Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
DaimlerChrysler: So schön kann Globalisierung sein
Globalisierung, wie sie ‚uns‘ gefällt: Daimler übernimmt Chrysler und alle – vom Aktionär bis zum deutschen Arbeiter – haben Grund zur Freude.
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Systematischer Katalog
DaimlerChrysler: So schön kann Globalisierung sein
Am 7.5. passiert der Hammer
. (Spiegel 20/98) Die Daimler-Benz AG, das
größte deutsche Industrieunternehmen, fusioniert mit
Chrysler, US. Die Aktionäre sind zufrieden, ganz
Deutschland ist begeistert: Mit Daimler-Chrysler
entsteht die erste Welt AG unter deutscher Führung – die
neue globale Wirtschaftswelt wird Wirklichkeit.
(Ebd.) Da zeigt doch mal ein
deutscher Konzern dem Rest der Welt, wie „Globalisierung“
geht: die Ergebnisse des Konzentrationsprozesses nicht
abwarten, sondern an vorderster Stelle gestalten.
(Brief von Daimler-Chef Schrempp an
die Konzernmitarbeiter, FAZ, 8.5.) Also allen
anderen die Sachzwänge der Konkurrenz aufmachen, dann muß
man nicht unter ihnen leiden; die Konkurrenten aufkaufen,
und sich nicht von ihnen aufkaufen lassen: So einfach
geht Kapitalismus auf höchster Stufenleiter.
Den Gewinn haben aber keineswegs nur die Aktionäre. Grund
zur Freude haben nebenbei auch die Daimler –
Vorstandsmitglieder. Die können wohl dank der Fusion
mit Chrysler bald mit happigen Einkommenserhöhungen
rechnen. Im Vergleich zu ihren amerikanischen Kollegen
sind sie nämlich – wie deutsche und europäische Manager
überhaupt – unterbezahlt
(SZ.
15.5) – reden aber nicht darüber, sondern dienen
stumm: Ich kann verstehen, daß sie diese Frage am
meisten interessiert. Was Bob Eaton und mich zunächst
interessiert ist der Erfolg. Und daran läßt sich das
Management messen.
(Schrempp, in
Spiegel 20/98)
Grund zur Freude hat natürlich auch die Kundschaft:
Wenn wir künftig mit geringeren Kosten produzieren,
werden wir dies an unsere Kunden weitergeben.
(Schrempp, in SZ, 11.5.)
Noch mehr Grund zur Freude haben die Belegschaften, die
künftig mit noch weniger Kosten produzieren. Sie dürfen
damit nämlich neue Maßstäbe
(SZ 9.5.) setzen in einer Branche, die
Überkapazitäten hat, die sich allein in Europa auf drei
Millionen Stück belaufen.
(Ebd.) Kapitalisten sind eben die
Letzten, die, wenn es schon längst genug von ihrem
Krempel gibt, einmal Pause machen. Die stellen ihren
Belegschaften vielmehr die lohnende Aufgabe, Konkurrenten
mit Millionenkapazität aus dem Markt zu werfen.
Jede Menge Grund zur Freude haben vor allem wir alle. Die
„Globalisierung“ funktioniert nämlich in die richtige
Richtung: Der Konzentrationsprozeß geht weiter, und
deutsche Firmen stehen in der ersten Startreihe.
…Symptomatisch ist, daß deutsche Unternehmen die Akteure
sind. Darin kommt zum Ausdruck, welche wirtschaftliche
Potenz und welche Energie gerade die hiesige Autobranche
hat.
(SZ, 9.5.) Hut
ab!
(SZ, 8.5.) Deutsches Kapital übernimmt
eine amerikanische Firma – das wird dem
Wirtschaftsstandort Deutschland gut bekommen.
(Handelsblatt, 8.5.) Die
eigentliche Botschaft ist: Ein deutsches Unternehmen
kauft einen Amerikaner. Zum ersten Mal steigt eine erste
deutsche Adresse aus Deutschland in die globale Champions
League auf. Das ist ein Hammer.
(Spiegel 20/98)
Und was genau haben wir alle davon? „Die Übernahme einer
amerikanischen Institution durch eine deutsche weckt auch
in Zeiten der Globalisierung Emotionen“ (ebd.) – freudige in dem Fall. Denn im
umgekehrten Fall sind wir tief betrübt: Wenn vielleicht
schon morgen der nächste deutsche Großkonzern zur
Fusion anstehen könnte – unter anderen Vorzeichen.
Japaner und Amerikaner würden nicht davor
zurückschrecken, auch Herzstücke der deutschen Wirtschaft
in ihre Imperien zu transplantieren. Alles ist denkbar:
Die Deutsche Bank als Filiale der Bank of Tokyo? Siemens
als Teil von General Electric? … Im Falle Daimler, so
scheint es, ist alles noch mal gut gegangen.
(Ebd.) Nicht, als ob wir
Nationalisten wären. Wir sind ja nur dafür, daß der Beste
gewinnt.
Bleibt noch die Sache mit den Arbeitsplätzen. Die sind
mal wieder und wie immer gesichert
. Es sei denn,
sie werden abgeschafft.