Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Was der elektronische „Gehaltsvergleich“ der IG-Metall wieder einmal beweist
Der Arbeiter ist ein viel, viel kleinerer Kapitalist

Die IGM bietet auf ihrer Homepage unter der Rubrik „Service“ ihren Mitgliedern an, einen Gehaltsvergleich zu machen: das eigene Brutto-Monatseinkommen eingeben, einen der bestbezahlten Vorstandschefs auswählen und auf Berechnen! klicken. Dann ergibt sich zum Beispiel Mein Stundenlohn 19,70 €, Stundenlohn von Martin Winterkorn 6089,50 € und: Um das Jahreseinkommen von 12 710 000 Euro zu erreichen, müsste ich so lange arbeiten: 305 Jahre, 6 Monate, 1 Woche, 6 Tage.

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Was der elektronische „Gehaltsvergleich“ der IG-Metall wieder einmal beweist
Der Arbeiter ist ein viel, viel kleinerer Kapitalist

Die IGM bietet auf ihrer Homepage unter der Rubrik „Service“ ihren Mitgliedern an, einen Gehaltsvergleich zu machen: das eigene Brutto-Monatseinkommen eingeben, einen der bestbezahlten Vorstandschefs auswählen und auf Berechnen! klicken. Dann ergibt sich zum Beispiel Mein Stundenlohn 19,70 €, Stundenlohn von Martin Winterkorn 6089,50 € und: Um das Jahreseinkommen von 12 710 000 Euro zu erreichen, müsste ich so lange arbeiten: 305 Jahre, 6 Monate, 1 Woche, 6 Tage.

An der Gegenüberstellung ist außer den korrekt ausgerechneten Zahlen 19,70 und 6089,50 nichts richtig. Nur wenn man beide Einkommen als etwas prinzipiell Vergleichbares, als Lohn für eine Stunde Arbeit auffasst, kann man sich wundern bzw. darüber aufregen, wie der Arbeiter Winterkorn in einer Stunde denn 300-mal so viel arbeiten, leisten, erzeugen soll wie der Durchschnittsmensch.

Dabei zeigt schon der enorme Größenunterschied der Geldbeträge, dass es sich um ganz verschiedene Arten von Einkommen handelt. Der Stundenlohn des Arbeiters entgilt ihm nicht, was er erzeugt; er wird bezahlt für eine Arbeit, die sich für die Firma und ihre Aktionäre lohnt, nicht für den Arbeiter. Winterkorn dagegen wird gar nicht für Arbeit und ihre Dauer bezahlt, sondern dafür, dass er im Konzern das Kommando im Sinn der Rendite der Aktionäre ausübt und die dafür nötige Leistung aus den Beschäftigten herausholt. Er arbeitet nicht für fremden Gewinn, sondern wird an dem Gewinn beteiligt, für den er andere arbeiten lässt.

Die IGM handelt in ihrem Gehaltsvergleich also vom Klassengegensatz von Kapital und Arbeit – und das könnte sie auch wissen, schließlich vereinbart sie die Löhne ihrer Mitglieder mit Winterkorn und seinen Leuten ebenso, wie sie im Aufsichtsrat die Entgeltregelungen für die Spitzenmanager mitträgt; sie kennt also die Kriterien der jeweiligen „Entgeltfindung“. Ein Missverhältnis in der Bezahlung von Arbeit liegt da nicht vor. Und kein VW-Arbeiter braucht sich darüber zu wundern, dass er in einem ganzen Arbeitsleben nicht annähernd auf die Geldsumme kommt, die Winterkorn in einem Jahr verdient. Wenn die IGM aber nun per Gehaltsvergleich der Empörung über „Exzesse bei der Manager-Bezahlung“ Futter gibt, dann ehrt sie die Ausbeutung der Arbeitskräfte durch ihre kapitalistischen Anwender als persönliche Leistung der Arbeiter, die eigentlich mehr Bezahlung verdient hätte, und sie ehrt zugleich die berufsmäßige Ausübung der Ausbeuterrolle als ganz normale, nützliche und nötige – nur eben überbezahlte Arbeit.