weltmarkt. In Osteuropa – besonders durch unsere Beteiligung an MATAV – ist eine geographische Schlüsselposition besetzt worden, die unsere Präsenz an sich entwickelnden Telekommunikations-Drehkreuzen sichert. Global ausgerichtet ist die strategische Allianz mit France Telecom. Mit dem nordamerikanischen Partner Sprint Corporation wird ein globaler Diensteanbieter mit europäischer Basis entstehen. Geostrategisch richten wir jetzt unser Augenmerk auf die sich dynamisch entwickelnden Märkte im pazifischen und ostasiatischen Raum.“ (Ricke, anläßlich der Bilanz-Pressekonferenz 1.7.94)
Die ganze staatliche Welt von der Ukraine bis nach
Neuseeland existiert in dieser Optik nur noch als Raum,
der exklusiv deutsche Geschäfte zu
ermöglichen, besser noch: zu
garantieren hat. Dafür werden Drehkreuze
besetzt und wird so geostrategisch
gedacht, denn
wo auch immer und von wem auch immer auf dem Gebiet der
Telekommunikation Zahlungsfähigkeit an Land zu ziehen
ist, soll sie dem deutschen Unternehmen zufallen
– und darüber den staatlichen Kredit
kapitalisieren, der das weltweite Engagement dieses
Unternehmens so ausgiebig vorfinanziert. Genau so geht
die Zukunftssicherung des Standortes Deutschland
mittels Privatisierung, und der Privatkapitalist im
Staatsdienst meldet ersten Vollzug –
„Die Telekom ist stärker geworden. Und das muß so sein, sollen wir unserer Verantwortung für den Standort Deutschland gerecht werden.“ (Ebd.)
VI.
So wird allmählich die Gesamtrechnung deutlich, die der
deutsche Staat mit seiner privatisierten Post und Bahn im
Auge hat und strategisch umsetzt. Er sucht sich von den
Kosten zu entlasten, die die Wahrnehmung seiner
Hoheitsfunktionen ihm verursacht, indem er sein
wesentlich herrschaftliches Monopol zur Exklusivzone
erklärt, in der ein Monopolist verdienen soll.
Da aus der bloßen Umwidmung einer kapitalistisch sich
nicht rechnenden Dienstleistungssphäre so leicht keine
Wachstumsbranche
wird, ersetzt der Staat
mit seinem Kredit das kapitalistische Kriterium der
lohnenden Verausgabung von Kosten und sorgt mit
viel Schulden und seiner politischen Macht dafür, daß
seine Monopole Geld verdienen und für
ihre Dienste einen Teil des produzierten
gesellschaftlichen Reichtums an Land ziehen können.
Allerdings hätte er den vergleichsweise umständlichen
Weg, nunmehr privatisierten Staatskonzernen mit den
Mitteln seines Haushalts die Bilanzen zu frisieren, gar
nicht erst beschreiten müssen, wenn das Unternehmen auf
seinen Standort allein berechnet wäre – da hätte
er einfach bei der Akkumulation und Betreuung der
Schulden seiner Dienste bleiben können. Die Perspektive
seiner Multis, die Zukunftsmärkte
, die es von
ihnen zu erobern gilt, besteht daher aus denselben
unproduktiven Sonderwirtschaftszonen, wie sie es in
Deutschland als staatlich betreute Einrichtungen gab und
nunmehr als Exklusivbereich staatlich finanzierter
Konzerne gibt – nur eben andernorts und
außerhalb der deutschen Grenzen: Zum
wirtschaftlichen Erfolgsschlager soll der Einzug der
Privatwirtschaft in die Sphäre der bislang hoheitlich
wahrgenommenen Staatsfunktionen in erster Linie dadurch
werden, daß ausländische Staaten die Wahrnehmung
ihrer Hoheitsfunktionen den deutschen
Privatkonzernen übertragen. Über die versucht der
deutsche Staat an die staatlichen Budgets heranzukommen,
aus denen woanders die Dienstleistungen bezahlt werden,
die Telekom und Bahn im Angebot haben, so daß der Beitrag
der Privatisierung zur Wachstumssicherung im Standort
Deutschland darin besteht, sich die in ganz viel modernen
Eisenbahntrassen und Glasfiberkabeln verwandelten
deutschen Staatsschulden durch die
Inbeschlagnahme von ausländischer Zahlungskraft
entgelten zu lassen: Der deutsche Staat kreditiert in
seinen privatisierten Gesellschaften eine weltweite
Offensive, die darauf berechnet ist, daß
ausländischer Nationalkredit
Dienstleistungsbetrieben zu ansprechenden Umsätzen
verhilft, die für gewöhnlich allenfalls an dem
mitverdienen, was getrennt von ihnen an Wachstum
stattfindet. Er spekuliert darauf, daß seine Verschuldung
sich für ihn lohnt und dadurch auszahlt, daß andere
Staaten ihre Staatsschulden eigens dafür reservieren, den
deutschen Multis ihre diversen Leistungen abzukaufen, und
ganz davon, also von der Bereitschaft und Fähigkeit
ausländischer Staaten, sich für die Besetzung der
geostrategischen Drehkreuze
in ihrem Innern durch
die Telekom AG zu verschulden, hängt dann auch ab, was
dieser privatisierte Staatskonzern an Umsätzen demnächst
vorzuweisen hat.