Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Mitten im schönsten EM-Fieber noch ein Beitrag zur friedlichen Völkerverständigung: Si vis bellum, para pacem!
„Im nahen Osten Bewegung an vielen Fronten“ und alles dient wie immer nur dem Frieden.
Wenn Israels Sicherheitsinteressen die Isolierung des Gaza-Streifens gebieten, das Aushungern der Bevölkerung und auch den einen oder anderen militärischen Einsatz zur Zerschlagung der Hamas und Brechung der letzten Reste eines palästinensischen Widerstands, reichern Deutschlands große Tageszeitungen ihre idiotische Rede vom „Friedensprozess“, der in der Region zugange sei, gerne um eine Metapher an: Von einem „Knoten“ sprechen sie dann, der sich – vorübergehend, versteht sich – verwickelt habe.
Aus der Zeitschrift
Teilen
Systematischer Katalog
Länder & Abkommen
Mitten im schönsten EM-Fieber noch ein
Beitrag zur friedlichen Völkerverständigung: Si vis
bellum, para pacem! Im nahen Osten Bewegung an vielen
Fronten
(FAZ, 19.6.), und
alles dient wie immer nur dem Frieden
Wenn Israels Sicherheitsinteressen die Isolierung des
Gaza-Streifens gebieten, das Aushungern der Bevölkerung
und auch den einen oder anderen militärischen Einsatz zur
Zerschlagung der Hamas und Brechung der letzten Reste
eines palästinensischen Widerstands, reichern
Deutschlands große Tageszeitungen ihre idiotische Rede
vom Friedensprozess
, der in der Region zugange
sei, gerne um eine Metapher an: Von einem Knoten
sprechen sie dann, in den der sich – vorübergehend,
versteht sich – verwickelt habe. Wenn Israel im Namen
seiner Sicherheit dann Vorkehrungen für angebracht hält,
die für einen Berichterstatter hierzulande besser in sein
vorgefertigtes Bild von der friedfertigen jüdischen
Regionalmacht passen, hat er damit auch schon die nächste
metaphorische Krücke in Händen, die Frohbotschaft vom
Frieden, an dem unermüdlich gearbeitet werde,
festzuklopfen. Israel bietet Libanon Frieden an
,
Waffenruhe mit der Hamas
, Gespräche mit
Syrien
, überhaupt will Jerusalem Konflikte an
allen Grenzen entschärfen
(SZ,
19.6.) – und kaum liest man die Nachrichten, weiß
man auch schon, was sie zu bedeuten haben. Das sind
Lockerungsversuche am Knoten
(SZ, 18.6.), verdienstvolle
Bemühungen, an den Fäden der verknoteten Konflikte im
Nahen Osten zu ziehen
(FAZ,
19.6.), und auch wenn sich über deren Ausgang
nichts Gewisses sagen lässt, steht eines doch fest:
Viele ziehen derzeit am Knoten in Nahost, aber nur so
könnte er sich lösen
(SZ,
18.6.). Dass jetzt auch die Israelis mitziehen,
kann man ihnen gar nicht hoch genug anrechnen, wir können
also weiter zuversichtlich sein.
*
Der Solidität der Urteilsbildung und ihrer doch sehr
erfreulichen Tendenz, was den Frieden in der Region
betrifft, tut es nicht im mindesten Abbruch, dass sich im
kleiner gedruckten Text der Nachrichten das strikte
Gegenteil der schönfärberischen Botschaft
entnehmen lässt, die ihnen als Leseanleitung voransteht.
Über die Natur des Interesses, das Israel mit seinen
angebotenen Friedensgesprächen
auf den Weg bringt,
wird man jedenfalls bestens ins Bild gesetzt: Die für so
löblich befundene Waffenruhe
mit der Hamas ist der
vorläufige und befristete Ersatz der
großangelegten Militäroffensive im Gaza-Streifen
(SZ, 19.6.), die Israel den
Islamisten im Vorfeld ultimativ angedroht hatte und
hiesigen Kommentatoren zu so ungemein kritischen Bedenken
Anlass gibt, ob man angesichts des vergeigten Feldzugs im
Libanon da nicht doch zu sehr auf die Allmacht des
Militärs
(ebd.) setze.
Diesen abgebrühten Experten des nahöstlichen
Friedensprozesses spricht daher nicht nur der politische
Grundsatz ganz aus dem Herzen, mit dem sie den
israelischen Generalstabschef zitieren: Wir müssen der
Ruhe eine Chance geben – aber den Krieg vorbereiten. Wir
sind auf Kollisionskurs.
(FAZ,
19.6.) Ihnen ist auch bekannt, gegen welchen
Feind sich Israel da auf Kollisionskurs begeben hat
und seinen nächsten Krieg vorbereitet: Es
spricht allerdings vieles dafür, dass sich Israels
Führung schon längst nicht mehr vor den Palästinensern
fürchtet, und auch nicht vor Syrien oder der
libanesischen Hisbollah. Der wirkliche Feind heißt
Iran.
(SZ, 19.6.) Und
kaum bringen sie auf ihre parteiliche Manier – Krieg
führt Israel immer nur gezwungenermaßen, gegen
Bedrohungen, die es zurecht fürchten
muss – zur
Sprache, dass Israel sich mit seinen großartigen
Friedensversuchen
an den subalternen
Konfliktfronten mit seinen Anrainern offenbar nur
Entlastung für den Krieg zu verschaffen sucht,
den es gegen den Iran plant, schon sind sie im
nächsten Zug wieder bei ihrem Thema, beim
Frieden, dessen Prozess einfach nicht aufgehalten werden
darf: Ein solcher Militärschlag aber würde...die
vielen nur mühsam gedämpften Feuer im Nahen Osten, und
nicht nur dort, wieder auflodern lassen. Wer dies
verhindern will, muss Jerusalem beruhigen – und zudem
Teheran bedrängen, das Spiel mit dem Feuer zu lassen.
(SZ, 19.6.) Wir wissen also,
dass Israel im Kleinkrieg gegen die Palästinenser auf
Waffenruhe drängt, um sich im großen Krieg gegen den Iran
mehr Handlungsfreiheit zu verschaffen. Wir sind uns in
den Redaktionen der FAZ und der ‚Süddeutschen‘ völlig
sicher, dass nicht etwa Israel mit dem Feuer spielt,
sondern die Mullahs aus Teheran, die von Israel mit Krieg
bedroht werden. Damit steht unsere Aufgabe fest: Wir, die
Freunde des Friedens, müssen die Mullahs diplomatisch zum
Einknicken bringen – als Äquivalent für den israelischen
Überfall, weil der dann ja gar nicht mehr stattzufinden
braucht!