Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Aufruhr in Frankreich um den „Vertrag zur Ersteinstellung“ (CPE)
Ausgangspunkt und Ende eines sozialen Massenprotests:
Ins Recht gesetzt, demokratisch eingemeindet, für den politischen Machtkampf instrumentalisiert
Vor kaum einem halben Jahr wurde das Nachbarland von der Randale der ebenso überflüssigen wie abgeschriebenen Jugend aus den Vorstadtslums erschüttert; jetzt vom Protest der gut ausgebildeten Berufsanfänger von morgen. Oberschüler und Studenten organisieren über elf Wochen Massendemonstrationen in allen größeren Städten, verweigern nicht nur selbst das Studieren, sondern legen die Stätten der Lehre gleich komplett lahm, um eine Arbeitsmarktreform der Regierung Villepin zu Fall zu bringen.
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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Aufruhr in Frankreich um den „Vertrag
zur Ersteinstellung“ (CPE)
Ausgangspunkt und Ende eines
sozialen Massenprotests: Ins Recht gesetzt, demokratisch
eingemeindet, für den politischen Machtkampf
instrumentalisiert
Vor kaum einem halben Jahr wurde das Nachbarland von der Randale der ebenso überflüssigen wie abgeschriebenen Jugend aus den Vorstadtslums erschüttert; jetzt vom Protest der gut ausgebildeten Berufsanfänger von morgen. Oberschüler und Studenten organisieren über elf Wochen Massendemonstrationen in allen größeren Städten, verweigern nicht nur selbst das Studieren, sondern legen die Stätten der Lehre gleich komplett lahm, um eine Arbeitsmarktreform der Regierung Villepin zu Fall zu bringen. Unter dem schönen Titel „Gesetz zur Chancengleichheit“ („Loi pour l’égalité des chances“) schafft ihr Kernstück CPE („Contrat première embauche“) für Berufstätige unter 26 Jahren schlichtweg alle Formen des gesetzlichen Kündigungsschutzes ab.
Tatsächlich hat – was in Demokratien gar nicht
selbstverständlich ist – die „größte Bewegung seit der
Studentenrevolte vom Mai 1968“ mit ihrem Kampf gegen die
„précarité“ Erfolg. Das Gesetz wird zurückgezogen. Der
historische Sieg verändert das Land: Jetzt gibt es
erstens massenhafte Jugendarbeitslosigkeit – auch unter
Hochschulabsolventen – zu den alten gesetzlichen
Bedingungen, zweitens ein paar neue Subventionen für
Arbeitgeber, die schwer vermittelbare Jugendliche
einstellen, drittens einen Premier, der immer einsamer
dasteht
, viertens eine Opposition, die nach diesen
Wochen optimistischer nach vorn schauen kann
,
fünftens einen geschwächten
Präsidenten und
sechstens einen Innenminister, der für die nationale
Rechte endgültig zum Kandidat der Hoffnung
im
heraufziehenden Präsidentschafts-Wahlkampf wird.
(SZ, 11.4.06)
*
Angetreten sind Schüler und Studenten gegen eine gezielte Verschlechterung ihrer sozialen Lage als zukünftige Berufstätige. Für sie und alle andern bis zum Alter von 26 will die Regierung prekäre Beschäftigungsverhältnisse zur Norm machen: Sie sollen ohne Fristen, ohne Abfindung und ohne Begründung von den ‚Patrons‘ so leicht gefeuert wie geheuert werden können. Arbeitsplätze, die gesetzlich als Gelegenheitsjobs definiert sind, halten die Demonstranten nicht für eine Chance, auch nicht für eine Einstiegschance ins Berufsleben. Sie sind nicht bereit, sich auf die neue Lage mit noch mehr persönlichem Einsatz, also verschärfter Konkurrenz untereinander, einzustellen, und mögen auch nicht blauäugig auf ihre höhere Qualifikation bauen, die sie im Unterschied zu anderen vor Arbeitslosigkeit und schlechten Jobs schützen würde. Klipp und klar rechnen sie der französischen Öffentlichkeit vor, dass der verordneten Tagelöhnerei alles fehlt, was sie von der Beschäftigung verlangen, auf die sie sich in Schule und Studium vorbereiten: Auf ein Niedrig-Einkommen, das von einem Tag auf den anderen entfallen kann, können sie keine Familie, keinen Hausstand gründen und noch nicht einmal die dafür nötigen Kredite von den Banken erhalten. Außerdem wissen sie, dass eine jederzeit mit sofortiger Wirkung kündbare Arbeitskraft auch innerhalb des Arbeitsverhältnisses grenzenlos erpressbar ist, – und nennen das „Sklaverei“. Auch sich selbst, immerhin Leute mit Schul- und Uniabschlüssen, sehen sie auf dem Weg in eine Existenzunsicherheit, wie sie für ihre neulich aufsässigen Vorgänger aus den Cités längst der Normalfall ist. „Wegwerfjugend“ – dazu will man sich nicht machen lassen und verweigert daher auch die in Europa inzwischen durchgesetzte wirtschaftliche Vernunft, nach der alles „sozial ist, was Arbeit schafft.“ Alles nicht!
*
Als Sozialpolitik in genau diesem Sinn, ja direkt als
Antwort auf die vorweihnachtlichen Krawalle hat die
Regierung ihren Ersteinstellungsvertrag präsentiert:
Angesichts der Verwahrlosung der massenhaft arbeits- und
chancenlosen Jugendlichen in den Vorstädten bekämpft
Villepin den „sozialen Ausschluss“ und schafft Arbeit,
wenigstens Chancen auf Arbeit, für die subproletarische
Jugend, indem er für sie und all ihre Altersgenossen den
Kündigungsschutz abschafft, den der französische
Gesetzgeber für kapitalistische Arbeitskräfte einmal
nötig fand. Damals bestand Sozialpolitik darin, ins
Arbeitsverhältnis gesetzgeberisch einzugreifen, die
Kündigung von Arbeitskräften an Fristen und Kosten zu
binden, damit die Unternehmer manche Entlassung, zu der
sie selbstverständlich alles Recht haben, selbst nicht
lohnend finden und unterlassen. Durch ein Gesetz sollte
das Ausbeutungsverhältnis, zu einer irgendwie
berechenbaren Erwerbsquelle für die Lohnabhängigen
ausgebaut werden, die es von sich aus nicht ist. Heute
ist ein neues soziales Denken angesagt. Was nützen gut
gemeinte Vorkehrungen gegen Kündigung den Jugendlichen,
die nie einen Arbeitsplatz kriegen? – fragt der Premier
provokativ, um aus dieser unwiderleglichen Einsicht nicht
nur zu schließen, dass diese und alle anderen
Jugendlichen Frankreichs auch dann keinen
Kündigungsschutz brauchen, wenn sie doch Arbeit finden,
sondern um daraus die noch viel verwegenere Erkenntnis
abzuleiten, dass die Jugend keine Arbeit findet, weil
sie, wenn beschäftigt, in den Genuss des
Kündigungsschutzes kommen würde. Zwar ist kaum zu
erwarten, dass die französischen Patrons mehr Bedarf nach
Arbeit und Arbeitskräften entwickeln, bloß weil sie diese
ohne Umstände entlassen können. Aber auf eine korrekte
Ursachenfeststellung für die Jugendarbeitslosigkeit kommt
es in diesem Zusammenhang auch gar nicht an. Der Premier
organisiert keine zusätzlichen Arbeitsplätze, sondern
einen Konkurrenzvorteil der jugendlichen Bewerber
gegenüber den schon etablierten Arbeitskräften, indem er
ihnen den für Ältere gültigen gesetzlichen
Kündigungsschutz entzieht, sie insoweit sozial
entrechtet. Wie sonst, so Villepins zynische Fürsorge,
könnte er der arbeitslosen Jugend die Chance, eine
Beschäftigungskarriere zu starten,
(Libération, 17.1.) eröffnen, wenn nicht
dadurch, dass er sie zu einem Sonderangebot an die
Unternehmer herrichtet? Sozialpolitik heute greift nicht
mehr regulierend ins Arbeitsverhältnis ein, um das Elend
ungesicherter Existenz zu beschränken, heute wird dieses
Elend anerkannt und gefördert als Bedingung dafür, dass
es überhaupt Chancen auf Beschäftigung gibt.
Die Arbeitgeber, denen das Gesetz neue Freiheiten im
Umgang mit jungen Arbeitskräften in Aussicht stellt, sind
nicht begeistert, sondern setzen auf die zynische Logik
des Staates noch eins drauf. Wenn die Regierung schon
einsieht, dass der Kündigungsschutz Beschäftigung
verhindert, warum befreit sie die Wirtschaft von den
Beschränkungen der Zeitarbeitsverträge mit ihren
Laufzeiten und ihrem Übermaß an Regelungen
nicht
gleich ganz und für alle Altersgruppen? (D. Croquette, Verband der Betriebsdirektoren,
ANDCB, Libération, 22.1.) Stattdessen wird eine
Bevölkerungsgruppe bevorzugt
(L.
Parisot, Präsidentin des Unternehmerverbandes Medef,
Libération, 12.2.) – allen Ernstes
bevorzugt! Die Unternehmer setzen als
selbstverständlich und akzeptiert voraus, dass sie jedes
Schutzrecht und jede Schranke der Ausbeutung in einen
Konkurrenznachteil der dadurch geschützten Arbeitskräfte
wenden, und fürchten nicht, sich lächerlich zu machen,
wenn sie die soziale Entrechtung der unter
26-Jährigen als eine unfaire Bevorzugung dieser
Gruppe anprangern.
Dabei ist es gar nicht so, dass die bisherige
Gesetzeslage dem unternehmerischen Umgang mit jungen
Arbeitskräften groß Schranken auferlegt hätte: Nur
jeder Dritte unter 26 Jahren findet eine unbefristete
Festanstellung. Alle anderen reihen einen Zeitvertrag an
den anderen.
(SZ, 18.4.)
Aufeinander folgende Praktika, kurzfristige
Zeitarbeitsverträge, unsichere
Beschäftigungsverhältnisse, Entlassungen ohne
vorgeschriebene Entschädigungszahlungen
(Libération, 1.2.) – so benutzen die
Unternehmer die alte Rechtslage bis an ihre Grenzen und
darüber hinaus. Das hindert sie selbstverständlich nicht,
von der Regierung zu fordern, sie solle diese Praxis
gefälligst auch offiziell ins Recht setzen und den
Spielraum von Recht und Rechtsübertretung in ihrem Sinne
ausweiten.
*
Unter diesen Umständen ist der studentische Kampf gegen die „précarité“ selbst eine prekäre Sache. Es ist eben nicht gleichgültig, ob so ein Kampf nur den Gesetzgeber im Auge hat, von dem man sich eine Beschneidung seiner Rechte nicht bieten lassen will, oder ob er auch die politökonomischen Verhältnisse in den Blick nimmt, die der Gesetzgeber reguliert. An denen entscheidet sich nämlich erstens, was solche Rechte überhaupt wert sind, zweitens liegt in ihnen der Grund dafür, warum es die berühmten Schutzrechte überhaupt braucht und warum sie drittens als Beschäftigungshindernisse ins Visier geraten und demontiert werden. Ohne ein Urteil, das die Reform in ihren klassenstaatlichen Zusammenhang stellt, kann aus dem Protest nichts Gescheites werden.
Die Schüler und Studenten konzentrieren sich ganz auf die Regierung und ihr neues Gesetz. Als ob der CPE die massenhafte Arbeitslosigkeit im Allgemeinen, die der Jugend im Besonderen, sowie die prekären Arbeitsverhältnisse erst schaffen würde, heißt das Ziel, für das sie mit aller Radikalität und Konsequenz kämpfen: „Das Gesetz muss weg!“ Damit der Gesetzgeber auf sie hören muss und seine Novelle zurückzieht, suchen und akzeptieren sie Unterstützung, von wo immer sie sie kriegen können. Im Interesse der politischen Verallgemeinerung ihres Anliegens sind sie nicht wählerisch.
Nach und nach finden sich Bündnispartner für dieses Ziel.
Zuerst sehen sich die großen Gewerkschaften – CGT, CFDT
und FO – durch die massenhafte Mobilisierung, die den
Studenten gelungen ist, herausgefordert, sich als die
geborenen Sachwalter des Sozialen ins Spiel zu bringen.
Ursprünglich hatten sie es in Anbetracht des
Kräfteverhältnisses und ihrer eigenen Marginalisierung im
französischen Kapitalismus bei einem verbalen Protest
gegen den CPE und das abgekürzte Gesetzgebungsverfahren,
mit dem er eingeführt wurde, belassen. Der wochenlange
Aufruhr auf den Straßen bewegt sie dazu, auch die eigenen
Mitglieder zu mobilisieren, den Jugendprotest um einen
halbwegs befolgten Generalstreik zu erweitern und
ihrer Version des allgemeinen und
unterstützungswürdigen Anliegens der Schüler und
Studenten Gewicht zu verschaffen: Das
Schockierende ist die Möglichkeit, ohne Rechtfertigung zu
entlassen.
(F. Chérèque von der
CFDT, Libération, 14.2.) Nicht das Hire und Fire
der jungen Arbeitskräfte selbst, die fehlende
Nachprüfbarkeit der Entscheidung darüber – durch
Gewerkschaftsvertreter, versteht sich – ist der Skandal,
gegen den der Gewerkschaftschef Widerstand billigt. Er
verlangt von einem Gesetz, dass es den Klassengegensatz
so regelt, dass die abhängig Beschäftigten dabei das Bild
einer selbstständigen Vertragspartei wahren können.
Dagegen verstößt der CPE. Gewerkschaftsfunktionär
Chérèque reiht den Kampf der Schüler und Studenten ein in
seinen eigenen gegen Unternehmerwillkür, also für eine
Beschränkung der Ausbeutung aufs sachlich Gebotene, und
erweist diesem Anliegen dann seine ganze
gewerkschaftliche Solidarität. Kollege J.-C. Mailly von
Force Ouvrière ist wie Villepin der Auffassung, dass die
hartnäckige Jugendarbeitslosigkeit ihren Grund in den
Jugendlichen selbst, nämlich in ihrer
„Schwervermittelbarkeit“ hat und kommt auch auf keinen
anderen Ausweg als den, dass man das Angebot verbessern
muss, das sie den Arbeitgebern machen können. Allerdings,
meint er, sollten dabei Lösungen nicht an der Front
des Alters, sondern bei der Ausbildung gesucht
werden.
(Libération,
14.2.) Statt weniger Kündigungsschutz für junge
Arbeitskräfte fordert der Gewerkschafter mehr
Qualifizierung für die Jugend – und das unter Umständen,
in denen sogar die gut ausgebildeten Hochschulabgänger
erfahren müssen, wie wenig ihre Qualifikation sie vor
Arbeitslosigkeit schützt. Indem er die
Arbeitsmarktpolitik der Regierung im gleichen Atemzug als
unsozial und unwirksam verwirft, gibt er den Stab an den
nächsten, viel einflussreicheren Bündnispartner des
Studentenprotests weiter, an die Freunde von der
politischen Linken.
Unzufriedenheit des Volkes mit der Regierung, gar
Massenproteste rufen die demokratische Opposition auf den
Plan: Es ist ihr Beruf, die Gelegenheit auszunutzen und
dem Unmut Recht zu geben, um ihn in Zustimmung für sich
zu verwandeln und die Ablösung der offensichtlich
unbeliebten Führung zu betreiben. Nachdem der Protest in
wochenlanger Eskalation seinen Durchhaltewillen bewiesen
hatte, fordert die sozialistische und kommunistische
Minderheit im Parlament die ersatzlose Abschaffung des
CPE. Das Argument, warum das ein allgemeines Anliegen
Frankreichs ist und die Unterstützung der besseren Hälfte
der Gesetzgeber verdient, lässt nicht auf sich warten.
Die sozialistische Partei lehnt diese
Schlechterstellung junger Arbeitnehmer ab, weil sie
angeblich das Recht auf Arbeit abbaut
(Hollande, Führer des PS, Libération,
23.1.), das die Verfassung garantiert. Es ist gar
nicht so wichtig, wie Monsieur Hollande sich das genau
denkt und ob er dieses Recht in der
Massenarbeitslosigkeit junger und nicht junger Franzosen
vor der Reform gewahrt sieht. Hauptsächlich bekräftigt er
mit seiner Einlassung, dass die Entscheidung über
Lebenslagen, über Arbeit und Verdienst der Bürger
natürlich die Aufgabe der Obrigkeit ist; der
Straßenprotest also ein Notbehelf zu bleiben hat, der nur
gerechtfertigt ist, wenn eine Regierung sich den
schlimmsten vorstellbaren Missgriff leistet: Wenn sie
nämlich nicht nur irgendwelche partikularen Interessen
verletzt, sondern die Prinzipien des Staates selbst.
Demonstranten, die sozusagen zum Schutz der Nation und
ihrer Verfassung auf die Straße gehen, aber auch nur
solche Demonstranten, verdienen Gehör und alle
Unterstützung von Seiten der Staatsführer im
oppositionellen Wartestand. Parteifreund Fabius legt
nach: Dieses Gesetz ist nicht nur verfassungswidrig,
sondern auch noch handwerklich schlecht gemacht: Nun
modifiziert dieser Kontrakt grundsätzlich das Recht auf
Arbeit, was jedoch gar nicht das Vorhaben des
Gesetzestextes ist. Der Zusatz, der den CPE ausmacht, hat
daher keinen inneren Zusammenhang mit dem eigentlichen
Text, was nicht verfassungskonform ist
(Libération, 31.1.). Mit seiner leichten
Korrektur – verfassungswidrig, weil handwerklich schlecht
– holt er den Protest so richtig in den Alltag der
parlamentarischen Konkurrenz herein: Wir müssen an die
Macht; „die“ können „es“ nicht! Zumal die durch den
Aufruhr diskreditierte Regierung Villepin keine Autorität
im Land mehr hat und nicht mehr führen kann. Am wohlsten
fühlen sich Leute wie Fabius und Hollande, wenn sie
„Chaos im Matignon“ rufen und öffentlich fragen können,
ob Frankreich überhaupt noch regiert wird: Ein
verfassungswidriges, handwerklich unmögliches Gesetz –
und noch nicht einmal die Kraft, es konsequent
durchzusetzen. Untragbar für die Nation!
Einer solchen Kritik mag sich das Regierungslager selbst nicht ganz verschließen, es zeigt Risse. Am Schluss ist es die Konkurrenz im Kabinett selbst, die dem studentischen Anliegen seinen Erfolg einträgt. Innenminister Sarkozy sorgt sich um seine Chancen gegen Villepin im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur und um die Chancen des rechten Lagers insgesamt; er bezeichnet Villepins Durchhaltewillen – „Das Gesetz, das beschlossen wurde, wird in Kraft gesetzt.“ (Villepin, Libération, 13.3.) – als Halsstarrigkeit und Schwäche, bietet selbst den Rückzug der Regierung an und verkauft das als Beweis seiner eigenen Führungsstärke – bis eben der Regierungschef das Handtuch wirft, um seinerseits einen Rest von Handlungsfähigkeit zu dokumentieren und alle Schuld von sich zu weisen: „Frankreich ist noch nicht reif für die nötigen Reformen“.
*
Jetzt steht das Land da mit einer Regierung auf Abruf, mit einer Jugendarbeitslosigkeit wie gehabt und vor neuen Anläufen ihrer Bekämpfung durch Reformen des Arbeitsmarkts. Und die Aktivisten des wieder abgeflauten Protests sind so stolz auf ihren „größten Sieg der Linken seit ’68“, dass sie die demokratische Verwurstung, die ihr Anliegen erfahren hat, wohl für den logischen und zweckmäßigen Weg seiner Durchsetzung halten.